Nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben ist die in Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG enthaltene Beschränkung der Klagefrist für wasserrechtliche Entschädigungsansprüche verfassungsrechtlich unbedenklich. Die einjährige Klagefrist ist grundsätzlich geeignet, zu einer zügigen Abwicklung der Entschädigungsverfahren beizutragen. Sie erscheint im Regelfall angemessen und den Betroffenen zumutbar. Hingegen führt die Auslegung und Anwendung des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG durch das Bayerische Oberste Landesgericht zu einer unzumutbaren Erschwerung der Rechtsverfolgung.
a) Die Interpretation des Bayerischen Obersten Landesgerichts erschwert den Betroffenen die Rechtsverfolgung erheblich. Sie zwingt die von einer wasserrechtlichen Maßnahme betroffenen Grundstückseigentümer dazu, schon vor Abschluß des gegen den Eingriff gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Primärrechtsschutz) über die Erhebung der Entschädigungsklage (Sekundärrechtsschutz) zu entscheiden. Der Eigentümer muß sich damit zu einem Zeitpunkt über die Erhebung der Entschädigungsklage schlüssig werden, in dem weder über die Wirksamkeit der Schutzverordnung noch über die Möglichkeit der Ausnahmeerteilung entschieden ist, in dem also das Vorliegen, der Umfang und die Rechtmäßigkeit des Eigentumseingriffs nicht geklärt sind. Obwohl der Grundstückseigentümer damit wesentliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs nicht beurteilen kann, wird ihm abverlangt, zur Wahrung seiner Rechte gleichsam auf Verdacht Entschädigungsklage zu erheben und die erforderlichen Kostenvorschüsse aufzubringen.
Zugleich zwingt ihn diese Rechtsprechung zu widersprüchlichem Verhalten. Einerseits kann der Grundeigentümer die Entschädigungsklage nur gewinnen, wenn er die zu Gebote stehenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfe ergriffen hat, um den drohenden Eigentumseingriff abzuwehren oder möglichst gering zu halten (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪324≫; BayObLGZ 1989, 57 ≪64 f.≫). Andererseits entzieht er gerade durch eine erfolgreiche Anfechtung des Eigentumseingriffs seiner zeitgleich anhängig gemachten Entschädigungsklage den Boden. Er läuft damit Gefahr, wegen erfolgreicher Durchschreitung des Primärrechtsschutzverfahrens die Kosten der Entschädigungsklage zu tragen. Dadurch wird der Rechtsuchende mit erheblichen Entscheidungsschwierigkeiten, Finanzierungspflichten und Prozeßrisiken belastet.
b) Diese Erschwerung der Rechtsverfolgung ist aus Sachgründen nicht gerechtfertigt und dem Grundeigentümer nicht zumutbar. Das Bayerische Oberste Landesgericht weist zwar mit Recht darauf hin, daß es der Zweck des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG ist, die mit einer wasserrechtlichen Maßnahme verbundenen Entschädigungsfälle möglichst schnell abzuwickeln und den zur Entschädigung verpflichteten Hoheitsträgern sobald wie möglich Sicherheit darüber zu verschaffen, ob und in welcher Höhe Entschädigungsansprüche bestehen. Für die Erreichung dieser Ziele ist es aber nicht erforderlich, den Grundeigentümer schon vor Abschluß des Primärrechtsschutzes zur Erhebung einer Entschädigungsklage zu veranlassen.
Durch eine solche frühzeitige Klageerhebung tritt keine erhebliche Beschleunigung der Entschädigungsverfahren ein. Denn die Zivilgerichte können vor Abschluß des Primärrechtsschutzes ohnehin nicht über die Entschädigungsklage entscheiden, sondern müssen den Ausgang der vorgreiflichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren abwarten. Wird die gegen den Eigentumseingriff gerichtete Klage abgewiesen, müssen die Zivilgerichte den Parteien im Anschluß an das verwaltungsgerichtliche Verfahren häufig eine angemessene Frist für Verhandlungen über die Entschädigung einräumen. Die frühzeitige Klageerhebung bringt damit letztlich keinen nennenswerten zeitlichen Gewinn.
Durch die vorsorgliche Erhebung entschädigungsrechtlicher Feststellungsklagen erhalten die entschädigungspflichtigen Hoheitsträger auch keinen für eine Finanzierungsplanung verwertbaren Überblick über die Zahl und die Höhe der mit der wasserrechtlichen Maßnahme verbundenen Entschädigungsforderungen. Denn die Höhe der für den Staat zu erwartenden Zahlungspflichten ist aus solchen Feststellungsklagen nicht ersichtlich. Solange über das “Ob” und “Wie” des Eigentumseingriffs nicht entschieden ist, ist eine gesicherte Schätzung der Entschädigungskosten nicht möglich.
Vielmehr erhalten die entschädigungspflichtigen Hoheitsträger lediglich Aufschluß über den Kreis der möglichen Anspruchsberechtigten, der wie bei der Einhaltung einer Anmeldefrist abschließend bestimmt wird. Für eine derartige Bestimmung des Kreises der Anspruchsberechtigten ist aber die vom Bayerischen Obersten Landesgericht vorgesehene Erhebung der Entschädigungsklage während des Laufs eines Primärrechtsschutzverfahrens nicht erforderlich. Vielmehr ist eine Interpretation des Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayWG möglich, nach der die einjährige Klagefrist für die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche durch die Erhebung von Rechtsbehelfen des Primärrechtsschutzes gehemmt oder unterbrochen wird (vgl. BGHZ 95, 238 ≪242 ff.≫; 97, 97 ≪110 f.≫). Auch in diesem Fall kann die entschädigungspflichtige Behörde am Ende des auf das Inkrafttreten der wasserrechtlichen Schutzgebietsverordnung folgenden Jahres den Kreis der möglichen Entschädigungsberechtigten bestimmen. Denn dazu zählen alle Grundstückseigentümer, die eine Ausnahmeerteilung beantragt, die Verordnung mit einem Normenkontrollantrag angefochten oder sonstige Primärrechtsschutzbehelfe ergriffen und sich damit das Recht zur späteren Geltendmachung von Entschädigungsforderungen bewahrt haben.
Steht damit eine das öffentliche Interesse gleichermaßen befriedigende, das Privateigentum aber schonendere Auslegungsalternative zur Verfügung, ist es nicht gerechtfertigt, die betroffenen Grundeigentümer bereits während des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzverfahrens zur Erhebung der zivilrechtlichen Entschädigungsklage zu veranlassen. Den betroffenen Grundeigentümern ist die parallele Prozeßführung aufgrund der damit verbundenen Belastungen und Risiken nicht zumutbar.