Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Vorschriften des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Altschuldenhilfe-Gesetz) vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 986), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 1996 (BGBl I S. 1780), die die Bedingungen für die Gewährung von Altschuldenhilfe festlegen.

I.

1. Nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz – im folgenden: AHG -werden Kommunalen Wohnungsunternehmen, Kommunen, Wohnungsgenossenschaften und privaten Vermietern von Wohnraum auf Antrag – sachlich und zeitlich begrenzt – staatliche Altschuldenhilfen gewährt. Diese Hilfen dienen dem Abbau der Schuldenlast aus Krediten, die aufgrund von Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik im Rahmen des volkseigenen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus sowie zur Schaffung und Erhaltung oder Besserung von privatem Wohnraum gewährt worden sind (sogenannte Altverbindlichkeiten gemäß § 3 AHG). Die Zahlungsverpflichtungen aus diesen Krediten waren zunächst aufgrund eines mit den Kreditinstituten vereinbarten Moratoriums gestundet worden. Dieses Moratorium endete am 31. Dezember 1993.

Die Anträge auf Altschuldenhilfe mußten spätestens bis zum 31. Dezember 1993 bei der kreditgebenden Bank gestellt werden (§ 9 AHG).

Als Formen der Altschuldenhilfe sieht das Gesetz zum einen die Übernahme eines Teils der am 1. Januar 1994 bestehenden Altverbindlichkeiten ab dem 1. Juli 1995 (sogenannte Teilentlastung gemäß § 4 AHG) sowie zum anderen die Gewährung einer Zinshilfe für die vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1995 zu zahlenden Zinsen vor (§ 7 AHG). Die Kosten der Zinshilfe tragen der Bund und die neuen Bundesländer sowie das Land Berlin jeweils zur Hälfte (§ 8 AHG). Die Schulden, für die eine Teilentlastung gewährt wird, übernimmt der sogenannte Erblastentilgungsfonds (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AHG).

Die Höhe der Teilentlastung errechnet sich aus der Altschuldenlast je Quadratmeter der beim Wohnungsunternehmen vorhandenen gesamten Wohnfläche nach dem Stand vom 1. Januar 1993. Übernommen wird der Teil der Kreditbelastung, der 150 DM je Quadratmeter Wohnfläche übersteigt; bei der Berechnung dieses Betrags werden höchstens 1.000 DM Kreditbelastung je Quadratmeter Wohnfläche berücksichtigt. Ein höherer entlastungsfähiger Betrag kann festgelegt werden, wenn die Restverpflichtungen das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 AHG).

Voraussetzung für die Gewährung von Altschuldenhilfe ist ein schriftliches Anerkenntnis der Verbindlichkeiten gegenüber der kreditgebenden Bank und der Abschluß eines rechtswirksamen Kreditvertrages hierüber (§ 2 Abs. 1 Satz 2 AHG). Für die Gewährung einer Teilentlastung muß ein Wohnungsunternehmen darüber hinaus mindestens 15 vom Hundert seines zahlenmäßigen Wohnungsbestandes mit mindestens 15 vom Hundert seiner Wohnfläche nach dem Stand vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 2003 privatisieren oder im Falle der Wohnungsgenossenschaften veräußern. Von dem Teil des Erlöses, der 150 DM je Quadratmeter verkaufter Wohnfläche zuzüglich der in Verbindung mit dem Verkauf entstandenen Sanierungskosten übersteigt, hat es einen Anteil bis zur Höhe des Teilentlastungsbetrages an den Erblastentilgungsfonds abzuführen. Dabei ist der abzuführende Erlösanteil um so niedriger, je früher veräußert wird: Während er bei Veräußerungen, die bis Ende 1994 erfolgt sind, 20 vom Hundert beträgt, beläuft er sich ab dem Jahr 2001 auf 55 vom Hundert (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 und 2 AHG). Die ursprüngliche Fassung des Gesetzes sah noch eine Steigerung bis auf einen Anteil in Höhe von 90 vom Hundert vor, die jetzt geltende, deutlich abgeflachte Staffelung wurde durch das am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Altschuldenhilfe-Gesetzes vom 21. November 1996 (BGBl I S. 1780) eingeführt. Erfüllt das Wohnungsunternehmen die Veräußerungs- und Erlösabführungspflichten nicht fristgerecht, so hat es den Teilentlastungsbetrag einschließlich der vom Erblastentilgungsfonds gezahlten Zinsen ganz oder teilweise zu erstatten, es sei denn, das Wohnungsunternehmen hat die Nichterfüllung seiner Pflichten nicht zu vertreten (§ 5 Abs. 3 AHG).

