Verfahrensgang
Tenor
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 27. November 2000 – 2 L 101, 102/00 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückverwiesen.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Nichtberücksichtigung von Vorbringen in einem Berufungszulassungsantrag.
I.
1. a) Der 1942 geborene Beschwerdeführer war seit dem 1. August 1990 bei der Gemeinde Zinnowitz als Verwaltungsangestellter im Ordnungsamt beschäftigt. Zum 1. Oktober 1993 wurde er als sogenannter Bewährungsbewerber in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen.
b) Am 3. Juni 1994 erstellte der damalige Leiter des Hauptamtes, der zu diesem Zeitpunkt dienstunfähig erkrankt war, als Erstbeurteiler über den Beschwerdeführer eine dienstliche Beurteilung, die mit dem Gesamturteil „sehr tüchtig” endet und die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit befürwortet. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1994 verfügte der nicht als Endbeurteiler tätig gewordene Bürgermeister gegen den Beschwerdeführer ein sofort wirksames Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und kündigte die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens wegen des Verdachts der Fälschung dieser Beurteilung an. Gegen das Verbot der weiteren Führung der Dienstgeschäfte und die Suspendierung vom Dienst legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein, über den nicht entschieden wurde.
c) Am 31. Juli 1995 ordnete der Landrat des Kreises Ostvorpommern disziplinare Vorermittlungen gegen den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs einer „Falschbeurkundung”, der Anmietung eines Kaffeeautomaten für die Gemeindeverwaltung und der Beauftragung von Bauhofmitarbeitern der Gemeinde mit Müllentsorgungsarbeiten an. Diese Vorermittlungen wurden am 6. Juni 1996 eingestellt, wobei der Landrat wegen des Abschlusses des Mietvertrages und der Beauftragung der Bauhofmitarbeiter eine Missbilligung aussprach. Insoweit hob das Verwaltungsgericht Schwerin mit Beschluss vom 7. August 2001 die Einstellungsverfügung auf, weil der Landrat dem Beschwerdeführer zu Unrecht ein Dienstvergehen zur Last gelegt habe. Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wende, dass die Einstellungsverfügung den ursprünglich erhobenen Vorwurf der Urkundenfälschung nicht zutreffend ausräume, fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis; aus der Fassung der Einstellungsverfügung ergebe sich, dass bezüglich dieses Verdachtspunktes weder ein Dienstvergehen festgestellt noch offengelassen worden sei, ob der Beschwerdeführer ein Dienstvergehen begangen habe; das schriftlich festgehaltene Ermittlungsergebnis habe den entsprechenden Verdacht vollständig ausgeräumt.
d) Einer Aufforderung der Kommunalaufsicht vom 6. Januar 1995, den Beschwerdeführer wieder in den aktiven Dienst zurückzuholen, kam der Bürgermeister erst am 5. September 1995 nach und beauftragte ihn mit Sortier- und Archivierungsarbeiten. Nach Einschätzung der Aufsichtsbehörde handelte es sich hierbei um eine beamtenrechtlich unzulässige Zuweisung einer unterwertigen Beschäftigung. Erst am 13. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer als Sachbearbeiter dem Ordnungsamt zugewiesen.
e) Am 17. September 1996 beschloss die Gemeindevertretung auf Antrag des Bürgermeisters die Verlängerung der Probezeit des Beschwerdeführers um ein halbes Jahr. Der Antrag wurde mit dem „noch andauernden Disziplinarverfahren und der ca. ein Jahr währenden Abwesenheit vom Dienst” begründet.
f) Die nach der Probezeitverlängerung vorgesehene Teilnahme des Beschwerdeführers an einem sich über mehrere Monate erstreckenden sogenannten Angestelltenlehrgang des Studieninstituts für kommunale Verwaltung scheiterte an der Weigerung des Beschwerdeführers, eine Abschlussprüfung abzulegen.
g) In einer Vorlage für die Sitzung der Gemeindevertretung vom 18. März 1997 wurde im Hinblick auf den bevorstehenden Ablauf der verlängerten Probezeit ausgeführt, der zuständige Sachgebietsleiter habe die Leistungen des Beschwerdeführers mit „ausreichend” bewertet, was für eine Ernennung auf Lebenszeit genüge. Der Gemeinderat lehnte den Beschlussvorschlag gleichwohl ab. Daraufhin erhob der Beschwerdeführer Untätigkeitsklage mit dem Antrag, ihn zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.
