Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 12. September 1995 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger macht die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des § 1 Abs 3 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) geltend und begehrt Kindergeld auch für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1994.
Der Kläger ist Libanese. Er reiste im Jahre 1986 nach Deutschland ein und hielt sich hier zusammen mit seiner Ehefrau und seinen fünf Kindern zuletzt auf der Grundlage einer am 26. November 1993 nach der Bleiberechtsregelung des Landes Niedersachsen erteilten und bis 8. November 1995 befristeten Aufenthaltsbefugnis auf. Rückwirkend ab 27. Februar 1994 wurde ihm am 6. Juli 1994 erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Der Kläger stand seit 18. Mai 1992 in einem Arbeitsverhältnis und bezog deshalb seit April 1992 keine Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Unter Berücksichtigung der Kinderfreibeträge sowie der Steuerfreistellung des Existenzminimums errechnete sich nach der Splittingtabelle keine Einkommensteuerschuld.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Aufhebungsbescheid vom im Dezember 1993 mit, daß er aufgrund der gesetzlichen Neuregelung ab Januar 1994 keinen Anspruch auf Kindergeld mehr habe; die Bewilligung des Kindergeldes müsse daher mit Ablauf des Monats Dezember 1993 aufgehoben werden. Ab Juli 1994 bewilligte sie allerdings aufgrund der erteilten Aufenthaltserlaubnis das Kindergeld erneut.
Widerspruch, Klage und Berufung mit dem Ziel, das Kindergeld auch für die Zeit von Januar, hilfsweise Februar, bis Juni 1994 auszuzahlen, hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 15. November 1994, Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 12. September 1995).
Zur Begründung führt das LSG im wesentlichen aus, hinsichtlich des Kindergeldanspruchs des Klägers sei mit Wirkung ab Januar 1994 durch § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Entziehung dieser Leistung berechtige. Die Neuregelung sei nicht verfassungswidrig. Sie verstoße weder gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, Familien zu fördern (Art 6 Abs 1 GG), oder gegen den Vertrauensschutz als Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips (Art 20 Abs 3 GG). Da im Falle des Klägers der Wegfall des Kindergeldes nicht durch eine entsprechende Erhöhung der Sozialhilfeleistungen kompensiert werde, führe die gesetzliche Neuregelung zu einer spürbaren und plötzlichen Minderung des Haushaltseinkommens des Klägers um monatlich DM 900, auf die er sich schon wegen der kurzen Dauer des Gesetzgebungsverfahrens nicht rechtzeitig habe einstellen können. Gleichwohl sei die Regelung nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber könne Kindergeldleistungen an Ausländer ohne gesicherten Aufenthaltstitel einschränken oder ganz einstellen. Ihre Rechtsposition, die in der Vergangenheit einer Vielzahl von Änderungen unterworfen worden sei, beruhe lediglich auf staatlicher Gewährung. Eine darauf aufbauende Erwartungshaltung, die Leistungen würden auch in Zukunft weitergezahlt, sei nicht so schützenswert, daß sie das Gemeinwohlinteresse an der Entlastung der öffentlichen Haushalte verdränge.
Mit der Revision macht der Kläger die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG durch das 1. SKWPG geltend. Wenn, wie hier, die Aufenthaltsbefugnis auf einem Bleiberechtserlaß aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Ausländergesetzes (AuslG) 1990 beruhe, könnten die hiervon betroffenen Ausländer von einem verfestigten Aufenthaltsrecht ausgehen. Er habe wegen der langjährigen Zahlung von Kindergeld darauf vertrauen können, weiterhin wie vergleichbare Ausländer mit Daueraufenthalt Kindergeld zu beziehen. Nach Art 6 GG sei der Staat verpflichtet, auch ausländische und in der Regel finanzschwache Familien zu schützen. Jedenfalls stehe ihm Kindergeld ab dem 23. Februar 1994 zu, da er zu diesem Zeitpunkt acht Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gelebt und er von da an den Rechtsanspruch auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis gehabt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Urteile sowie die angefochtenen Bescheide über die Aufhebung der Kindergeldbewilligung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt – unter näherer Begründung –,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Aufgrund der Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG durch das 1. SKWPG steht dem Kläger für den Zeitraum ab 1. Januar 1994 kein Kindergeld mehr zu. Diese Neuregelung trifft den Kläger nicht in verfassungswidriger Weise.