Mit diesen Regelungen bezweckt das Gesetz eine angemessene Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes, insbesondere die Verbesserung der Kredit- und Investitionsfähigkeit der Wohnungsunternehmen und privaten Vermieter von Wohnraum sowie gleichzeitig die Verbesserung der Voraussetzungen für die Privatisierung und Bildung individuellen Wohneigentums für Mieter (§ 1 AHG).

2. Die Beschwerdeführerin ist eine Wohnungsbaugenossenschaft in Berlin, die aufgrund von Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik vor dem Beitritt am 3. Oktober 1990 gegründet worden ist. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sie sich unmittelbar gegen die §§ 2, 4 und 5 AHG. Angesichts einer drohenden Schuldenlast von über 153 Mio DM sei sie gezwungen, die Altschuldenhilfe in Anspruch zu nehmen und damit auch die Bedingungen für die Gewährung der Hilfen zu erfüllen. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch die angegriffenen Vorschriften in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor:

a) Der Zwang zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses und zur Veräußerung eines Teils des Wohnungsbestandes beeinträchtige unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG die Förderung der Wohninteressen ihrer Mitglieder und verhindere die Klärung der Frage, ob die Altverbindlichkeiten bestehen.

b) Die gesetzlichen Regelungen seien ungeeignet, die Gesetzeszwecke zu erfüllen. Die Privatisierung als Zweck des Gesetzes greife gegenüber Genossenschaften nicht, weil Genossenschaften bereits private Eigentümer seien und überdies ihren Mitgliedern (Mit-)Eigentum gesellschaftsrechtlich vermittelten. Eine angemessene Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes, insbesondere eine Verbesserung der Kredit- und Investitionsfähigkeit sei bei einer Wohnungsgenossenschaft mit den gesetzlichen Mitteln nicht zu erreichen. Für die Beschwerdeführerin sei es unmöglich, die Verpflichtung zur Veräußerung aus vorhandenem Wohnungsbestand zu erfüllen. Aufgrund der Besonderheiten der Nutzungsverhältnisse einer genossenschaftlichen Wohnung komme ein Verkauf an Dritte praktisch nicht in Betracht. Eine Veräußerung an die jeweiligen Nutzungsberechtigten sei zwar rechtlich möglich, der Verkaufsdruck, unter dem die Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften stünden, führe aber unweigerlich zu einem Preisverfall auf dem Wohnungsmarkt, so daß ein Verkauf nur zu völlig unwirtschaftlichen Preisen möglich sei. Dem Gesetzgeber stehe demgegenüber mit der Möglichkeit einer Verlängerung des Moratoriums bis zur Klärung des Fortbestands der Altverbindlichkeiten ein milderes Mittel zur Verfügung, um die Altschuldenproblematik zu lösen.

c) Der Veräußerungszwang bewirke eine unzulässige Enteignung und greife in das Recht der Beschwerdeführerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.

d) Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die Veräußerungspflicht ohne differenzierende Sonderregelungen gleichermaßen für Wohnungsgenossenschaften wie für Kommunale Wohnungsunternehmen gelte. Das Gesetz berücksichtige nicht, daß Genossenschaften nicht der Privatisierungspflicht nach Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages unterlägen und daß sie keine Mieter hätten, sondern Nutzungsberechtigte mit einem Dauerwohnrecht, einem Miteigentumsanteil und einem nicht unerheblichen Dispositionsrecht an der Berufsausübung der Genossenschaft.

3. Zu der Verfassungsbeschwerde hat sich für die Bundesregierung das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau geäußert. Es hält die von der Beschwerdeführerin angegriffenen Vorschriften des Altschuldenhilfe-Gesetzes für verfassungsgemäß. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des 7. Revisionssenats übersandt, in der ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert werden.

4. Den Antrag der Beschwerdeführerin, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anwendung des § 5 Abs. 2 AHG bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu suspendieren, hat die Kammer mit Beschluß vom 21. April 1994 (veröffentlicht z.B. in NJ 1994, S. 315 f.) abgelehnt.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die von ihr aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen lassen sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beantworten. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt, denn sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die angegriffenen Vorschriften verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten.