h) Am 22. April 1997 erstellte der Sachgebietsleiter als Erstbeurteiler die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beurteilung, die den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis April 1997 erfasst. In der mit dem Gesamturteil „nicht ausreichend” abschließenden Beurteilung heißt es u.a., der Beschwerdeführer besitze nicht die den Anforderungen entsprechenden Fachkenntnisse. Durch die Erfahrungen in der kommunalen Arbeit komme er zu Arbeitsergebnissen, lasse es aber, zum Teil bedingt durch seine mangelnden Fachkenntnisse, an der notwendigen Sorgfalt fehlen. Er sei nicht in der Lage, einen rechtmäßigen Verwaltungsakt zu erlassen. Der Erstbeurteilung ist eine Zweitbeurteilung des Bürgermeisters beigefügt, der sich darin den Ausführungen des Erstbeurteilers anschließt und ergänzend auf eigenmächtiges Handeln des Beschwerdeführers und das damit verbundene Eingreifen in die Kompetenz des Bürgermeisters hinweist.
i) Ebenfalls am 22. April 1997 stimmte die Gemeindevertretung der Beurteilung zu und beschloss die Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Beamtenverhältnis wegen mangelnder Bewährung. Erst zwei Wochen später wurde die Beurteilung mit dem Beschwerdeführer besprochen, ihm in Kopie ausgehändigt und dem zuvor nicht beteiligten Personalrat zur Kenntnis gegeben, der daraufhin Einwände erhob.
j) Der Beschluss der Gemeindevertretung vom 22. April 1997 wurde vom Landrat als kommunaler Aufsichtsbehörde wegen fehlender Mitwirkung des Personalrats an der Entlassung des Beschwerdeführers beanstandet. Die Gemeindevertretung bestätigte daraufhin nach Anhörung des Personalrats am 10. Juni 1997 ihre Entscheidung.
k) Mit Bescheid vom 24. Juni 1997 wurde der Beschwerdeführer wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit zum 30. September 1997 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch wurde nicht entschieden.
2. Mit Urteilen vom 1. Februar 2000 wies das Verwaltungsgericht sowohl die gegen die dienstliche Beurteilung gerichtete als auch die auf Aufhebung der Entlassungsverfügung und Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zielende Klage des Beschwerdeführers ab.
3. a) Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die dienstliche Beurteilung betreffende Urteil stützte der Beschwerdeführer auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache, grundsätzliche Bedeutung sowie das Vorliegen von Verfahrensmängeln.
Zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit) trug der Beschwerdeführer vor, die Beurteilung sei rechtswidrig, weil sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehe, gegen allgemeine Beurteilungsgrundsätze sowie gegen das Benachteiligungsverbot verstoße, von Befangenheit der Beurteiler geprägt und unter Missachtung des Anhörungsgebots verfasst worden sei. Unter diesen Gesichtspunkten sei eine dienstliche Beurteilung gerichtlich überprüfbar. Das Verwaltungsgericht habe von dieser in der Klage erbetenen Prüfung weitgehend abgesehen.
Die Beurteilung vom 22. April 1997 sei unübersehbar von Befangenheit gegenüber dem Beschwerdeführer geprägt. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Feststellung liefere schon der Vergleich mit der Beurteilung vom 3. Juni 1994 vor dem Hintergrund des Grundsatzes, dass sich Persönlichkeit, Eignung und Leistung sowie Befähigung des Beurteilten im Normalfall kontinuierlich entwickelten. Auf Befangenheit des Beurteilers deute auch der Umstand hin, dass der Beurteiler den Beschwerdeführer in der Beschlussvorlage vom 18. März 1997 noch mit der Gesamtnote „ausreichend” beurteilt habe, ihm fünf Wochen später aber nur noch das Gesamturteil „nicht ausreichend” zuerkannt habe. Da mit dem Gesamturteil in der Beschlussvorlage erkennbar der Beschlussvorschlag „Verbeamtung” habe gestützt werden sollen, könne nicht von einer ersten und vorläufigen Einschätzung die Rede sein. Die Absenkung der Gesamtbeurteilung könne nicht darauf zurückzuführen sein, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene fehlende Fortbildungsbereitschaft erst in die Beurteilung vom 22. April 1997 eingeflossen sei. Denn bereits in der Beschlussvorlage vom 18. März 1997 sei angesprochen worden, dass der Beschwerdeführer an dem Angestelltenlehrgang nicht teilgenommen habe. Die Fortbildungsangelegenheit sei lange vor dem 18. März 1997 im Hauptausschuss der Gemeindevertretung, zwischen den Parteien und Vertretern der Gemeindevertretung vorbesprochen und in einem ausführlichen Schriftwechsel im Jahr 1996 abschließend diskutiert worden.
