Verfahrensgang
BPatG (Beschluss vom 23.05.2008; Aktenzeichen 33 W (pat) 154/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) und des Bundespatentgerichts, mit denen der Beschwerdeführerin, einer regional schwerpunktmäßig im Rheinland tätigen Innungskrankenkasse, die Anmeldung der Wortmarke „IKK Nordrhein-Westfalen” versagt wurde.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG).
1. Die Beschwerdeführerin als juristische Person des öffentlichen Rechts ist hinsichtlich der von ihr als verletzt gerügten Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde nicht befugt (Art. 19 Abs. 3 GG).
a) Für öffentlichrechtliche Körperschaften im Allgemeinen und Sozialversicherungsträger und gesetzliche Krankenkassen im Besonderen gelten die Grundrechte gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht. Denn die Grundrechte sind ihrem Wesen nach nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar, soweit letztere öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Die Grundrechtsberechtigung hängt namentlich von der Funktion ab, in der die juristische Person des öffentlichen Rechts von dem beanstandeten Akt der öffentlichen Gewalt betroffen wird. Besteht diese Funktion in der Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener und geregelter öffentlicher Aufgaben, so kann eine juristische Person sich insoweit nicht auf Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 39, 302 ≪312 ff.≫; 68, 193 ≪205 ff.≫; 70, 1 ≪15≫; 75, 192 ≪196 f.≫). Dies gilt auch für die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfGE 39, 302 ≪316≫). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen ist für solche juristische Personen des öffentlichen Rechts zu machen, die von den ihnen durch die Rechtsordnung übertragenen Aufgaben her unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind (vgl. BVerfGE 75, 192 ≪196 f.≫).
b) Die Beschwerdeführerin ist nicht grundrechtsfähig. Sie wird von den angegriffenen Beschlüssen des DPMA und des Bundespatentgerichts in ihrer Funktion als Trägerin öffentlicher, vom Staat durch Gesetz übertragener und geregelter Aufgaben betroffen.
Der Schutz in Fällen von Krankheit ist in der sozialstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes eine der Grundaufgaben des Staats. Ihr ist der Gesetzgeber nachgekommen, indem er durch Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung als öffentlichrechtlicher Pflichtversicherung für den Krankenschutz eines Großteils der Bevölkerung Sorge getragen und die Art und Weise der Durchführung dieses Schutzes geregelt hat (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪209≫). Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Krankenkassen besteht im Vollzug einer zwecks Erfüllung dieser staatlichen Grundaufgabe geschaffenen detaillierten Sozialgesetzgebung (vgl. BVerfGE 39, 302 ≪313≫). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Einführung wettbewerblicher Elemente in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 173 SGB V) an der Funktion der Krankenkassen als Träger öffentlicher Verwaltung etwas mit der Folge geändert haben sollte, dass nunmehr die Zuerkennung einer (partiellen) Grundrechtsfähigkeit der Krankenkassen zu erwägen wäre. Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Krankenkassen besteht nach wie vor darin, als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung öffentlichrechtlich geregelten Krankenversicherungsschutz für die Versicherten zu gewähren (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Juni 2004 – 2 BvR 1248/03 u.a. –, NVwZ 2005, S. 572 ≪573≫). Der Umstand, dass die gesetzlichen Krankenkassen nach § 4 Abs. 1 SGB V rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Juristische Personen sind einem grundrechtlich geschützten Lebensbereich nicht schon deshalb zugeordnet, weil ihnen Selbstverwaltungsrechte zustehen (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪103≫).
2. Soweit hinsichtlich der ebenfalls behaupteten Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG die Beschwerdeführerin als Grundrechtsträgerin in Betracht kommt (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪104≫ m.w.N.), hat sie eine Rechtsverletzung nicht substantiiert behauptet (§§ 23, 92 BVerfGG).
Die Entscheidung eines Gerichts, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, kann zwar gegen die Gewährleistung des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter verstoßen. Voraussetzung hierfür wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch das Vorliegen von Willkür; die bloß einfachrechtlich fehlerhafte Handhabung der Zulassungsvorschriften genügte nicht (vgl. BVerfGE 67, 90 ≪95≫; 87, 282 ≪284 f.≫; BVerfGK 2, 202 ≪204≫). Willkürlich ist ein Richterspruch nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 ≪7≫; 80, 48 ≪51≫; stRspr). Dass dies bei den angegriffenen Entscheidungen der Fall wäre, ist nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen