Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin, eine international als Automobilzulieferer und Rüstungskonzern tätige Aktiengesellschaft, die unter anderem auch zwei Standorte in den USA unterhält, wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde mittelbar gegen den Vollzug der Zustellung einer vor US-Bundesgerichten erhobenen Klage im Wege der Rechtshilfe nach dem Haager Zustellungsübereinkommen von 1965 (im Folgenden: HZÜ). Unmittelbar greift sie die Zurückweisung ihres Antrags auf Aufhebung, hilfsweise Unwirksamerklärung, der bereits innerstaatlich vollzogenen Zustellung in Deutschland an.
I.
1. Die Beschwerdeführerin wurde, neben weiteren multinationalen Konzernen, im November 2002 von einer Gruppe von südafrikanischen Klägern mit einer Sammelklage (class action) vor einem Gericht der Vereinigten Staaten von Amerika auf Schadensersatz wegen Beihilfe zu menschenrechtsverletzenden Maßnahmen des Apartheid-Regimes in Südafrika verklagt. Die Kläger machten zum einen geltend, die Beschwerdeführerin habe in den 1970er Jahren trotz verhängter Waffenembargos fiktive Unternehmen und falsche Ausfuhrerklärungen benutzt, um eine Munitionsfabrik nach Südafrika zu exportieren, die dort von 1979 bis 1985 vollautomatisiert Munition produziert habe. Zum anderen verwiesen sie darauf, die Beschwerdeführerin habe 1999 den schweizerischen Konzern „Oerlikon-Contraves” übernommen, der in den 1970er Jahren das schweizerische Waffenembargo mit gefälschten Endverbrauchererklärungen umgangen und Flugabwehrgeschütze und Munition nach Südafrika geliefert habe. Zur Klägergruppe gehörte eine südafrikanische Organisation mit circa 32.700 Mitgliedern, die ausweislich der Klageschrift auch für ihre Mitglieder auftrat. Die Kläger stützten sich zur Begründung des angerufenen Gerichtsstandes auf den Alien Tort Claims Act (ATCA), der Teil des Judiciary Act von 1789 ist. Danach haben die Bundesgerichte eine originäre Zuständigkeit für Zivilklagen eines Ausländers Delikte betreffend, die unter Verletzung des Völkerrechts oder eines Abkommens der Vereinigten Staaten begangen wurden (28 U.S.C. § 1350).
2. Das Verfahren in den Vereinigten Staaten von Amerika nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
a) Mit Zwischenentscheidung vom 8. April 2009 ließ das Bundesbezirksgericht für den südlichen Bezirk von New York (District Court for the Southern District of New York; im Folgenden: Bezirksgericht) die Klage in eingeschränktem Umfang zu, behielt sich aber eine Entscheidung über die (auch internationale) Zuständigkeit (personal jurisdiction) und die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung ausdrücklich vor. Auf das Rechtsmittel (auch) der Beschwerdeführerin setzte das Berufungsgericht (US Court of Appeals for the Second Circuit) das Verfahren bis zur Entscheidung in dem beim U.S. Supreme Court bereits anhängigen Verfahren Kiobel et al. v. Royal Dutch Petroleum Co. et al. aus.
b) Mit Urteil vom 17. April 2013 wies der Supreme Court die Kiobel-Klage mangels Zuständigkeit (jurisdiction) der US-Bundesgerichte ab. Die Mehrheitsmeinung des Obersten Gerichts geht davon aus, dass eine Vermutung gegen die extraterritoriale Anwendung von Gesetzen spreche (presumption against extraterritoriality), es sei denn, der Gesetzgeber hätte eine solche Anwendung ausdrücklich vorgesehen. Diese Vermutung diene dazu, eine unberechtigte Einmischung der Gerichte in auswärtige Angelegenheiten zu verhindern. Gehe es, wie vorliegend, um ein Verhalten, das im Hoheitsgebiet eines anderen Staates stattgefunden habe, sei dieser Zweck in besonderem Maße berührt. Der ATCA sei zwar eine reine Zuständigkeitsregelung für Sachverhalte mit Auslandsberührung; dennoch könnten weder sein Wortlaut noch seine Entstehungsgeschichte oder sein Sinn und Zweck die „presumption against extraterritoriality” widerlegen. Er sei daher in Fällen, in denen das anspruchsbegründende Verhalten gänzlich auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates stattgefunden habe, nicht anwendbar. Selbst in Fällen, in denen der Klageanspruch das Hoheitsgebiet der USA berühre, müsse der Inlandsbezug hinreichend stark sein, um die Vermutung gegen die extraterritoriale Anwendung des ATCA zu widerlegen („And even where the claims touch and concern the territory of the United States, they must do so with sufficient force to displace the presumption against extraterritorial application.”, Supreme Court of the United States of America, Kiobel et al. v. Royal Dutch Petroleum Co. et al., No. 10-1491 vom 17. April 2013, abgerufen unter https://supreme.justia.com/cases/federal/us/569/10-1491/case.pdf).
c) Daraufhin verwies das Berufungsgericht das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin zurück an das Bezirksgericht, das die Klage gegen die Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 26. Dezember 2013 zurückwies. Die Kläger hätten einen Inlandsbezug zu den USA nicht hinreichend dargelegt, um die „presumption against extraterritoriality” zu erschüttern. Das gegen diese Entscheidung gegebene Rechtsmittel legten die Kläger verfristet ein. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 stellte das Berufungsgericht dessen Unzulässigkeit fest. Damit war die Abweisung der Klage gegen die Beschwerdeführerin rechtskräftig.