Auf Befangenheit der Beurteiler deute nicht zuletzt auch die „Rahmenhandlung” hin, die im Oktober 1994 eingesetzt habe und – gemessen am normalen Beamtenalltag – als ungewöhnlich zu bezeichnen sei: Durch das ungerechtfertigte Verbot der Führung der Dienstgeschäfte samt Suspendierung sei rechtswidrig in das Recht des Beschwerdeführers auf Ausübung der übertragenen Amtsbefugnisse eingegriffen worden. Erst nach elf Monaten habe der Beschwerdeführer auf Druck der Kommunalaufsicht seinen Dienst wieder aufnehmen können. Gegen den schriftlichen Widerspruch der Kommunalaufsicht sei er aber zunächst fünf Monate mit Ablagearbeiten im Archiv beschäftigt worden. Bereits im Schreiben vom 5. Oktober 1994 habe der Bürgermeister kategorisch die Übernahme des Beschwerdeführers in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit abgelehnt. Während der disziplinarischen Vorermittlungen sei dem Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 2. Januar 1995 angekündigt worden, dass ein Disziplinarverfahren gegen ihn angestrengt und er nicht in das Lebenszeitbeamtenverhältnis übernommen, sondern entlassen werde. In der Verwaltungsvorlage vom 13. September 1996 sei die Notwendigkeit einer Probezeitverlängerung mit dem noch andauernden Disziplinarverfahren und der etwa einjährigen Abwesenheit vom Dienst begründet worden. Damit sei die Gemeindevertretung getäuscht worden; denn der Beschwerdeführer sei nie einem Disziplinarverfahren ausgesetzt gewesen, vielmehr seien die Vorermittlungen bereits am 6. Juni 1996 eingestellt gewesen. Der Bürgermeister habe sich dem Beschwerdeführer gegenüber geweigert, ihm den exakten Wortlaut des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 20. August 1996 über eine weitere Anfrage bei der „Gauck-Behörde” mitzuteilen, da dies im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung beschlossen worden und nicht personenbezogen zu sehen sei; der Beschluss habe aber ausschließlich den Beschwerdeführer betroffen. Auch der vorletzte Absatz der Entlassungsverfügung belege die Voreingenommenheit des Bürgermeisters: Dort heiße es, sonstige Hinweise des Dienstherrn auf schlechte Leistungen seien entbehrlich gewesen, weil der Dienstherr davon habe ausgehen müssen, dass derartige Hinweise ebenso ablehnend behandelt werden würden, und der Beschwerdeführer im Übrigen durch sein fehlendes Grundwissen nicht in der Lage sei, Hinweise des Dienstvorgesetzten umzusetzen.
Das Verwaltungsgericht sei dem Kern der Probleme des Rechtsstreits – der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Beurteilung vom 22. April 1997 bei deutlichen Anhaltspunkten für Befangenheit der Beurteiler – nicht nahegekommen.
b) Auch den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Entlassung betreffende Urteil stützte der Beschwerdeführer in erster Linie auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Aus der Beurteilung vom 3. Juni 1994 und der die Ernennung auf Lebenszeit befürwortenden Verwaltungsvorlage vom 18. März 1997 an die Gemeindevertretung ergebe sich, dass der Beschwerdeführer sich in der Probezeit bewährt habe. Dies dürfe nicht auf der Grundlage der rechtswidrigen Beurteilung vom 22. April 1997 verneint werden.
4. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. November 2000 lehnte das Oberverwaltungsgericht die Anträge auf Zulassung der Berufung ab.
a) Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen bestünden nicht. Zur Frage einer Befangenheit des Beurteilers heißt es, hierauf könne nicht schon deshalb geschlossen werden, weil die angefochtene Beurteilung eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der Beurteilung vom 3. Juni 1994 darstelle. Schwankungen im Eignungs- und Leistungsbild seien erfahrungsgemäß jederzeit möglich und gäben für sich allein objektiv keinen begründeten Anlass zu der Annahme, die schlechtere Beurteilung sei Ausdruck einer Befangenheit.
b) Die Rechtssache weise auch nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Vorliegend sei der Streit zwar umfangreich und setze sich aus einer Vielzahl von Einzelpunkten zusammen, die jedoch einer weiteren Aufklärung nicht bedürften. Auch besondere rechtliche Schwierigkeiten lägen nicht vor. In der Rechtsprechung bisher nicht behandelte streitige Problemstellungen zeige der Zulassungsantrag nicht auf.
c) Hinsichtlich der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels genüge der Zulassungsantrag schon nicht den Darlegungserfordernissen.