Zu Recht sind bereits die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß dem Kläger aufgrund der Neufassung des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG mit Wirkung ab Januar 1994 kein Anspruch auf Kindergeld mehr zustand (§ 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch), da er sich – lediglich – auf der Grundlage einer Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG idF des Art 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9. Juli 1990, BGBl I 1354) in Deutschland aufhielt, wohingegen nach der zitierten Neufassung der Kindergeldanspruch eines Ausländers voraussetzt, daß dieser im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG 1990) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG 1990) ist.
Der Anspruch des Klägers ist auch nicht für den Zeitraum ab 1. Februar 1994 begründet. § 1 Abs 3 BKGG setzt den „Besitz”, also die tatsächliche Innehabung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, die hier erst ab 6. Juli 1994 gegeben war. Schon nach dem Gesetzeswortlaut ist deshalb nicht auf den „Anspruch” auf eine Aufenthaltserlaubnis abzustellen, der für den Kläger bereits ab 27. Februar 1994 bestand, wie dem Rückwirkungsvermerk im Bescheid über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vom 6. Juli 1994 zu entnehmen ist. Auch wenn durch ein möglicherweise rechtswidriges Verhalten der Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis mit Verzögerung ausgestellt worden wäre, müßte sich die Beklagte dies nicht anrechnen lassen und die Leistungen nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gewähren. Denn die Ausländerbehörde ist nicht funktional in das Sozialleistungsverfahren über die Gewährung des Kindergeldes eingebunden; eventuelle Schadensersatzansprüche richten sich allein nach den Grundsätzen des Amtshaftungsrechts. Der Senat schließt sich der zur gleichen Problematik beim Anspruch auf Erziehungsgeld ergangenen Entscheidung des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Februar 1994 (SozR 3-7833 § 1 Nr 12) an.
Eine Übergangsvorschrift zugunsten des Klägers, der bis zum 31. Dezember 1993 noch Anspruch auf Kindergeld hatte, enthält das 1. SKWPG nicht. Anders als für bestimmte Neuregelungen im Recht des Erziehungsgeldes (hierzu BSG vom 22. Februar 1995, SozR 3-7833 § 1 Nr 15 sowie vom 6. September 1995, SozR 3-7833 § 1 Nr 16) kann daraus nicht gefolgert werden, die Gesetzesänderung erfasse nur Kinder, die nach dem Inkrafttreten einer den Kreis der Anspruchsberechtigten einschränkenden Neuregelung geboren wurden. Insoweit wird auf das Urteil des Senats vom 31. Oktober 1995 (SozR 3-5870 § 1 Nr 6) Bezug genommen.
Diese Neuregelung erweist sich auch im Falle des Klägers als verfassungsgemäß. Ein Anlaß, das Verfahren nach Art 100 Abs 1 GG auszusetzen, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen, besteht damit nicht. Denn nur dann, wenn der Senat § 1 Abs 3 BKGG insoweit für verfassungswidrig hielte, als diese Vorschrift im vorliegenden Fall anzuwenden ist, hätte der Senat entsprechend zu verfahren (s hierzu im einzelnen das Urteil des Senats vom 9. Mai 1995, SozR 3-5870 § 10 Nr 6). An dieser Voraussetzung fehlt es. Die fragliche Neufassung des § 1 Abs 3 Satz 1 BKGG ist als solche in ihrer Anwendung auf den Kläger nicht verfassungswidrig (1), auch nicht aus dem Gesichtspunkt, daß der Gesetzgeber keine Besitzstandsregelung (2) zugunsten des Klägers getroffen hat.
(zu 1) Die Regelung des § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG verstößt jedenfalls insoweit nicht gegen das GG, als der Kläger hiervon betroffen ist.
Entgegen der Meinung der Revision war der Gesetzgeber nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verpflichtet, dem Kläger ebenso Kindergeld zu gewähren wie jenen Ausländern, die über eine Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis verfügen. Mit der Neuregelung bezweckte der Gesetzgeber, den Kindergeldanspruch auf solche Ausländer zu begrenzen, von denen zu erwarten ist, daß sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden; dies sei allein bei denjenigen der Fall, die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis sind (BT-Drucks 12/5502 S 44 zu Art 5, zu Nr 1).
Das vom Gesetzgeber gewählte Unterscheidungsmerkmal und seine Zielrichtung sind mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren. Die Neuregelung ist auch geeignet, jenes Ziel zu erreichen. Unerheblich ist insoweit, ob der Kläger, wie vorgetragen, als Inhaber einer Aufenthaltsbefugnis aufgrund eines Bleiberechtserlasses ebenfalls über ein verfestigtes Aufenthaltsrecht verfügt (auch dazu vgl Urteil des Senats vom 31. Oktober 1995, aaO).
Ebensowenig verstößt die neue Regelung gegen Art 6 Abs 1 GG. Aus dieser Vorschrift läßt sich – auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) – kein konkreter verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten (s BVerfG vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 60, 79 ff), solange die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger gewährleistet sind. Diese Aufgabe aber kommt der Sozialhilfe, nicht jedoch dem Kindergeld zu.
Das Recht auf Eigentum (Art 14 Abs 1 GG) erstreckt sich nicht auf den Anspruch auf Kindergeld, da diese Sozialleistung in keinerlei Hinsicht aufgrund von Eigenleistungen (Beiträgen) gewährt wird (s hierzu BVerfG vom 16. Juli 1985 und 12. Februar 1986, BVerfGE 69, 272, 301 f; 72, 9, 18 f).
Im vorliegenden Fall kann ungeprüft bleiben, ob – entgegen § 1 Abs 3 BKGG idF des 1. SKWPG – auch Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung von Verfassungs wegen Kindergeld zwar nicht in seiner Funktion als allgemeine Sozialleistung zustehen müßte, wohl aber in seiner steuerlichen Entlastungsfunktion (hierzu BVerfG vom 29. Mai 1990, BVerfGE 82, 60, 78 f). Nach den vom LSG in Bezug genommenen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1992 und 1993 sowie Lohnbescheinigungen vom Mai 1994 zahlte der Kläger keine Einkommensteuer. Dementsprechend war er nicht einkommensteuerpflichtig (hierzu BVerfG vom 25. September 1992, BVerfGE 87, 153, 169 f), so daß bei ihm kein Raum für eine (weitere) steuerliche Entlastung bleibt.
Ebenso unerheblich ist im vorliegenden Fall die Frage, ob der Gesetzgeber insoweit verfassungsrechtliche Grenzen überschritten hat, als er mit der Einschränkung des Kindergeldanspruchs für Ausländer die entsprechenden Kosten auf die kommunalen Sozialhilfeträger verlagert hat (auch dazu vgl Urteil des Senats vom 31. Oktober 1995, aaO).
(zu 2) Die Einschränkung des anspruchsberechtigten Personenkreises durch die Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG begegnet auch insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als hierdurch laufende Ansprüche auf Kindergeld entzogen wurden.
Als Prüfungsmaßstab kommt insoweit nur der im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) verankerte Vertrauensschutz in Betracht, auf den sich auch Ausländer berufen können (BVerfG vom 23. März 1971, BVerfGE 30, 367, 386).
Die Neufassung des § 1 Abs 3 BKGG durch das 1. SKWPG hat mit Wirkung für die Zukunft den betroffenen Ausländern den bis 31. Dezember 1993 bestehenden Anspruch auf Kindergeld und Kindergeldzuschlag kurzfristig und übergangslos entzogen. Während rückwirkende belastende Gesetze, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich verfassungswidrig sind (st Rspr des BVerfG, zB BVerfG vom 17. Januar 1967, BVerfGE 21, 117, 131 f), gilt dies nicht für Gesetze mit sog unechter Rückwirkung (dh wenn sich das für die Zukunft geltende Gesetz auf gegenwärtige noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft auswirkt und damit zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich entwertet). Jedoch kann dabei der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes je nach Lage des Einzelfalles der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers Schranken setzen (vgl BVerfG vom 23. März 1971, BVerfGE 30, 392, 402 mwN). Zur Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grenze für ein Gesetz mit unechter Rückwirkung ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen. Dabei sind ua die Schwere des Eingriffs und das Ausmaß des Vertrauensschadens zu berücksichtigen (st Rspr, zB BVerfG vom 21. Januar 1969 und vom 23. März 1971, BVerfGE 25, 142, 154; 30, 392, 404 f mwN).
