Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 1984 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Im Streit steht, ob die Beklagte dem Kläger bekannt geben muß, welche Medikamente seiner verstorbenen Mutter ärztlich verordnet worden sind.
Der Kläger ist der Sohn und Miterbe der am 7. Dezember 1981 an Krebs verstorbenen M., die bei der Beklagten versichert war (Versicherte). Die Versicherte war bis zum 29. Oktober 1981 in Krankenhausbehandlung; anschließend wurde sie von ihrer Tochter in deren Hause gepflegt. Am 16. November 1981 errichtete die Versicherte dort ein notarielles Testament, mit dem sie u.a. ein Testament vom 26. Oktober 1959 aufhob, Sohn und Tochter je zur Hälfte als Erben einsetzte und eine Erbteilung anordnete, nach der die landwirtschaftlichen Flächen ihres Grundbesitzes der Tochter übertragen wurden. Am 20. November 1981 unterschrieb die Versicherte eine vom Kläger vorbereitete Erklärung, sie habe ihr Testament vom 26. Oktober 1859 durch Nötigung, gegen ihren Willen und um Ruhe zu finden geändert, und errichtete am selben Tage ein vom Kläger gefertigtes von ihr unterschriebenes Testament, in dem sie das Testament vom 16. November 1981 für ungültig, das Testament vom 26. Oktober 1959 dagegen für gültig erklärte.
Mit Schreiben vom 1. Juli 1982 bat der Kläger die Beklagte um Auskunft anhand der ihr vorliegenden Rezeptblätter, welche Medikamente der Versicherten vom 30. Oktober bis zum 25. November 1981 verordnet worden seien; der behandelnde Arzt, der keine Aufzeichnungen darüber habe, sei einverstanden. Die Beklagte lehnte dies am 5. August und 19. Oktober 1982 schriftlich ab, da sie nach den §§ 67 ff. des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB X) die personenbezogenen Daten nicht bekanntgeben dürfe. Dabei wies sie abschließend darauf hin, nach ihren Feststellungen habe sie im Laufe des November 1981 einige Arzneiverordnungen für die Versicherte bezahlt; keine dieser Verordnungen enthalte jedoch Mittel, die der besonderen Überwachung nach dem Betäubungsmittelgesetz unterlägen.
Mit der beim Amtsgericht erhobenen und von diesem wegen Unzuständigkeit an das Sozialgericht (SG) verwiesenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Erbe auskunftsberechtigt und an der Auskunft erheblich interessiert, weil er die seine Schwester begünstigenden letzten Verfügungen nur mit Aussicht auf Erfolg anfechten könne, wenn die Willensbildung der Versicherten durch starke Schmerzmittel beeinträchtigt gewesen sei.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (Urteile vom 22. September 1983 und vom 26. Juni 1984). Das Landessozialgericht (LSG) hält zwar den Rechtsweg für gegeben und ein Vorverfahren für entbehrlich, da mit der auf Auskunftserteilung gerichteten Leistungsklage nicht der Erlaß eines Verwaltungsaktes, sondern ein schlichtes Verwaltungshandeln begehrt werde, doch stehe dem Kläger ein Auskunftsanspruch nicht zu. Ob die Versicherte Inhaberin eines solchen Anspruchs gewesen sei, könne dahinstehen; sie hätte ihn dem Kläger jedenfalls nicht vererben können. Einen eigenen Anspruch habe der Kläger nicht. Hierfür komme allenfalls § 15 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) in Betracht. Ob er anwendbar sei, brauche indes nicht abschließend entschieden zu werden, denn der Beklagten sei eine Offenbarung verwehrt. Nach § 35 Abs. 1 SGB I habe jedermann Anspruch auf die Wahrung des Sozialgeheimnisses; dieser Schutzanspruch ende nicht mit dem Tode. Eine nach § 35 Abs. 2 SGB I i.V.m. § 67 SGB X zulässige Einwilligung in die Bekanntgabe ihrer personenbezogenen Daten habe die Versicherte weder in schriftlicher noch in anderer Form erteilt. Der Kläger könne die Beklagte zur Offenbarung nicht ermächtigen, da das Recht zur Erteilung der Einwilligung höchstpersönlich und grundsätzlich nicht vererblich sei. Im übrigen fehle es an der erforderlichen Einwilligung der Miterbin. Ein zwingendes öffentliches Interesse an einer Offenbarung sei nicht ersichtlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision beantragt der Kläger, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, aus den ihr zur Abrechnung vorgelegten Rezepten Auskunft zu geben, welche Arzneimittel der Versicherten in der Zeit vom 30. Oktober bis 25. November 1981 verschrieben worden sind.