3. Die Zustellung der Klage (Art. 5 HZÜ) hatte das Amtsgericht Düsseldorf – auf Verfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf als Zentraler Behörde im Sinne des Art. 2 HZÜ für das Land Nordrhein-Westfalen – im Juli 2003 vorgenommen.
4. Den Antrag der Beschwerdeführerin, die Zustellungsentscheidung aufzuheben, hilfsweise für rechtswidrig und unwirksam zu erklären, dem Amtsgericht zu untersagen, die Erledigungsstücke zurückzusenden, und festzustellen, dass die Zustellung unwirksam sei, wies das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 22. Juli 2009 zurück.
Die Voraussetzungen des Vorbehalts aus Art. 13 Abs. 1 HZÜ lägen nicht vor. Die Vorschrift könne nur angewendet werden, wenn bereits die Zustellung einer Klage besonders schwere Beeinträchtigungen der Wertungsgrundlagen der Rechtsordnung des ersuchten Staates mit sich brächte, etwa weil das mit der Klage verfolgte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstoße. Die besonderen Institute des US-Rechts (punitive damages, pre-trial discovery, class action) begründeten einen solchen Verstoß weder einzeln noch in Kumulation. Durch das Verfahren drohe auch kein Völkerrechtsverstoß. Selbst die Begründung einer Zuständigkeit der US-amerikanischen Gerichte nach dem ATCA schließe den freien Zugang zu deutschen Gerichten nicht aus und gefährde deutsche Hoheitsrechte deshalb nicht. Die Frage, ob die Beihilfe juristischer Personen des Privatrechts zu Verbrechen des Apartheid-Regimes sanktioniert werden könne, sei im Rahmen der rechtlichen Bewertung des Rechtsstreits von den US-amerikanischen Gerichten vorzunehmen. Die Klage sei jedenfalls nicht offenkundig missbräuchlich. Dass sie in ihrer Höhe keine Grundlage habe, könne schon deswegen nicht festgestellt werden, weil sie bisher unbeziffert sei. Dass die Kläger in sonstiger rechtsmissbräuchlicher Weise – etwa durch Medienkampagnen – Druck auf die Beschwerdeführerin ausgeübt hätten, um sie zu einem ungerechtfertigten Vergleich zu zwingen, sei nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG lägen nicht vor. Es sei insbesondere nicht zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sei und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugen könne.
Entscheidungsgründe
II.
1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 25, Art. 100 Abs. 2 sowie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
a) Das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) sei verletzt, weil das Oberlandesgericht von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG abgesehen habe. Einer Vorlage habe es zum einen zur Klärung der Frage bedurft, ob das Erfordernis eines hinreichenden Anknüpfungspunktes (genuine link) zum Forumstaat für die Bejahung eines Gerichtsstandes zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG) gehöre, denn der ATCA verlange für die Eröffnung des Rechtswegs zu den US-Bundesgerichten bei Verletzung von Völkerrecht keinen „genuine link” zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Zum anderen bestünden Zweifel, ob es eine völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Haftung von Privatrechtssubjekten für Völkerrechtsverstöße gebe.
b) Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sei verletzt, weil das mit der Klage verfolgte Ziel gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstoße.
Zwar habe das Bundesverfassungsgericht es bisher abgelehnt, die reine Möglichkeit einer Ausforschung bei der Durchführung einer pre-trial discovery of documents als Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 HZÜ anzusehen. Die angeführte Begründung, hierfür bedürfe es weiterer Rechtshilfeentscheidungen deutscher Hoheitsträger, sodass der Beklagte einer Ausforschung durch die Kläger nicht schutzlos ausgeliefert sei, sei jedoch nicht tragfähig. Die Bundesrepublik Deutschland habe zum Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HBÜ ≪BGBl II 1977 S. 1452≫) einen Vorbehalt erklärt, der Rechtshilfe zu einer pre-trial discovery of documents grundsätzlich ausschließe. Dies führe in der Praxis dazu, dass die Beweisaufnahme nicht nach den Vorschriften des HBÜ, sondern ohne deutsche Rechtshilfe nach den amerikanischen Beweiserhebungsregeln durchgeführt werde.
Durch das Verfahren vor den US-Bundesgerichten drohten Völkerrechtsverletzungen. Die durch den ATCA begründete Zuständigkeit US-amerikanischer Bundesgerichte verstoße gegen Völkerrecht, weil sie zum einen auf das Erfordernis eines genuine link zum Forumstaat verzichte und es zum anderen an einer völkerrechtlichen Grundlage für die direkte völkerrechtliche Bindung von juristischen Personen des Privatrechts fehle. Im Übrigen sei das Verhalten der Beschwerdeführerin nicht geeignet, eine völkerrechtliche Verantwortung zu begründen. Sie habe objektiv neutral wirtschaftlich agiert, ohne dass eine Verflechtung mit dem (angeblich) als Völkerrechtsverstoß zu qualifizierenden staatlichen Handeln des Apartheid-Regimes bestanden habe. Schließlich sei das Klagebegehren – Strafschadensersatz in nicht überschaubarer Höhe – angesichts des angeblichen Tatbeitrags nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, der auch als allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts anerkannt sei.
2. a) Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2015 erklärte die Beschwerdeführerin, durch die rechtskräftige Klageabweisung in den Vereinigten Staaten von Amerika habe sich ihr Verfassungsbeschwerdebegehren hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung des angegriffenen Beschlusses, nicht aber hinsichtlich der Kostenentscheidung, durch die sie weiterhin belastet sei, erledigt. Auch hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung des Oberlandesgerichts hält sie dennoch an der Verfassungsbeschwerde fest, da ihr Rechtsschutzinteresse insoweit aufgrund einer Wiederholungsgefahr fortbestehe. Der US Supreme Court habe im Kiobel-Fall lediglich entschieden, dass Klagen wegen im Ausland begangener Menschenrechtsverletzungen, die keinen hinreichenden Inlandsbezug zu den Vereinigten Staaten aufwiesen, nicht nach dem ATCA vor US-Bundesgerichte gebracht werden könnten. Den Klägern stehe es jedoch frei, sich aufgrund anderer Rechtsgrundlagen an die Gerichte der Einzelstaaten zu wenden.
b) Den zusammen mit der Verfassungsbeschwerde gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2015 zurückgenommen.
