Verfahrensgang

BSG (Urteil vom 20.03.1997; Aktenzeichen 3 RK 22/96)

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 22.08.1996; Aktenzeichen L 16 Kr 92/95)

SG Köln (Urteil vom 06.03.1995; Aktenzeichen S 19 Kr 179/94)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren wendet sich die Beschwerdeführerin ein eingetragener Verein, der sich satzungsgemäß mit der Pflege und Förderung des Kölner Karnevalsbrauchtums beschäftigt – gegen ihre Heranziehung zur Künstlersozialabgabe.

  • Die der Heranziehung zugrunde liegende Vorschrift des § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) bestimmt den Kreis der Personen, die zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet sind. Die einschlägigen Bestimmungen lauten in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1988 BGBl I S. 2606 – im folgenden: KSVG 1988 –.

    § 24

    (1) Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt:

    1. …

    2. …

    3. Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten,

    4. bis 9. …

    Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet. …

    (2) …

    (3) …

    Zur Begründung der Änderung ist ausgeführt (BTDrs 11/2964, S. 18)

    Die bisherige Nummer 2 ist als Nummer 3 neu gefasst und aus Gründen der Gleichbehandlung um eine Generalklausel erweitert worden, um neben den abgabepflichtigen Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen weitere vergleichbare Unternehmen zu erfassen, die künstlerische Werke aufführen oder künstlerische Leistungen darbieten.

    Durch Art. 11 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1461 im folgenden: KSVG 1996) erfuhr § 24 KSVG 1988, soweit er hier entscheidungserheblich ist, folgende zum 1. Januar 1997 in Kraft tretende Änderung:

    1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:

    a) Satz 1 Nr. 2 wird wie folgt gefasst:

    “2. …

    b) In Satz 1 Nr. 3 werden die Wörter “deren Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten” durch die Wörter “deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen,” ersetzt.

    c) …

    2. Dem Absatz 2 wird angefügt:

    “Eine nicht nur gelegentliche Erteilung von Aufträgen im Sinne des Satzes 1 liegt nicht bereits dann vor, wenn in einem Kalenderjahr lediglich zwei Veranstaltungen durchgeführt werden, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden”.

  • In den Jahren 1989 bis 1996 führte die Beschwerdeführerin jeweils vier Karnevalveranstaltungen durch. Der Honoraretat für die Auftritte bei diesen Veranstaltungen betrug jährlich ca. 30.000 DM.

    Mit Bescheid vom 17. März 1994 stellte die Künstlersozialkasse (KSK) die Künstlersozialabgabepflicht der Beschwerdeführerin nach S 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1988 fest. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 27. Oktober 1994 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 5. Dezember 1994 setzte die Künstlersozialkasse die Künstlersozialabgabe der Beschwerdeführerin für 1989 zunächst aufgrund einer Schätzung auf 9.180 DM fest. Mit Änderungsbescheid ermäßigte sie diesen Betrag auf 1.722 DM. Für die Folgejahre wurden folgende Beiträge erhoben:

    1990:

    1.469,59 DM

    1991:

    935,85 DM

    1992:

    226,78 DM

    1993:

    621,79 DM

    1994:

    31,65 DM

    1995:

    30,60 DM

    1996:

    503,10 DM

    Die gegen den Feststellungsbescheid und die Abgabenbescheide gerichteten Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht wies die Revision mit Urteil vom 20. März 1997 zurück. Zur Begründung führte es unter anderem aus:

    Die Beschwerdeführerin unterliege als sonstiges Unternehmen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1988 bis 31. Dezember 1996 und danach als Unternehmer im Sinne des § 24 Abs. 2 KSVG 1996 der Künstlersozialabgabepflicht. Unerheblich sei nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts insbesondere, daß die Beschwerdeführerin als gemeinnütziger Verein ohne Gewinnerzielungsabsicht handele. Einer derartigen Interpretation des § 24 KSVG 1988 stehe auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Künstlersozialversicherung (BVerfGE 75, 108 ≪160 ff.≫ nicht entgegen. Der dort verwendete Begriff des “professionellen Kunstvermarkters” schließe die Einbeziehung von Kunstvermarktern, die ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeiteten, nicht aus. “Professionell” bedeute in diesem Zusammenhang lediglich, daß die Kunstvermarktung nachhaltig geschehe. Mit vier jährlich durchgeführten Karnevalsveranstaltungen betätige sich die Beschwerdeführerin aber nachhaltig. Die Zahl der Veranstaltungen rechtfertige auch die Heranziehung zur Künstlersozialabgabepflicht nach § 24 Abs. 2 KSVG 1996 mit Wirkung ab 1 Januar 1997.

  • Mit ihrer zulässigen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die sie beschwerenden Bescheide der KSK sowie gegen die diese Bescheide bestätigenden Entscheidungen der Sozialgerichte. Sie ist der Ansicht, die genannten Bescheide und Entscheidungen verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zur Begründung führt sie unter anderem aus, sie sei erst seit der Erweiterung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1988 abgabepflichtig geworden. Mit dieser Erweiterung habe der Gesetzgeber jedoch die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Künstlersozialversicherungsabgabe (BVerfGE 75, 108 ff.) gezogenen Grenzen für die Reichweite der Künstlersozialabgabepflicht überschritten und auch nicht professionelle Vermarkter von künstlerischer Arbeit der Beitragspflicht unterworfen.
 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

  • Dem Verfahren kommt grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) nicht zu, da die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits vom Bundesverfassungsgericht geklärt worden sind (vgl. BVerfGE 75, 108 ff.).
  • Auch ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), da Rechte der Beschwerdeführerin im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG nicht verletzt sind. Insbesondere verstieß die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1988 nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit sie auch sonstige Unternehmen wie die Beschwerdeführerin erfasste, deren Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten. Die Auslegung dieser Vorschrift durch das Bundessozialgericht stellt nicht in Frage, daß nach wie vor nur professionelle Kunstvermarkter im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 75, 108 ≪160 f.≫) der Beitragspflicht zur Künstlersozialversicherung unterworfen werden und der Kreis der Beitragspflichtigen damit sachgerecht abgegrenzt bleibt (vgl. BVerfG, a.a.0.). Im übrigen ist die Beschwerdeführerin durch die Heranziehung zu Beiträgen für die Jahre 1989 bis 1996 nicht existentiell betroffen. Auch aus diesem Grund kommt eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht in Betracht.
  • Zu einer weitergehenden verfassungsrechtlichen Prüfung insbesondere des angegriffenen Urteils des Bundessozialgerichts besteht im vorliegenden Verfassungsbeschwerde-Verfahren kein Anlass, da Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens in den insoweit maßgeblichen Tatsacheninstanzen nur die auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG 1988 für den Zeitraum von 1990 bis 1996 ergangenen Feststellungsund Heranziehungsbescheide waren. Deshalb ist hier auch nicht darüber zu befinden, ob die Auslegung der Vorschrift des § 24 Abs. 2 KSVG 1996 durch das Bundessozialgericht im Hinblick auf die im selben Änderungsgesetz erfolgte Neufassung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (vgl. zur Begründung BTDrucks 13/5108, S. 17) verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde.

    Im übrigen wird von einer Begründung nach § 93d Abs. 1 Satz 1 BVerfGG abgesehen.

    Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Kühling, Jaeger, Steiner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1276137

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