Entscheidungsstichwort (Thema)
Mißbräuchliche Berufung auf Ausschlußfrist bei verspäteter Anmeldung des Anspruchs. außer Zweifel stehen der sachlichen Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs
Orientierungssatz
1. Die Ausschlußfrist des § 1546 Abs 1 RVO Fassung: 1942-08-20 wirkt auch gegen minderjährige Personen, die einen gesetzlichen Vertreter haben. Die schuldhafte Unterlassung der Anmeldung durch den gesetzlichen Vertreter ist kein unter § 1547 Abs 1 RVO Fassung: 1924-12-15 fallendes Ereignis.
2. Die Berufung darauf, daß der Entschädigungsanspruch infolge Versäumung der Ausschlußfrist ausgeschlossen ist, ist mißbräuchlich, wenn die sachliche Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs außer Zweifel steht (vgl BSG 1978-09-06 10 RV 57/77 = SozR 2200 § 627 Nr 6). Die zweifelsfreie Berechtigung des Anspruchs kann sich auch erst aus Ermittlungen im Verwaltungsverfahren des Versicherungsträgers und im Gerichtsverfahren ergeben (vgl BSG 1959-06-23 2 RU 21/54 = BSGE 10, 88).
3. Da es sich bei der Feststellung des Sachverhalts um einen historischen Beweis handelt und er deshalb kaum je mit absoluter Gewißheit geführt werden kann (vgl BSG 1957-11-15 9 RV 212/57 = BSGE 6, 106), ist unter Zweifel hier jede Erwägung einer konkreten, in dem ermittelten Sachverhalt gegebene, wenn auch fernliegende Möglichkeit zu verstehen, daß es anders sein könnte. Ein Zweifel an der sachlichen Berechtigung besteht sonach dann, wenn der Entscheidende eine solche, in der besonderen Beschaffenheit des Einzelfalls liegende andere Möglichkeit nicht als ausgeschlossen ansieht. Ist dies der Fall, steht die sachliche Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs nicht außer Zweifel.
Normenkette
RVO § 1546 Abs 1 Fassung: 1942-08-20, § 1547 Abs 1 Fassung: 1924-12-15
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger begehrt Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß eines Unfalls, den er nach seinen Angaben am 18. September 1936 im Alter von 14 Jahren im Mühlenbetrieb H. N. in N. erlitten hat. Der Kläger war beim Auflegen eines Treibriemens mit der rechten Hand zwischen Riemenscheibe und Treibriemen geraten, wodurch es zum Verlust der Hand und etwa zwei Dritteln des Unterarmes kam.
Mit Schreiben vom 19. November 1955 wandte sich der Kläger an die Beklagte (seit 1. Januar 1948 mit der ehemaligen Müllerei-Berufsgenossenschaft vereinigt) und bat um Auskunft, ob, wann und in welcher Höhe seinem Vater aus Anlaß des Unfalls eine Abfindung gezahlt worden sei. Als Ergebnis ihrer Nachforschungen teilte die Beklagte dem Kläger am 29. Mai 1956 mit, daß aus den Betriebsakten und der Betriebskarte des bei ihr versichert gewesenen Unfallbetriebes ein Unfall vom 18. September 1936 nicht hervorgehe; eine Unfallbelastung sei nicht vermerkt. Daher sei anzunehmen, daß von der Müllerei-Berufsgenossenschaft keine Entschädigung gezahlt worden sei. Zwischen dem anwaltlich vertretenen Kläger und der Beklagten fand noch bis zum Januar 1959 ein Schriftwechsel statt.
Mit der am 8. Mai 1973 bei der Beklagten eingegangenen Unfallanzeige und einem Begleitschreiben vom 3. Mai 1973 machte der Kläger wegen des Unfalls vom 18. September 1936 einen Entschädigungsanspruch bei der Beklagten geltend. Diesen lehnte die Beklagte nach Durchführung von Ermittlungen mit Bescheid vom 26. Juni 1978 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, daß weder die 1955 begonnenen noch die 1973 fortgesetzten Nachforschungen den Beweis dafür erbracht hätten, daß der Kläger zur Unfallzeit bei dem Mühlenbetrieb H. N. in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und sich der Unfall bei einer betrieblichen Tätigkeit - beim Schleifen eines Messers im Auftrag des Arbeitgebers - ereignet habe. Im übrigen sei der Kläger mit seinem Anspruch nach § 1546 Reichsversicherungsordnung (RVO) aF ausgeschlossen, weil der Anspruch erst später als zwei Jahre nach dem Unfall angemeldet worden sei.