II.
1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 2, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3, 33 Abs. 5 und 103 Abs. 1 GG.
Den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG habe das Oberverwaltungsgericht verletzt, indem es wesentliches Vorbringen aus den Berufungszulassungsanträgen nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen habe: Auf die geltend gemachte Befangenheit der Beurteiler sei das Oberverwaltungsgericht nur mit der Nebenbemerkung eingegangen, auf eine Befangenheit könne nicht schon deswegen geschlossen werden, weil die angefochtene Beurteilung eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der Beurteilung vom 3. Juni 1994 aufweise. Darin habe der Beschwerdeführer aber keinen Grund für den Einwand der Befangenheit gesehen. Vielmehr habe er die Befangenheit des Erst- und des Zweitbeurteilers gänzlich anders begründet. Die dazu angeführten Gesichtspunkte habe das Oberverwaltungsgericht völlig übersehen und bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht erwogen, obwohl es sich dabei um entscheidungserheblichen Sachvortrag gehandelt habe, der für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht gewesen sei. So sei das Oberverwaltungsgericht nicht auf die dienstliche Vorgeschichte des Beschwerdeführers („Rahmenhandlung”), die zeitlichen Zusammenhänge zwischen der dienstlichen Beurteilung vom 22. April 1997, der Verwaltungsvorlage vom 18. März 1997 und der Einreichung der Klage auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit am 8. April 1997, das Übergehen des Beschwerdeführers und des Personalrats und die Herabsetzung des Beschwerdeführers im Entlassungsbescheid vom 24. Juni 1997 eingegangen. Die im fachgerichtlichen Verfahren im Einzelnen geschilderten Vorkommnisse seien in den Beurteilungszeitraum gefallen und für die dienstliche Beurteilung von Bedeutung gewesen, weil sie dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen hätten, sich auf einem amtsgemäßen Dienstposten zu bewähren und fortbilden zu lassen und weil sie zur Begründung der Probezeitverlängerung herangezogen worden seien. Das Oberverwaltungsgericht habe diese Zusammenhänge, auf denen die rechtsfehlerhafte Beurteilung wesentlich beruht habe, nicht gesehen und sich nicht damit auseinandergesetzt.
2. Den gemäß § 94 BVerfGG Äußerungsberechtigten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Gemeinde Ostseebad Zinnowitz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Insbesondere sei die geltend gemachte Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht gegeben, da das Oberverwaltungsgericht sich mit einer möglichen Befangenheit der Beurteiler auseinandergesetzt und dies zum Gegenstand der Erwägungen gemacht habe.
Entscheidungsgründe
B.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist, soweit die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch das Oberverwaltungsgericht gerügt wird, stattzugeben. Insoweit ist sie zulässig und – in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer begründenden Weise – auch offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
I.
Der angegriffene Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör fordert, dass das erkennende Gericht die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (vgl. BVerfGE 83, 24 ≪35≫; 96, 205 ≪216≫; stRspr). Maßgebend für diese Pflichten des Gerichts ist der Gedanke, dass der Verfahrensbeteiligte Gelegenheit haben muss, durch einen sachlich fundierten Vortrag die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (vgl. BVerfGE 94, 166 ≪207≫). Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (vgl. BVerfGE 70, 215 ≪218≫). Es ist als Regel davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegen genommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb nur dann feststellen, dass ein Gericht seine Pflicht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, verletzt hat, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergibt (vgl. BVerfGE 96, 205 ≪217≫; stRspr).
Die Bescheidungspflicht ist namentlich bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen begrenzt (vgl. BVerfGE 65, 293 ≪295≫). Geht das Gericht allerdings auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 86, 133 ≪146≫; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 16. November 2001 – 1 B 211.01 –, InfAuslR 2002, S. 150).
