Versprochen ist versprochen – dass das manchmal leichter gesagt ist als getan, erfährt die Wohnungswirtschaft gerade im Hinblick auf die im Rahmen der Wohnraumoffensive angekündigte Förderung genossenschaftlichen Wohnens. Die sollte längst da sein, doch dann kam Corona – und das Bundesinnenministerium.
Die "Unterstützung von Wohnungsbaugenossenschaften inklusive Neugründungen" hatte die Bundesregierung im Zuge ihrer Wohnraumoffensive zugesagt. Noch im Februar erklärte sie anlässlich derer groß angelegten Bilanzveranstaltung das Versprechen für halb eingelöst. 6 Mio. EUR für die Förderung von Privatpersonen beim Erwerb von Anteilen an einer Wohnungsgenossenschaft für selbstgenutzten Wohnraum seien im Haushalt 2021 eingestellt. Die Umsetzung erfolge im Rahmen des "Wohneigentumsprogramm-Genossenschaftsanteile (134)" der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im selben Jahr.
Doch daraus scheint nichts zu werden: Am 19. August wandte sich die GIMA München eG, ein Zusammenschluss Münchner Wohnungsgenossenschaften, mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Das bereits 2019 vom Bundestag beschlossene Förderprogramm, das eigentlich im Oktober 2021 an den Start gehen sollte, würde vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) blockiert.
Bundesinnenministerium verfügt Programmstopp
"Ohne dieses Förderprogramm bleibt ein wichtiger Baustein der Wohnraumoffensive auf der Strecke", warnte Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, nach Bekanntwerden des offenbaren Programmstopps. Demnach könnten Haushalte, die sich an genossenschaftlichen Neubauvorhaben mit Geschäftsanteilen beteiligen, nicht wie geplant ein zinsgünstiges Darlehen aufnehmen und als Förderkomponente einen Tilgungszuschuss von 15 % erhalten. Insgesamt waren 5 Mio. EUR als Fördersumme vorgesehen.
Was genau passiert ist, ist weiterhin unklar: Vieles deutet auf Verzögerungen bei der KfW durch die Corona-Pandemie einerseits und Abstimmungsschwierigkeiten zwischen dem BMI und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) andererseits hin. "Bei der KfW waren nach Corona-bedingten monatelangen Verzögerungen alle Vorbereitungen abgeschlossen, man hätte nur den Startknopf drücken müssen", kritisierten die Münchner Genossenschaften in ihrer Mitteilung. Doch dann sei aus dem Bundesinnenministerium der Stopp des Programmstarts verfügt worden – offenbar aus haushaltsrechtlichen Gründen, wie aus einem Brief des BMF an das Bundesinnenministerium hervorgeht.
Die Wohnungswirtschaft hat nun einen eigenen Brief aufgesetzt: In einem Schreiben ruft sie Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundesbauminister Horst Seehofer dazu auf, sich für einen sofortigen Start des zugesagten Programms einzusetzen und gemeinsam die Weichen für eine weitere Verstetigung des Programms zu stellen. "Alles andere wäre in den Augen der Wohnungsgenossenschaften eine große Enttäuschung und ein großer Vertrauensverlust", sagte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW. Außerdem sei es noch nicht zu spät: "Das Programm könnte im Oktober starten und die nicht abgerufenen Mittel ins Jahr 2022 fortgeschrieben werden, sodass die KfW auch in 2022 noch Anträge bewilligen könnte", ergänzte GdW-Präsident Gedaschko.