Das Sozialgericht (SG) Trier hat nach Vernehmung von Zeugen die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers vom 18. September 1936 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Urteil vom 27. März 1980). Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz zurückgewiesen (Urteil vom 25. März 1981). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Da sich der Unfall 1936 zugetragen habe, richte sich der Anspruch des Klägers nach den bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - UVNG - vom 30. April 1963 (BGBl I 421) am 1. Juli 1963 geltenden Vorschriften der RVO (Art 4 §§ 1 ff UVNG). Die sachlich-rechtliche und verfahrensrechtliche Folge sei die Weitergeltung auch der §§ 1546, 1547 RVO aF. Nach § 1546 RVO aF sei der Anspruch auf Unfallentschädigung, wenn er nicht von Amts wegen festgestellt werde, zur Vermeidung des Ausschlusses spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden. Ausnahmen von dem umfassenden Ausschluß seien nach § 1547 Abs 1 RVO aF nur vorgesehen für Spätschäden (Nr 1) und für willensunabhängige Fristversäumnisse (Nr 2). Beide Ausnahmemöglichkeiten lägen nicht vor. Spätschäden seien nicht aufgetreten. Da der Vater des Klägers keine Anmeldung des Anspruchs gewollt habe, könne zwar zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß er an der Anmeldung seines Anspruchs durch Verhältnisse gehindert gewesen sei, die außerhalb seines Willens gelegen hätten. Der Kläger habe jedoch mit Sicherheit die Frist des § 1547 Abs 2 RVO aF versäumt, wonach der Anspruch binnen drei Monaten nach Wegfall des Hindernisses anzumelden sei. Wann dem Kläger nach Vollendung seines 21. Lebensjahres (29. Januar 1943) erstmals der Gedanke gekommen sei, daß ihm ein Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehe, sei nicht bekannt. Andererseits behaupte der Kläger aber auch nicht, daß er sich mit dieser Frage erst drei Monate vor seiner Anfrage an die Beklagte vom 19. November 1955 und nicht schon jahrelang davor beschäftigt habe. Demnach wäre grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn sich die Beklagte in erster Linie auf den Anspruchsausschluß nach § 1546 RVO aF gestützt hätte.
Auf die Ausschlußfrist könne sich der Versicherungsträger jedoch nicht berufen, wenn nach dem festgestellten - nicht erst in unmöglicher oder unzumutbarer Weise zu ermittelnden - Sachverhalt der Anspruch einwandfrei gegeben sei. Mangels Anmeldung des Anspruchs seien bei der Beklagten keine Aktenvorgänge entstanden und die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, langwierige und umfangreiche Ermittlungen vorzunehmen, um eine Entschädigungsgrundlage zu gewinnen. Jedoch könne der Versicherungsträger nicht geltend machen, daß die von ihm selbst durchgeführten und vom SG noch ergänzten Ermittlungen unmöglich und unzumutbar seien. Für einen Entschädigungsanspruch nützliche Ermittlungen könnten so wenig wie für ihn schädliche Ermittlungen ungeschehen gemacht werden; sie seien daher bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
Die von der Beklagten und dem SG erforschten Einzelheiten der Vorgänge und Verhältnisse im Jahre 1936 seien zur Gewißheit eines gesetzlich versicherten Unfalls erstarkt. Der Kläger sei am Nachmittag des 18. September 1936 im Rahmen von Hilfsarbeitertätigkeiten im Mühlenbetrieb H. N. mit seinem rechten Unterarm zwischen Treibriemen und Treibrad gekommen, als er den Auftrag des Sohnes G. N. habe ausführen wollen, ein Messer zum Aufschneiden von Bindfäden an Getreidesäcken zu schleifen. An dieser Feststellung sei nach den zahlreichen Zeugenaussagen nicht vorbeizukommen. A. W., der zwei Jahre jüngere Bruder des Klägers, habe in späterer Zeit ebenfalls im Mühlenbetrieb N. Hilfsarbeiten verrichtet. Er