1. Die in § 2 Abs. 1 AHG enthaltene Regelung, die die Gewährung von Altschuldenhilfe von einem Anerkenntnis der vorhandenen Altverbindlichkeiten gegenüber der kreditgebenden Bank abhängig macht, stellt keinen Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen der Beschwerdeführerin dar. Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Verpflichtung zur Rückzahlung und Verzinsung der nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik begründeten Kredite mit dem Ende des planwirtschaftlichen Systems nicht untergegangen (vgl. BGHZ 124, 1; 127, 212; 131, 44). Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 95, 267 ≪300 ff.≫ bezüglich der Altschulden von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften). Das Bundesverfassungsgericht ist bereits in seiner Entscheidung zur befristeten Fortgeltung der Mietpreisbindung in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin ausdrücklich davon ausgegangen, daß die Wohnungsbaugenossenschaften nach dem Beitritt mit den Altverbindlichkeiten, deren Gläubiger nunmehr private Banken sind, belastet blieben (vgl. BVerfGE 91, 294 ≪312≫). Bei dem nach dem Altschuldenhilfe-Gesetz geforderten Schuldanerkenntnis handelt es sich daher der Sache nach lediglich um eine – der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende (vgl. BTDrucks 12/4401, S. 115; BTDrucks 12/5867, S. 5) – Bestätigung der bestehenden Rechtslage. Das Anerkenntnis begründet keine neue Verbindlichkeit, sondern entzieht nur die nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ohnehin bestehenden Altschulden weiterem Streit der Kreditvertragsparteien (vgl. BGHZ 131, 44 ≪51≫). Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG kann hierin nicht erblickt werden.

2. Ob hinsichtlich der nach §§ 4 Abs. 5 Nr. 1, 5 Abs. 1 und 2 AHG bestehenden Verpflichtungen zur Veräußerung von 15 vom Hundert des vorhandenen Wohnungsbestands und zur Abführung eines Teils des hieraus erzielten Erlöses an den Erblastentilgungsfonds ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) vorliegt, kann dahingestellt bleiben, da ein solcher Eingriff verfassungsrechtlich zulässig wäre.

a) Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist bei juristischen Personen die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (vgl. BVerfGE 50, 290 ≪363≫). Hierunter fällt auch die nach § 2 Abs. 1 und 2 der Satzung der Beschwerdeführerin auf Bewirtschaftung, Errichtung, Erwerb und Betreuung von Bauten zur Versorgung der Genossenschaftsmitglieder mit Wohnungen gerichtete Tätigkeit.

Durch die Verpflichtung, einen Teil der vorhandenen Wohnungen zu veräußern, wird die Beschwerdeführerin in ihrer Entscheidungsfreiheit über die Bewirtschaftung des vorhandenen Wohnungsbestands eingeschränkt. Diese Einschränkung kann allerdings nicht isoliert von der gleichzeitig gewährten Begünstigung betrachtet werden. Die Beschwerdeführerin trägt selbst vor, daß ihre Existenz gefährdet wäre, wenn sie die staatlichen Altschuldenhilfen nicht erhalten würde. Trotz der mit der Subventionsbewilligung verbundenen Nebenbestimmungen werden in der Gesamtschau die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführerin und damit auch ihre “beruflichen” Betätigungsmöglichkeiten nicht verschlechtert, sondern im Gegenteil erheblich verbessert. Ob dieser Umstand dazu führt, daß bereits ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu verneinen ist, bedarf indessen keiner Entscheidung, da der Eingriff jedenfalls gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gerechtfertigt wäre.

Der Eingriff beträfe nicht die Freiheit der Berufswahl, sondern allein die Freiheit der Berufsausübung. Beschränkungen der Berufsausübung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts statthaft und bleiben im Rahmen des dem Gesetzgeber durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Regelungsauftrags, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenzen der Zumutbarkeit noch gewahrt sind (vgl. BVerfGE 68, 155 ≪171≫; 95, 173 ≪183≫). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

aa) Mit der Verpflichtung zur Veräußerung von mindestens 15 vom Hundert des Wohnungsbestandes bei Inanspruchnahme der Teilentlastung verfolgte der Gesetzgeber – neben der Beteiligung der Wohnungsunternehmen an der Finanzierung des Erblastentilgungsfonds durch die abzuführenden Erlösanteile – zwei Ziele: Zum einen sollte den Wünschen vieler Bürger in den neuen Bundesländern nach Erwerb von Wohnungseigentum Rechnung getragen werden, zum anderen sollten den Wohnungsunternehmen mit Hilfe der nicht abzuführenden Erlösanteile zusätzliche finanzielle Spielräume für die Finanzierung von Investitionen verschafft werden (vgl. BTDrucks 12/5867, S. 4). Hinter diesen Zielen stehen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls.

bb) Der Gesetzgeber durfte auch von der Eignung und Erforderlichkeit der in dem Altschuldenhilfe-Gesetz vorgesehenen Maßnahmen ausgehen. Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪172≫ m.w.N.). Das Grundgesetz billigt dabei dem Gesetzgeber in der Bestimmung der zur Verfolgung seiner Ziele geeigneten und erforderlichen Maßnahmen einen weiten Gestaltungsraum zu (vgl. BVerfGE 81, 156 ≪193≫; 90, 145 ≪173≫).

