Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Honorierung der zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Großen Psychotherapie mit einem Punktwert von 10 Pf steht nur solchen ärztlichen Psychotherapeuten zu, die 90 vH ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Kap G Abschn IV EBM-Ä erzielen (Bestätigung von BSG vom 20.1.1999 - B 6 KA 46/97 R = BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 und BSG vom 25.8.1999 - B 6 KA 14/98 R).
2. Bei der Berechnung des Gesamtleistungsbedarfs sind die im organisierten Notdienst erbrachten, auf den Behandlungsausweisen nach Muster 19 der Vordruckvereinbarung abgerechneten Leistungen nicht einzubeziehen.
Stand:03. April 2000
Beteiligte
1. AOK Schleswig-Holstein – Die Gesundheitskasse |
2. Innungskrankenkassen-Landesverband Nord |
3. Betriebskrankenkassen-Landesverband Nord |
4. Schleswig-Holsteinische Landwirtschaftliche Krankenkasse |
Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. September 1998 hinsichtlich der Höhe des Honoraranspruchs der Klägerin für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen aufgehoben. Insoweit wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist die Höhe der Vergütung für psychotherapeutische Leistungen.
Die Klägerin ist seit 1984 als praktische Ärztin zur kassen- bzw vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und zur Führung der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie” berechtigt. Sie wendet sich gegen die Honorarbescheide der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für die Quartale III/1993 und IV/1993 sowie II/1994 und III/1994, wobei im Revisionsverfahren nur noch die Honoraransprüche für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen im Streit sind. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten trage den Besonderheiten der psychotherapeutischen Tätigkeit, auf die sie sich spezialisiert habe, nicht ausreichend Rechnung. Psychotherapeuten erbrächten ganz überwiegend zuwendungsintensive, nicht vermehrbare Leistungen mit festen Zeitvorgaben; dies gelte vor allem für die Leistungen nach den Nrn 865, 875 und 877 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä). Da die Beklagte diesen Besonderheiten nicht durch eine Sonderregelung für die Psychotherapeuten in ihrem HVM Rechnung getragen habe, stünden die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten am unteren Ende der ärztlichen Einkommensskala. Das sei mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Die Beklagte wies die Widersprüche zurück.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Juni 1996). Auch im Berufungsrechtszug ist die Klägerin erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat seine Entscheidung damit begründet, der Klägerin stehe ein Anspruch auf höheres Honorar in den streitbefangenen Quartalen nicht zu. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats zum objektiv-rechtlichen Charakter des Gebots der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 72 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫) könne sie von der Beklagten die Stützung des Punktwertes für psychotherapeutische Leistungen nicht verlangen. Anhaltspunkte dafür, daß die psychotherapeutische Versorgung insgesamt nicht mehr gewährleistet sei, bestünden nicht. Der Bewertungsausschuß sei seiner Pflicht zur Beobachtung des Leistungsgeschehens und ggf zur Korrektur der Leistungsbewertung gemäß § 87 Abs 2 SGB V nachgekommen und habe die Bewertung der für die psychotherapeutische Tätigkeit wichtigen Positionen Nr 865, 875 und 877 EBM-Ä mehrfach verbessert. In Relation zu anderen zeitabhängigen Leistungen seien die psychotherapeutischen Leistungen in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung des EBM-Ä nicht unangemessen schlecht bewertet. Die mit dem Anstieg der Menge der abgerechneten Leistungen in allen Bereichen der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundene Verminderung der Auszahlungspunktwerte treffe nicht nur die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten (Urteil vom 15. September 1998).
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das Berufungsgericht habe ihren Anspruch auf angemessene Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen nicht hinreichend beachtet und damit § 72 Abs 2 SGB V sowie Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG verletzt. Aus § 72 Abs 2 SGB V sei ebenso wie mittelbar aus § 85 Abs 2 SGB V iVm Art 12 Abs 1 GG abzuleiten, daß jeder Vertragsarzt ein subjektives Recht auf angemessene Honorierung seiner Leistungen habe. § 72 Abs 2 SGB V verpflichte die Partner der Gesamtverträge, den Bewertungsausschuß und schließlich auch die KÄVen, dafür zu sorgen, daß die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet würden. Demgegenüber seien psychotherapeutische Leistungen in den streitbefangenen Quartalen nicht mehr angemessen vergütet worden. Dies ergebe sich aus den im Klageverfahren vorgelegten Gutachten und Stellungnahmen. Die Anhebung der für die psychotherapeutische Tätigkeit wichtigen Leistungspositionen des EBM-Ä zum 1. Januar 1996 habe deutlich signalisiert, daß von einer Angemessenheit der Vergütung bei den Psychotherapeuten nicht mehr die Rede sein könne.
