Beteiligte
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein |
Tenor
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben die außergerichtlichen Kosten der Beklagten für das Revisionsverfahren als Gesamtschuldner zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerinnen sind als Ärztinnen für Laboratoriumsmedizin in einer Gemeinschaftspraxis zugelassen, die sie bis 1998 zusammen mit zwei inzwischen ausgeschiedenen früheren Klägern betrieben. Sie rechnen gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) mittels EDV ab und wenden sich dagegen, daß sie die ihnen erteilten Überweisungsscheine quartalsweise zusammen mit den übrigen Abrechnungsunterlagen der zuständigen Bezirksstelle der Beklagten übermitteln müssen. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich für Ärzte, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können, aus § 4 Abs 1 Satz 11 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten. Ärzte, die sowohl auf Originalbehandlungsschein bzw Chipkarte als auch im Wege der Überweisung in Anspruch genommen werden können und mittels EDV abrechnen, haben dagegen die Überweisungs- sowie Notfall- und Vertretungsscheine lediglich über einen Zeitraum von vier Quartalen in der Praxis aufzubewahren und auf Verlangen vorzulegen (§ 4 Abs 1 Satz 10 HVM).
Nachdem die Beklagte einen Antrag der Gemeinschaftspraxis, sie von der Übersendungsverpflichtung nach § 4 Abs 1 Satz 11 HVM zu befreien, abgelehnt hatte, haben die Klägerinnen Feststellungsklage vor dem Sozialgericht (SG) erhoben. Sie halten § 4 Abs 1 Satz 11 HVM für nichtig, da er im Widerspruch zu bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stehe. Aus § 4 Abs 3 der Anlage 6 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw zum Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) ≪Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern - DAT-Vertrag -≫ ergebe sich, daß die auf Überweisung in Anspruch genommenen Ärzte die Überweisungsscheine lediglich über einen Zeitraum von vier Quartalen in der Arztpraxis aufzubewahren und auf Verlangen vorzulegen hätten. Die KÄV dürfe in geeigneter Weise die Einhaltung des Auftragsumfangs auf der Grundlage einer Zufallsauswahl von 25 vH der abrechnenden Ärzte je Quartal prüfen. An diese Regelung sei die Beklagte gebunden und dürfe durch eine Satzungsbestimmung keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen ihrer Mitglieder normieren. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. Juli 1997).
Die Berufung der Klägerinnen ist erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Feststellungsklage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Es hat sich die Auffassung des SG zu eigen gemacht, wonach zwischen den Regelungen in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM und in § 4 Abs 3 der DAT-Verträge kein Widerspruch bestehe. Diese bundesmantelvertraglichen Vorschriften beträfen allein die Übermittlung von Abrechnungs- bzw Überweisungsscheinen an die Krankenkassen, während § 4 Abs 1 Satz 11 HVM sicherstellen wolle, daß die KÄV die Einhaltung der Überweisungsaufträge Quartal für Quartal überprüfen könne. Die Überprüfungsmöglichkeit diene nicht nur den Interessen der Krankenkassen, sondern sei zur Wahrung des Gebotes der Verteilungsgerechtigkeit im Interesse aller an der Verteilung der Gesamtvergütung teilnehmenden Vertragsärzte geboten (Urteil vom 18. März 1998).
