Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 10.06.1981) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. Juni 1981 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) verpflichtet ist, der klagenden Krankenkasse als Einzugsstelle Sozialversicherungsbeiträge nach § 141n des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) zu entrichten.
Der Schlosser H. D. (D.) betrieb in Sch. H. ein Baugeschäft. Wegen Zahlungsunfähigkeit meldete er das Gewerbe am 15. Dezember 1974 bei der Gemeinde Sch. und seine Beschäftigten am 31. Dezember 1974 bei der Klägerin ab. Das Amtsgericht K. lehnte mit Beschluß vom 19. Juni 1975 die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckende Masse ab.
Am 14. August 1975 beantragte die Klägerin beim zuständigen Arbeitsamt, an sie Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der Firma D. in einer Gesamthöhe von 69.845,37 DM zu entrichten. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 7. November 1975 ab, weil die Firma D. nach den Feststellungen des Landesarbeitsamts unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betrieben habe. Ein Arbeitsverhältnis zwischen den einzelnen Leiharbeitnehmern und der Firma D. habe demzufolge nicht bestanden.
Das Sozialgericht Kiel (SG) hat die auf Aufhebung des ablehnenden Bescheides der Beklagten und deren Verurteilung zur Zahlung der streitigen Sozialversicherungsbeiträge gerichtete Klage mit seinem Urteil vom 14. Dezember 1978 abgewiesen. Die Klägerin habe die Ausschlußfrist des § 141e Abs. 1 Satz 2 AFG versäumt, weil die Firma D. ihre Betriebstätigkeit vollständig spätestens am 31. Dezember 1974 eingestellt habe und die Eröffnung eines Konkursverfahrens zum damaligen Zeitpunkt offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht gekommen sei. Die von dem SG zugelassene Berufung der Klägerin wurde vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) mit seinem Urteil vom 10. Juni 1981 zurückgewiesen. Es hat sich im wesentlichen der Begründung des SG angeschlossen. Habe ein Arbeitgeber seine Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und sei die Eröffnung eines Konkursverfahrens mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht gekommen, so sei dies der entscheidende Zeitpunkt, an dem die Antragsfrist des § 141e AFG zu laufen beginne. Eine spätere Ablehnung der Konkurseröffnung durch das Konkursgericht sei demgegenüber unerheblich. Rechtlich ohne Bedeutung sei es auch, ob D., wie die Klägerin behaupte, sich nach der Stillegung seines Baugeschäfts in Sch. anderorts im Rahmen eines anders gearteten Gewerbebetriebs erneut unternehmerisch betätigt habe, und ob in jenem Betrieb verwertungsfähiges Betriebsvermögen zur Verfügung gestanden habe. Daß die Masse des Baugeschäfts in Sch. von vornherein dürftig gewesen sei, ergebe sich aus dem erfolglosen Vollstreckungsversuch der Klägerin und sei deswegen zwischen den Beteiligten zu Recht auch nicht mehr streitig. Der Antrag der Klägerin auf Übernahme der Pflichtbeiträge durch die Beklagte hätte daher spätestens bis Ende Februar 1975 gestellt sein müssen. Der tatsächlich erst am 14. August 1975 gestellte Antrag sei also verspätet.
Mit ihrer von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (LVA) und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hätten zu dem Verfahren notwendig beigeladen werden müssen, weil die von der Klägerin geforderten Beiträge an sie weiterzuleiten seien. Im übrigen hätte das LSG klären müssen, ob D. neben dem Betrieb in Sch. zumindest zeitweise gleichzeitig und über die Stillegung dieses Betriebes hinaus, einen weiteren Betrieb unterhalten habe. Wäre das der Fall, so wäre nämlich die Einstellung des Betriebes in Sch. nicht der maßgebliche Insolvenzfall, der die Antragsfrist in Lauf gesetzt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 10. Juni 1981 und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 14. Dezember 1978 sowie den Bescheid des Arbeitsamts Kiel vom 7. November 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 69.845,37 DM zu zahlen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Im übrigen sei sie aber auch deshalb nicht leistungspflichtig, weil D. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betrieben habe und deshalb nicht er, sondern die Entleiher Schuldner des Arbeitsentgelts und damit auch der Sozialversicherungsbeiträge seien.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG, weil die von dem LSG getroffenen Feststellungen zur abschließenden Entscheidung über den streitigen Anspruch nicht ausreichen.