3. Der Verwaltungsvorgang der Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde beigezogen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind nach Mitteilung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen bereits – innerhalb der üblichen Fristen – ausgesondert und vernichtet worden.
4. Die Bundesregierung und alle Landesregierungen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24≫; 96, 245 ≪248≫; BVerfGK 12, 189 ≪196≫). Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, denn der Beschwerdeführerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes oder – in bestimmten Fällen – jedenfalls für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit besteht (vgl. BVerfGE 12, 311 ≪317≫; 15, 126 ≪131≫; 21, 139 ≪143≫; 33, 247 ≪253≫; 50, 244 ≪247 f.≫; 91, 125 ≪133≫; 104, 220 ≪232 f.≫; 119, 309 ≪317≫; stRspr). Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz muss im Einzelfall notwendig sein, um eine Grundrechtsverletzung abwehren oder beseitigen zu können. Die Frage nach dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis stellt sich insbesondere dann, wenn sich im Verlauf des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das ursprüngliche Rechtsschutzanliegen in der Hauptsache erledigt hat (vgl. Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Auflage 2005, Vor §§ 17 ff. Rn. 47).
1. Das ursprünglich auf Aufhebung des Beschlusses des Oberlandesgerichts und Neuentscheidung über die Zustellung der in den Vereinigten Staaten erhobenen Klage gerichtete Begehren der Beschwerdeführerin hat sich mit Rechtskraft des die Klage abweisenden Beschlusses des New Yorker Bezirksgerichts erledigt. Nach der rechtskräftigen Klageabweisung fehlen der Beschwerdeführerin sowohl das Interesse als auch die Möglichkeit, die Unwirksamkeit der Klagezustellung noch geltend zu machen.
2. Mit der Erledigung fehlt es grundsätzlich am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Aufrechterhaltung der Verfassungsbeschwerde (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Oktober 2008 – 1 BvR 2733/04 –, juris, Rn. 12). Lediglich ausnahmsweise kann in Einzelfällen dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sein (vgl. BVerfGE 50, 244 ≪248≫). Dabei reicht die allein aus der Kostenentscheidung herrührende Beschwer nicht aus, um ein Rechtsschutzbedürfnis für die verfassungsrechtliche Prüfung der gesamten Gerichtsentscheidung und deren Aufhebung zu begründen (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪256 ff.≫; 39, 276 ≪292≫; 50, 244 ≪248≫; 75, 318 ≪325≫, a)). Vielmehr bejaht das Bundesverfassungsgericht den Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses nur, wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein anerkennenswertes Interesse an der Feststellung hat, dass die angegriffene Maßnahme nicht verfassungsgemäß war, wenn ein tiefgreifender und besonders schwerwiegender Grundrechtseingriff vorlag oder wenn anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe und ein schwerwiegender Grundrechtseingriff gerügt wird (vgl. BVerfGE 50, 244 ≪249≫; 91, 125 ≪133≫; 96, 27 ≪40≫; 97, 298 ≪308≫; 103, 44 ≪58 f.≫). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt (b)).
a) Die Beschwerdeführerin kann ein Rechtsschutzinteresse für die verfassungsrechtliche Prüfung der gesamten angegriffenen Entscheidung nicht bereits daraus herleiten, dass die Kostenentscheidung des Oberlandesgerichts zu ihren Gunsten ausgefallen wäre, wenn das Gericht die gerügten Grundrechtsverstöße unterlassen hätte. Ist durch nachträglich eingetretene Umstände die in der Hauptsacheentscheidung möglicherweise begründete Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers entfallen, so ist es grundsätzlich nicht mit den Funktionen der Verfassungsbeschwerde vereinbar, nur wegen der mittelbaren Auswirkung der Nebenentscheidung über die Kosten das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu eröffnen und das Bundesverfassungsgericht mit der Prüfung der Hauptsacheentscheidung zu belasten, die für sich gesehen den Beschwerdeführer nicht mehr beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪256 ff.≫; 39, 276 ≪292≫; 50, 244 ≪248≫; 75, 318 ≪325≫).
b) Die Beschwerdeführerin kann auch kein besonderes Feststellungsinteresse geltend machen, weil sie weder eine Wiederholungsgefahr dargelegt hat (aa)), noch ein tiefgreifender und besonders schwerer Grundrechtseingriff vorliegt (bb)) und die verfassungsrechtliche Prüfung auch nicht zur Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundlegender Bedeutung erforderlich ist (cc)).
aa) Ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Interesse der Beschwerdeführerin an der Prüfung, ob der angegriffene Beschluss verfassungsgemäß war, ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Der Verweis auf die rein theoretische Möglichkeit einer vergleichbaren Zustellungskonstellation in der Zukunft, ohne dass irgendwelche Anhaltspunkte benannt werden oder ins Auge fallen, die für eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Möglichkeit sprechen, ist nicht geeignet, eine Wiederholungsgefahr zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Oktober 2008 – 1 BvR 2733/04 –, juris, Rn. 18; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. März 2011 – 2 BvR 576/09 –, juris, Rn. 2 und vom 11. Dezember 2013 – 2 BvR 1373/12 –, juris, Rn. 4). Anhaltspunkte für eine erneute, vergleichbare Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin bestehen nicht.