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügen die Klägerinnen, die Beklagte dürfe wegen fehlender gesetzlicher oder untergesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen in ihrem HVM keine Verpflichtung der ausschließlich auf Überweisung tätigen Vertragsärzte normieren, quartalsweise sämtliche Überweisungsscheine vorzulegen. Bestandteil des HVM könne eine solche Pflicht schon deshalb nicht sein, weil dies von § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht gedeckt sei. Im übrigen sei § 4 Abs 1 Satz 11 des HVM nichtig, weil er über die den mittels EDV abrechnenden Ärzten in § 4 Abs 3 der DAT-Verträge auferlegte Verpflichtung zur Aufbewahrung der Überweisungsscheine hinausgehe. Wenn die Regelungen in den Verträgen über den Datenaustausch auf Datenträgern nur den Rechtskreis zwischen Krankenkassen und KÄV beträfen, wie das LSG angenommen habe, komme es von vornherein nicht darauf an, ob diese bundesmantelvertraglichen Bestimmungen wörtlich mit § 4 Abs 1 Satz 11 HVM übereinstimmten. Jedenfalls könne die letztgenannte Vorschrift, die erkennbar das Verhältnis zwischen KÄV und Vertragsärzten betreffe, nicht eine bundesrechtliche Abrechnungsregelung konkretisieren bzw ergänzen, die allein dem Rechtskreis zwischen Krankenkassen und KÄVen zuzurechnen sei.
Gemäß § 295 Abs 3 Nr 3 iVm Abs 1 SGB V seien in den Bundesmantelverträgen bzw im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) die Pflichten derjenigen Ärzte zu regeln, die mittels EDV abrechneten. Dies sei in den §§ 42, 43 BMV-Ä bzw §§ 35, 36 EKV-Ä erfolgt. Da weder in § 295 SGB V noch in den zitierten bundesmantelvertraglichen Vorschriften den Vertragsärzten aufgegeben worden sei, die Überweisungsscheine immer zusammen mit der auf Datenträgern übermittelten Abrechnung vorzulegen, dürfe eine solche, für die betroffenen Ärzte sehr belastende, weil mit erheblichem finanziellen Aufwand verbundene Verpflichtung auch nicht durch Satzung einer KÄV vorgeschrieben werden. Auch § 75 Abs 2 Satz 2 SGB V, wonach die KÄV verpflichtet sei, die Einhaltung der Pflichten seitens der Vertragsärzte zu überwachen, scheide als Rechtsgrundlage für die in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM normierte lückenlose Vorlagepflicht aus. Da bundeseinheitlich geltende Normen eine Vorlagepflicht lediglich in Höhe von 25 % der Überweisungsscheine anordneten, sei daraus zu schließen, daß eine weitergehende Verpflichtung jedenfalls nicht erforderlich sei.
Die Klägerinnen beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. März 1998 und des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. Juli 1997 festzustellen, daß sie nicht verpflichtet sind, die Überweisungs- und Notfall-/Vertreterscheine quartalsweise zusammen mit den übrigen Abrechnungsunterlagen der zuständigen Bezirksstelle der Beklagten zu übermitteln.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie versteht die Regelung in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM als Konkretisierung des § 4 Abs 3 Satz 6 der DAT-Verträge. Danach seien die KÄVen gehalten, in geeigneter Weise die Einhaltung des Auftragsumfangs auf der Grundlage einer Zufallsauswahl von 25 vH der abrechnenden Ärzte je Quartal zu prüfen. Die Formulierung „in geeigneter Weise” eröffne ihr einen weiten Gestaltungsspielraum, den sie in der Weise genutzt habe, daß sie von den Ärzten, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden könnten, regelmäßig die Vorlage aller Überweisungs- sowie der Notfall-/Vertreterscheine verlange. § 4 Abs 3 Satz 6 der DAT-Verträge befasse sich generell mit der Abrechnung mittels EDV, während die Regelung in ihrem HVM zwischen Ärzten, die sowohl auf Orignialbehandlungsschein wie auf Überweisungsschein in Anspruch genommen werden könnten, und solchen Ärzten, die nur auf Überweisung tätig würden, differenziere. Die Verpflichtung der ausschließlich auf Überweisung tätigen Vertragsärzte zur quartalsweisen Vorlage der Überweisungsscheine sei ferner verhältnismäßig. Eine KÄV sei ohne Vorlage der Überweisungsscheine nicht in der Lage zu prüfen, ob der abrechnende Arzt den Umfang des ihm erteilten Auftrags eingehalten habe. Nach § 45 Abs 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 EKV-Ä sei die KÄV jedoch zur Prüfung der Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnungen auch gegenüber den Krankenkassen verpflichtet.
