Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. November 1997 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt ein höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Zugrundelegung eines höheren Arbeitsentgelts ab 24. Januar 1996.
Die im Jahre 1938 geborene Klägerin war im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Zeit von 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1993 bei dem Bund der Antifaschisten als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt; ihr monatliches Bruttoarbeitsentgelt betrug zuletzt 4.520,73 DM. In der anschließenden Zeit vom 1. Juli 1993 bis 8. Oktober 1994 war die Klägerin arbeitslos; sie erhielt seit 1. Januar 1994 Alg in Höhe von 417,00 DM wöchentlich nach einem Bruttoarbeitsentgelt von 1.200,00 DM wöchentlich und der Leistungsgruppe A (Bescheid vom 19. Januar 1994).
Seit 10. Oktober 1994 war die Klägerin im Rahmen einer durch Lohnkostenzuschüsse von der Beklagten gemäß § 97 AFG geförderten Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer bei der Firma D … eV als Archivmitarbeiterin mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 3.600,00 DM beschäftigt. Dieses unbefristet eingegangene Arbeitsverhältnis wurde von der Arbeitgeberin zum 9. Oktober 1995 gekündigt. Vom 10. Oktober 1995 bis 23. Januar 1996 war die Klägerin erkrankt und erhielt Krankengeld.
Mit Bescheid vom 1. Februar 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab 24. Januar 1996 Alg in Höhe von 306,00 DM wöchentlich unter Zugrundelegung des sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt bei der Firma D … eV ergebenden Bemessungsentgelts in Höhe von 830,00 DM und der Leistungsgruppe A/Kindermerkmal O. Mit dem Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr stehe ein höheres Alg zu; diesem müsse mindestens das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, nach dem ihr Alg zuletzt, vor Beginn ihrer Beschäftigung bei der Firma D … eV, bemessen worden sei; § 112 Abs 5 Nr 4 AFG müsse insoweit Anwendung finden; sie sei wie diejenigen Arbeitslosen zu behandeln, deren Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach den §§ 91 bis 96 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gefördert worden sei; ihr Arbeitsverhältnis sei bereits nach einem Jahr beendet worden, obwohl ihr Arbeitsvertrag mit der Firma D … eV unbefristet geschlossen worden und sie von einer längerfristigen Beschäftigung ausgegangen sei; ihre Beschäftigung sei daher eine „gewöhnliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme” gewesen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 1996 zurück und führte ua aus: Der Anspruch der Klägerin auf Alg sei am 24. Januar 1996 entstanden. Sie sei arbeitslos gewesen, habe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden, sich arbeitslos gemeldet und Alg beantragt; sie habe auch die Anwartschaftszeit erfüllt, da sie in der Rahmenfrist von 360 Kalendertagen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Die Zeit vom 1. April 1995 bis 9. Oktober 1995 sei der maßgebliche Bemessungszeitraum. Die Klägerin habe in diesem Zeitraum ein Arbeitsentgelt von 830,77 DM wöchentlich erzielt (3.600,00 DM × 3: 13); das ergebe nach § 112 Abs 10 AFG ein gerundetes Bemessungsentgelt von 830,00 DM. Die Sonderregelung des § 112 Abs 4 Nr 5 AFG greife nicht ein, weil die Beschäftigung nach § 97 AFG gefördert worden sei.
