Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 08.01.2004; Aktenzeichen 7 T 346/03) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die beschränkte Unpfändbarkeit von Lebensversicherungsverträgen nach § 850 b Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO).
I.
Die Beschwerdeführerin hatte eine Lebensversicherung auf den Todesfall sowie auf den 65. Geburtstag abgeschlossen. Diese Versicherung wurde vom Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung aufgrund von § 6 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) in Verbindung mit §§ 829, 836 Abs. 1 ZPO gepfändet und zur Einziehung an die Behörde überwiesen. Mit ihrem Begehren nach Vollstreckungsschutz hatte die Beschwerdeführerin keinen Erfolg. Das mit der sofortigen Beschwerde angerufene Landgericht wies die Beschwerde zurück und führte aus, es verstoße nicht gegen das Grundgesetz, dass nach § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO allein reine Todesfallversicherungen beschränkt unpfändbar seien.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Landgerichts. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht.
1. Die Vorschrift unterscheidet in ihrer zweiten Variante zwischen reinen Todesfallversicherungen und den heute üblicheren kombinierten Lebensversicherungen, die auch auf einen Erlebensfall abgeschlossen sind. Diese Differenzierung ist von einem sachlichen Grund hinreichend getragen (vgl. BVerfGE 97, 271 ≪291≫).
a) Der Gesetzgeber will mit der Pfändungsschutzbestimmung des § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO nur solche Versicherungen erfassen, mit denen die beim Tode des Versicherungsnehmers anfallenden Ausgaben, vor allem die Bestattungskosten, abgedeckt werden sollen (vgl. BTDrucks 1/4452, S. 3; OLG Bamberg, JurBüro 1985, S. 1739 ≪1740≫; AG Köln, VersR 1967, S. 948). Dem entsprach die ursprüngliche im Regierungsentwurf vorgesehene Fassung der Norm; es sollten nur „Sterbegeldversicherungen” beschränkt pfändungsfrei bleiben (vgl. BTDrucks, a.a.O., S. 20).
b) Diese gesetzgeberische Erwägung trägt die unterschiedliche Behandlung. Eine reine Todesfallversicherung entlastet jene Personen, von denen die Kosten der Bestattung eines Schuldners zu tragen sind (vgl. § 1968 BGB). Der Schuldner kann diese Zweckbestimmung nicht vereiteln. Er selbst profitiert nicht von der Versicherungssumme. Dies ist bei einer kombinierten Versicherung anders. Die durch sie versicherte Summe wird in der Regel dem Schuldner selbst ausgezahlt. Dieser kann sie auch anders verwenden als für seine Bestattung. Diese freie Nutzungsmöglichkeit rechtfertigt es, die Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers nicht wie im Falle der Todesfallversicherung zu beschränken
Unerheblich im Zusammenhang mit der Gleichheitsprüfung ist es, dass bei einer kombinierten Versicherung der Versicherungsnehmer vor dem vereinbarten Erlebenszeitpunkt sterben kann. Sie wirkt dann faktisch zwar wie eine reine Todesfallversicherung. Hierauf muss der Gesetzgeber aber im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG keine Rücksicht nehmen. Der Erlebensfall steht bei solchen Versicherungen im Vordergrund. Zwar ist es zur Zeit der Pfändung ungewiss, ob der Versicherte vor dem Erlebensfall stirbt. Diese Ungewissheit darf aber der Gesetzgeber zu Lasten des Schuldners gehen lassen.
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1262380 |
NJW 2004, 2585 |
FamRZ 2004, 1542 |
VuR 2005, 68 |