Schutzwürdig ist in diesem Zusammenhang immer nur das betätigte Vertrauen, also die „Vertrauensinvestition” (vgl BVerfG vom 5. Mai 1987, BVerfGE 75, 246, 280), mit Blick auf den Fortbestand der laufenden Leistungen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz der betroffenen Ausländer geht jedoch nicht so weit, sie vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl BVerfG vom 16. Oktober 1968, BVerfGE 24, 220, 230, und vom 5. Mai 1987, aaO mwN). Vielmehr umfaßt ein denkbarer Vertrauensschutz der von der Regelung des § 1 Abs 3 BKGG Betroffenen allenfalls vorübergehend den Schutz jener Vermögensdispositionen, die sie im Vertrauen auf den Fortbestand der laufenden Kindergeldleistungen getroffen hatten und die sie nicht von heute auf morgen und zeitgleich mit den Veränderungen des verfügbaren Familieneinkommens rückgängig machen können (zB Mietvertrag für eine größere Wohnung, Unterrichtsverträge mit Privatlehrern, Ratenverpflichtungen aus Anschaffungskrediten usw).
Im Falle des Klägers kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes oder der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs verpflichtet gewesen wäre, wenigstens eine angemessene Übergangsregelung zu treffen, um diese möglichen Schäden zu vermeiden oder abzumildern (vgl BVerfG vom 8. Februar 1977, BVerfGE 43, 242, 288 mwN). Bedenkenswert könnte ist dies bei jenen Familien sein, deren verfügbares Einkommen zum Jahreswechsel 1993/1994 in erheblichem Umfange gemindert wurde, ohne daß dies durch anderweitige Sozialleistungen aufgefangen wurde. Dazu bietet der Fall des Klägers aber keine Veranlassung.
Beim Kläger führte die Anwendung der Neuregelung des § 1 Abs 3 BKGG dazu, daß sich dessen Familieneinkommen in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1994 um monatlich DM 900 verringerte, ohne daß diese Minderung durch einsetzende Sozialhilfeleistungen vollständig (dazu Urteil vom 31. Oktober 1995, aaO) oder nahezu vollständig (dazu Urteil des Senats vom 13. August 1996 – 10 RKg 2/96 –) ausgeglichen wurde. Dennoch ist der Kläger individuell durch die Neuregelung nicht in verfassungswidriger (dh unzumutbarer) Weise betroffen. Durch die Neuregelung unmittelbar verursacht wurde nämlich nur der Ausfall des Kindergeldes für den Monat Januar 1994 in Höhe von DM 900. Der Ausfall in den Folgemonaten ist darauf zurückzuführen, daß der Kläger die Aufenthaltserlaubnis, auf die ab 27. Februar 1994 ein Rechtsanspruch bestand, nicht rechtzeitig beantragt hatte oder die Verzögerung der Aushändigung im Verantwortungsbereich der Ausländerbehörde stand. Dies kann weder der Beklagten noch dem Gesetzgeber angelastet werden. Selbst wenn der Kläger „Vertrauensinvestitionen” der beschriebenen Art getroffen haben sollte, die er nicht sofort zurückfahren konnte, würde sich die Belastung (dh das Verteilen der ausgefallenen DM 900 auf die Folgemonate und der damit verbundene Konsumverzicht der Familie) innerhalb der Zumutbarkeitsgrenze bewegen. Dies verdeutlicht folgende Überlegung: Hätte der Gesetzgeber für Fälle der vorliegenden Art in einer denkbar großzügigen Übergangsregelung angeordnet, das laufende Kindergeld, bezogen auf das volle Jahr, in monatlichen 10 %-Schritten abzubauen, hätten über das Jahr die Betroffenen ebenfalls eine Einbuße in einer ähnlichen Größenordnung wie die des Klägers hinnehmen müssen. Der Senat ist deshalb nicht davon überzeugt, daß die Neufassung des § 1 Abs 3 BKGG im Fall des Klägers wegen einer fehlenden Übergangsregelung verfassungswidrig ist.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1172687 |
SozSi 1997, 359 |