Zur Begründung rügt er eine Verletzung von § 67 SGB X. Aus dem gesamten Verhalten der Versicherten ab der Errichtung des notariellen Testaments vom 16. November 1981 müsse geschlossen werden, daß sie ihm, dem Kläger, die Vollmacht gegeben habe, alles zu tun, um den vorherigen Rechtszustand wiederherzustellen. Damit habe sie – in anderer Form – auch die Einwilligung erteilt, ihre personenbezogenen Daten von der Beklagten anzufordern, um festzustellen, ob sie durch Einnahme von Medikamenten in ihrer freien Willensentscheidung beeinträchtigt war. Die Unzumutbarkeit, vor Klärung der Frage, welche Medikamente der Arzt verschrieben habe, einen kostspieligen Anfechtungsprozeß vor dem Landgericht zu führen, rechtfertige den Vorrang der Offenbarungspflicht der Beklagten vor deren Verschwiegenheitspflicht.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
Was zunächst die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit angeht, die das LSG aus dem Streitgegenstand heraus auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bejaht hat, kann offen bleiben, ob das allgemein gefaßte Leistungsbegehren des Klägers, ihm eine Auskunft zu erteilen, in der Tat eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung darzustellen vermag. Auch wenn dies nicht der Fall wäre und die vorliegende Streitigkeit vor die Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit gehörte, müssen sich die Sozialgerichte in dieser Sache in jedem Falle für zuständig halten (§ 52 Abs. 2 SGG). Denn das zuerst angerufene Amtsgericht hat den zu ihm beschrittenen Rechtsweg zuvor rechtskräftig für unzulässig erklärt und ein dritter Rechtsweg kommt nicht in Betracht (SozR Nr. 1 zu FANG Art 6 § 22). Das hat zur Folge, daß der Klageanspruch hier nicht allein auf sozialrechtlicher, sondern auch auf zivilrechtlicher Grundlage überprüft werden kann und muß.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm über die seiner verstorbenen Mutter ärztlich verordneten Medikamente Auskunft zu geben. Hierfür besteht im Recht der Sozialversicherung und speziell im Recht der Krankenversicherung der Landwirte keine normierte Rechtsgrundlage. Soweit der vom erkennenden Senat hierzu um nähere Darlegungen angegangene Kläger meint, der Anspruch auf eine dahingehende Auskunft leite sich – sei es aus originärem oder aus übergegangenem Recht – aus § 67 Satz 1 Nr. 1 SGB X her, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich diese Vorschrift ausschließlich mit der Zulässigkeit der Offenbarung von personenbezogenen Daten (bzw. Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen) befaßt und nur hierfür regelt, unter welchen Voraussetzungen die dem Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I unterliegenden Daten überhaupt bekanntgegeben werden dürfen. Ein Anspruch auf Auskunft, gleich welcher Art sie sei, ist in § 67 Satz 1 Nr. 1 SGB X nicht verankert. Die Vorschrift begründet für den Geheimnisträger mithin lediglich eine Befugnis, nicht aber weitergehend eine Pflicht zur Offenbarung.
Eine Auskunftspflicht kann sich hier auch aus den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes vom 21. Januar 1977 (BGBl. I 201) – §§ 4, 13 – schon deshalb nicht ergeben, weil es sich bei den in den Rezepten enthaltenen Daten um keine Daten zur Person des Klägers handelt; da sie nicht auf seine Person bezogen sind, kann er nicht Betroffener i.S. des § 2 Abs. 1 des Gesetzes sein.