Das Berufungsgericht habe sich im übrigen nicht hinreichend mit ihrer – der Klägerin – Praxissituation befaßt und sich für seine Feststellungen auf die Einkommenssituation eines Klägers in einem Parallelverfahren bezogen, der nicht ärztlicher Psychotherapeut, sondern ein am Delegationsverfahren teilnehmender Psychologe sei. Die im Delegationsverfahren tätigen Psychologen seien jedoch in der Vergangenheit besser honoriert worden als die vertragsärztlichen Psychotherapeuten. Vollends werde die Benachteiligung der ärztlichen Psychotherapeuten durch den Vergleich mit den sog Erstattungspsychologen deutlich. Diese erhielten je Sitzung 105,00 DM, soweit sie direkt mit den Krankenkassen abrechneten. Demgegenüber habe das Honorar der vertragsärztlich tätigen Psychotherapeuten allenfalls 85,00 DM pro Stunde betragen. Da sie – die Klägerin – aus ihrer Tätigkeit eine angemessene Vergütung nicht erlangen könne, sei Art 12 Abs 1 GG verletzt. Dasselbe gelte im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG, soweit auf die Relation zwischen den Einkommen der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und der Ärzte aller anderen Arztgruppen abgestellt werde.
Das Bundessozialgericht (BSG) habe sich diesen Erwägungen in seinen Urteilen vom 20. Januar und 25. August 1999 im Kern angeschlossen und die KÄVen unter bestimmten Voraussetzungen zur Stützung des Punktwertes für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Psychotherapeuten auf 10 Pf verpflichtet. Diese Verpflichtung habe das BSG indessen auf solche Psychotherapeuten beschränkt, die 90 % ihres Leistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen. In dieser Form werde die Grenzziehung jedoch dem Differenzierungsgebot des Art 3 Abs 1 GG nicht gerecht. Es müsse ausreichen, wenn ein psychotherapeutisch tätiger Arzt 50 % seines vertragsärztlichen Umsatzes aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä und zugleich 90 % seines Umsatzes aus zeitabhängigen Gesprächs- und Beratungsleistungen nach Abschnitt G EBM-Ä, insbesondere durch psychosomatische Behandlungen im Sinne des Abschnitts G III EBM-Ä, erreiche.
Ärzte mit einem derartigen Leistungsspektrum hätten ähnlich wie die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte keine Kompensationsmöglichkeiten. Ein ärztlicher Psychotherapeut bzw ein Arzt für psychotherapeutische Medizin erbringe regelmäßig neben den zeitabhängigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä zeitgebundene Leistungen nach den Nrn 821, 823 sowie 851 EBM-Ä, die in den Abschnitten G II bzw G III EBM-Ä aufgeführt seien. Diese Leistungen wiesen keine strukturellen Unterschiede gegenüber den zeitabhängigen Leistungen aus Abschnitt G IV EBM-Ä auf, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würden. Gerade in psychotherapeutisch schlecht versorgten Gebieten seien häufig im Rahmen von Kriseninterventionen und rascher Diagnostik die Leistungen nach den Nrn 822, 823 bzw 851 EBM-Ä zu erbringen, die zuwendungsintensiv und zeitabhängig seien und weder Ausweitungs- noch Delegationsmöglichkeiten böten. Zudem müßten viele schwerkranke Patienten mit Borderlinestörungen oder anderen psychosennahen Erkrankungen psychiatrisch behandelt werden. Für diese Patientengruppe sei das in Abschnitt G IV EBM-Ä verzeichnete Instrumentarium mit relativ langen Einzel- und Gruppentherapien ungeeignet. Es sei nicht gerechtfertigt, gerade diejenigen Ärzte, die die psychotherapeutische Versorgung in vollem Umfang wahrnähmen, eine offene Sprechstunde anböten, im Rahmen der Krisenintervention tätig würden und besonders schwer psychisch erkrankte Patienten in geeigneter Weise behandelten, von der Stützung des Punktwerts für psychotherapeutische Leistungen auszunehmen. Der Arzt, der neben den psychotherapeutischen Leistungen auch psychiatrische Leistungen erbringe und abrechne, sei wirtschaftlich in keiner anderen Situation als ein Arzt, der sich auf die psychotherapeutischen Leistungen beschränkt habe. Echte Ausgleichsmöglichkeiten stünden lediglich dem (auch) neurologisch tätigen Nervenarzt zur Verfügung, der routinemäßig auch bei jedem neurologischen Patienten ohne speziellen Bedarf an therapeutischen Gesprächen die Leistungsziffern für psychiatrische Behandlungen abrechnen könne. Soweit an der auf Abschnitt G IV EBM-Ä bezogenen Grenze von 90 % festgehalten werde, könne die medizinisch sinnvolle Kombination von psychotherapeutischer und psychiatrischer Tätigkeit nicht mehr fortgeführt werden. Die Praxisinhaber wären gezwungen, sich entweder für die rein psychiatrische oder für die rein psychotherapeutische Tätigkeit zu entscheiden. Im übrigen kämen in diesem Fall psychologische Psychotherapeuten sehr viel leichter als psychotherapeutisch tätige Ärzte in den Genuß der Punktwertstützung.