2. a) Hieran gemessen hat das Oberverwaltungsgericht gegen die Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung dadurch verstoßen, dass es die in den Berufungszulassungsanträgen unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Urteile ausführlich und unter Anführung einer Vielzahl von Ansatzpunkten geltend gemachte Befangenheit des Beurteilers nur unter einem unwesentlichen Teilaspekt gewürdigt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, auf eine Befangenheit des Beurteilers könne nicht schon deshalb geschlossen werden, weil die angefochtene Beurteilung eine erhebliche Verschlechterung der Beurteilung vom 3. Juni 1994 darstelle. Der Beschwerdeführer hatte demgegenüber in den Zulassungsanträgen Anhaltspunkte für die Voreingenommenheit der Beurteiler insbesondere in der dienstlichen Vorgeschichte („Rahmenhandlung”), den zeitlichen Zusammenhängen zwischen der dienstlichen Beurteilung vom 22. April 1997, der Verwaltungsvorlage vom 18. März 1997 und der Einreichung der Klage auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit am 8. April 1997, der Übergehung des Beschwerdeführers und des Personalrats sowie der Herabsetzung des Beschwerdeführers im Entlassungsbescheid vom 24. Juni 1997 erblickt und dies ausführlich dargelegt.
b) Dieses Vorbringen war geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Urteile zu wecken. Die Voreingenommenheit eines Beurteilers unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Dem Dienstherrn steht bei der dienstlichen Beurteilung zwar eine sogenannte Beurteilungsermächtigung zu. In Anbetracht dessen hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften oder Regeln verstoßen, den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwGE 60, 245 ≪246≫; stRspr). Die Beurteilung durch einen voreingenommenen Vorgesetzten stellt einen Verfahrensfehler dar (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, Rn. 478). Eine dienstliche Beurteilung ist aufzuheben, wenn der Dienstherr gegen seine selbstverständliche Pflicht verstoßen hat, den Beamten gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1987, NVwZ 1988, S. 66; BVerwGE 106, 318 ≪319≫ m.w.N.; stRspr). Die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht des zu beurteilenden Beamten genügt insoweit allerdings nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Die Feststellung einer tatsächlichen Voreingenommenheit des Beurteilers kann sich aus der Beurteilung selbst, aber auch aus seinem Verhalten in Angelegenheiten des zu beurteilenden Beamten oder diesem gegenüber während des Beurteilungszeitraums und des Beurteilungsverfahrens ergeben (vgl. BVerwGE 106, 318 ≪320≫).
Hiervon ausgehend war das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den ihn betreffenden Vorkommnissen in seiner Dienststelle während des Beurteilungszeitraums, insbesondere zu den gegen ihn ergriffenen, von der Kommunalaufsicht bzw. vom Verwaltungsgericht beanstandeten und erst verzögert rückgängig gemachten Maßnahmen für die Frage einer Befangenheit des Beurteilers entscheidungserheblich und hätte vom Oberverwaltungsgericht in Erwägung gezogen werden müssen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Oberverwaltungsgericht diese Ausführungen zwar erwogen, aber von seinem Rechtsstandpunkt als nicht entscheidungserheblich beurteilt haben könnte. Aus dem Fehlen einer Würdigung des Vortrags des Beschwerdeführers ist danach zu schließen, dass das Gericht das Vorbringen nicht in Erwägung gezogen hat.
Eine solche Schlussfolgerung scheidet hier nicht deshalb aus, weil an die Begründung einer letztinstanzlichen Entscheidung geringere Anforderungen zu stellen wären. Zwar kann das Oberverwaltungsgericht nach § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO a.F. unter den dort genannten Voraussetzungen von einer Begründung seines Beschlusses absehen. Es hat von dieser Möglichkeit hier aber keinen Gebrauch gemacht. Es ist lediglich auf einen untergeordneten Teilaspekt, nicht aber auf den Kern des nach Auffassung des Beschwerdeführers die Befangenheit begründenden Vorbringens eingegangen.
c) Die Entscheidung beruht auch auf dem Gehörsverstoß. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Oberverwaltungsgericht bei Erwägung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe zu einer diesem günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
II.
1. Wegen des festgestellten Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist der angegriffene Beschluss aufzuheben, ohne dass es einer Entscheidung über die weiteren Grundrechtsrügen bedarf. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde sich auch gegen die dienstliche Beurteilung vom 22. April 1997 und die Entlassungsverfügung vom 24. Juni 1997 richtet, kommt dem in diesem Verfahren keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 102, 370 ≪399≫).
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Di Fabio, Lübbe-Wolff
Fundstellen
Haufe-Index 841133 |
NJW 2003, 421 |
NVwZ-RR 2002, 802 |
ZBR 2003, 31 |