Die Einschätzung des Gesetzgebers, daß die Veräußerung eines Teils der vorhandenen Wohnungen geeignet ist, den Wohnungsunternehmen zusätzliche Liquidität einerseits für die Mitfinanzierung des Erblastentilgungsfonds, andererseits aber auch zur Erweiterung der eigenen wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit zu verschaffen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie die spätere Entwicklung gezeigt hat, hat sich die Auffassung der Beschwerdeführerin, bei den Wohnungsgenossenschaften sei eine Veräußerung von Wohnungen praktisch unmöglich, nicht bestätigt. Ende 1994 hatten die Wohnungsgenossenschaften ihre Veräußerungsverpflichtung zwar erst zu weniger als 3 vom Hundert erfüllt, bis Ende 1996 ist diese Quote aber auf 36 vom Hundert angestiegen (vgl. Redder, Umsetzung des Altschuldenhilfe-Gesetzes, BBauBl 1997, S. 844 ≪846≫). Bei dieser Entwicklung ist nichts dafür ersichtlich, daß die Wohnungsgenossenschaften bis Ende 2003 die Veräußerungspflicht nicht im Regelfall in vollem Umfang erfüllen können.

Die Veräußerungspflicht ist vor allem aber auch zur Erreichung des weiteren gesetzgeberischen Ziels, der vermehrten Bildung individuellen Wohneigentums, objektiv geeignet. Dieses Ziel kann auch gegenüber privaten Wohnungsbaugenossenschaften wie der Beschwerdeführerin erreicht werden. Das durch die Mitgliedschaft vermittelte genossenschaftliche Eigentum, das den Mitgliedern kein unmittelbares Sacheigentum an den Vermögensgegenständen der Genossenschaft verschafft (vgl. Metz/Riebandt-Korfmacher, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, Genossenschaftsgesetz, 33. Aufl., 1997, § 1 Rn. 109), kann individuellem Wohneigentum nicht gleichgestellt werden.

Ein anderes, gleich wirksames, die Betroffenen aber weniger belastendes Mittel stand dem Gesetzgeber nicht zur Verfügung. Mit der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Verlängerung des Moratoriums hätte keines der mit dem Altschuldenhilfe-Gesetz verfolgten Ziele erreicht werden können. Die Beschwerdeführerin trägt insbesondere weder vor noch ist sonst ersichtlich, inwiefern das gesetzgeberische Anliegen, die Voraussetzungen für die Bildung individuellen Wohneigentums der Mieter (bzw. der Nutzungsberechtigten) nachhaltig zu verbessern, auf andere Weise als durch die den Wohnungsunternehmen auferlegte Veräußerungspflicht hätte durchgesetzt werden können.

cc) Schließlich überschreitet die in den §§ 4 Abs. 5 Nr. 1, 5 Abs. 1 und 2 AHG statuierte Veräußerungs- und Erlösabführungspflicht auch nicht die Grenze des Zumutbaren. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung sind die erheblichen Vorteile zu berücksichtigen, die für die Beschwerdeführerin mit der nach § 4 AHG gewährten, existenzsichernden Teilentlastung, durch die sie von Schulden in Höhe von ca. 120 Mio DM befreit wird, verbunden sind. Im Verhältnis hierzu erscheint die Pflicht, 15 vom Hundert des Wohnungsbestandes (im Falle der Beschwerdeführerin 360 von insgesamt 2.394 Wohnungen) innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren zu veräußern, nicht unangemessen, zumal nach der zwischenzeitlich geänderten Erlösabführungsstaffel der Beschwerdeführerin in jedem Fall, also auch bei einer Ausschöpfung des vorgegebenen zeitlichen Rahmens, erhebliche Teile des dabei erzielten Erlöses erhalten bleiben. Hinzu kommt, daß die Wohnungsunternehmen nach der Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 AHG im Falle einer Nichterfüllung ihrer Veräußerungs- und Erlösabführungsverpflichtungen die gewährte Teilentlastung nur dann zurückerstatten müssen, wenn sie diese Nichterfüllung auch zu vertreten haben. Sollte sich daher bis zum 31. Dezember 2003 tatsächlich herausstellen, daß es der Beschwerdeführerin trotz aller gebotener Anstrengungen aus objektiven, von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich war, die erforderliche Anzahl von Wohnungen in wirtschaftlich vertretbarer Weise zu veräußern, blieben ihr die empfangenen Subventionen dennoch erhalten. Insgesamt führen die angegriffenen Bestimmungen daher nicht zu einer übermäßigen, die Grenze der Zumutbarkeit nicht mehr wahrenden Belastung der Beschwerdeführerin.