Das Verfahren des LSG leidet nicht deshalb an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden wesentlichen Verfahrensmangel, weil das LSG die LVA Schleswig-Holstein und die BfA nicht zum Verfahren beigeladen hat. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, daß bei Streitigkeiten über die Verpflichtung der BA an die Einzugsstelle Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten (§ 141n AFG), weder die betroffenen Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber oder der Konkursverwalter notwendig beizuladen sind (§ 75 Abs. 2 SGG), weil diesem Verfahren kein Streitgegenstand zugrunde liege, über den auch den Verversicherten und dem Arbeitgeber gegenüber nur einheitlich einentschieden werden kann (SozR 4100 § 141n Nr. 1). Das gleiche gilt auch für die Rentenversicherungsträger, bei denen die Arbeitnehmer versichert sind, für die der in Konkurs geratene Arbeitgeber Beiträge schuldet. Eine Beiladung der Krankenkasse und der BA scheidet schon deshalb aus, weil sie als klagende und beklagte Parteien an dem Verfahren beteiligt sind. Der Anspruch der Einzugsstelle nach § 141n AFG, über den die BA durch Verwaltungsakt entscheidet (BSG aaO), ist ein selbständiger Anspruch im Rahmen der Regelung über das Konkursausfallgeld im dritten Unterabschnitt des vierten Abschnitts des AFG. Die Versicherungsverhältnisse selbst und vor allem die Beitragsansprüche der Versicherungsträger bzw der Einzugsstelle (§ 1399 der Reichsversicherungsordnung –RVO–) werden dadurch nicht berührt. Die BA leistet nicht mit befreiender Wirkung für den Arbeitgeber. Ihm gegenüber bleibt der Beitragsanspruch bestehen. Ist er in Konkurs gefallen, wird die Beitragsforderung mit der Stellung des Antrages nach § 141n AFG bevorrechtigte Konkursforderung (§ 59 Abs. 2, § 61 Abs. 1 Nr. 1 der Konkursordnung –KO–). Bis zum 31. Juli 1979 (Inkrafttreten des 5. AFG-Änderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 – BGBl I S 1189 –) gingen diese Ansprüche auf die BA über. Seitdem bleiben sie gegenüber dem Arbeitgeber bestehen und die Einzugsstelle hat geleistete Zahlungen Zahlungen der BA zu erstatten (§ 141n Abs. 2 AFG nF). Die Entscheidung der BA über den Antrag der Einzugsstelle auf Zahlung rückständiger Beiträge, die ohnehin nur die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate der Arbeitsverhältnisse betreffen kann, hat deshalb keine bindende Wirkung gegenüber den Versicherten, dem Beitragsschuldner und den Rentenversicherungsträgern. Über Inhalt und Umfang der Beitragspflicht entscheidet vielmehr allein die Einzugsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 1299 RVO.
Der Antrag der Einzugsstelle nach § 141n Abs. 1 AFG ist innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen (§ 141e Abs. 1 Satz 2 iVm § 141n Satz 3 AFG). Ist die Antragsfrist aus von der Einzugsstelle nicht zu vertretenden Gründen versäumt, so hat die BA dennoch zu leisten, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt wird. Die Versäumung der Ausschlußfrist ist zu vertreten, wenn die Einzugsstelle sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht hat (§ 141e Abs. 1 Sätze 3 und 4 AFG). Diese ebenfalls seit dem 1. August 1979 geltende Fassung ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil die Entscheidung über den Anspruch vor dem 1. August 1979 nicht unanfechtbar geworden ist (§ 141e Abs. 3 AFG nF).
Ist ein Konkursverfahren nicht eröffnet worden, sind aber die Voraussetzungen eines der Insolvenzereignisse erfüllt, die nach § 141b Abs. 3 Nrn 1 und 2 AFG der Eröffnung des Konkursverfahrens gleichstehen (Ablehnung mangels Masse oder vollständige Betriebseinstellung bei offensichtlicher Masselosigkeit und nicht gestelltem Konkursantrag), so beginnt die Ausschlußfrist des § 141e Abs. 1 Satz 2 AFG mit diesen Ereignissen. Wenn daher, wie die Vorinstanzen angenommen haben, die Voraussetzungen des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG spätestens am 31. Dezember 1974 erfüllt waren, hätte die Ausschlußfrist am 28. Februar 1975 geendet. Das wäre unschädlich, wenn die Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen die Ausschlußfrist versäumt und den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt hätte. Versuche, die Beiträge beizutreiben, haben allein keinen Einfluß auf die Frage des Vertretenmüssens (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 26. August 1983 – 10 RAr 1/82 – zur Veröffentlichung bestimmt).