glaube daran, daß der Kläger vor dem Messerschärfen an der Transmissionswelle verunglückt sei. Er habe später von G. N. ebenfalls den Auftrag erhalten, Mühlenmesser am Schleifstein zu schleifen. L. M., eine Cousine des Klägers, könne sich erinnern, aus der damaligen Zeit zu wissen, daß der Kläger nach der Schulzeit im Mühlenbetrieb N. habe arbeiten sollen, bis seine Eltern für ihn eine Lehrstelle gefunden haben würden. Der Landwirt A. C. wisse als Nachbar, daß der Kläger damals im Mühlenbetrieb bei der Arbeit geholfen habe. Der mit ihm gut befreundete G. N. habe ihm geantwortet, daß der Kläger ein Messer habe schleifen wollen. Ob G. N. dem Kläger dazu den Auftrag gegeben habe, wisse er nicht, wohl aber daß zur damaligen Zeit im Mühlenbetrieb Messer verwendet wurden, um die an den Säcken verknoteten Bindfäden aufzuschneiden. Der Kläger habe zu dieser Aussage darauf hingewiesen, daß G. N. dem Zeugen A. C. nur deshalb vom Messerschleifen habe erzählen können, weil er ihm selbst den Auftrag gegeben habe. Der Verbandsgemeindeamtmann W. S. wisse, daß der Kläger unmittelbar nach der Schule im Mühlenbetrieb N. Arbeit aufgenommen habe. Auch habe er gehört, daß der Kläger beim Auflegen eines Riemens auf eine Riemenscheibe verunglückt sei. P. N., der zweite neben G. N. im Mühlenbetrieb mitarbeitende Sohn des H. N., habe ausgesagt, daß der Kläger, wie auch andere Personen, in der Mühle gegen Entgelt gearbeitet habe. Der Unfall sei, wie er erfahren habe, beim Auflegen eines Riemens auf eine Antriebsscheibe geschehen. Es könne sein, daß der Kläger von seinem Bruder G. N. den Auftrag zum Schleifen eines Mühlenmessers gehabt habe. Schließlich habe auch der Leiter der Arbeitsamt-Nebenstelle P. P. R. bekundet, daß der Kläger 1936 als ungelernter Arbeiter im Mühlenbetrieb N. angestellt gewesen sei. Er habe Mitte 1939 innerhalb der Arbeitsvermittlung beim Arbeitsamt G. das Arbeitsgebiet "Opfer der Arbeit" übernommen. Dabei habe es sich um Personen gehandelt, die durch einen Unfall am Arbeitsplatz zu Schaden gekommen seien. Zu diesem Personenkreis habe damals auch der Kläger gehört. Nach alledem sei durch die Ermittlungen der Beklagten und des SG ein Gesamtbild vom früheren Arbeitsverhältnis und von einer betrieblichen Tätigkeit vor dem Unfall entstanden, das nicht mehr zurückgedrängt werden könne. Zwar könne bei abstrakter, formalistischer Betrachtungsweise alles und jedes bezweifelt werden. Es sei aber nicht zu sehen, welche fallbezogenen, einigermaßen gewichtige Zweifel jetzt noch gegen das behauptete Beschäftigungsverhältnis und den Betriebszusammenhang des Unfalls vorgebracht werden könnten.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen damit begründet, daß die Feststellung des LSG, der Kläger habe den Unfall am 18. September 1936 im Rahmen einer Hilfsarbeitertätigkeit im Mühlenbetrieb H. N. erlitten, als er im Auftrag des Sohnes G. N. ein Messer zum Aufschneiden von Bindfäden an Getreidesäcken schleifen wollte, nicht haltbar sei. Im einzelnen legt die Beklagte dar, daß und warum nach ihrer Meinung alles für einen unversicherten Unfall bei einer bloßen Spielerei des Klägers spreche. Sie weist insbesondere auf die ihrer Meinung nach zum Teil widersprüchlichen Zeugenaussagen bei der Unfalluntersuchung und vor dem SG hin. Das LSG sei unter Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu der positiven Feststellung sowohl hinsichtlich des angeblichen Messerschleifens als auch hinsichtlich des Betriebszusammenhanges gekommen. Es fehle nicht nur an einer in tatsächlicher und verfahrensmäßiger Hinsicht ausreichenden Grundlage für die Entscheidung des LSG, sondern der Anspruch des Klägers sei auch in jedem Fall nach § 1546 RVO aF ausgeschlossen oder verwirkt.