Das Sozialgericht Berlin (SG) hat mit Urteil vom 20. November 1996 die Klage abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Landessozialgericht Berlin (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 7. November 1997). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe das Alg zutreffend berechnet. § 112 Abs 5 Nr 4 AFG (idF des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms ≪FKPG≫ vom 23. Juni 1993, BGBl I S 944) finde keine Anwendung. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf ein höheres Alg unter Zugrundelegung des höheren Bemessungsentgelts, weil sie nicht im Rahmen einer allgemeinen Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung nach §§ 91 bis 96 AFG, sondern im Rahmen von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer nach § 97 AFG gefördert worden sei. Die gesetzliche Regelung sei eindeutig. Sie sei in konzeptionellen Unterschieden der beiden geförderten Personenkreise begründet. § 97 AFG bezwecke die Förderung eines Dauerbeschäftigungsverhältnisses, während durch §§ 91 bis 96 AFG eine zeitlich begrenzte Zwischenbeschäftigung gefördert werden solle. Daß sich im Einzelfall wegen vorzeitiger Beendigung des unbefristet geschlossenen Beschäftigungsverhältnisses rückblickend eine den Anwendungsfällen der §§ 91 bis 96 AFG vergleichbare Sachlage ergeben könne, ändere an dem Charakter der Förderungsmaßnahme nichts.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 112 Abs 5 Nr 4 AFG, hilfsweise einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und trägt vor:
Eine verfassungskonforme, an Art 3 Abs 1 GG orientierte Auslegung erfordere, daß ältere Arbeitnehmer, deren Beschäftigung im Rahmen einer Maßnahme nach § 97 AFG gefördert worden sei, bei Wiedereintritt der Arbeitslosigkeit wie diejenigen zu behandeln seien, die eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach §§ 91 bis 96 AFG erhalten hätten. Einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für die unterschiedliche Behandlung gebe es nicht. Vielmehr verweise § 97 AFG in mehrfacher Hinsicht auf die Regelungen in §§ 91 bis 96 AFG. Aus § 93 AFG ergebe sich, daß auch in diesem Rahmen Langzeitarbeitslose mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gefördert würden. Nach dem Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz vom 24. Juni 1996 (BGBl I S 878) sei sowohl nach §§ 91 ff AFG als auch nach § 97 AFG Voraussetzung für eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, daß der Arbeitslose innerhalb der letzten 18 Monate vor Beginn des Arbeitsverhältnisses mindestens 12 Monate beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet gewesen sei (§ 93 Abs 1 Satz 1 Nr 2, § 97 Abs 1 Nr 2 AFG). Das in § 97 Abs 1 Nr 1 AFG für die Fördermaßnahme vorgeschriebene Lebensalter des Arbeitslosen sei kein durchschlagendes Kriterium für eine Differenzierung. Darüber hinaus seien auch Maßnahmen nach § 97 AFG nicht unbefristet. Arbeitslose, die nach §§ 91 ff AFG gefördert würden, könnten schließlich nach Durchlaufen mehrerer Maßnahmen eine gleich lange Förderungsdauer erreichen.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (BSGE 54, 110 = SozR 4100 § 112 Nr 21), wonach § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nicht auf die Gruppe von Arbeitslosen, deren Beschäftigung nach § 97 AFG gefördert worden sei, Anwendung finde, habe Widerspruch erfahren. Heuer (SGb 1983, 413 ff) habe zu Recht ua darauf hingewiesen, daß der Argumentationsansatz des BSG sowohl methodisch als auch tatsächlich bedenklich sei, wenn darauf abgestellt werde, daß § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nur für Fälle einer zeitlich begrenzten Dauer der Zwischenbeschäftigung anwendbar sei. Im Hinblick darauf, daß sie dem von § 112 Abs 5 Nr 4 AFG erfaßten Personenkreis gleichzustellen sei, sei bei ihr ab dem Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitslosigkeit mit Wirkung vom 24. Januar 1996 das Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen, das bei der Bemessung des Alg ab 1. Juli 1993 berücksichtigt worden sei. § 112 Abs 4 Nr 5 iVm Abs 7 AFG sei nicht anwendbar, da die Dreijahresfrist noch nicht verstrichen gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. November 1997 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 1996 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1996 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 24. Januar 1996 an Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 1.200,00 DM unter Berücksichtigung der Dynamisierungen seit 1994 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und weist darauf hin: Der Wortlaut des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG sei eindeutig. Es liege kein Fall einer fehlenden Gesetzesbestimmung vor, die den Weg zur Lückenfüllung durch Richterrecht eröffne. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG und der Verwaltungspraxis den Anwendungsbereich des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nicht erweitert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Zutreffend hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf höheres Alg unter Zugrundelegung eines höheren Arbeitsentgelts verneint. Der angefochtene Bescheid vom 1. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1996 ist rechtmäßig.
Aufgrund der mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG, die es unter Bezugnahme auch auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid getroffen hat, steht der Klägerin kein Anspruch auf ein höheres Alg zu; dessen Höhe hat die Beklagte auf der Grundlage des erzielten Bruttoarbeitsentgelts aus der letzten Beschäftigung bei der Firma D … eV (vom 10. Oktober 1994 bis 9. Oktober 1995) als maßgebliches Arbeitsentgelt iS von § 112 Abs 1 Satz 1 rechnerisch zutreffend festgestellt. Hiervon gehen beide Beteiligten aus. Sie streiten allein darüber, ob dem Alg anstelle des gemäß § 112 Abs 1 und 2 AFG ermittelten ein nach § 112 Abs 5 Nr 4 AFG (idF des Gesetzes vom 23. Juni 1993, BGBl I S 944) festzustellendes Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist. § 112 Abs 5 Nr 4 AFG findet jedoch auf Arbeitslose, die durch eine Maßnahme nach § 97 AFG gefördert worden sind, keine Anwendung. Ein Anspruch auf ein höheres Alg steht der Klägerin auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu (§ 112 Abs 7 AFG idF des Einigungsvertrages iVm Art 1 des Einigungsvertragsgesetzes).