(1) Die Annahme der Beschwerdeführerin, sie werde in Zukunft in den Vereinigten Staaten von Amerika erneut gerichtlich in Anspruch genommen werden, ist durch nichts gestützt. Allein ihre Eigenschaft als Rüstungsunternehmen mit Niederlassungen auch in den Vereinigten Staaten vermag eine solche Annahme nicht zu rechtfertigen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens seit der Klageabweisung am 26. Dezember 2013 Aktivitäten entwickelt hätten, um die Beschwerdeführerin erneut vor US-Gerichten zu verklagen. Von anderen Einzelpersonen oder Personengruppen, die eine gerichtliche Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin in den USA beabsichtigen könnten, ist ebenfalls nichts bekannt.
(2) Zudem erschließt sich nicht, dass die Zustellung einer potentiellen künftigen Klage überhaupt Fragen aufwerfen würde, die mit denjenigen vergleichbar wären, die sich im vorliegenden Verfahren gestellt haben. Eine potentielle künftige Klage müsste, wollte sie Aussicht auf Erfolg haben, auch nach der Auffassung der Beschwerdeführerin vor einem anderen Gericht auf einer anderen Rechtsgrundlage erhoben werden.
Besprechungen der Kiobel-Entscheidung des US Supreme Court gehen übereinstimmend davon aus, dass die Anwendbarkeit des ATCA auf Konstellationen wie die hier vorliegende – Verfahren ausländischer Kläger gegen ausländische Beklagte wegen im Ausland begangener Verstöße gegen das Völkerrecht – künftig nicht mehr in Betracht kommt und entsprechende Klagen vor US-Bundesgerichten deshalb nicht mehr zu erwarten sind (vgl. Reimann, IPrax 2013, S. 455 ≪460≫; Winter, IPrax 2013, S. 462 ≪465≫; Spießhofer, NJW 2014, S. 2473 ≪2478≫; Metz, WM 2013, S. 2059 ≪2063≫; Sandrock, RIW 2013, S. 497 ≪508≫). Zwar könne dies bei „stärkerem Inlandsbezug” (Reimann, IPrax 2013, S. 455 ≪460≫) oder bei „ausgeprägter Verbindung eines Falles zu den USA” (Spießhofer, NJW 2014, S. 2473 ≪2478≫) anders sein. Bei stärkerem Inlandsbezug stellt sich die von der Beschwerdeführerin im hiesigen Verfahren aufgeworfene Frage nach der Erforderlichkeit eines „genuine link” zwischen Sachverhalt und Forumstaat aber jedenfalls nicht in gleicher Weise.
Die in der Literatur erörterte Möglichkeit, die bisher unter dem ATCA vor US-amerikanischen Bundesgerichten verfolgte sogenannte „Human Rights Litigation” in die Gerichte der Einzelstaaten zu verlagern (vgl. Metz, WM 2013, S. 2059 ≪2064≫; Reimann, IPrax 2013, S. 455 ≪461≫; Spießhofer, NJW 2014, S. 2473 ≪2478≫), wirft für die Kläger prozessual und materiell-rechtlich neue Schwierigkeiten auf. Dies betrifft etwa den zur Begründung der (auch internationalen) Zuständigkeit US-amerikanischer Gerichte, der personal jurisdiction, erforderlichen Nachweis eines Minimalkontakts zum Forumstaat. So wird darauf verwiesen, dass dieses Erfordernis, das bei Klagen nach dem ATCA lediglich in Bezug auf den Gesamtstaat bestanden habe, auf der Ebene der Bundesstaaten schwieriger zu erfüllen sei, weil hier nicht die Kontakte des ausländischen Beklagten zu den USA insgesamt, sondern nur solche zu dem in Frage stehenden Gliedstaat Berücksichtigung finden könnten. Da so der Nachweis auch eines Minimalkontakts bei „Rechtsverletzungen, die von Ausländern im Ausland an Ausländern begangen werden, selten gelingen wird” (Reimann, IPrax 2013, S. 455 ≪461 Fn. 41≫; mit gleichem Ergebnis: Metz, WM 2013, S. 2059 ≪2064≫), stellt sich die Frage nach einem „genuine link” zum Forumstaat vor den US-amerikanischen Staatengerichten jedenfalls nicht in gleicher Weise wie im vorliegenden Ausgangsverfahren nach dem ATCA. Materiell-rechtlich könnten sich die Kläger vor den Staatengerichten zudem – mangels einer dem ATCA vergleichbaren Regelung – nicht auf Verstöße gegen das Völkerrecht, sondern allein auf das „gewöhnliche” Deliktsrecht berufen (vgl. Metz, WM 2013, S. 2059 ≪2064≫; Reimann, IPrax 2013, S. 455 ≪461≫; Spießhofer, NJW 2014, S. 2473 ≪2478≫). Die von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren aufgeworfene Frage nach der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen des Privatrechts stellt sich dann nicht.