Die Beklagte beantragt, die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 25.März 1981 und des SG Trier vom 27. März 1980 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 25. März 1981 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, daß die Beklagte aus den vorliegenden Tatsachen lediglich andere Schlüsse als das LSG ziehe. Das sei aber unerheblich. Für die Feststellungen des LSG sei in tatsächlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht eine ausreichende Grundlage vorhanden gewesen. Die Sachrügen der Beklagten seien unbegründet; die Beweiswürdigung des LSG sei dem Revisionsgericht verschlossen. Eine Verwirkung des Anspruchs liege nicht vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist vom LSG zugelassen (§ 160 Abs 1 und Abs 2 Nr 1 SGG) und damit statthaft. Sie ist von der Beklagten auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG). Die Revision ist jedoch nur insofern begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Das LSG hat, was von dem Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist (BSGE 2, 225, 226; 21, 292, 294; SozR 1500 § 150 Nr 18), die Berufung der Beklagten zutreffend als zulässig angesehen. Die Berufung war nicht nach § 145 Nr 1 SGG ausgeschlossen, denn das SG hat den von der Beklagten erhobenen Einwand der Fristversäumnis (§ 1546 RVO aF) als rechtsmißbräuchlich erachtet und dem Kläger Unfallentschädigung zugesprochen. Damit hing die Entscheidung über die Berufung nicht allein davon ab, ob die Frist des § 1546 RVO aF versäumt worden ist (BSG SozR Nr 21 zu § 145 RVO).
Die Beklagte hat durch den angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 1978 den vom Kläger wegen des Unfalls vom 18. September 1936 geltend gemachten Entschädigungsanspruch abgelehnt, weil nicht erwiesen worden sei, daß der Kläger zur Unfallzeit bei dem Mühlenbetrieb H. N. in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und der Unfall sich bei einer betrieblichen Tätigkeit - beim Schleifen eines Messers im Auftrag des Arbeitgebers - ereignet habe. Ferner hat die Beklagte die Ablehnung darauf gestützt, daß der Kläger den Entschädigungsanspruch erst später als zwei Jahre nach dem Unfall bei ihr angemeldet habe und er deshalb mit seinem Anspruch nach § 1546 RVO aF ausgeschlossen sei.
Nach § 1546 Abs 1 Satz 1 RVO in der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) am 1. Juli 1963 geltenden Fassung (RVO aF) ist der Anspruch auf Unfallentschädigung, wenn er nicht von Amts wegen festgestellt wird, zur Vermeidung des Ausschlusses spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift (mit Wirkung vom 1. Januar 1942 eingefügt durch § 1 Nr 10 der Ersten Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 20. August 1942 - RGBl I 532 -) können Minderjährige, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, selbständig den Antrag auf Leistungen aus der Unfallversicherung für sich stellen und verfolgen. Gemäß § 1547 Abs 1 RVO aF konnte der Anspruch nach Ablauf der Frist noch geltend gemacht werden, wenn eine neue Folge des Unfalls, die einen Entschädigungsanspruch begründet, erst später oder eine innerhalb der Frist eingetretene Folge erst nach Ablauf der Frist in wesentlich höherem Maße, wenn auch in allmählicher gleichmäßiger Entwicklung des Leidens bemerkbar geworden ist (Nr 1) oder der Berechtigte an der Anmeldung durch Verhältnisse verhindert worden ist, die außerhalb seines Willens liegen (Nr 2). In diesen Fällen war der Anspruch nach § 1547 Abs 2 RVO aF binnen drei Monaten anzumelden, nachdem die neue Unfallfolge oder die wesentliche Verschlimmerung bemerkbar geworden oder das Hindernis weggefallen ist. Während nach den §§ 1546, 1547 RVO aF die Fristversäumnis zu einem vollständigen Ausschluß des Entschädigungsanspruchs führt, wirkt sie sich gemäß § 1546 RVO idF des UVNG nur noch auf den Beginn der Leistungen aus; bei verspäteter Anmeldung beginnen die Leistungen mit dem Ersten des Antragsmonats.
Wie der erkennende Senat bereits durch Urteil vom 30. Mai 1969 - 2 RU 42/67 - (SGb 1970, 231 mit zustimmender Anmerkung von Asanger; teilweise abgedruckt in SozR Nr 7 zu § 1546 RVO) entschieden hat, sind bei Unfällen, die vor dem Inkrafttreten des UVNG am 1. Juli 1963 eingetreten sind, die Folgen der verspäteten Anmeldung noch nach § 1546 RVO aF zu beurteilen (vgl auch BSG SozR 2200 § 627 RVO Nr 6). Denn § 1546 RVO idF des UVNG gehört nicht zu den in Art 4 § 2 Abs 1 UVNG ausdrücklich genannten Vorschriften, die auch für vor dem 1. Juli 1963 eingetretene Unfälle gelten sollen. Für die dort nicht genannten Vorschriften bleibt es bei der allgemeinen Regelung in Art 4 § 1 UVNG, daß das UVNG - nur - für Arbeitsunfälle gilt, die sich nach seinem Inkrafttreten ereignen.