II
Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Das Landessozialgericht hat ihre Feststellungsklage zu Recht für zulässig, aber unbegründet gehalten.
Zutreffend hat das LSG die Klägerinnen als berechtigt angesehen, die Beklagte auf die Feststellung in Anspruch zu nehmen, daß sie entgegen der Regelung in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM nicht verpflichtet seien, ihrer mittels EDV erstellten Abrechnung stets alle Überweisungsscheine beizufügen. Der Zulässigkeit dieser Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) steht nicht entgegen, daß ihr Erfolg allein von der Gültigkeit des § 4 Abs 1 Satz 11 HVM abhängt. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Normenkontrollklage allerdings nicht vorgesehen. Das hat zur Folge, daß untergesetzliche Rechtsvorschriften, wie die hier streitige Bestimmung eines HVM, von einem Normadressaten grundsätzlich nicht losgelöst von einem konkreten Sachverhalt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können. Eine auf eine abstrakte Normprüfung gerichtete Klage ist grundsätzlich unabhängig davon unzulässig, ob sie gegen den Normgeber oder gegen die zur Ausführung berufene Verwaltungsbehörde gerichtet wird. Das gilt auch, wenn der Feststellungsantrag so gefaßt wird, daß die Gültigkeit der Norm formal nur Vorfrage für die Beantwortung einer anderen Frage ist, die jedoch ihrerseits ebenfalls keine Beziehung zu einem konkreten Anwendungsfall der Norm aufweist (BSGE 28, 224 = SozR Nr 45 zu § 55 SGG; BSGE 78, 91, 92 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 3 f). Darum handelt es sich hier indessen nicht. Die Klägerinnen wollen die Frage geklärt wissen, ob sie entgegen der Bestimmung des § 4 Abs 1 Satz 11 HVM ihre Abrechnung mittels EDV wirksam gegenüber der Beklagten vornehmen können, ohne gleichzeitig stets die ihnen von den Patienten ausgehändigten Überweisungsscheine der Beklagten zugänglich machen zu müssen. Die Antwort auf diese Frage hängt zwar allein von der Gültigkeit der genannten HVM-Regelung ab, sie stellt sich aber aus konkretem Anlaß, weil die Klägerinnen festgestellt wissen wollen, ob sie die von ihnen als belastend und verwaltungsintensiv bewertete Übersendung der Überweisungen Quartal für Quartal vornehmen müssen. Die Klage betrifft deshalb ein konkretes Rechtsverhältnis iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich die Anwendung bzw Anwendbarkeit einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, bereits eingetretenen und sich in der voraussehbaren Zukunft Quartal für Quartal wiederholenden Lebenssachverhalt und eine daraus resultierende Rechtsbeziehung zwischen den Klägerinnen und der Beklagten (vgl BSGE 78, 91, 92 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 3 f; generell zur ausnahmsweisen Zulässigkeit der Normenkontrolle im Wege einer Feststellungsklage s auch BSGE 72, 15 = SozR 3-2500 § 88 Nr 2 und weitergehend BSGE 83, 118, 121 f = SozR 3-2500 § 145 Nr 1 S 4 bis 6 sowie Senatsurteil vom 28. April 1999 - B 6 KA 52/98 R -).