bb) Auch ein tiefgreifender und besonders schwerwiegender Grundrechtseingriff liegt nicht vor. Hierunter fallen vornehmlich solche Eingriffe, die schon das Grundgesetz – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG – unter Richtervorbehalt gestellt hat. Bei derart schwerwiegenden Grundrechtseingriffen hat das Bundesverfassungsgericht ein durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Rechtsschutzbedürfnis in Fällen angenommen, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanz kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫; 104, 220 ≪233≫). Bejaht wurde dies für den Fall der Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪40≫), den Fall der Abschiebehaft (vgl. BVerfGE 104, 220 ≪231 ff.≫; 105, 239 ≪246≫) oder bei erledigtem polizeilichem Unterbindungsgewahrsam (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Juni 1997 – 2 BvR 126/91 –, EuGRZ 1997, S. 374; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 1999 – 2 BvR 804/97 –, NJW 1999, S. 3773) und bei der vorläufigen gerichtlich angeordneten Unterbringung psychisch auffälliger Personen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Mai 1998 – 2 BvR 978/97 –, NJW 1998, S. 2432). Diese Fälle schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigung sind mit der hier gerügten – allein finanzielle Interessen der Beschwerdeführerin gefährdenden (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪344≫) – Zustellung einer Klage und der im Rahmen der gerichtlichen Prüfung möglicherweise unterlassenen Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG nicht vergleichbar.
cc) Schließlich ist ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BVerfGE 69, 315 ≪341≫; 103, 44 ≪58≫) anzunehmen.
Das Bundesverfassungsgericht hat zwar bisher offengelassen, ob die Zustellung einer im Ausland anhängigen Klage nach dem HZÜ wegen eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip zu unterbleiben hätte, wenn das mit der Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze des freiheitlichen Rechtsstaats, wie sie auch in internationalen Menschenrechtsübereinkommen verankert sind, verstieße (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪343≫; 108, 238 ≪247≫; BVerfGK 10, 203 ≪206≫; 11, 312 ≪317≫; 14, 202 ≪207 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Januar 2013 – 2 BvR 2805/12 –, juris, Rn. 13). Diese Frage bedarf jedoch auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
(1) Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne (vgl. BVerfGE 80, 137 ≪152≫ m.w.N.).
Die Zustellung ist ein staatlicher Hoheitsakt, mit dem ein ausländisches Gerichtsverfahren gefördert wird. Dem Zustellungsempfänger wird zwar weder ein bestimmtes Handeln abverlangt noch ein bestimmtes Verhalten verboten. Er muss sich allerdings auf das ausländische Verfahren einlassen, wenn er keine Rechtsnachteile erleiden will, die er durch aktive Beteiligung am Verfahren möglicherweise abwenden kann. Außerdem wird er dem Risiko einer Verurteilung ausgesetzt, die zu einer Vollstreckung in sein im Ausland belegenes Vermögen führen kann, ohne dass die deutsche öffentliche Gewalt ihn davor zu schützen vermag.
Selbst wenn man darin einen Eingriff sieht, ist dieser grundsätzlich mit Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪339≫).
Die allgemeine Handlungsfreiheit kann auf der Grundlage des HZÜ, das mit Gesetz vom 22. Dezember 1977 (BGBl II 1977 S. 1452) Eingang in die deutsche Rechtsordnung gefunden hat, eingeschränkt werden. Gegen dessen Verfassungsmäßigkeit bestehen keine Bedenken, soweit es hier entscheidungserheblich ist. Das Übereinkommen soll seiner Präambel zufolge sicherstellen, dass gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die im Ausland zuzustellen sind, ihren Empfängern rechtzeitig zur Kenntnis gelangen. Außerdem soll es die gegenseitige Rechtshilfe unter den Vertragsstaaten dadurch verbessern, dass die technische Abwicklung der Zustellung vereinfacht und beschleunigt wird. Damit dient das Übereinkommen wichtigen Belangen des Gemeinwohls, die geeignet sind, einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪339 f.≫; BVerfGK 10, 203 ≪205≫; 11, 312 ≪316≫; 14, 202 ≪207≫).
Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil die Zustellung nicht schon wegen Unvereinbarkeit des Klagebegehrens mit dem innerstaatlichen ordre public, sondern nur dann verweigert werden darf, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden (vgl. Art. 13 HZÜ). Diese Beschränkung der Überprüfungsbefugnis rechtfertigt sich aus dem Ziel des Übereinkommens. Würden die Grundsätze der innerstaatlichen Rechtsordnung bereits zum Maßstab für die Zustellung gemacht, so würde der internationale Rechtshilfeverkehr erheblich beeinträchtigt. Zum einen könnte die Prüfung der Klagen auf ihre Vereinbarkeit mit dem innerstaatlichen ordre public zu großen Verzögerungen bei der Zustellung führen. Zum anderen käme sie einer Erstreckung inländischer Rechtsvorstellungen auf das Ausland gleich und würde dem Ziel zuwiderlaufen, dem ausländischen Kläger die Führung eines Prozesses gegen einen inländischen Beklagten im Ausland zu ermöglichen. Eine solche Einschränkung des Rechtshilfeverkehrs ist grundsätzlich um so weniger geboten, als im Zeitpunkt der Zustellung der Ausgang des Verfahrens noch völlig offen ist. Bei der Abwägung ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass das Haager Zustellungsübereinkommen die Rechtsstellung von Parteien mit Sitz oder Wohnsitz in Deutschland, die in einen Zivilrechtsstreit in einem der anderen Vertragsstaaten verwickelt werden, entscheidend verbessert, indem es sicherstellt, dass diese grundsätzlich im Ausland nicht mit einem Zivilverfahren überzogen werden können, von dem sie keine Kenntnis haben (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪340≫).
(2) Ob die Zustellung einer im Ausland anhängigen Klage selbst dann mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar wäre, wenn das mit der Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstieße, bedarf auch vorliegend keiner grundsätzlichen Klärung. Die im amerikanischen Klageverfahren gegen die Beschwerdeführerin zum Tragen kommenden Rechtsinstitute und Regelungen begründen weder für sich genommen noch in Kumulation einen solchen offensichtlichen Verstoß.