Nach den Feststellungen des LSG ist der Anspruch auf Entschädigung aus dem Unfall vom 18. September 1936 nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Unfall, also bis zum 18. September 1938, angemeldet worden. Der Kläger war nicht, wie das LSG meint, solange er nicht das 21. Lebensjahr vollendet hatte und nach damaligem Recht noch nicht volljährig war, durch außerhalb seines Willens liegende Verhältnisse an der Anmeldung verhindert (§ 1547 Abs 1 Nr 2 RVO aF). Die Ausschlußfrist des § 1546 Abs 1 RVO aF wirkt auch gegen minderjährige Personen, die einen gesetzlichen Vertreter haben. Die schuldhafte Unterlassung der Anmeldung durch den gesetzlichen Vertreter ist kein unter § 1547 Abs 1 RVO aF fallendes Ereignis (AN 1891, 150; 1919, 383; EuM 22, 116; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamts, §§ 1546 Anm 4 und 1547 Anm 7). Aber selbst wenn die Auffassung des LSG zutreffend sein sollte, hat der Kläger die Ausschlußfrist versäumt. Nach Einfügung des Satzes 2 in § 1546 Abs 1 RVO aF mit Wirkung vom 1. Januar 1942 an hätte der zu diesem Zeitpunkt mehr als sechzehn Jahre alte, aber noch nicht volljährige Kläger den Entschädigungsanspruch selbst anmelden und verfolgen können. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß nach § 2 Abs 1 des Gesetzes über weitere Maßnahmen in der Reichsversicherung aus Anlaß des Krieges vom 15. Januar 1941 (RGBl I 34) rückwirkend ab 26. August 1939 (§ 29 Abs 1 des Gesetzes) Verjährungsfristen und Ausschlußfristen frühestens mit dem auf das Kriegsende folgenden Kalenderjahr abliefen. Da als Tag des Kriegsendes durch § 1 Abs 1 des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung - KriegsfristenG - vom 13. November 1952 (BGBl I 737) idF des Änderungsgesetzes vom 26. Juli 1955 (BGBl I 457) der 31. Dezember 1950 festgesetzt ist, würde eine Ausschlußfrist, die am 26. August 1939 noch nicht zu laufen begonnen hatte, erst am 31. Dezember 1952 geendet haben (BSG SozR 2200 § 627 Nr 6; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9 Aufl S 236w). War also die Frist zur Anmeldung des Entschädigungsanspruchs nicht schon am 18. September 1938 abgelaufen - der Senat bejaht den Ablauf zu diesem Zeitpunkt -, so war es jedenfalls vom 1. Januar 1942 an nach § 1546 Abs 1 Satz 2 RVO aF Sache des Klägers gewesen, sich bis zum 31. Dezember 1952 um die Anmeldung seines Entschädigungsanspruches zu kümmern. Er hat ihn jedoch - frühestens - mit dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 19. November 1955 bei ihr angemeldet. Damit ist die Ausschlußfrist des § 1546 Abs 1 RVO aF wie auch eine etwa noch zur Verfügung stehende Nachfrist nach § 1547 Abs 2 RV0 gleichfalls versäumt.
Zur Anwendung des § 1546 RVO aF im Einzelfall hat der erkennende Senat bereits im Urteil vom 23. Juni 1959 - 2 RU 21/54 - (BSGE 10, 88) unter Bezug auf die Empfehlungen des Reichsversicherungsamts vom 28. September 1928 (AN 1928, 330) darauf hingewiesen, daß diese Vorschrift den Zweck verfolgt, die Versicherungsträger vor unbegründeten Ansprüchen zu schützen, nicht aber ein Mittel sein soll, die Verfolgung sachlich berechtigter Ansprüche zu erschweren (vgl auch AN 1941, 311, 312). Bezweckt § 1546 RVO aF einerseits, die Versicherungsträger davor zu schützen, daß sie Ansprüche befriedigen müssen, deren Grundlagen infolge des Zeitablaufes nur noch unvollständig aufgeklärt werden können, die sich aber uU als unberechtigt erwiesen hätten, wenn die erforderlichen Ermittlungen in der ersten Zeit nach dem behaupteten Unfallereignis durchgeführt worden wären, ist andererseits die Berufung darauf, daß der Entschädigungsanspruch infolge Versäumung der Ausschlußfrist ausgeschlossen ist, mißbräuchlich, wenn die sachliche Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs außer Zweifel steht (s auch BSGE 14, 246, 250; SozR 2200 § 627 Nr 6). In diesen beiden Entscheidungen ist auch bereits zum Ausdruck gekommen, daß, wie das LSG bei der Zulassung der Revision als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung herausstellt, die zweifelsfreie Berechtigung des Anspruchs sich auch erst aus Ermittlungen im Verwaltungsverfahren des Versicherungsträgers und im Gerichtsverfahren ergeben kann (s BSGE 10, 88, 93; s auch RVA aa0).