Soweit psychotherapeutisch tätige Ärzte am ärztlichen Notdienst teilnehmen müßten, bestehe die Gefahr, daß die vom BSG für maßgeblich gehaltene Grenze allein deshalb nicht erreicht werden könne, weil im Notdienst in gewissem Umfang andere ärztliche Leistungen erbracht würden. Zumindest müßten deshalb die Leistungen im Notfall- oder Bereitschaftsdienst bei der Berechnung der 90 %-Grenze herausgenommen werden.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. September 1998 sowie des Sozialgerichts Kiel vom 12. Juni 1996 und die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III/1993, IV/1993, II/1994 und III/1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 1995 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, über ihre – der Klägerin – Honoraransprüche für die Behandlung der Versicherten der Primärkassen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das Urteil des Berufungsgerichts sei auch im Lichte der später ergangenen Rechtsprechung des BSG zutreffend, denn das LSG habe richtigerweise zwischen auch psychotherapeutisch tätigen Ärzten und reinen Psychotherapeuten unterschieden. Psychotherapeutisch tätige Ärzte könnten ggf auf andere als die zeitgebundenen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä ausweichen. Die Klägerin habe in den Quartalen III/1993 und IV/1993 eine Reihe ärztlicher Leistungen erbracht, die Psychotherapeuten nicht erbringen dürften.
Die Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
II
Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits Erfolg. Der Senat kann die Rechtmäßigkeit der Honorarbescheide im allein noch streitbefangenen Primärkassenbereich auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.
Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin sowohl gegen die punktzahlmäßige Bewertung der von ihr erbrachten psychotherapeutischen Leistungen im EBM-Ä wie gegen die für die Honorierung dieser Leistungen maßgeblichen Regelungen im HVM der beklagten KÄV. Zu Recht hat das Berufungsgericht die den angefochtenen Honorarbescheiden zugrunde liegende punktzahlmäßige Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä in der 1993 bzw 1994 geltenden Fassung nicht beanstandet. Betroffen sind nach dem Vorbringen der Klägerin in erster Linie die Leistungen nach den Nrn 865 EBM-Ä (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bis zu 25 Sitzungen – Kurzzeittherapie, je Sitzung – Dauer mindestens 45 Minuten), 875 EBM-Ä (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Einzelbehandlung, je Sitzung – Dauer mindestens 50 Minuten) sowie 877 EBM-Ä (analytische Psychotherapie als Einzelbehandlung, je Sitzung – Dauer mindestens 15 Minuten). Diese Leistungen waren in den streitbefangenen Quartalen mit 900 Punkten (Nr 865 EBM-Ä) bzw 1.000 Punkten (Nrn 875, 877 EBM-Ä) bewertet. Nach den Maßstäben, die von der Rechtsprechung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der punktzahlmäßigen Bewertung einzelner ärztlicher Leistungen in den Bewertungsmaßstäben entwickelt worden sind, ist dies nicht zu beanstanden. Das hat der Senat im einzelnen im Urteil vom 20. Januar 1999 - B 6 KA 46/97 R - (BSGE 83, 205, 209 bis 211 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 215 bis 218) dargelegt und in weiteren Urteilen vom 25. August 1999 (B 6 KA 14/98 R, B 6 KA 17/98 R, B 6 KA 46/98 R, B 6 KA 48/98 R) erneut bekräftigt. Die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen mehr, so daß weitergehende Ausführungen nicht veranlaßt sind.
Die Klägerin macht die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Honorarverteilung nur noch für den Primärkassenbereich geltend. Insoweit ist der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Für den Ersatzkassenbereich verfolgt die Klägerin das Klagebegehren in der Revisionsinstanz nicht weiter; dort lagen die Punktewert für die psychotherapeutischen Leistungen in den streitbefangenen Quartalen oberhalb von 10 Pf.
Das Berufungsgericht hat zu den für die Honorarverteilung in den streitbefangenen Quartalen geltenden Regelungen im HVM der Beklagten keine Feststellungen getroffen und nicht ermittelt, mit welchem Punktwert die Leistungen der Klägerin nach Nrn 865, 875 sowie 877 EBM-Ä im Primärkassenbereich honoriert worden sind. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 25. August 1999 im Anschluß an die Entscheidung vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29) entschieden, daß die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte sowie die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Psychotherapeuten in den Jahren 1993 bis 1995 grundsätzlich Anspruch auf Honorierung ihrer zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä mit einem Punktwert von 10 Pf haben. Wenn dieser Punktwert unter Anwendung der Regelungen über die Honorarverteilung rechnerisch nicht erreicht wird, ist die KÄV im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG sowie auf der Grundlage ihres Sicherstellungsauftrags (§ 75 Abs 1 SGB V) grundsätzlich verpflichtet, den Punktwert auf 10 Pf zu stützen. Diese Verpflichtung hat der Senat im Urteil vom 20. Januar 1999 in zweifacher Hinsicht eingeschränkt (vgl BSGE 83, 205, 216 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 223) und an diesen Einschränkungen in seinen Urteilen vom 25. August 1999 (ua B 6 KA 14/98 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) festgehalten.