Die Feststellungsklage ist indessen nicht begründet, weil die Beklagte berechtigt ist, von den Klägerinnen die Übermittlung der Überweisungs-, Notfall- und Vertreterscheine quartalsweise zu verlangen. Das ergibt sich aus § 4 Abs 1 Satz 11 HVM. Diese Bestimmung ist wirksam; sie ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V gedeckt und steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
Die Verpflichtung der ausschließlich auf Überweisung tätigen Vertragsärzte, zu denen die Klägerinnen als Laborärzte zählen (vgl § 13 Abs 4 BMV-Ä sowie BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 7), zur Vorlage der Überweisungs-, Notfall- und Vertreterscheine kann zunächst in dem von der KÄV im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen auf der Grundlage des § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V festzusetzenden HVM normiert werden. Dem Gesetz läßt sich allerdings nicht unmittelbar entnehmen, welche Regelungen eine KÄV über die für die Honorarverteilung in engerem Sinne erforderlichen Bestimmungen hinaus in ihrem HVM treffen darf. Der Senat hat in diesem Zusammenhang bezogen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Vertreterversammlung als Normgeber und des Vorstandes der KÄV im Rahmen der Honorarverteilung lediglich ausgesprochen, daß die für die Honorarverteilung wesentlichen Grundsätze im HVM selbst geregelt werden müssen und nicht den Vorstand im Wege von Einzelfallentscheidungen überlassen bleiben dürfen (BSGE 83, 52, 60 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 209; ebenso Urteil vom 3. März 1999 - B 6 KA 15/98 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Welche über die eigentliche Honorarverteilung hinausgehenden Komplexe im HVM geregelt werden können, ist bislang nicht abschließend entschieden. Geklärt ist lediglich, daß Regelungen, die den Zulassungsstatus des Vertragsarztes betreffen, also die Voraussetzungen, unter denen der einzelne Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann (vgl BSGE 78, 91, 93 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 5), nicht im HVM getroffen werden können (BSGE 43, 247, 249 = SozR 2200 § 368 f Nr 5 zur Inanspruchnahme nur auf Überweisung). Daraus ist indessen nicht abzuleiten, daß generell, also unabhängig von der Betroffenheit des Zulassungsstatus, der HVM keine Regelungen enthalten dürfte, die für die eigentliche Honorarverteilung nicht zwingend erforderlich sind (vgl dazu Engelhard, in Hauck, SGB V, Kommentar, K § 85 RdNr 161).
Im HVM kann die KÄV alle Sachverhalte regeln, die mit der Honorarverteilung im Zusammenhang stehen und die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung von Bedeutung sind. Dazu rechnen nicht nur Bestimmungen über die Form und den Zeitpunkt der Vorlage der Abrechnung, sondern auch über die Fälligkeit der Honorarforderung und die Zahlung von Abschlägen. Demgemäß finden sich in Verteilungsmaßstäben der Kassenärztlichen und – in geringerem Umfang – der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Vorschriften über den Inhalt der Abrechnungserklärung der Vertragsärzte, über die Fristen zur Vorlage der Quartalsabrechnungen, über Abschläge bei verspätet vorgelegten Abrechnungen, über die Verpflichtung der Vertragsärzte zur Beachtung der Grenzen ihres Fachgebietes (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 34) sowie über die Zulässigkeit von vorläufigen Honorareinbehalten zur Sicherung von Rückforderungsansprüchen gegenüber einem Vertrags(zahn)arzt. Die KÄV ist weiterhin berechtigt, in ihrem HVM Regelungen darüber zu treffen, welche Unterlagen Vertragsärzte ihrer Quartalsabrechnung beifügen müssen, solange die den Vertragsärzten auferlegten Pflichten im Zusammenhang mit der der KÄV obliegenden Verpflichtung zur Prüfung der Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung (vgl § 45 Abs 1 BMV-Ä, § 34 Abs 4 EKV-Ä) und damit zum Umfang der Teilnahme des einzelnen Arztes an der Honorarverteilung stehen. Die KÄV ist daher nicht gehalten, derartige Regelungen über die Modalitäten der Honorarverteilung und die Teilnahme des einzelnen Vertragsarztes daran in einem vom HVM getrennten Regelwerk (zB in gesonderten Abrechnungsrichtlinien) zu treffen. Dessen normative Qualität unterschiede sich im übrigen von derjenigen des HVM nicht, weil es sich bei allen von der KÄV kraft ihrer Rechtsetzungsautonomie erlassenen, die Vertragsärzte bindenden Rechtsvorschriften um Satzungsrecht im materiellen Sinne handelt. Ein Unterschied besteht lediglich insofern, als beim Erlaß des HVM das Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen herzustellen ist (§ 85 Abs 4 Satz 2 SGBV), was bei gesonderten Abrechnungsrichtlinien nicht notwendig der Fall ist.