(a) Zu diesen Rechtsinstituten hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung teilweise bereits Stellung genommen:
So hat es entschieden, dass eine auf Strafschadensersatz nach US-amerikanischem Recht (punitive or exemplary damages) gerichtete Klage nicht von vornherein gegen unverzichtbare rechtsstaatliche Grundsätze verstößt (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪343 f.≫; BVerfGK 10, 203 ≪206≫; 11, 312 ≪317≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Januar 2013 – 2 BvR 2805/12 –, juris, Rn. 14).
Dies gilt auch für die von deutscher Seite grundsätzlich zu respektierende rechtspolitische Entscheidung, für deliktisches Handeln mit einer Vielzahl von Geschädigten Sammelklagen (class actions) zuzulassen, an denen sich das einzelne Mitglied der „class” nicht beteiligen muss, solange auch im class action-Verfahren unabdingbare Verteidigungsrechte gewahrt bleiben. Art. 13 Abs. 2 HZÜ verbietet es explizit, die Erledigung eines Zustellungsersuchens allein deshalb abzulehnen, weil der ersuchte Staat ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für das der Antrag gestellt wird. Diese Einschränkung des Vorbehalts auf der völkerrechtlichen Ebene ist mit dem Grundgesetz vereinbar: Im Hinblick auf das Haager Zustellungsübereinkommen hat sich die deutsche Rechtsordnung im Bereich des Zivilprozessrechts für das Recht des ersuchenden Staates geöffnet. Die deutsche öffentliche Gewalt wird für die ersuchende ausländische Behörde tätig, um das in jener Rechtsordnung anhängige innerstaatliche Verfahren über die Grenzen der nationalen Hoheitsgewalt hinaus zu fördern. Dies schließt grundsätzlich auch die Zustellung von Klagen mit ein, die in für die deutsche Rechtsordnung unbekannten Verfahrensarten erhoben worden sind (vgl. BVerfGE 108, 238 ≪248≫; BVerfGK 11, 312 ≪320≫).
Auch die Unterwerfung unter eine pre-trial discovery, ein zwischen Klageerhebung und mündlicher Verhandlung durchgeführtes Beweis- und Beweisermittlungsverfahren (vgl. auch BGHZ 118, 312 ≪323≫), stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls nicht ohne Weiteres einen Verstoß gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats dar (vgl. BVerfGK 10, 203 ≪207≫). Zwar kann ein solches Verfahren in Richtung einer „Ausforschung” des Gegners ausgestaltet werden (vgl. Hay, US-amerikanisches Recht, 5. Auflage 2011, S. 70), die reine Möglichkeit verstößt aber im Verfahren der Klagezustellung nicht gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung (vgl. BVerfGK 10, 203 ≪207≫; 11, 312 ≪319≫). Vor einer konkreten gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Beweisaufnahme hätte es außerdem weiterer Rechtshilfeentscheidungen deutscher Hoheitsträger bedurft, sodass sie durch die Klagezustellung nicht zugleich schutzlos einer Ausforschung ausgeliefert worden wäre (vgl. BVerfGK 10, 203 ≪207≫; 11, 312 ≪319≫). Daraus, dass die Bundesrepublik Deutschland, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, aufgrund des nach Art. 23 HBÜ erklärten Vorbehalts und der entsprechenden Regelung in § 14 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum HBÜ Rechtshilfeersuchen, die eine pre-trial discovery of documents zum Gegenstand haben, nicht erledige, was in der Praxis dazu führe, dass amerikanische Beweisaufnahmen in Deutschland nicht nach dem HBÜ, sondern – unter Verletzung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland – in direkter Anwendung des amerikanischen Beweiserhebungsrechts durchgeführt würden (vgl. von Danwitz, DÖV 2004, S. 501 ≪509≫; von Hein, RIW 2007, S. 249 ≪253 f.≫), ergibt sich nichts anderes. Ein Verweis auf die Möglichkeiten des ersuchenden Staates, das ausländische Klageverfahren gegebenenfalls ohne die erbetene Rechtshilfe durchzuführen, ist als Argument für die Verweigerung der Zustellung im Interesse des inländischen Beklagten nicht geeignet. Denn auch bei einer Verweigerung der Zustellung ist eine Verbesserung der Rechtsstellung des inländischen Beklagten nicht gewährleistet. Der inländische Beklagte ist nicht davor geschützt, vom amerikanischen Kläger dennoch in den Prozess hineingezogen zu werden, da das ausländische Verfahren nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 2 HZÜ auch ohne Nachweis der Zustellung durchgeführt werden kann (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪345≫).
(b) Die grundsätzliche Respektierungspflicht könnte ihre Grenze zwar dort erreichen, wo das Verfahren vor den ausländischen Gerichten in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt wird (vgl. BVerfGE 108, 238 ≪248≫; BVerfGK 10, 203 ≪206≫; 11, 312 ≪320 f.≫; 14, 202 ≪208≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Januar 2013 – 2 BvR 2805/12 –, juris, Rn. 13). Auch diese Frage bedarf indes vorliegend keiner Entscheidung. Ein solcher evidenter Rechtsmissbrauch ist nicht ersichtlich.
Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen können regelmäßig darin zu sehen sein, dass die erhobene Klageforderung jedenfalls in ihrer Höhe offensichtlich keine Grundlage hat (vgl. BVerfGE 108, 238 ≪248≫), dass der Beklagte mit dem angegriffenen Verhalten offensichtlich nichts zu tun hat (vgl. BVerfGK 11, 312 ≪321≫) oder dass erheblicher, auch publizistischer Druck aufgebaut wird, um den Beklagten in einen an sich ungerechtfertigten Vergleich zu zwingen (vgl. BVerfGE 108, 238 ≪248≫; BVerfGK 11, 312 ≪321≫). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht.