b) Auch wenn man unterstellt, daß die den Wohnungsunternehmen durch §§ 4 Abs. 5 Nr. 1, 5 Abs. 1 und 2 AHG auferlegten Pflichten trotz des engen inneren Zusammenhangs zu der gewährten Subventionsleistung den Schutzbereich der Eigentumsgarantie berühren, handelt es sich nicht um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern um eine – im Ergebnis zulässige – Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.

Wesensmerkmal der Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinn ist der staatliche Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen; sie zielt auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind, zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (vgl. BVerfGE 79, 174 ≪191≫; 100, 226 ≪239 f.≫). Eine Enteignung liegt daher nur dann vor, wenn auf ein bestimmtes, konkret benötigtes Vermögensobjekt zugegriffen wird, nicht aber, wenn in genereller und abstrakter Weise eine Naturalleistungspflicht begründet wird (vgl. BVerfGE 58, 137 ≪144≫). An einem Zugriff des Staates auf ein konkretes Vermögensobjekt fehlt es im vorliegenden Fall schon deshalb, weil die Entscheidungen darüber, welche der vorhandenen Wohnungen veräußert werden und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen soll, von den betroffenen Wohnungsunternehmen eigenständig getroffen werden. Weder entzieht das Gesetz selbst der Beschwerdeführerin konkrete Eigentumsrechte noch enthält es eine Ermächtigung der Exekutive hierzu.

Der Gesetzgeber hat – geht man davon aus, daß der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG überhaupt berührt ist – mit den angegriffenen Regelungen von seiner Befugnis zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 97, 378 ≪385≫ m.w.N.). Die mit der Veräußerungspflicht verfolgten Ziele der Verbesserung der Kredit- und Investitionsfähigkeit der Wohnungsunternehmen und der Förderung der Bildung individuellen Wohneigentums der früheren Mieter und Nutzungsberechtigten liegen ebenso im öffentlichen Interesse wie die durch die begrenzte Erlösabführungspflicht erfolgte Heranziehung der subventionierten Wohnungsunternehmen zu einer maßvollen Beteiligung an der Finanzierung des Erblastentilgungsfonds zum Zweck der Entlastung des Staatshaushalts. Daß der Gesetzgeber bei den – in dem Gesamtzusammenhang von Begünstigungen und Belastungen zu betrachtenden – Regelungen des Altschuldenhilfe-Gesetzes den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat, wurde bereits im Rahmen der Prüfung einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG festgestellt.

3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt darin, daß das Altschuldenhilfe-Gesetz Kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften gleich behandelt, auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG kann den Gesetzgeber zwar unter Umständen auch dazu verpflichten, wesentlich ungleiche Tatbestände differenzierend zu behandeln (vgl. BVerfGE 84, 133 ≪158≫). Eine für alle Betroffenen gleiche Regelung verstößt dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn zwischen den zu vergleichenden Personengruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß ihnen gegenüber die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen wäre (vgl. BVerfGE 72, 141 ≪150≫). Dies ist hier aber nicht der Fall.

Die Besonderheiten der Wohnungenossenschaften gegenüber den Kommunalen Wohnungsunternehmen sind im Zusammenhang mit dem Regelungsgegenstand des Altschuldenhilfe-Gesetzes nicht von solchem Gewicht, daß eine differenzierende Regelung verfassungsrechtlich geboten wäre. Kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften sind von der Altschuldenproblematik in gleicher Weise betroffen, die Finanzierung des volkseigenen und des genossenschaftlichen Wohnungsbaus erfolgte in der Deutschen Demokratischen Republik nach übereinstimmenden Grundsätzen (vgl. BTDrucks 12/5867, S. 5). Daß der auf die Bildung individuellen Wohneigentums abzielende Subventionszweck nicht nur gegenüber den Kommunalen Wohnungsunternehmen, sondern auch gegenüber den Wohnungsgenossenschaften verfolgt werden kann, wurde bereits ausgeführt.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Grimm, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 1276171

VIZ 2000, 144

VIZ 2000, 244

WM 2000, 61

ZAP-Ost 2000, 67

NJ 2000, 308

NJ 2000, 78

ZBB 2000, 53

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