1. Rechtsgrundlage für das bei der Höhe des Alg zu berücksichtigende Arbeitsentgelt ist § 112 Abs 1 und 2 AFG und nicht § 112 Abs 5 Nr 4 AFG. Nach § 112 Abs 1 und 2 AFG richtet sich das Alg grundsätzlich nach dem im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielten Arbeitsentgelt. Der Bemessungszeitraum umfaßt die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat. Nach dieser Regelung ist für den Anspruch der Klägerin auf Alg ab 24. Januar 1996 maßgebend das Arbeitsentgelt, das die Klägerin während ihrer Beschäftigung bei der Firma D … eV erzielt hat; dabei kann dahinstehen, welcher Zeitraum als Bemessungszeitraum zugrunde zu legen ist; denn die Klägerin hat während der gesamten Dauer ihrer Beschäftigung bei der Firma D … eV fortlaufend Arbeitsentgelt in gleicher Höhe (3.600,00 DM monatlich brutto) bezogen.
2. § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG, wonach für die Zeit einer Beschäftigung, die im Rahmen einer Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung nach den §§ 91 bis 96 AFG gefördert worden ist, mindestens das Arbeitsentgelt, nach dem das Alg oder die Arbeitslosenhilfe (Alhi) zuletzt bemessen worden ist, zugrunde zu legen ist, findet nach der Rechtsprechung des BSG auf Arbeitslose, die vor Eintritt der Arbeitslosigkeit durch eine Maßnahme nach § 97 AFG gefördert worden sind, keine Anwendung. Der Senat geht nach den Feststellungen des LSG davon aus, daß die Beschäftigung bei der Firma D … eV von der Beklagten nach § 97 AFG gefördert worden ist (vgl zur Tatbestandswirkung eines derartigen Bescheides: BSGE 54, 110, 116 = SozR 4100 § 112 Nr 21).
Der Senat hält an der Rechtsprechung des BSG zu § 112 Abs 5 Nr 4 AFG fest (BSGE 54, 110 = SozR 4100 § 112 Nr 21; Urteil vom 8. Juni 1989 – 7 RAr 40/88 –; SozR 4100 § 112 Nr 51 S 243 und Nr 52 S 255). Das BSG hat in der Entscheidung vom 5. Oktober 1982 (BSGE 54, 110 = SozR 4100 § 112 Nr 21) zu dem insoweit im wesentlichen gleichlautenden § 112 Abs 5 Nr 2a idF des 4. AFG-Änderungsgesetzes (4. AFGÄndG) vom 12. Dezember 1977 (BGBl I S 2557) ausgeführt: Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollten die im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach §§ 91 ff AFG geförderten beitragspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer, die zuvor Leistungsbezieher gewesen seien, davor geschützt werden, daß eine gegenüber ihrer früheren Tätigkeit niedriger entlohnte Beschäftigung Maßstab für die Leistung bei nachfolgender Arbeitslosigkeit werde; dementsprechend bleibe in diesen Fällen die niedriger entlohnte reguläre Zwischenbeschäftigung bei der Bemessung des Alg außer Betracht. Für diejenigen, die an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach § 97 AFG teilgenommen hätten, gelte die Vorschrift nicht; denn deren Förderung sei auf längere Dauer ausgerichtet und sei daher als echte Arbeitsbeschaffung anzusehen; infolgedessen sei hier bei Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht auf ein früheres Arbeitsentgelt nach § 112 Abs 5 Nr 2a AFG (heute § 112 Abs 5 Nr 4 Satz 1 AFG) zurückzugreifen. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig. Für die Annahme einer Lücke sei kein Raum. Wollte man dennoch eine Lücke annehmen, müßten besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, die unter Berücksichtigung anderer Auslegungskriterien gleichwohl für eine derartige Gesetzeslücke sprächen. Zunächst jedoch sei davon auszugehen, daß der Wortlaut der Norm den Willen des Gesetzes zum Ausdruck bringe, sofern sich nicht aus ihrer Entstehungsgeschichte, ihrem Zweck oder ihrem Inhalt konkrete Anhaltspunkte für ein planwidriges Unterlassen des Gesetzgebers ergäben. Eine derartige Planwidrigkeit sei nicht erkennbar. § 112 Abs 5 Nr 2a AFG (heute § 112 Abs 4 Nr 5 aaO) sei eine Ausnahme von der Regelung in § 112 Abs 1 und 2 AFG; danach bemesse sich das Alg nach dem in der letzten Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit erzielten Entgelt entsprechend dem Grundsatz der Arbeitslosenversicherung, daß der letzte auf Arbeitseinkommen gegründete Lebensstandard des Arbeitnehmers Maßstab für die Gewährung von Leistungen sei. Der Charakter des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG als einer Ausnahmevorschrift stehe einer ausdehnenden Auslegung entgegen. Trotz eines fehlenden Hinweises in den Motiven bestehe kein Anhalt für die Annahme, der Gesetzgeber habe versehentlich die nach § 97 AFG Geförderten nicht in die Begünstigung miteinbezogen. Den Materialien sei vielmehr zu entnehmen, daß Alg-Bezieher lediglich vor Nachteilen aus zeitlich begrenzten Zwischenbeschäftigungen hätten geschützt werden sollen. Dementsprechend solle sich die Zwischenbeschäftigung bei den nach §§ 91 ff AFG Geförderten lediglich bis zu einer begrenzten Dauer (drei Jahre) nicht nachteilig auf die Leistungshöhe auswirken. Bei aller Gleichartigkeit der Maßnahmen bestehe zwischen der Förderung nach §§ 91 bis 96 AFG und nach § 97 AFG ein konzeptioneller Unterschied. Zwar sollten auch die Maßnahmen nach §§ 91 ff AFG möglichst eine Beschäftigung von Arbeitslosen „in Dauerarbeit” bewirken. § 97 AFG enthalte jedoch eine Sonderregelung zugunsten älterer Arbeitnehmer; insoweit solle eine dauerhafte Förderung solcher Betriebe ermöglicht werden, die älteren Arbeitnehmern einen Dauerarbeitsplatz zur Verfügung stellten. Die auf Dauer ausgerichtete Förderung sei auf eine echte Arbeitsbeschaffung – und nicht wie bei den Maßnahmen nach §§ 91 ff AFG auf eine Zwischenbeschäftigung – gerichtet. Sie sei infolgedessen nicht an die Förderungskriterien der §§ 91 ff AFG gebunden. Die Förderungsmaßnahmen in Form der Lohnkostenzuschüsse würden nach § 97 AFG grundsätzlich auch länger gewährt. Dementsprechend sei Förderungspartner unmittelbar der Arbeitgeber (§ 97 Abs 1 Satz 1 AFG), während Partner der Förderung nach § 91 ff AFG der Träger der Maßnahme sei. Für den selbständigen Charakter der Fördermaßnahme sprächen auch die unterschiedlichen Ermächtigungsgrundlagen in § 95 Abs 3 AFG und in § 99 AFG. Angesichts der für beide Leistungsarten unterschiedlichen Förderungsvoraussetzungen, der verschiedenen Förderungsadressaten und Förderungsmodalitäten verstoße die Nichtberücksichtigung von nach § 97 AFG Geförderten in § 112 Abs 5 Nr 2a AFG nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Die Gegenansicht von Heuer (SGb 1983, 413 ff) und von Gagel (AFG, § 112 RdNrn 253, 254) vermag nicht zu überzeugen. Gegen die Rechtsprechung des BSG wird im wesentlichen eingewandt, im Ausschluß der älteren Arbeitnehmer liege eine wesentliche Ungleichbehandlung; die relevanten Faktoren seien bei beiden Förderungsgruppen im wesentlichen gleichartig, so daß die gleiche Sonderregelung für die nachfolgende Bemessung des Alg oder der Alhi verständlicher wäre (so Heuer, aaO, S 415). Heuer hat zusammenfassend festgestellt, „im vorliegenden Fall hätte das Ergebnis mindestens ebenso gut, wenn nicht besser umgekehrt lauten können”.
Die in der og Entscheidung des BSG (BSGE 54, 110 = SozR 4100 § 112 Nr 21) angeführten Gesichtspunkte sind gerade auch unter Berücksichtigung einer an Art 3 Abs 1 GG orientierten Auslegung weiterhin zutreffend.