Das LSG hatte daher zu prüfen, ob der ihm zur Entscheidung unterbreitete Sachverhalt den vom Kläger verspätet geltend gemachten Entschädigungsanspruch zweifelsfrei als berechtigt erscheinen ließ (BSGE 10, 88, 92; 14, 246, 250). Hierzu hat das LSG im wesentlichen nur die Aussagen der vom SG uneidlich vernommenen Zeugen und eigene Angaben des Klägers gewürdigt und dadurch die Gewißheit erlangt, daß der Kläger am 18. September 1936 im Rahmen von Hilfsarbeiten im Mühlenbetrieb H. N. mit seinem rechten Unterarm zwischen Treibriemen und Treibrad gekommen ist, als er den Auftrag des Sohnes G. N. ausführen wollte, ein Messer zum Aufschneiden der Bindfäden an Getreidesäcken zu schleifen. Die Beklagte rügt in diesem Zusammenhang teils sinngemäß, teils ausdrücklich, daß das LSG bei seiner Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt und dadurch gegen § 128 Abs 1 SGG verstoßen habe. Diese Rüge ist begründet.
Die vom BSG in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, daß die Berufung auf den Ausschluß des Entschädigungsanspruches infolge Fristversäumnis rechtsmißbräuchlich ist, wenn die sachliche Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs außer Zweifel steht (BSGE 10, 88, 92; SozR 2200 § 627 Nr 6), gibt zugleich den Maßstab an für die Überzeugungsbildung bei der Feststellung der Tatsachen, aus denen die sachliche Berechtigung des Anspruchs hergeleitet wird. Sie bezeichnet den Grad der Sicherheit, der zu fordern ist, damit eine Überzeugung von dem Vorliegen des Entschädigungsanspruchs gewonnen werden kann. Da es sich bei der Feststellung des Sachverhalts um einen historischen Beweis handelt und er deshalb kaum je mit absoluter Gewißheit geführt werden kann (vgl BSGE 6, 106, 110), ist unter Zweifel hier jede Erwägung einer konkreten, in dem ermittelten Sachverhalt gegebene, wenn auch fernliegende Möglichkeit zu verstehen, daß es anders sein könnte. Ein Zweifel an der sachlichen Berechtigung besteht sonach dann, wenn der Entscheidende eine solche, in der besonderen Beschaffenheit des Einzelfalls liegende andere Möglichkeit nicht als ausgeschlossen ansieht. Ist dies der Fall, steht die sachliche Berechtigung des verspätet angemeldeten Anspruchs nicht außer Zweifel.