§ 15 SGB I, dessen Heranziehung als Anspruchsgrundlage das LSG erwogen hat, berechtigt den Kläger ebenfalls nicht, die besagte Auskunft zu verlangen. Die Vorschrift verpflichtet in Abs. 1 (u.a.) die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. Damit ist der Auskunftsbereich erschöpfend umschrieben; er wird nicht dadurch erweitert, daß es im folgenden Abs. 2 heißt, die Auskunftspflicht erstrecke sich „auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für den Auskunftssuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist”. Diese Fragen müssen sich nämlich auf soziale Angelegenheiten nach dem SGB beziehen; eine Auskunftspflicht auf Fragen zu anderen Angelegenheiten ist ersichtlich nicht vorgesehen. Die vom Kläger beanspruchte Auskunft liegt außerhalb des in § 15 Abs. 1 SGB I festgelegten Auskunftsbereiches. Eine soziale Angelegenheit nach dem SGB kann sie schon deswegen nicht betreffen, weil der Kläger in keinerlei sozialen Rechtsbeziehungen zur Beklagten steht. Darüber hinaus gehören Auskünfte an dritte Personen über den Inhalt ärztlicher Rezepte nicht zum Pflichtenbereich der Beklagten als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie sind ihrer Art nach keine Dienstleistung, die Gegenstand eines sozialen Rechts i.S. von § 11 SGB I zu sein vermöchte. Die Beklagte befindet sich insoweit in gleicher Lage wie eine private Versicherungsgesellschaft, die bei einer privaten Versicherung ebenfalls in den Besitz von Verordnungsblättern gelangt wäre.
Das legt es nahe, eine mögliche Rechtsgrundlage im Zivilrecht zu prüfen. Insoweit könnte allein ein allgemeines Auskunftsrecht außerhalb von vertraglichen oder sonstigen Beziehungen des Bürgerlichen Rechts in Frage kommen. Eine – dem Auskunftsrecht entsprechende – allgemeine Auskunftspflicht ist dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Indes unbekannt (RGZ 102, 236; BGHZ 70, 751; 81, 1733; Palandt, BGB; 41. Aufl., Anm. 2 zu § 261); insbesondere begründet die Tatsache, daß jemand über einen Sachverhalt informiert ist, der für einen anderen von Bedeutung ist, noch keine Auskunftspflicht. Soweit in der Rechtsprechung eine auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützte Auskunftspflicht erörtert wird (RGZ 108, 7; 158, 379; BGHZ 10, 387; 55, 202; 62, 731), setzt sie voraus, daß zwischen den Betreffenden – im vorliegenden Fall nicht gegebene – Rechtsbeziehungen bestehen, aus denen sich dann erst nach Treu und Glauben gegebenenfalls Auskunftspflichten ergeben könnten.
Da die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist, stellt sich im weiteren die Frage nach einem allgemeinen Auskunftsrecht im öffentlichen Recht. Höchstrichterliche Entscheidungen gerade hierzu gibt es, soweit ersichtlich, zwar nicht, wohl aber zu Einsichts- und Vorlagerechten, die zu Auskunftsrechten (bei leichter Erfüllbarkeit) fortentwickelt werden könnten. So hat das Bundesverwaltungsgericht –BVerwG– (in BVerwGE 30, 154, 159 ff.) anerkannt, daß für am Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte ein Bedürfnis nach Einsicht in Verwaltungsunterlagen zur Durchsetzung von Rechten im Einzelfall durch ein eigenes, gewichtiges und auf andere Weise nicht zu befriedigendes Interesse gedeckt sein könne; bei Sachlagen dieser Art wäre es im Hinblick auf Art 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ein unerträgliches Ergebnis, wenn die Akteneinsicht einfach grundlos ohne jeden Rechtsschutz verweigert werden dürfte. Allerdings hat das BVerwG selbst für diese Fälle Dritten keinen Anspruch auf Auskunft zuerkannt (a.A. wohl Kopp, VerwVfG, 3. Aufl., Anm. 11 und 12 zu § 29), vielmehr die Gewährung der Akteneinsicht in das Ermessen der Behörde gestellt. Aus solchen Erwägungen könnte auch hier die Auskunftserteilung dem Ermessen der Beklagten überlassen sein.