Ist der Tatbestand des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG erfüllt, bleibt er maßgebend für die Ausschlußfrist, auch wenn später das Konkursverfahren eröffnet wird oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird (§ 141b Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AFG), denn die in § 141b AFG genannten Insolvenztatbestände stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander; maßgebend ist dasjenige Ereignis, durch das erstmals die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers hervorgetreten ist (BSGE 41, 121 ff). Nur wenn sich zwischenzeitlich die Vermögenslage so verbessert hat, daß der Konkursgrund eindeutig weggefallen war, handelt es sich um mehrere selbständige Insolvenzereignisse, die gegebenenfalls jeder für sich Kaug-Ansprüche auslösen können (SozR 4100 § 141b Nr. 6).
Ob jedoch der Insolvenztatbestand des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG am 31. Dezember 1974 erfüllt war, kann aus den von dem LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht eindeutig entnommen werden. Durch das Konkursausfallgeldrecht sollen Arbeitnehmer und Versicherungsträger in bestimmten Fällen und in bestimmtem Umfang vor den Folgen der Insolvenz von Arbeitgebern geschützt sein. Dieser Schutz ist kein allgemeiner Schutz gegen durch Insolvenz verursachte Verluste. Das Gesetz knüpft an einzelne Sachverhalte an, bei denen die Insolvenz konkret hervorgetreten ist. § 141b Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AFG fordern, daß ein Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist. In diesen Fällen ist im Kaug-Verfahren die Insolvenz nicht zu prüfen, weil sie von dem Konkursgericht als zumindest glaubhaft festgestellt worden ist (§ 105 KO). In dem weiteren, der Konkurseröffnung ebenfalls gleichgestellten Fall des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG ist das Konkursgericht nicht tätig geworden; seine Voraussetzungen sind deshalb von dem Arbeitsamt festzustellen (BSGE 53, 1). Liegen sie vor, so haben sie dieselbe Indizwirkung für die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Deshalb wird neben der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit gefordert, daß ein Konkursantrag nicht gestellt ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Hiermit soll erreicht werden, daß Arbeitnehmer oder Versicherungsträger, wenn der insolvente Arbeitgeber keinen Konkursantrag gestellt hat, nicht gezwungen sein sollen, Konkursanträge zu stellen (§ 103 Abs. 2 KO), um die Voraussetzungen für die Ansprüche aus der Kaug-Versicherung zu schaffen, und deshalb gegebenenfalls Vorschüsse leisten müssen (§ 107 Abs. 1 KO). Es handelt sich nicht um einen von den beiden anderen Tatbeständen losgelösten Kaug-Tatbestand. An die Stelle der Ablehnung mangels Masse tritt lediglich die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, der unterlassene Konkursantrag und die offensichtliche Masselosigkeit. Voraussetzung ist aber auch hier eine konkursrechtlich relevante Zahlungsunfähigkeit. Im Konkursverfahren wird jedoch das gesamte, der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners erfaßt, welches ihm im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gehört (§ 1 KO – Konkursmasse –). Der Arbeitgeber haftet seinen Arbeitnehmern und den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich mit seinem gesamten Vermögen. Wenn das Gesetz neben der Masselosigkeit, wegen derer ein Konkursverfahren offensichtlich nicht in Betracht kommt, als weiteres Tatbestandsmerkmal die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit fordert und damit diesem Umstand entscheidende Indizwirkung für die konkursrechtliche Zahlungsunfähigkeit beilegt, kann unter „Betrieb” in diesem Sinne nicht ein einzelner Betrieb eines Unternehmers gemeint sein oder gar nur ein bestimmter Betriebsteil. Vielmehr ist unter der „vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit” die vollständige Beendigung der betrieblichen Betätigung des Arbeitgebers zu verstehen, wobei der Betrieb als Organisationseinheit sogar weiter bestehen kann, ohne auch nur zeitweise unterbrochen zu werden (BSGE 51, 296 ff). Denn die Kaug-Versicherung soll Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger gegen Verluste infolge der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sichern. Ist daher die Fortführung eines Betriebes durch einen anderen Unternehmer nicht beweiskräftig dafür, daß der frühere Arbeitgeber nicht zahlungsunfähig ist, ist umgekehrt auch die Einstellung eines einzelnen Betriebes nicht ausreichend für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers, der andere Betriebe weiterführt. Erst wenn ein Arbeitgeber in diesem Sinne seine gesamte betriebliche Betätigung vollständig beendet hat, können die Tatbestandsvoraussetzungen des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG erfüllt sein (BSG aaO). Eine spätere erneute „betriebliche Betätigung” ist dagegen grundsätzlich nicht rechtserheblich.