Die Anforderungen, die hiernach an den Grad der subjektiven Überzeugung zu stellen sind, und die auch hierfür erforderliche umfassende Beweiswürdigung, schließen es, wie die Beklagte als Verstoß gegen § 128 SGG im Ergebnis zutreffend rügt, aus, im wesentlichen nur die vor dem SG gemachten Zeugenaussagen zu würdigen, dagegen jene außer acht zu lassen, die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens der Beklagten, ua bei der Unfalluntersuchung, gemacht worden sind, insbesondere soweit es sich um Zeugen handelt, die sowohl im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren ausgesagt oder sich schriftlich geäußert haben, wie etwa die Zeugen C., P. N. und A. W.. Beispielsweise hat der Zeuge C. bei der Unfalluntersuchung am 20. Juli 1977 nichts darüber bekundet, was auf ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur Unfallzeit im Mühlenbetrieb H. N. hindeuten könnte. Er hat auch nicht erwähnt, daß der Kläger ein Messer habe schleifen wollen. Einzelheiten des Geschehens kenne er nicht bzw seien ihm aus dem Gedächtnis verschwunden. Vor dem SG hat C. am 27. März 1980 ausgesagt, er wisse, daß der Kläger im Mühlenbetrieb bei der Arbeit geholfen habe und daß er ein Messer habe schleifen wollen. Er hat vor dem SG auch die Meinung geäußert, daß der Kläger zur Unfallzeit nicht allein in der Mühle gewesen sei, denn als er, kurz nachdem er von der Mühle her ein Schreien gehört habe, zum Mühlenbetrieb gelaufen sei, habe er den Kläger dort mit einem anderen Mann, der möglicherweise G. N. gewesen sei, stehen sehen. Bei der Unfalluntersuchung hat er angegeben, den Kläger vor der Haustür im Hof des Anwesens N. stehen gesehen zu haben. Diese Angaben finden sich auch in dem Bericht des Außenbeamten B. der Beklagten vom 29. Dezember 1977, der an Ort und Stelle Ermittlungen angestellt hat. Darin ist über die Rücksprache mit dem Zeugen C. ua ausgeführt, dieser habe den Kläger nach dem Unfall vor der Haustür des Wohnhauses schreiend stehen gesehen. Zufolge dieses Berichts hat auch der Zeuge P. N. erklärt, daß zur Zeit des Unfalls niemand in der Mühle tätig gewesen sei. Erst aufgrund der entsetzlichen Schreie des Klägers sei sein Bruder G. aus dem Wohnhaus geeilt und habe den Kläger blutend vor der Haustür des Anwesens angetroffen. Nachdem niemals zuvor, weder vom Kläger noch von anderen Personen, erwähnt worden war, daß der Kläger den Treibriemen auf das Treibrad des Schleifsteines aufzulegen versucht habe, um ein Messer zu schleifen, hat erstmals der Zeuge P. N. bei der Unfalluntersuchung am 19. April 1977 ausgesagt, daß der Kläger ein Messer habe schleifen wollen. Ergänzend hat er am 26. September 1977 ua erklärt, er wisse nicht, wer der Besitzer des Messers gewesen sei. Er sah es als möglich an, daß der Kläger das Messer, wenn es sein eigenes gewesen sei, gelegentlich im Betrieb benutzt habe und ohne Erlaubnis habe schleifen wollen. Ausweislich des Berichts des Außenbeamten B. vom 29. Dezember 1977 hat P. N. angegeben, daß der Kläger sein eigenes Taschenmesser habe schleifen wollen und beim Auflegen des Treibriemens in die Transmission geraten sei. Ein Arbeitsverhältnis des Klägers im Mühlenbetrieb hat P. N. bei der Unfalluntersuchung am 19. April 1977 bejaht, nach dem Bericht des Außenbeamten B. vom 29. Dezember 1977 verneint und vor dem SG am 27. März 1980 bejaht. Der Zeuge A. W., ein zwei Jahre jüngerer Bruder des Klägers, hat in seinem Schreiben an die Beklagte vom 1. Dezember 1976 nichts darüber erwähnt, was der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls zu tun beabsichtigte. Bei seiner Vernehmung durch das SG am 27. März 1980 wußte er zu berichten, ihm sei von seinen Eltern und von der Familie N. bekannt geworden, daß der Kläger von G. N. den Auftrag gehabt habe, ein Messer zu schleifen. Der Zeuge R., der seit 1938 in der Arbeitsverwaltung tätig und jetzt Leiter der Arbeitsamts-Nebenstelle P. ist, hat vor dem SG ua ausgesagt, der Kläger habe nach dem Unfall bei der Arbeitsverwaltung als "Opfer der Arbeit" gegolten. Dies seien Personen gewesen, die durch einen Unfall am Arbeitsplatz zu Schaden gekommen seien und daher bevorzugt in Arbeit unterzubringen gewesen seien. Weder der Zeuge noch das SG nennt eine Rechtsvorschrift, die in damaliger Zeit etwa über die bevorzugte Vermittlung von "Opfern der Arbeit" bestimmte. Es wird auch nicht erwähnt, wie Personen dem Arbeitsamt gegenüber den Nachweis erbrachten, daß sie durch einen Unfall am Arbeitsplatz zu Schaden gekommen waren, aber keinen Bescheid eines Unfallversicherungsträgers vorweisen konnten.