Die in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM geregelte Verpflichtung der ausschließlich auf Überweisung tätigen Vertragsärzte zur quartalsweisen Vorlage der Überweisungsscheine steht mit höherrangigem Recht, insbesondere mit § 295 SGB V sowie den bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die Abrechnung auf Datenträgern, im Einklang. Nach § 295 Abs 3 SGB V vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen als Bestandteil der Verträge nach § 82 Abs 1 SGB V und § 87 Abs 1 SGB V ua das Nähere über Form und Inhalt der Unterlagen für die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen, über Form und Inhalt der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Vordrucke, über die Erfüllung der Pflichten der Vertragsärzte nach § 295 Abs 1 SGB V (Übermittlung von Diagnosen und Aufzeichnung erbrachter Leistungen) sowie über die Erfüllung der Pflichten der KÄV nach § 295 Abs 2 SGB V hinsichtlich der Übermittlung der für die Überprüfung der Abrechnung notwendigen Unterlagen an die Krankenkassen. Gemäß § 295 Abs 5 SGB V können die in Abs 3 angesprochenen Vertragspartner vorsehen, daß die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte die für die Abrechnung der Leistungen notwendigen Angaben der KÄV auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermitteln dürfen (Satz 1 aaO). Zu diesem Zweck haben die Vertragspartner das Nähere über die Voraussetzungen zur Teilnahme an einem solchen Abrechnungsverfahren, über Vorkehrungen zur Sicherung vor fehlerhafter oder unzulässiger Verarbeitung und Nutzung von Daten sowie über die Form der Abrechnung zu regeln (Satz 2 aaO). Die KÄVen können schließlich in den Satzungen ergänzende Regelungen treffen (Satz 3 aaO). § 295 Abs 5 SGB V enthält die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß bundesmantelvertraglicher bzw satzungsrechtlicher Regelungen über die vertragsärztliche Abrechnung mittels maschinell verwertbarer Datenträger, normiert aber selbst keine Rechte und Pflichten der Vertragsärzte. Eine Kollision zwischen § 295 Abs 3 und 5 SGB V und der Vorschrift des § 4 Abs 1 Satz 11 HVM kommt insoweit von vornherein nicht in Betracht.
Die in § 295 Abs 5 Satz 2 SGB V zugelassenen näheren Regelungen hinsichtlich der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen auf Datenträgern finden sich in den §§ 42, 43 BMV-Ä bzw §§ 35, 36 EKV-Ä. § 42 Abs 2 BMV-Ä (wortgleich mit § 35 Abs 2 EKV-Ä) macht die Zulässigkeit einer EDV-gestützten Abrechnung von einer Genehmigung der KÄV abhängig, die an den Einsatz einer bestimmten, zertifizierten Software gebunden ist. Regelungen über die Unterlagen, die der mittels EDV der KÄV zugänglich gemachten Abrechnung beizufügen sind, enthalten §§ 42, 43 BMV-Ä bzw §§ 35, 36 EKV-Ä nicht. Entsprechende Bestimmungen finden sich dagegen in § 4 der im Primär- und Ersatzkassenbereich gleichlautenden Verträge über den Datenaustausch auf Datenträgern (DAT-Verträge), die als Anlage 6 Bestandteil der Bundesmantelverträge sind. Zielsetzung dieser Verträge ist es, bei Aufbereitung und Weiterleitung von Daten zwischen KÄVen und Krankenkassen ab einem möglichst frühen Zeitpunkt weitestgehend auf die papierlose Form überzugehen und unter Beachtung des Datenschutzes den Datenaustausch auf maschinell verwertbaren Datenträgern durchzuführen (Präambel der DAT-Verträge). Dementsprechend werden in den DAT-Verträgen in erster Linie die Rechtsbeziehungen zwischen den KÄVen und den Krankenkassen bzw ihren Verbänden geregelt. So enthalten die §§ 1, 2 und 3 der DAT-Verträge Verpflichtungen der KÄVen zur Aufbereitung der Abrechnungsunterlagen und Erstellung von Datensätzen zur Prüfung der Leistungspflicht seitens der Krankenkassen. Daraus sowie aus der in der Präambel zum Ausdruck gekommenen Zielsetzung der DAT-Verträge kann jedoch entgegen der Auffassung der Klägerinnen und des Berufungsgerichts nicht geschlossen werden, in den DAT-Verträgen seien keinerlei rechtliche Verpflichtungen der Vertragsärzte normiert bzw hätten dort nicht normiert werden dürfen.