Danach gilt die Stützungsverpflichtung nur für die zeitabhängigen Leistungen der sog großen Psychotherapie nach Abschnitt G IV EBM-Ä. Diese Leistungen dürfen zudem erst erbracht werden, wenn die Krankenkasse sie bezogen auf den einzelnen Patienten genehmigt hat. Wegen der Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit unterscheiden sie sich von allen anderen vertragsärztlichen Leistungen. Diese Kombination führt dazu, daß Vertragsärzte bzw Vertragspsychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen können. Wo beide Kriterien nicht kumulativ erfüllt sind, etwa bei den anamnestischen und exploratorischen Leistungen nach den Nrn 860/861 EBM-Ä oder der probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung, die der Patient ohne Genehmigung der Krankenkasse nachfragen und der Therapeut aus eigener Initiative erbringen kann, sind die Bedingungen der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht so grundlegend von der ärztlichen Tätigkeit in anderen Disziplinen verschieden, daß die mit der Garantie eines Punktwerts von (derzeit) 10 Pf verbundene Gleichstellung erforderlich ist (Urteil vom 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R).
Weiterhin besteht die Stützungsnotwendigkeit nur gegenüber solchen Ärzten, die ausschließlich psychotherapeutisch tätig sind. Andere Ärzte, beispielsweise Ärzte für Psychiatrie oder Ärzte für Allgemeinmedizin, die die Qualifikation zur Erbringung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä besitzen, können neben den Leistungen nach den Nrn 871 ff EBM-Ä in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung andere psychotherapeutische bzw psychosomatische Gesprächs- bzw Behandlungsleistungen erbringen, die entweder nicht zuvor patientenbezogen bewilligt worden sein müssen oder nicht an exakte Zeitvorgaben gebunden sind. Da sie Umfang und Ausrichtung ihrer Tätigkeit anders als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte beeinflussen können, sind sie nicht in gleichem Maße schutzbedürftig.
Zu den ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten im aufgezeigten Sinne hat der Senat solche Ärzte gezählt, die 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen, wozu auch die nicht genehmigungsbedürftigen Explorationen, probatorischen Sitzungen und Berichte nach Nrn 860 ff EBM-Ä rechnen (BSGE 83, 205, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 222). Diese Abgrenzung hat der Senat in den bereits mehrfach erwähnten Urteilen vom 25. August 1999 bekräftigt. Hieran hält er auch gegenüber den Einwendungen der Revision fest. Allerdings kann, worauf der Senat bereits hingewiesen hat, die Begrenzung der Stützungsverpflichtung auf solche Ärzte und Psychotherapeuten, die 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä decken, möglicherweise im Einzelfall zu Härten führen. Sie ist aber gleichwohl gerechtfertigt, weil nur insoweit eine gleichheitswidrige Benachteiligung im Verhältnis zu allen anderen Arztgruppen manifest ist. Die KÄV ist zwar berechtigt, einen festen Punktwert generell für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach den Nrn 871 ff EBM-Ä vorzusehen, weil sie sich deutlich von anderen ärztlichen Leistungen unterscheiden. Ob diese Berechtigung in Zukunft aber in eine entsprechende Verpflichtung der KÄVen umschlägt, hängt ua davon ab, wie sich die Leistungserbringung im Rahmen der großen Psychotherapie entwickelt. Sollte sich erweisen, daß die entsprechenden psychotherapeutischen Leistungen in großem Umfang oder sogar überwiegend von solchen Ärzten erbracht werden, die zwar nicht 90 % ihres Umsatzes mit Leistungen aus Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen, die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen aber auch nicht nur nebenbei und in quantitativer Hinsicht in ganz untergeordnetem Umfang erbringen, kann es geboten sein, einen festen Punktwert für die psychotherapeutischen Leistungen auch zugunsten dieser Ärzte zu garantieren. Für das Bestehen einer entsprechenden Situation liegen indessen derzeit keine Anhaltspunkte vor (ua Senatsurteil vom 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R -, Umdruck S 15).
Die Verpflichtung der KÄV zur Stützung des Punktwerts für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der sog großen Psychotherapie auf grundsätzlich 10 Pf besteht in erster Linie deshalb, weil ansonsten ein mit vollem persönlichen Einsatz an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender, ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt keine Möglichkeit hat, aus dieser Tätigkeit Einnahmen in einer Größenordnung zu erzielen, wie sie für die anderen Arztgruppen kennzeichnend ist. Das hat der Senat am Beispiel der Ärzte für Allgemeinmedizin und der Nervenärzte verdeutlicht, ohne daß daraus abzuleiten wäre, daß die Gewinnerzielungschancen der Psychotherapeuten stets an genau diesen Arztgruppen orientiert sein müßten. Daß die Klägerin zur Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zählt, weil sie möglicherweise die Erklärung abgegeben hat, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu sein, ist nicht wahrscheinlich. Dagegen spricht nämlich ihr Vorbringen im Revisionsverfahren, daß sie in zahlreichen Behandlungsfällen in den streitbefangenen Quartalen psychiatrische Leistungen nach den Nrn 822/823 EBM-Ä in der 1993/1994 geltenden Fassung erbracht hat. Ausdrückliche Feststellungen des LSG hierzu fehlen indessen.