Die Angaben des Klägers sind gleichfalls einer Würdigung durch das LSG zu unterziehen. Sowohl in der vom Kläger selbst erstatteten Unfallanzeige vom 3. Mai 1973 als auch in der vom Kläger unterschriebenen Niederschrift über seine Vernehmung bei der Unfalluntersuchung (ohne Datum, bei der Beklagten eingegangen am 1. Juli 1977) ist der Bruder P. W. als Augenzeuge des Unfalls benannt worden. Zu seiner Vernehmung ist es im Verwaltungsverfahren nicht gekommen, nachdem die Verbandsgemeindeverwaltung P. durch den Amtmann S. - er ist als Zeuge vom SG. vernommen worden - am 28. Juni 1977 der Beklagten mitgeteilt hat, daß P. W. als Auspendler nicht zu erreichen gewesen sei. Der Kläger hat auf die Vernehmung seines Bruders, den er selbst als Augenzeugen des Unfalls benannt hat, anscheinend nicht mehr bestanden. Der Kläger hat, nachdem der Außenbeamte B. den Kläger am 29. Dezember 1977 von den Angaben des P. N. über das Messerschleifen unterrichtet hatte, nunmehr erstmals behauptet, er habe ein feststehendes Messer aus der Mühle im Auftrag des G. N. zu schleifen beabsichtigt. Über den Beginn der Tätigkeit im Mühlenbetrieb N. hat der Kläger unterschiedliche Angaben gemacht. In der Unfallanzeige vom 3. Mai 1973 ist der Monat Juni 1936 angegeben. Vor dem SG hat der Kläger am 27. März 1980 angegeben, vier Wochen nach seiner Schulentlassung (Ostern 1936) habe er die Tätigkeit bei dem Mühlenbetrieb N. aufgenommen. Eine Quittungskarte Nr 1 wurde für den Kläger am 15. Juli 1936 ausgestellt; die Karte ist nicht zur Aufrechnung gekommen. Zu dem Gesamtergebnis des Verfahrens, auf das sich das LSG zu stützen hat, gehört beispielsweise auch, daß für die Unfallzeit keine Krankenversicherung und auch keine Rentenversicherung des Klägers nachgewiesen ist, eine private (Haftpflichtversicherung) Versicherung aber Entschädigungsleistungen erbracht haben soll. Zudem hat eine Unfalluntersuchung durch die zuständige Ortspolizeibehörde stattgefunden, deren Ergebnis nicht bekannt ist.
Bei Würdigung aller Umstände, von denen vorstehend einige beispielhaft angeführt worden sind, kann das LSG einen Entschädigungsanspruch des Klägers nur dann als außer Zweifel sachlich berechtigt erachten, wenn keiner der Umstände den Schluß zuläßt, daß der Kläger zur Unfallzeit möglicherweise nicht in dem Mühlenbetrieb H. N. beschäftigt war oder der Unfall sich möglicherweise nicht bei einer im inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung im Mühlenbetrieb stehenden Tätigkeit ereignet hat. Die zur Unfallzeit geltenden gesetzlichen Vorschriften (§§ 544 ff RVO aF) sind zu beachten.
Die von der Beklagten im Revisionsverfahren aufgeworfene Frage der Verwirkung des Entschädigungsanspruchs ist gegenwärtig nicht zu beantworten. Die Verwirkung unterscheidet sich vom Ausschluß von Rechten durch bloßen Zeitablauf dadurch, daß es sich bei ihr nur um Fälle des Rechtsmißbrauchs handeln kann, die auf Tatbestand und Rechtsfolge einer illoyalen Verspätung der Rechtsausübung beruhen (BSGE 7, 199, 200; 23, 62, 65; 34, 211, 214; 35, 91, 95; 41, 275, 278; 50, 227, 230). Demnach kann der Zeitablauf allein nicht zur Verwirkung eines Anspruchs führen. Weiteres unabdingbares Erfordernis ist, daß der Versicherungsträger aus der Untätigkeit des Berechtigten geschlossen haben muß, er werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen und daß der Versicherungsträger sich im Vertrauen hierauf entsprechend eingerichtet hat, dh, ihm ein unbilliger Nachteil zugefügt würde, wenn der Berechtigte nachträglich auf sein Recht zurückgreifen würde (BSGE 7, 199, 201). Das Vorbringen der Beklagten im Revisionsverfahren läßt nicht erkennen, welcher Art der Nachteil sein könnte, wenn sie, sofern die sachliche Berechtigung des Entschädigungsanspruchs des Klägers außer Zweifel steht, jetzt noch leisten muß. Dabei ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BSGE 23, 62, 66). Erst die vom LSG vorzunehmende Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kann auch die Grundlage für die Entscheidung über die von der Beklagten geltend gemachte Verwirkung sein.
Daher war das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen