Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzung des Rechtspflegers
Beteiligte
Rechtsanwälte Hans-Joachim Kühnel und Koll. |
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Zwischenurteil vom 20.10.2000; Aktenzeichen 14 W 112/00) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen oberlandesgerichtlichen Beschluss, durch den der vom Oberlandesgericht als sofortige Beschwerde angesehene Rechtsbehelf der Beschwerdeführerin gegen eine Kostenfestsetzung des Rechtspflegers als unzulässig verworfen wurde, weil der Streitwert unter 100 DM lag. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu, weil die für ihre Beurteilung maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden ist (vgl. BVerfGE 101, 397 ≪407≫). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von Verfassungsrechten der Beschwerdeführerin angezeigt.
Allerdings ist die angegriffene Entscheidung verfassungsrechtlich bedenklich. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass der Beschwerdeführerin der Weg der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers nach § 11 Abs. 2 RPflG versperrt sei, weil nach § 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 ZPO die sofortige Beschwerde zulässig sei. Dabei hat es jedoch unberücksichtigt gelassen, dass nach § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde in Fällen der vorliegenden Art einen Wert des Beschwerdegegenstandes von über 100 DM voraussetzt. Da dieser Betrag bei einem Beschwerdewert von gut 87 DM im Fall der Beschwerdeführerin nicht erreicht war, hat die Auffassung des Oberlandesgerichts zur Folge, dass der Beschwerdeführerin im Ergebnis jede Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers verwehrt wurde. Das steht mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht im Einklang (vgl. BVerfGE 101, 397 ≪407≫).
Dieses Ergebnis beruht nicht auf der vom Oberlandesgericht angewandten gesetzlichen Regelung, sondern allein auf deren Auslegung durch das genannte Gericht. Soweit ersichtlich, entspricht es allgemeiner Auffassung, dass dann, wenn der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO in einer Entscheidung des Rechtspflegers nicht erreicht wird und deshalb ein Rechtsmittel nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 RPflG zulässig ist, dem Beschwerten die Möglichkeit der Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zur Verfügung steht, über die nach Maßgabe der Sätze 3 und 4 dieser Vorschrift das Gericht des Rechtspflegers entscheidet, wenn dieser ihr nicht abhilft (vgl. Rellermeyer, Rpfleger 1998, S. 309 ≪310≫; Hansens, Rpfleger 1999, S. 105 f.; Herbst, in: Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 8. Aufl. 1999, § 11 RPflG Rn. 12, 22, 27; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. 2001, § 104 Rn. 92; Herget, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 104 Rn. 9 ff., insbes. Rn. 15, 21 Stichwort „Beschwer” a.E.; vgl. auch BayObLG, AnwBl 1999, S. 354 f.; OLG München, Rpfleger 1999, S. 16 ≪17≫). Das trägt Art. 19 Abs. 4 GG hinreichend Rechnung und berücksichtigt auch, dass der Gesetzgeber bei der Änderung des Rechtspflegergesetzes durch das Gesetz vom 6. August 1998 (BGBl I S. 2030) den Rechtsbehelf der Erinnerung für die Fälle, in denen Entscheidungen des Rechtspflegers nach den allgemeinen Regeln des Verfahrensrechts nicht anfechtbar sind, gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen beibehalten hat (vgl. BTDrucks 13/10244, S. 7).
Das Oberlandesgericht hat diese Zusammenhänge bei Anwendung des neu geschaffenen Rechts offenbar versehentlich verkannt. Eine Grundrechtsverletzung von besonderem Gewicht (vgl. dazu und zum Folgenden BVerfGE 90, 22 ≪25≫) kann darin nicht gesehen werden. Anhaltspunkte dafür, dass einer der Beispielsfälle gegeben sein könnte, in denen die Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonderes Gewicht hat, sind nicht ersichtlich. Schließlich liegt auf der Hand, dass eine Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht wegen existentieller Bedeutung der geltend gemachten Verfassungsverletzung angezeigt ist. Bei einem Beschwerdewert von gut 87 DM kann von einer solchen Bedeutung nicht ausgegangen werden.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 565274 |
FamRZ 2001, 828 |
NJW-RR 2001, 1077 |
AGS 2002, 185 |