Soweit die Klägerin nicht die Erklärung abgegeben hat, ausschließlich psychotherapeutisch tätig sein, nimmt sie als praktische Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teil und ist dementsprechend berechtigt, ihre Patienten umfassend zu behandeln und diejenigen Leistungen zu erbringen, die nicht der fachärztlichen Versorgung iS des § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V vorbehalten sind. Die Ärzte ihrer Arztgruppe haben im Jahre 1994 einen Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit von durchschnittlich 302.600,00 DM erzielt (Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, herausgegebenen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, 1996, D 6). Der für dieses Jahr empirisch ermittelte Anteil der Praxiskosten an dem Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit belief sich auf 57,0 % (Grunddaten, aaO). Daraus errechnet sich ein Honorarüberschuß von durchschnittlich 130.118,00 DM. Wenn die Klägerin, die – unterstellt – ohne verbindliche Beschränkung auf die psychotherapeutische Tätigkeit als praktische Ärztin an der Versorgung der Patienten teilnimmt und bedarfsplanungsrechtlich eine für Allgemeinmediziner bzw praktische Ärzte vorgesehene Position ausfüllt, infolge der Konzentration ihrer Leistungen auf psychotherapeutische, psychiatrische und psychosomatische Behandlungen einen entsprechenden Überschuß nicht erreicht haben sollte, beruht das auf ihrer Entscheidung für eine ausgeprägte Spezialisierung. Einen Anspruch darauf, daß die Beklagte die Punktwerte für die psychotherapeutischen Leistungen ihr gegenüber so stützt, daß sie auch im Rahmen ihrer selbst gewählten Spezialisierung auf psychotherapeutische, psychiatrische und psychosomatische Behandlungen den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe der praktischen Ärzte und Allgemeinmediziner erreichen kann, besteht nicht.
Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, daß ein Arzt, der sich innerhalb seines Gebiets oder Teilgebiets auf wenige ausgewählte Leistungen mit der Folge spezialisiert hat, daß ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen einer größeren Zahl von Leistungen nicht mehr möglich ist, das Risiko der mangelnden Rentabilität der von ihm betriebenen Spezialpraxis tragen muß (BSG SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 6). Das gilt auch für praktische Ärzte, die vor allem, aber nicht ausschließlich, psychotherapeutische Leistungen erbringen. Eine Ausnahme kommt allenfalls in Betracht, sofern Ärzte gem Nr 24e der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung) erklärt haben, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu werden und auf dieser Rechtsgrundlage wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden sind. Sie sind dann auf die Erbringung nur der psychotherapeutischen Leistungen beschränkt. Macht ein Arzt hingegen geltend, er habe sich lediglich faktisch auf bestimmte Leistungen spezialisiert, erbringe aber ggf auch andere Leistungen, für die die besonderen Bedingungen der ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung nicht gelten, ist kein Grund dafür ersichtlich, das Risiko der Rentabilität, das der freiberufliche Vertragsarzt grundsätzlich selbst zu tragen hat, auf die KÄV und damit zugleich auf die anderen Ärzte abzuwälzen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Differenzierung zwischen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten einerseits und anderen Vertragsärzten, die auch psychotherapeutisch tätig sind, mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Dieses verbietet dem Normgeber sachliche Differenzierungen, gebietet ihm aber auch, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365, 385). Im Rahmen der Honorarverteilung darf deshalb vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung nicht abgewichen werden, soweit zwischen den betroffenen Ärzten bzw Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist (vgl ua BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 207). Die Klägerin sieht in diesem Sinne keine beachtlichen Unterschiede zwischen Ärzten, die 90 % ihres vertragsärztlichen Umsatzes aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen und solchen, die diese Grenze erst erreichen, wenn alle zeitgebundenen Leistungen des Abschnitts G zusammengerechnet werden. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Der Gesetzgeber hat für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 die KÄV ausdrücklich verpflichtet, im HVM Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der „ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte” zu treffen, die eine angemessene Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten sollen (§ 85 Abs 4 Satz 4 idF des Art 1 Nr 36 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 [GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000] vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2626). Eine entsprechende Vorschrift enthielt der Gesetzentwurf der Fraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 23. Juni 1999 (BT-Drucks 14/1245) noch nicht. Sie erscheint erstmals in der ursprünglich vorgesehenen Neufassung des § 87a Abs 1 Satz 4 SGB V in der Fassung der Beschlußempfehlung des BT-Ausschusses für Gesundheit vom 3. November 1999 (BT-Drucks 14/1977 S 31) und ist im Wortlaut unverändert als § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V in die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 15. Dezember 1999 (BT-Drucks 14/2369 S 10) übernommen worden und so Gesetz geworden.