In § 4 Abs 3 der DAT-Verträge ist zunächst bestimmt, in welcher Weise die KÄV die Behandlungsausweise sowie die Abrechnungsbelege von mittels EDV abrechnenden Ärzten den Krankenkassen zur Prüfung der Leistungspflicht zugänglich zu machen hat. In § 4 Abs 3 Satz 4 ist darüber hinaus vorgeschrieben, daß dann, wenn mittels EDV abrechnende Ärzte auf Überweisung in Anspruch genommen werden, die Überweisungsscheine in der Arztpraxis über einen Zeitraum von vier Quartalen aufzubewahren und auf Verlangen vorzulegen sind. In diesem Fall hat der abrechnende Arzt in der Vierteljahreserklärung zu bestätigen, daß erteilte Aufträge nicht überschritten wurden (Satz 5 aaO). Mit dieser Regelung ist nicht nur der Rechtskreis zwischen KÄV und Krankenkassen angesprochen, sondern – wenngleich mit Bezug auf diesen Rechtskreis – eine Verpflichtung des einzelnen Vertragsarztes zur Aufbewahrung von Abrechnungsunterlagen normiert, die der Arzt gemäß § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V beachten muß. Nach dieser Vorschrift sind die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für den einzelnen Vertragsarzt verbindlich. Zu den vertraglichen Bestimmungen in diesem Sinne rechnen auch die Bundesmantelverträge nach § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V, deren Bestandteil wiederum die DAT-Verträge sind.
Zwischen der in § 4 Abs 3 Satz 4 der DAT-Verträge normierten Aufbewahrungs- und Vorlageverpflichtung der auf Überweisung in Anspruch genommenen Vertragsärzte einerseits und der in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM der Beklagten geregelten Übermittlungspflicht dieser Ärzte andererseits besteht kein Widerspruch. Die Regelung in § 4 Abs 3 Satz 4 der DAT-Verträge trägt dem Umstand Rechnung, daß die Krankenkassen ihrerseits zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch die Vertragsärzte, für die die KÄV nach § 75 Abs 1 SGB V einzustehen hat, im Falle der auf Überweisung tätigen Ärzte von der KÄV nicht prinzipiell die Vorlage der Überweisungsscheine verlangen. Das bedeutet indessen lediglich, daß die KÄVen im Verhältnis zu den Krankenkassen nicht kraft ihrer Gewährleistungspflicht gehalten sind, von jedem einzelnen Vertragsarzt die Vorlage aller Überweisungsscheine in jedem einzelnen Quartal zu verlangen. Hingegen ist in den DAT-Verträgen nicht angesprochen, welche Unterlagen der einzelne Vertragsarzt der KÄV nach deren eigener Entscheidung zu übermitteln hat. Entsprechendes gilt für die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 6 der DAT-Verträge, nach der die KÄV in geeigneter Weise die Einhaltung des Auftragsumfangs auf der Grundlage einer Zufallsauswahl von 25 vH der abrechnenden Ärzte je Quartal prüft. Auch diese Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf die Verpflichtung der KÄV gegenüber den Krankenkassen und bezieht sich nicht auf das Verhältnis der KÄV zu ihren Vertragsärzten sowie auf die von diesen im Rahmen der Honorarverteilung zu erfüllenden Anforderungen.
§ 4 Abs 3 Satz 4 der DAT-Verträge kommt weiterhin keine Sperrwirkung in der Weise zu, daß die KÄVen nicht kraft eigener Entscheidung und kraft eigener rechtlicher Kompetenz ihren Mitgliedern Verpflichtungen auferlegen dürften, die über das hinausgehen, was von den Vertragsärzten zur Ermöglichung der Leistungsüberprüfung seitens der Krankenkassen gefordert werden muß und bundesmantelvertraglich gefordert wird. Mit der Frage, welche Vorkehrungen eine KÄV treffen darf, um die Einhaltung des § 24 BMV-Ä über die Leistungserbringung auf Überweisung und hier insbesondere die Bindung des auf Überweisung tätigen Vertragsarztes an den ihm erteilten Auftrag (§ 24 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä) zu überwachen, befassen sich die DAT-Verträge ihrem Regelungsgegenstand entsprechend nicht. Eine Sperrwirkung einer höherrangigen, bundeseinheitlich geltenden Vorschrift mit der Folge, daß die einzelne KÄV die jeweilige Materie überhaupt nicht mehr regeln dürfte, kann allenfalls angenommen werden, wenn bundesmantelvertraglich ein Sachbereich erkennbar abschließend normiert ist, und das Unterlassen weitergehender Regelungen auf einer bewußten Entscheidung des Normgebers auf Bundesebene beruht (vgl für das Verhältnis des Bundes- zum Landesgesetzgeber BVerfGE 98, 265, 300, 301 = NJW 1999, 841, 842, 843). Eine Entscheidung, den Komplex der Abrechnung über Datenträger auch im Verhältnis zwischen KÄV und Arzt abschließend zu regeln, kann den DAT-Verträgen nicht entnommen werden. Dagegen spricht schon, daß § 295 Abs 5 Satz 3 SGB V den KÄVen ausdrücklich ergänzende Satzungsbestimmungen im Zusammenhang mit der EDV-gestützten Abrechnung gestattet.
Wenn die KÄV gegenüber Ärzten, die ausschließlich auf Überweisung in Anspruch genommen werden, die regelmäßige Vorlage aller Überweisungsscheine bezogen auf das Quartal der Leistungserbringung für erforderlich hält, ist sie grundsätzlich berechtigt, eine entsprechende Verpflichtung der Vertragsärzte im Wege der Satzungsgebung vorzusehen. Nach § 24 Abs 7 Nr 1 BMV-Ä ist für die Notwendigkeit der Auftragserteilung der auftragserteilende Arzt und nicht derjenige Arzt verantwortlich, der den Auftrag ausführt. Der ausführende Arzt ist an den ihm vorliegenden Überweisungsschein gebunden. Das hat zur Konsequenz, daß sich die Prüfung der korrekten Leistungserbringung bei Auftragsleistungen vor allem darauf beziehen muß, ob sich der ausführende Vertragsarzt an den Auftrag gehalten hat. Dies kann ohne Vergleich der abgerechneten mit den in Auftrag gegebenen Leistungen nicht beurteilt werden. Gerade mit Bezug auf die Laboratoriumsmedizin hat der Senat in anderem Zusammenhang auf die Gefahr der Ausweitung der Auftragsleistung durch den Überweisungsempfänger hingewiesen (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 166). Dessen Verpflichtung, zusammen mit der Abrechnung der erbrachten Leistungen der KÄV jeweils den erteilten Auftrag zu übersenden, stellt eine geeignete Maßnahme dar, der Versuchung zur Auftragsüberschreitung entgegenzuwirken und so mittelbar einer medizinisch nicht indizierten Mengenausweitung im Laborbereich gegenzusteuern. Dementsprechend ist das in § 4 Abs 1 Satz 11 HVM zum Ausdruck kommende Verlangen der KÄV sachgerecht motiviert und stellt sich als verhältnismäßige Regelung der Berufsausübung iS des Art 12 Abs 1 Grundgesetz dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
NJW 2000, 2766 |
SGb 1999, 620 |
KVuSR 2001, 88 |