Sowohl Wortlaut als auch der „Wille des Gesetzgebers” sprechen gegen eine Anknüpfung an das frühere Arbeitsentgelt bei Wiedereintritt der Arbeitslosigkeit von älteren Arbeitslosen, die nach § 97 AFG gefördert worden sind. Trotz mehrfacher Änderung der Vorschrift, zuletzt durch das Gesetz vom 23. Juni 1993 (BGBl I S 944), hat es der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung und der Kontroverse über ihre Auslegung bei der Regelung in § 112 Abs 5 Nr 4 AFG und damit bei dem Ausschluß der nach § 97 AFG Geförderten belassen. Es mag zwar zutreffen, daß die Fördermaßnahmen nach § 97 AFG und diejenigen nach §§ 91 ff AFG sehr viele Ähnlichkeiten aufweisen (vgl Verweisung in § 97 Abs 2 Satz 5 AFG auf § 93 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 sowie Abs 2 bis 4 AFG). Dennoch bestehen Unterschiede von solcher Art (vgl hierzu Bieback in Gagel, AFG, § 97 RdNr 3; Feckler in GK-AFG, RdNrn 3, 4), daß die unterschiedlichen Regelungen gerechtfertigt sind.
Bereits in den Materialien (BT-Drucks V/4110, S 17) war darauf hingewiesen worden, daß es sich bei den Maßnahmen nach § 97 AFG (dort § 89a) um besondere Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer handele; die Bundesanstalt für Arbeit (BA) sollte auf diese Weise in die Lage versetzt werden, Betriebe dauerhaft zu fördern, die älteren Arbeitnehmern zu einem Arbeitsplatz verhelfen würden; dabei müsse es sich um Arbeitnehmer handeln, bei denen Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung keinen Erfolg versprächen oder sich bereits als erfolglos erwiesen hätten und die ohne die Förderung langfristig ohne Beschäftigung sein würden; diese Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer sollten einer partiellen Massenarbeitslosigkeit entgegenwirken und seien daher auf längere Dauer ausgerichtet; sie seien eine echte Arbeitsbeschaffung. Durch diese Gesetz gewordenen besonderen Tatbestandsvoraussetzungen hat der Gesetzgeber den Kreis der Förderungsberechtigten begrenzt auf diejenigen, die ua im Hinblick auch auf ihr Alter (§ 97 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Abs 3 AFG idF des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 26. Juli 1994, BGBl I S 1786) nicht mehr oder nur schwer zu vermitteln sind und bei denen sonstige Hilfen der BA keinen Erfolg mehr versprechen (§ 97 Abs 1 Satz 3 AFG). Sie sollen durch einen langfristig geförderten Arbeitsplatz – ggf bis zum Erreichen der Altersgrenze – begünstigt werden, weil bei ihnen regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie in Zukunft überhaupt noch (außerhalb der ABM) vermittelbar sind. Bei ihnen durfte der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, daß sie ihr früheres, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erzieltes Arbeitsentgelt nicht mehr würden verdienen können, vielmehr das in der geförderten Maßnahme erzielte Entgelt ihre Einkommenssituation widerspiegelt, die nunmehr auch für die Zukunft ihren Verdienstmöglichkeiten entspricht. Infolgedessen mußte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung die Einbeziehung dieser Personengruppe in den Ausnahmetatbestand des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG nicht erforderlich erscheinen, weil für die Gewährleistung eines Versicherungsschutzes aus einem früheren Lebensstandard schon angesichts der erstrebten Förderungsdauer kein ausreichender Grund mehr bestand. Die Dauer der Förderung ergibt sich aus § 97 Abs 4 AFG, wonach ein Lohnkostenzuschuß bis zu acht Jahren gewährt werden kann. Dieser zeitliche Rahmen bietet für 55-jährige und ältere Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Zeit bis zum Rentenbeginn (Vollendung des 63. Lebensjahres) – ohne erneute Arbeitslosigkeit – zu überbrücken. Daß diese Überbrückung im Einzelfall – wie im Falle der Klägerin – nicht gelingt bzw das geförderte Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet werden muß, rechtfertigt bei dem gebotenen Vergleich der unterschiedlichen Konzepte der beiden Förderungsarten keinen Rückgriff auf § 112 Abs 5 Nr 4 AFG, der auf die kurze Förderungszeit der allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausgerichtet ist. Insoweit ist – abweichend von der Förderungsdauer nach § 97 AFG – in § 9 Abs 2 der auf § 95 Abs 3 AFG gestützten Anordnung des Verwaltungsrats der BA über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der BA (≪ABMAO≫ vom 13. Dezember 1984 idF der 8. ÄndAnO vom 21. Dezember 1995) vorgesehen, daß die Dauer der Maßnahme nach §§ 91 ff AFG in der Regel ein Jahr nicht überschreiten darf; sie kann unter bestimmten Voraussetzungen bis zu drei Jahren verlängert werden.