Der Gesundheitssausschuß des Deutschen Bundestags hat die Regelung damit begründet, daß die Besonderheiten des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte bei der Ausgestaltung des HVM berücksichtigt werden müßten. Die Abgrenzung der Gruppe der „ausschließlich” psychotherapeutisch tätigen Ärzte soll „entsprechend der in den Bedarfsplanungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen getroffenen Definition” erfolgen; danach seien solche Ärzte gemeint, deren psychotherapeutische Leistungen an ihren Gesamtleistungen den Anteil von 90 % überschreiten (BT-Drucks 14/1977 S 165). Die Bezugnahme auf die Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vom 9. März 1993 dürfte auf einem Irrtum beruhen. In Ziffer 24 e dieser Richtlinien sind ähnlich wie in § 101 Abs 4 Satz 1 SGB V in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung des Psychotherapeutengesetzes Ärzte angesprochen, die die Erklärung abgeben, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu sein, ohne daß der Begriff der Ausschließlichkeit dort näher definiert wird. Diese nähere Definition mit dem vom Gesundheitsausschuß des Deutschen Bundestags wiedergegebenen Inhalt enthält Abschnitt A I (Allgemeine Bestimmungen), Teil B Anlage 3 EBM-Ä idF der Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 8. Dezember 1999 (DÄ 1999, C-49). In dieser Anlage zum EBM-Ä ist im übrigen auch die normative Festlegung des bundesdurchschnittlichen Kostensatzes 1994 für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte von 40,2 % in den alten Bundesländern und von durchschnittlichen Betriesausgaben in Höhe von 66.000,00 DM in den neuen Bundesländern enthalten. Auf diese Festlegungen und ihren normativen Charakter hat der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 222) und vom 25. August 1999 (ua B 6 KA 14/98 R) abgestellt, an denen sich Text und Ausschußbegründung des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V erkennbar orientieren.
Für die nunmehr auch vom Gesetzgeber für zutreffend gehaltene Abgrenzung der Gruppe der ausschließlich psychotherapeutischen Ärzte danach, ob 90 % des Leistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV gedeckt werden, spricht zunächst das Wort „ausschließlich”. So deutlich auf der einen Seite ist, daß nicht bereits die Abrechnung einer einzigen Leistung außerhalb des Abschnitts G IV EBM-Ä die Zugehörigkeit eines Arztes zu dieser Arztgruppe aufheben kann, so klar ist auf der anderen Seite, daß ein Arzt, der lediglich zur Hälfte seiner vertragsärztlichen Tätigkeit Psychotherapie betreibt, dies nicht mehr „ausschließlich” tun kann. Die Grenzziehung bei 90 % verhindert regelmäßig, daß durch die Erbringung weniger nicht-psychotherapeutischer Leistungen die nunmehr auch gesetzlich begünstigte Arztgruppe verlassen wird, beschränkt aber ansonsten diese Gruppe eng auf diejenigen, die sich tatsächlich auf die Leistungen konzentrieren, die der Gesetzgeber, der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen und der Bewertungsausschuß zur Psychotherapie zählen.
Die von der Klägerin für richtig gehaltene Grenzziehung bei 90 % zeitabhängiger Leistungen aus Abschnitt G EBM-Ä ist auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Sie läuft lediglich zugunsten der Allgemeinmediziner auf eine Einbeziehung der in Abschnitt G III EBM-Ä beschriebenen Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung und der „übenden Verfahren” in das Gebiet der Psychotherapie hinaus. Nur in Abschnitt G III EBM-Ä sind nämlich zeitgebundene Leistungen aufgeführt, die Ärzte dieser Gruppe erbringen dürfen. Die neurologischen Leistungen nach Abschnitt G I EBM-Ä sind nicht zeitgebunden, und die psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II dürfen Allgemeinärzte, auch solche mit der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie”, nicht erbringen, weil sie ausschließlich Nervenärzten, Psychiatern, Kindern- und Jugendpsychiatern vorbehalten sind (vgl Senatsurteil vom 20. Januar 1999 - B 6 KA 23/98 R - = SozR 3-2500 § 72 Nr 8). Die in Abschnitt G V EBM-Ä aufgeführten Testverfahren unterliegen wiederum keiner Zeitbindung.