Die Feststellungen des LSG lassen nicht mit ausreichender Deutlichkeit erkennen, ob, als D. seinen Gewerbebetrieb in Sch. im Dezember 1974 einstellte und seine dortigen Arbeitnehmer zum 31. Dezember 1974 bei der Beklagten abmeldete, kein Konkursantrag gestellt war, und ob er bereits einen anderen Betrieb begonnen hatte oder ob das erst später geschehen ist. Das LSG wird das feststellen müssen, wobei nicht von Bedeutung ist, ob dieser Betrieb ein „Zweigbetrieb” des Betriebes in Sch. war, oder einem anderen Unternehmenszweck diente. Gegebenenfalls kann es dabei auch bedeutsam sein, in welcher Form die einzelnen Unternehmen betrieben wurden, dh, ob D. selbst Arbeitgeber der Beschäftigten beider Betriebe war, oder ob die Arbeitgeber nicht identisch waren (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 28. Juni 1983 – 10 RAr 26/81 –, zur Veröffentlichung bestimmt).
Stellt sich heraus, daß D. spätestens am 31. Dezember 1974 seine betriebliche Betätigung vollständig eingestellt hatte, lagen keine erkennbaren Umstände vor, die der Annahme entgegenstehen, ein Konkursverfahren komme mangels Masse nicht in Betracht (vgl. BSGE 53, 1) und war kein Konkursantrag gestellt, wäre der am 14. August 1975 gestellte Antrag der Klägerin verspätet. Ein Hindernis, das nach § 141e Abs. 1 Satz 3 AFG einen späteren Antrag gerechtfertigt hätte, ist nicht erkennbar. Nachdem D. seine Beschäftigten zum 31. Dezember 1974 bei der Klägerin abgemeldet hatte, hätte sie diese Tatsache zum Anlaß nehmen müssen festzustellen, ob der Insolvenztatbestand des § 141b Abs. 3 Nr. 2 AFG erfüllt ist, und sie deshalb einen Anspruch auf Entrichtung der rückständigen Sozialversicherungsbeiträge gegen die Beklagte hat (Urteil des erkennenden Senats vom 26. August 1983 – 10 RAr 1/82 –, zur Veröffentlichung bestimmt).
Ist der Antrag der Klägerin nicht verspätet, ist zu prüfen, ob die materiellen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Anspruch auf Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge nach § 141n AFG erfaßt diejenigen rückständigen Beiträge, die der im Sinne von § 141b Abs. 1 und Abs. 3 Nrn 1 und 2 AFG insolvente Arbeitgeber der Einzugsstelle für den maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum schuldet, dh die auf das den Arbeitnehmern für diesen Zeitraum zustehende Arbeitsentgelt entfallen. Schuldet der insolvente Arbeitgeber für diese Zeit kein Arbeitsentgelt, ist er nicht Beitragsschuldner, und die Beklagte hat keine Beiträge zu entrichten.
Für den Fall der – hier von der Beklagten behaupteten – sogenannten unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung hat das BSG entschieden, daß auch dann, wenn die Arbeitsverträge nach Art. 1 § 9 Nr. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vom 7. August 1972 (BGBl I 1393) und damit auch die dem Kaug-Anspruch zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisse unwirksam waren, der Kaug-Anspruch nach § 141b AFG nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist (BSGE 53, 205 ff). Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Beitragsentrichtungsanspruch nach § 141n AFG. Denn dieser Anspruch folgt den Voraussetzungen des Kaug-Anspruchs nach § 141b AFG. Das LSG wird deshalb gegebenenfalls festzustellen haben, ob die für die Unwirksamkeit der Arbeitsverträge erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorgelegen haben und bejahendenfalls, ob die Beklagte dennoch die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat.
Die Kostenentscheidung bleibt dem das Verfahren abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen