Laut Bundesbank sind die Preise für deutsche Wohnimmobilien in den Städten um 15 bis 30 % überbewertet. Noch sei eine gefährliche Preisblase nicht in Sicht, heißt es im Finanzstabilitätsbericht 2019, doch die Werthaltigkeit von Immobilien werde überschätzt. Das steigere das Kreditrisiko.
Nach Einschätzung der Notenbank erhöhen Zinstief und Konjunkturschwäche die Risiken. Das könnte das deutsche Finanzsystem empfindlich treffen. Seit März 2016 liegt der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0 %. "Verfügbare Daten deuten darauf hin, dass die Risiken bei Wohnimmobilienkrediten teilweise zugenommen haben", warnt die Bundesbank im Finanzstabilitätsbericht 2019. Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch äußerte bei der Präsentation des Berichts, dass die Akteure am deutschen Immobilienmarkt "die vergangene Entwicklung zu optimistisch in die Zukunft fortschreiben und dabei die Werthaltigkeit von Sicherheiten überschätzen" könnten.
Jeder zweite neue Wohnungsbaukredit hat eine Laufzeit von mehr als 10 Jahren. Das könnte für die Banken zum Problem werden, wenn sich das Zinsniveau ändert oder wenn sich Wertannahmen für Häuser und Wohnungen, die als Sicherheiten für Kredite zugrunde gelegt werden, als zu optimistisch erweisen sollten.
Nach Ansicht von Buch spielen Bewertungen an den Immobilienmärkten für das deutsche Finanzsystem eine bedeutende Rolle. Rund die Hälfte aller Kredite an Private sind Wohnungsbaukredite. Immobilien stellen mit 80 % einen wesentlichen Anteil des Anlagevermögens. Aber auch wenn die Preise für Wohnungen und Häuser der Notenbank zufolge in deutschen Städten um 15 bis 30 % überbewertet sind, sieht Buch aktuell keine Hinweise auf eine kreditgetriebene Spekulationsdynamik an den Märkten.
Eine Spirale aus stark steigenden Wohnimmobilienpreisen, übermäßig steigenden Wohnimmobilienkrediten und erodierenden Kreditvergabestandards gebe es derzeit nicht, heißt es in dem Bericht. Deshalb sieht die Bundesbank auch aktuell keinen Handlungsbedarf für Beschränkungen der Beleihungswerte oder Vorgaben für die Amortisation.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW und das Beratungshaus Empirica sehen das kritischer: "Die Signale stehen auf Gelb" bewerten die Analysten die Blasensituation im Sommer dieses Jahres. Das Risiko einer spekulativen Übertreibung sahen sie im August bei 92 %.
Doch Indizien für eine Spekulationsdynamik sieht auch die Bundesbank: So sei etwa der Wettbewerb um die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten sehr intensiv. Mit einem Plus von 5 % gegenüber dem Vorjahr hat die Anzahl der Kredite für Wohnimmobilien zuletzt leicht überdurchschnittlich zugelegt. Zudem rechneten private Haushalte und Banken mit weiter steigenden Preisen für Wohnimmobilien, wie Umfragen der Bundesbank zeigen. Eine Entwarnung sei jedenfalls verfrüht.