Die Gleichsetzung der psychotherapeutischen Leistung insbesondere mit den psychosomatischen Leistungen nach den Nrn 850 und 851 EBM-Ä (Abschnitt G III EBM-Ä) ist nicht sachgerecht. Für die Erbringung und Abrechnung der psychosomatischen Leistungen nach Abschnitt G III EBM-Ä gilt das spezielle Antrags- und Genehmigungsverfahren nach Abschnitt F II der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinien) vom 23. Oktober 1998 nicht, weil sich dieses Verfahren lediglich auf die psychoanalytisch begründeten Behandlungsverfahren, auf tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie auf Verhaltenstherapie iS des Abschnitts B I Ziffern 1.1, 1.1.1 und 1.2 dieser Richtlinien bezieht. Im übrigen ist die Zielsetzung der psychosomatischen Versorgung nach Abschnitt C 1. der Psychotherapie-Richtlinien grundlegend von den in Abschnitt B angesprochenen psychotherapeutischen Behandlungen zu unterscheiden. Ziel der psychosomatischen Grundversorgung ist danach eine möglichst frühzeitige differenzialdiagnostische Klärung komplexer Krankheitsbilder, eine verbale oder übende Basistherapie psychischer, funktioneller und psychosomatischer Erkrankungen durch den primär somatisch orientierten Arzt und ggf die Indikationsstellung zur Einleitung einer ätiologisch orientierten Psychotherapie. Die begrenzte Zielsetzung der psychosomatischen Grundversorgung ist auf eine an der aktuellen Krankheitssituation orientierte seelische Krankenbehandlung ausgerichtet; sie kann während der Behandlung von somatischen, funktionellen und psychischen Störungen von Krankheitswert als verbale Intervention oder als Anwendung übender Verfahren vom behandelnden Arzt durchgeführt werden. Dies zeigt, daß die Leistungen nach den Nrn 850/851 EBM-Ä, die für die in Abschnitt C 1. der Psychotherapie-Richtlinien beschriebene Behandlung abrechenbar sind, weder dem auf die Behandlung von psychischen Gesundheitsstörungen spezialisierten Arzt noch einer speziellen psychotherapeutischen Behandlung vorbehalten sind. Durch die Leistungen nach Nrn 850/851 EBM-Ä soll vielmehr gerade dem den Patienten kontinuierlich behandelnden Arzt ermöglicht werden, auch die psychische Seite einer Erkrankung im Rahmen komplexer Behandlungsbilder zum Gegenstand seiner Behandlung zu machen. Dementsprechend kann jeder Arzt diese Leistungen abrechnen, der mindestens drei Jahre als Arzt selbstverantwortlich tätig war und durch die Vorlage von Weiterbildungszeugnissen Kenntnisse in einer psychosomatisch orientierten Krankheitslehre, reflektierte Erfahrungen und über die Psychodynamik und therapeutische Relevanz der Arzt-Patient-Beziehungen und Erfahrungen in der verbalen Interventionstechnik als Behandlungsmaßnahme nachweisen kann. Der nachzuweisende Umfang der Weiterbildung muß mindestens 80 Stunden betragen (§ 5 Abs 6 der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung vom 29. Oktober 1998).
Diese Anforderungen sind relativ gering in Relation zu denjenigen, die für den Erwerb der Gebietsbezeichnung „Arzt für psychotherapeutische Medizin” oder der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie” gefordert werden. Für den Arzt für psychotherapeutische Medizin dauert die Weiterbildung fünf Jahre, worin zwei Jahre im Stationsdienst und ein Jahr Psychiatrie und Psychotherapie enthalten sind (Abschnitt I Nr 37 der ≪Muster-≫Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer nach den Beschlüssen des 95. Deutschen Ärztetages 1992). Die Berechtigung zur Führung der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie” erfordert in der Regel eine zweijährige klinische Tätigkeit, davon ein Jahr in Psychiatrie und Psychotherapie, wobei in Ausnahmefällen ein gleichwertiger Weiterbildungsstand in einem Fachgespräch nachgewiesen werden kann (Abschnitt II Nr 16 der ≪Muster-≫Weiterbildungsordnung, aaO). Das verdeutlicht, daß die Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung nach Nrn 850/851 EBM-Ä nicht der spezifisch psychotherapeutischen, sondern der allgemeinärztlichen Behandlung zuzurechnen sind.
Vor diesem Hintergrund könnte kaum überzeugend begründet werden, bei Ermittlung der 90 %-Grenze zwischen den Leistungen nach Nr 851 EBM-Ä, die eine Gesprächsdauer von mindestens 15 Minuten fordert, und den Beratungs- und Gesprächsleistungen nach Nr 17 EBM-Ä, nach der eine mindestens 10 Minuten dauernde intensive ärztliche Beratung und Erörterung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen Auswirkungen und deren Bewältigung bei nachhaltig lebensverändernder und lebensbedrohender Erkrankung abrechenbar ist, zu differenzieren. Dasselbe gilt hinsichtlich der nach Nr 21 EBM-Ä zu vergütenden sofortigen ärztlichen Intervention bei akuter psychischer Dekompensation, zB Suizidversuch. Von diesen auf verschiedene Krankheitsbilder und Patientensituationen ausgerichteten allgemeinen ärztlichen Gesprächsleistungen unterscheiden sich jedoch die im Abschnitt G IV EBM-Ä aufgeführten psychotherapeutischen Leistungen nach ihrer Ausrichtung wie hinsichtlich der Qualifikation des einzelnen ärztlichen oder psychotherapeutischen Leistungserbringers und vor allem wegen der Anlage als Dauerbehandlung bei bestimmten definierten Krankheitsbildern so wesentlich, daß eine Gleichsetzung mit anderen ärztlichen Leistungen, auch solchen nach Abschnitt G III EBM-Ä, unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht geboten ist. Schließlich zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen den oben aufgeführten allgemeinen Gesprächsleistungen und den spezifisch psychotherapeutischen Leistungen auch daran, daß die Leistungen nach Nrn 860 bis 884 EBM-Ä und damit alle Leistungen des Abschnitts G IV auf das Praxisbudget gemäß den Allgemeinen Bestimmungen A I, Teil B, Ziff 1 EBM-Ä nicht angerechnet werden (aaO Ziff 5). Für die Leistungen nach Nrn 17 und 21 EBM-Ä wie für alle Leistungen des Abschnitts G III gilt das nicht. Kriterium für die Herausnahme bestimmter Leistungen aus dem ab 1. Juli 1997 geltenden Praxisbudget ist in erster Linie der Spezialisierungsgrad der Leistung sowie ihre Resistenz gegen medizinisch nicht erklärbare Mengenausweitungen (vgl Ballast, Die Ersatzkasse 1996, S 440, 443). Beides trifft für die Mehrzahl der Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä, nicht aber für die psychosomatische Grundleistung nach Nr 851 EBM-Ä zu.
