Rz. 117
Das bulgarische Recht kennt nur eine Adoptionsform: die Annahme nicht volljähriger Kinder (Art. 77 Abs. 1 FamKodex). Sie kann eine Volladoption wie eine unvollständige ("schwache") Adoption sein, die stets im Dekretsystem erfolgt.
1. Volladoption
Rz. 118
Sie ist in Art. 101 Abs. 1 S. 1 FamKodex geregelt. Danach entsteht zwischen dem Adoptivkind und seinen Abkömmlingen einerseits und dem Adoptierenden und dessen Verwandten andererseits ein Rechtsverhältnis wie zwischen Blutsverwandten. Das bisherige Rechtsverhältnis zu den Blutsverwandten erlischt. Gleichwohl bleiben die Ehehindernisse nach Nr. 1 (Verwandte in gerader Linie) und Nr. 2 (Geschwister und Verwandte in der Seitenlinie bis zum einschließlich vierten Grade) des Art. 7 Abs. 2 FamKodex bestehen.
Rz. 119
Zwingend ist die Volladoption gem. Art. 100 Abs. 2 FamKodex bei:
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Annahme eines Kindes unbekannter Eltern |
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vorheriger Einwilligung der Eltern in die Volladoption |
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Heimkindern i.S. des Art. 93 Abs. 2 und 3 FamKodex. |
Außerhalb dieser Fälle kommt es auf die Einwilligung aller Beteiligter in eine Volladoption an. Fehlt sie, dann ist nur eine unvollständige Adoption zulässig.
2. Unvollständige Adoption
Rz. 120
Diese Adoptionsform ist in Art. 102 FamKodex vorgesehen. Hiernach entsteht ein Rechtsverhältnis nur zwischen dem Adoptierenden/den Adoptiveltern und dem Adoptivkind mitsamt seinen Abkömmlingen. Das Rechtsverhältnis zu den Blutsverwandten bleibt aufrechterhalten. Indes gehen die elterlichen Rechte und Pflichten auf den Annehmenden über (Art. 102 Abs. 1 S. 2 FamKodex), wiewohl die leiblichen Eltern im Falle seiner Leistungsunfähigkeit unterhaltspflichtig werden (Art. 102 Abs. 2 S. 1 FamKodex).
3. Adoptionsvoraussetzungen auf Seiten des Adoptivkindes
Rz. 121
Der Anzunehmende darf das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben. Ein trotz Heirat mündig gewordener Ehegatte ist Jugendlicher und kann deshalb an Kindes Statt angenommen werden. Da die Kindesmutter gem. Art. 89 Abs. 2 FamKodex ihre Einwilligung in die Adoption frühestens 30 Tage nach der Geburt des Kindes erklären kann, scheidet die Adoption eines Nasciturus aus.
Der Bestand einer Adoption hindert eine weitere Kindesannahme (Art. 81 Abs. 2 FamKodex). Das gilt jedoch nicht bei einer Adoption durch den Ehegatten des (Erst-)Annehmenden (Art. 81 Abs. 3 FamKodex).
Rz. 122
Die Volladoption erfordert grundsätzlich die Eintragung des Wahlkindes und des Annehmenden in das sog. Register für Volladoptionen (Art. 82 Abs. 1 FamKodex). Ausnahmen davon sind vorgesehen bei einer Kindesannahme durch den Ehegatten, durch die Großeltern sowie durch einen Verwandten in der Seitenlinie dritten Grades (Art. 82 Abs. 2 FamKodex). Welche Kinder der Registereintragungspflicht unterliegen, regelt Art. 84 FamKodex.
Rz. 123
Obschon Zwillinge und Geschwister gem. Art. 77 Abs. 2 bzw. 3 FamKodex im Prinzip gemeinsam angenommen werden sollten, berührt ein Verstoß hiergegen nicht die Wirksamkeit der Adoption.
4. Adoptionsvoraussetzungen auf Seiten des Annehmenden bzw. der Adoptiveltern
Rz. 124
Zulässig ist nur die Einzeladoption, es sei denn, bei den Annehmenden handelt es sich um Eheleute (Art. 81 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 FamKodex). Ferner müssen die Wahleltern bzw. muss der Annehmende bei einer Einzeladoption geschäftsfähig sein und ihnen/ihm darf das Sorgerecht nicht entzogen worden sein (Art. 78 FamKodex). Ein Verstoß gegen die gem. Art. 85 i.V.m. Art. 82 Abs. 1 Nr. 2 FamKodex begründete Eintragungspflicht des Adoptierenden im Register für Volladoptionen lässt die Wirksamkeit der Kindesannahme unberührt.
5. Beidseitige Adoptionsvoraussetzungen
Rz. 125
Zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind muss gem. Art. 79 S. 1 FamKodex ein Mindestaltersunterschied von 15 Jahren bestehen; eine Ausnahme davon bildet die Stiefkindadoption (Art. 79 S. 2 FamKodex). Bei einer Kindesannahme durch Ehegatten genügt die Feststellung des erforderlichen Altersabstands zu einem der Ehepartner (Art. 79 S. 3 FamKodex). Einen Höchstaltersunterschied gibt es hingegen nicht. Geradlinige Verwandte und Geschwister können einander nicht adoptieren (Art. 80 Abs. 1 FamKodex). Gleiches gilt für Ehegatten. Eine Ausnahme sieht Abs. 2 S. 1 des Art. 80 FamKodex vor. Danach können die Großeltern ihr uneheliches oder verwaistes Enkelkind an Kindes Statt annehmen.
6. Einwilligungen
Rz. 126
Die Wahlkindschaft erfordert die Einwilligungen von:
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dem Annehmenden, |
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dem Anzunehmenden im Alter ab 14 Jahren, |
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ihren Ehegatten und |
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den Eltern des Adoptivkindes (Art. 89 Abs. 1 FamKodex). |
Sie stellen Wirksamkeitsvoraussetzungen dar, brauchen jedoch – mit Ausnahme der Einwilligung des Adoptivkindes – nicht persönlich kundgetan zu werden. In Betracht kommt die Bevollmächtigung eines besonderen Vertreters oder die Abgabe in Schriftform mit notariell beglaubigter Unterschrift (Art. 91 Abs. 1 S. 1 FamKodex). Gemäß Art. 89 Abs. 6 FamKodex müssen alle einwilligun...