Rz. 69
Der Erbfall entsteht mit dem Tode des Erblassers. Nachlassgericht ist das Rayongericht, in dessen Bezirk die Erbschaft eröffnet wurde. Bei Eröffnung der Erbschaft von im Ausland verstorbenen Bulgaren bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach ihrer letzten ständigen Adresse in Bulgarien oder nach dem Belegenheitsort der unbeweglichen Sache (Art. 110 bulgZPO).
1. Annahme des Erbes
Rz. 70
Die Annahme des Erbes entfaltet eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eintritts des Todes. Die Annahmeerklärung kann ausdrücklich erfolgen. Bei den Rayongerichten wird ein Buch der Erberklärungen geführt, in dem der Richter sie einträgt. Die Annahmeerklärung darf keine Bedingung oder Befristung beinhalten. Auch kann die Annahme nicht wirksam auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden. Die Anfechtung einer abgegebenen Annahmeerklärung wegen Irrtums ist ausgeschlossen.
Rz. 71
Die Annahme kann auch konkludent geschehen, indem etwa der Erbe Handlungen vornimmt, die zweifelsfrei auf seinen Annahmewillen schließen lassen, oder indem er Vermögensgegenstände aus dem Nachlass vor den anderen Erben oder dem Fiskus zu verheimlichen versucht. Im letzten Falle verliert der Erbe seinen Anteil am verheimlichten Vermögen. Die bloße Verwaltung der Vermögensgegenstände sowie die Geltendmachung von Besitzansprüchen gelten nicht als Annahme.
Rz. 72
Es besteht keine Frist zur Annahme der Erbschaft. Auf Verlangen eines Inhabers vom berechtigten Interesse wird jedoch der Rayonrichter den Erben anhören und ihm eine Notfrist zur Erbschaftsannahme setzen. Bei Untätigkeit binnen dieser Frist verliert der Erbe sein Annahmerecht.
2. Ausschlagung des Erbes
Rz. 73
Ins Buch der Erberklärungen eingetragen wird zudem die Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft. Der Erbteil des Erben, der sein Erbe ausgeschlagen hat, erhöht die restlichen Erbteile. Die Gläubiger des Erben, der das Erbe ausgeschlagen hat, können binnen eines Jahres ab Kenntnisnahme, spätestens jedoch drei Jahre nach Abgabe der Ausschlagungserklärung, diese anfechten.
3. Kurator des Erbes
Rz. 74
Ist der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Erben unbekannt oder hat dieser die Verwaltung des Erbes über längere Zeit nicht aufgenommen, kann das Rayongericht einen Verwalter (Kurator) für das Erbe einsetzen. Dieser muss ein Verzeichnis der Nachlassverbindlichkeiten und der im Nachlass befindlichen Vermögensgegenstände anfertigen, sie verwahren, pflegen und verwalten. Zur Veräußerung von Gegenständen bedarf der Kurator der Genehmigung des Rayongerichts.
4. Haftung der Erben, die das Erbe angenommen haben
Rz. 75
Die Erben, die das Erbe angenommen haben, haften für die Nachlassverbindlichkeiten. Es handelt sich um eine Haftung pro rata, deren Höhe sich nach dem jeweiligen Anteil des Erben am Nachlass richtet.
Rz. 76
Der Erbe kann seine Haftung beschränken, indem er das Erbe nach Verzeichnis annimmt. Die verzeichnisgebundene Erklärung des Erben wird in das Buch der Erberklärungen beim zuständigen Rayongericht eingetragen. Dies kann innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis vom Erbfall durch den Erben erfolgen. Die Vorschrift dient indirekt der finanziellen Disziplin bei der Entrichtung der Erbschaftsteuer. Wenn die Einzelumstände es rechtfertigen, steht es dem Rayongericht zu, die Annahmefrist um weitere drei Monate zu verlängern. Eine zwingende Schutzregel beinhaltet die Fiktion, dass Geschäftsunfähige und der Staat das Erbe immer nach Verzeichnis annehmen, selbst wenn sie das nicht tun.
Rz. 77
Zu beachten ist, dass die Annahme des Erbes nach Verzeichnis durch einen Erben eine Haftungsbeschränkung für alle Erben bewirkt.
Rz. 78
Das Verzeichnis selbst wird nach den Regeln der bulgarischen ZPO erstellt, d.h. auf Gesuch des Erben durch einen staatlichen oder privaten Gerichtsvollzieher. Um von der beschränkten Haftung zu profitieren, muss der Erbe alle ihm bekannten Vermögensgegenstände des Nachlasses angeben. Es handelt sich um eine Regelung, die zur Sicherung der erbschaftsteuerlichen Einnahmen beiträgt.
5. Gläubigerstellung
Rz. 79
Zum Schutz der Gläubiger des Erblassers bestimmt das Erbgesetz, dass ein Erbe, der die Annahme nach Verzeichnis vorgenommen hat, den Nachlass mit der Sorgfalt verwalten muss, die in eigener Sache üblich ist. Ferner ist der Erbe den Gläubigern zur Rechenschaft verpflichtet und kann innerhalb von fünf Jahren nach Annahme des Nachlasses keine Immobilien aus dem Nachlass veräußern. Hinsichtlich der beweglichen Sachen gilt eine dreijährige Sperrfrist. Eine Veräußerung ist nur nach vorheriger Genehmigung des Rayongerichts zulässig. Bei Zuwiderhandlung entfällt die Haftungsbeschränkung.
Rz. 80
Jeder Nachlassgläubiger kann vom Amtsgericht verlangen, dass den Erben ein Erfüllungsplan auferlegt wird. Die Vermächtnisnehmer genießen einen abgeschwächten Schutz: Reicht der Nachlass zur Befriedigung der restlichen Gläubiger nicht aus, müssen die inzwischen befriedigten Vermächtnisnehmer mit Regressansprüchen rechnen. Solche Ansprüche sind innerhalb von drei Jahren nach Einstellung der Leistungen durch den/die Erben statthaft. Überhaupt gilt, dass Vermächtnisse zu kürzen oder aufzuheben sind, wenn der Rest des Nachlasses ni...