Die Beschränkung der Stützungsverpflichtung der KÄV auf solche Vertragsärzte bzw Vertragspsychotherapeuten, die 90 % ihres Leistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielen, kann allerdings zu nicht gerechtfertigten Verwerfungen führen, soweit ärztliche Psychotherapeuten im Rahmen der allen Vertragsärzten obliegenden Verpflichtung zur Gewährleistung des ärztlichen Notdienstes (vgl § 75 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB V) am organisierten Notdienst teilnehmen und in diesem Rahmen nicht-psychotherapeutische Leistungen erbringen und erbringen müssen. Soweit allein die Erbringung und Abrechnung von im ärztlichen Notdienst iS des § 75 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB V erbrachten Leistungen dazu führt, daß ein psychotherapeutisch tätiger Vertragsarzt in einzelnen Quartalen die 90 %-Grenze für Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä nicht erreicht, ändert das an der Stützungsverpflichtung der KÄV nichts. Es wäre nicht zu rechtfertigen, daß in solchen KÄV-Bezirken oder – wie die Klägerin geltend macht – in Teilen des Bezirks einer KÄV, in denen die psychotherapeutisch tätigen Ärzte wie alle anderen Vertragsärzte turnusgemäß zum organisierten Notdienst herangezogen werden, diese Ärzte allein deshalb den Anspruch auf Stützung ihres Punktwerts für die zeitabhängigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä verlieren können, während andere am Notdienst nicht beteiligte Vertragsärzte bei ansonsten gleichen Leistungsbedingungen Anspruch auf einen auf 10 Pf gestützten Punktwert haben. Deshalb ist es geboten, die im Rahmen des ärztlichen Notdienstes iS des § 75 Abs 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB V erbrachten nicht-psychotherapeutischen Leistungen bei der Prüfung, ob die Grenze von 90 % im dargestellten Sinne erreicht ist, außer Betracht zu lassen. Diese Leistungen sind von allen anderen vertragsärztlichen Leistungen dadurch unterscheidbar, daß sie über den besonderen Behandlungsausweis „Muster 19” der Vordruckvereinbarung (vgl dazu BSG SozR 3-5540 § 36 Nr 1) abgerechnet werden und deshalb ohne besonderen Verwaltungsaufwand von den übrigen Behandlungen abgegrenzt werden können.
Das Berufungsgericht hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen die Voraussetzungen erfüllt, unter denen die Beklagte verpflichtet ist, den Punktwert zur Honorierung der zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistung der Klägerin (auch) für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen auf 10 Pf zu stützen. Das hängt vor allem davon ab, ob die Klägerin 90 % ihres Leistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä erzielt hat. Das wird das LSG aufzuklären und dabei zu berücksichtigen haben, welcher Anteil des Gesamtleistungsbedarfs der Klägerin auf Behandlungen im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes entfällt, die auf Behandlungsausweisen nach Muster 19 der Anlage zur Vordruckvereinbarung abgerechnet worden sind. Danach ergibt sich ggf eine Verpflichtung der Beklagten, den Punktwert für die Honorierung der genehmigungsbedürftigen und zeitabhängigen psychotherapeutischen Leistungen auf 10 Pf anzuheben.
Das Berufungsgericht wird bei seiner Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzubefinden haben. Der Senat hat davon abgesehen, über die Kosten des Revisionsverfahrens hinsichtlich der Vergütung der Leistungen der Klägerin gegenüber Versicherten der Ersatzkassen bereits jetzt zu entscheiden, obwohl die Klägerin die Klage insoweit durch die Beschränkung des Antrags auf den Primärkassenbereich sinngemäß zurückgenommen hat. Feststellungen dazu, wie sich in der Praxis der Klägerin in den streitbefangenen Quartalen die Anteile von Versicherten der Primärkassen einerseits und der Ersatzkassen andererseits verhalten, die Voraussetzung für die Bildung einer entsprechenden Kostenquote gewesen wären, sind im Berufungsurteil nicht enthalten.
Fundstellen
Haufe-Index 543182 |
DStR 2000, 1706 |
MedR 2000, 377 |
NZS 2000, 626 |