Es ist zunächst nicht offensichtlich, dass die Klageforderung in ihrer Höhe keine Grundlage hat. Eine konkrete Schadenshöhe wurde mit der Klageschrift (noch) nicht geltend gemacht. In einem solchen Fall kann es nicht Aufgabe der um Zustellung ersuchten deutschen Hoheitsträger sein, selbständig eine mögliche Schadenssumme zu ermitteln und diese ins Verhältnis zu dem schädigenden Ereignis oder gar der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Zustellungsempfängers zu setzen. Bei einer nicht bezifferten Schadensersatzforderung kann deshalb allein eine Evidenzkontrolle daraufhin erfolgen, ob die noch unbezifferte Klageforderung von vornherein als aus der Luft gegriffen erscheint (vgl. BVerfGK 11, 312 ≪321≫; 14, 202 ≪208≫). Das ist hier nicht der Fall. Die Kläger werfen der Beschwerdeführerin vor, Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit, namentlich zu außergerichtlichen Tötungen, Folter, willkürlichen Freiheitsberaubungen sowie zu inhumaner und erniedrigender Behandlung geleistet zu haben, die das Apartheid-Regime in Südafrika begangen habe. Sie machen zum einen geltend, die Beschwerdeführerin habe in den 1970er Jahren trotz verhängter Waffenembargos fiktive Unternehmen und falsche Ausfuhrerklärungen benutzt, um eine komplette Munitionsfabrik nach Südafrika zu exportieren, die dort von 1979 bis 1985 vollautomatisiert Munition produziert habe. Zum anderen verweisen sie darauf, die Beschwerdeführerin habe 1999 den schweizerischen Konzern Oerlikon-Contraves übernommen, der in den 1970er Jahren das schweizerische Waffenembargo mit gefälschten Endverbrauchererklärungen umgangen und Flugabwehrgeschütze und Munition nach Südafrika geliefert habe. Diese Vorwürfe entbehren nicht von vornherein jeder Substanz. Insbesondere knüpfen sie eine möglicherweise bestehende Verantwortlichkeit nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, an ein rein neutrales wirtschaftliches Verhalten.
Auch eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin als juristischer Person des Privatrechts für ein solches Verhalten erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen. Ob und in welchem Umfang multi- oder transnational agierende Unternehmen beschränkte Völkerrechtssubjektivität besitzen oder besitzen können, ist völkerrechtlich nicht abschließend geklärt (Meinungsstand bei Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/2, 2. Auflage 2002, S. 243 ff.; 257, die sich entgegen der bisher herrschenden Lehre dafür aussprechen, trans- oder multinationale Unternehmen – ähnlich wie andere beschränkte, nicht territoriale,
traditionell als Völkerrechtssubjekte anerkannte Wirkungseinheiten wie etwa den Heiligen Stuhl – als mit einer funktional beschränkten Völkerrechtssubjektivität ausgestattet anzuerkennen). Jedenfalls gibt es nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung einen Kern menschenrechtlicher Grundpflichten, namentlich das Verbot von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Genozid, Kriegsverbrechen oder Folter, die auch die einzelne natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts treffen und bei Verstößen sogar völkerrechtliche Sanktionen nach sich ziehen können (vgl. Muchlinsky, in: Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Corporations in International Law, Rn. 47; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 10. Auflage 2014, § 4 Rn. 74). Gerade auf Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Beschwerdeführerin als transnational agierendes Unternehmen berufen sich die Kläger. Dass ein solcher Verstoß auch eine zivilrechtliche Haftung auslösen kann, scheidet jedenfalls nicht von vornherein so eindeutig aus, dass bereits der Versuch, sie gerichtlich geltend zu machen, als Anhaltspunkt für einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch ausreichte.
Damit ist nichts darüber ausgesagt, ob die Vorwürfe einer in die Einzelheiten gehenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung standhalten; eine solche Prüfung kann von den deutschen Organen im Zustellungsverfahren verfassungsrechtlich aber nicht verlangt werden. Vielmehr dient erst die Zustellung dazu, eine entsprechende Überprüfung durch die US-amerikanischen Gerichte zu ermöglichen (vgl. BVerfGK 11, 312 ≪321≫). Ob die konkrete Prüfung durch die ausländischen Gerichte den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, ist eine Frage des Anerkennungsverfahrens. Zwar kann durch die Ablehnung der Urteilsanerkennung nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nur die Vollstreckung in inländisches Vermögen verhindert werden; die Vollstreckung in ausländisches Vermögen ist aber ein Vorgang, vor dem die deutsche Rechtsordnung von vornherein weder völkerrechtlich schützen kann noch verfassungsrechtlich schützen muss (vgl. BVerfGK 11, 312 ≪322≫).
Schließlich ist auch nichts über eine die Klageerhebung sowie den weiteren Fortgang des Verfahrens begleitende und von Klägerseite in Gang gebrachte Kampagne in den Medien bekannt, die dazu hätte dienen sollen, die Beschwerdeführerin gefügig zu machen und in unredlicher Weise zum Abschluss eines Vergleichs zu drängen. Die Beschwerdeführerin befürchtete zwar offenbar einen Reputationsverlust, hat aber publizistischen Druck oder ein vergleichbares Verhalten seitens der Kläger nicht vorgetragen (vgl. BVerfGK 14, 202 ≪208≫).