Die angeführten Gesichtspunkte machen deutlich, daß die Regelung in § 112 Abs 5 Nr 4 AFG und damit der Ausschluß der nach § 97 AFG Geförderten im Rahmen einer bei Entscheidungen der Massenverwaltung zulässigen typisierenden und pauschalierenden Betrachtung (vgl Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl, Art 3 RdNr 21 mwN) sachgerecht und eine Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG mithin nicht erkennbar ist. Die mit § 97 AFG bezweckte langfristige Förderung, die der Integration des wegen Alters kaum mehr vermittelbaren Arbeitslosen in ein auf Dauer angelegtes Arbeitsverhältnis dienen soll, stellt im Vergleich zu den allgemeinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der §§ 91 bis 96 AFG insgesamt eine Vergünstigung dar, die nicht allein deshalb gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, weil sie in einem einzelnen Punkt – der Bemessung des Alg bei erneuter Arbeitslosigkeit – wegen der Nichtanwendbarkeit des § 112 Abs 5 Nr 4 AFG zu einem Nachteil führt. Die im Konzept des § 97 AFG angelegte langfristige Förderung und die damit verbundene Verfestigung der Einkommenssituation rechtfertigen es, die Gruppe der nach § 97 Geförderten im Vergleich zur Gruppe der nach §§ 91 bis 96 AFG Geförderten wegen der zwischen beiden Gruppen bestehenden erheblichen Unterschiede in bezug auf § 112 Abs 5 Nr 4 AFG unterschiedlich zu behandeln. Daß es für diese Frage nicht auf eine im Einzelfall vergleichbare Sachlage ankommen kann, sondern nur auf das beiden Maßnahmearten zugrundeliegende unterschiedliche Konzept in seinem Bezug zu § 112 Abs 5 Nr 4 AFG, ist bereits angesprochen worden. Deshalb vermag es keine andere Rechtsfolge zu rechtfertigen, daß die letzte Beschäftigung der Klägerin die nach § 97 AFG mögliche Förderungsdauer nicht erreicht hat, mögen die Gründe dafür auch allein in der Person des Arbeitgebers liegen.
3. Die Klägerin kann einen Anspruch auf Alg unter Zugrundelegung eines höheren Arbeitsentgelts auch nicht auf § 112 Abs 7 AFG stützen. Danach ist von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung vom ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufes und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt, wenn es mit Rücksicht auf die vom Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt nach den Abs 1 bis 6 auszugehen (1. Alternative) oder wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurückliegt (2. Alternative).
Die Voraussetzungen für diese beiden Alternativen liegen hier nicht vor.
Die 2. Alternative kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der letzte Tag des Bemessungszeitraums – der letzte Tag, welcher der beitragspflichtigen Beschäftigung vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit vorausgeht (BSG SozR 4100 § 112 Nr 52 S 256) – bei Entstehung des Anspruchs auf Alg der Klägerin am 24. Januar 1996 nicht länger als drei Jahre zurückgelegen hat.
§ 112 Abs 7 1. Alternative AFG scheidet ebenfalls aus. In den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung, dh in der Zeit vom 24. Januar 1993 bis 23. Januar 1996 hat die Klägerin nicht mit anderen Tätigkeiten überwiegend besser verdient. Um festzustellen, ob eine unbillige Härte vorliegt, ist hier das nach § 112 Abs 1 und 2 AFG ermittelte Arbeitsentgelt dem Arbeitsentgelt gegenüberzustellen, das der Arbeitslose aus der überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit erzielt hat (vgl BSGE 45, 49, 54 = SozR 4100 § 112 Nr 6). In den drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung war die Klägerin 12 Monate lang mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 3.600,00 DM beitragspflichtig beschäftigt; demgegenüber war sie zuvor lediglich sechs Monate, nämlich von Januar 1993 bis Juni 1993 bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4.520,73 DM beschäftigt, so daß sie die berufliche Tätigkeit mit einem höheren Arbeitsentgelt jedenfalls nicht überwiegend ausgeübt hat.
Das LSG hat demnach zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf ein höheres Alg verneint, so daß die Revision der Klägerin keinen Erfolg hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
SGb 1998, 530 |
www.judicialis.de 1998 |