Dabei versteht es sich jedoch von selbst, daß die Beklagte hierbei Pflichten zur Geheimhaltung zu befolgen sowie schutzwürdige Interessen anderer Personen und der Allgemeinheit in die Ermessenserwägungen mit einzubeziehen hat. Insoweit hat sie sich zu Recht auf § 67 SGB X – i.V.m. § 35 SGB I – berufen. Hiernach ist, da kein Fall der Nr. 2 vorliegt, nach Nr. 1 eine Offenbarung von personenbezogenen Daten nur zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Der von den Verordnungsblättern als personenbezogenen Daten Betroffene war die Versicherte. Sie hat, wie das LSG festgestellt hat, weder schriftlich noch in anderer Form eingewilligt. Gegen die dahingehenden tatsächlichen Feststellungen hat der Kläger keine Verfahrensrügen erhoben (§ 163 SGG); abgesehen davon ergäbe sich aus seinem Revisionsvorbringen auch nicht die in § 67 SGB X verlangte konkrete Einwilligung, die nicht mit einer allgemeinen „Vollmacht” in dem vom Kläger beschriebenen Sinne identisch ist.
Das Gebot der Geheimhaltung dauert über den Tod der Versicherten hinaus. Nicht geklärt ist bisher, ob nunmehr Rechtsnachfolger (Erben) oder Angehörige (Hinterbliebene) anstelle der Verstorbenen die Einwilligung geben können (bejahend Hauck/Haines, § 67 SGB X, Rz. 10 für den Fall, daß sie in dieser Eigenschaft ein berechtigtes Interesse an der Offenbarung haben im übrigen gelte der Grundsatz, daß höchstpersönliche Befugnisse mit dem Tode des Betroffenen erlöschen). Der Senat braucht zu dieser Frage nicht abschließend Stellung zu nehmen; nach seiner Meinung kann jedenfalls nicht einer aus diesem Kreis wirksam die Einwilligung geben, wenn nicht feststeht, daß dies auch dem Willen anderer in gleicher Rechtsstellung entspricht, wenn hier sogar möglicherweise ein Interessengegensatz besteht. Im vorliegenden Falle ist aber vom LSG nicht festgestellt worden, daß sich die Schwester des Klägers mit der Offenbarung des Inhalts der Verordnungsblätter an den Kläger – über den schon von der Beklagten mitgeteilten Inhalt hinaus – einverstanden erklärt hat. Ob der Kläger von der Schwester im Klagewege eine solche Erklärung erreichen könnte, ist hier nicht zu entscheiden.
Ein öffentlich-rechtlicher Auskunftsanspruch besteht schließlich auch nicht aus übergeleitetem Recht. Das scheitert bereits daran, daß weder festgestellt noch ersichtlich ist, inwiefern die Versicherte zu Lebzeiten aufgrund ihrer Mitgliedschaft von der Beklagten die Mitteilung der ihr verordneten Medikamente hätte begehren bzw. welches Interesse an einer dahingehenden Bitteilung sie hätte haben sollen; auch könnte ein dahingehender eigener Anspruch von der Sache her mit dem vom Kläger – als Erbe (Miterbe) – geltend gemachten nicht identisch sein. Davon abgesehen wäre aber ein solcher Auskunftsanspruch der Versicherten, selbst wenn er bestanden hätte, als ein höchstpersönlicher Anspruch mit dem Tode der Versicherten in jedem Fall erloschen (§ 59 Satz 1 SGB I).
Nach alledem stelle sich die Entscheidung des LSG als zutreffend dar. Das führte mit der aus § 193 SGG entnommenen Kostenfolge zur Zurückweisung der Revision.
Fundstellen