(3) Ferner könnte sich die Frage stellen, ob ein durch die Zustellung bewirkter Verstoß gegen das Völkerrecht geeignet ist, deutsche Hoheitsträger nach dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes zu verpflichten, gemäß dem Vorbehalt des Art. 13 Abs. 1 HZÜ die – völkerrechtswidrige – Zustellung abzulehnen. Wegen der Bindung der öffentlichen Gewalt an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Missachtung des Völkerrechts zur Verfassungswidrigkeit einer Zustellung nach dem HZÜ führen kann, obgleich das Völkerrecht selbst weder in der Form des Völkergewohnheitsrechts über Art. 25 GG noch in der Form völkerrechtlicher Verträge über Art. 59 Abs. 2 GG Verfassungsrang genießt (vgl. BVerfGK 9, 203 ≪206 f.≫). Auch diese Frage braucht vorliegend allerdings nicht geklärt zu werden.
(a) Dass bereits durch die Zustellung der Klage ein Völkerrechtsverstoß bewirkt wird, ist nicht ersichtlich. Dabei kommt es auf Bestehen und Reichweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, nach der ein Staat – jedenfalls im Bereich des Zivilrechts – ausländische Tatbestände seiner Jurisdiktion nur unterwerfen darf, soweit ein „sinnvoller Anknüpfungspunkt” (Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/1, 2. Auflage 1989, S. 324), ein genuine link, besteht, nicht an. Denn selbst wenn eine solche Regel bestünde und es im Fall der Beschwerdeführerin – trotz ihrer in den Vereinigten Staaten unterhaltenen Niederlassungen – an einem solchen Anknüpfungspunkt fehlen sollte, hat die Beschwerdeführerin weder vorgetragen, noch ist erkennbar, dass bereits mit der Zustellung von Klage und Vorladung Jurisdiktionsgewalt der Vereinigten Staaten von Amerika über den ausländischen Beklagten in Anspruch genommen wird. Die Zustellung wirkt nicht zuständigkeitsbegründend, sondern ist für die – die internationale Zuständigkeit umfassende – personal jurisdiction allenfalls notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung (vgl. Juenger/Reimann, NJW 1994, S. 3274 ≪3274≫; Koch/Diedrich, ZIP 1994, S. 1830 ≪1832≫). Dies zeigt sich vorliegend auch daran, dass sich das Bezirksgericht mit Zwischenurteil vom 8. April 2009 eine Entscheidung über die personal jurisdiction ausdrücklich vorbehalten und seine internationale Zuständigkeit schließlich im Beschluss vom 26. Dezember 2013 mangels hinreichenden Inlandsbezugs des Sachverhalts verneint hat.
(b) Die im Wege der Rechtshilfe vorgenommene Zustellung bewirkt lediglich, dass der Zustellungsempfänger Partei des US-amerikanischen Klageverfahrens wird. Dies ist der Beschwerdeführerin zumutbar (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪344 f.≫). Die Verweigerung der Rechtshilfe nach Art. 13 Abs. 1 HZÜ wäre kein milderes, gleich geeignetes Mittel zu ihrem Schutz. Zwar könnte sie die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in den US-amerikanischen Prozess verzögern, da die Kläger in diesem Fall auf alternative, nicht die Rechtshilfe der Bundesrepublik Deutschland erfordernde Zustellungsarten verwiesen würden, verhindern könnte sie sie aber nicht (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪345≫). Zudem erfolgte die Verzögerung auf Kosten der Information und damit der Verteidigungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin, der der Inhalt der Klageschrift etwa bei einer öffentlichen Zustellung voraussichtlich vorenthalten bliebe. Schließlich ist die Einbeziehung in den US-amerikanischen Prozess mittels deutscher Rechtshilfe der Beschwerdeführerin auch deshalb zuzumuten, weil ihr das amerikanische Prozessrecht Verteidigungsmöglichkeiten einräumt, ihr insbesondere ermöglicht, die fehlende internationale Zuständigkeit zu rügen (vgl. Hay, US-amerikanisches Recht, 5. Auflage 2011, S. 51) und auf eine Abweisung der Klage hinzuwirken (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪345≫).
(4) Im Hinblick auf die Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine unterbliebene Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG verletzt werden kann (vgl. etwa BVerfGE 64, 1 ≪12 f.≫; 96, 68 ≪77≫; BVerfGK 14, 524 ≪529≫). Auch die Voraussetzungen, unter denen eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG geboten ist, sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Danach ist die Vorlage geboten, wenn objektive Zweifel an der Bedeutung oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts bestehen, die völkerrechtliche Zweifelsfrage für den Ausgangsrechtsstreit entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 4, 319 ≪321≫; 15, 25 ≪30≫; 23, 288 ≪319≫; 96, 68 ≪77≫; BVerfGK 14, 524 ≪529≫) und die angegriffene Entscheidung auf der unterbliebenen Vorlage beruht (vgl. nur BVerfGE 109, 13 ≪22≫).
Zu einer weitergehenden, im verfassungsrechtlichen Sinne grundlegenden Klärung gibt das vorliegende Verfahren keinen Anlass. Ob das Oberlandesgericht, wie die Beschwerdeführerin meint, dem Bundesverfassungsgericht im konkreten Fall die Frage hätte vorlegen müssen, ob allgemeine Regeln des Völkerrechts bestehen, nach denen erstens die Inanspruchnahme jedenfalls zivilrechtlicher Jurisdiktionsgewalt wegen Verstößen gegen das Völkerrecht einen „genuine link” zum Forumstaat voraussetzt und zweitens die Verantwortlichkeit juristischer Personen des Privatrechts für Völkerrechtsverstöße ausgeschlossen ist, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr hängt die Vorlagepflicht von der Entscheidungserheblichkeit der völkerrechtlichen Zweifelsfragen im Einzelfall ab, die hier im Übrigen zu verneinen war.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Landau, Kessal-Wulf, König
Fundstellen