Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts über den Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum an Grundstücken im Rahmen der Restitution an Opfer der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG).
I.
Die Beschwerdeführerin ist eine Tochtergesellschaft der B. GmbH. Ihr Geschäftszweck ist im Wesentlichen die Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche der Gewerkschaften, deren Funktionsvorgängern, den so genannten Weimarer Gewerkschaften, die Nationalsozialisten ihr wohnungswirtschaftliches Vermögen entzogen hatten. Sie machte im Ausgangsverfahren aus abgetretenem Recht Restitutionsansprüche an ehemals zum Vermögen der Gemeinnützigen Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH) gehörenden Grundstücken geltend. Die Beschwerdeführerin begehrte insoweit im Wege des so genannten Durchgriffs auf „weggeschwommene Vermögenswerte” nach § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG in Höhe der entzogenen Beteiligung an der GAGFAH die Einräumung von Bruchteilseigentum an Grundstücken, welche erst nach der Entziehung der Unternehmensbeteiligung von dem Unternehmen angeschafft worden waren und die inzwischen nicht mehr zu seinem Vermögen gehören, weil sie nach 1945 in der damals sowjetisch besetzten Zone besatzungshoheitlich in Volkseigentum überführt worden waren. Im Zentrum des Ausgangsverfahrens standen die Fragen, ob die Grundstücke nach der verfolgungsbedingten Schädigung „mit Mitteln des Unternehmens” erworben worden waren, ob die dahingehende gesetzliche Vermutung (§ 3 Abs. 1 Satz 6 VermG) als widerlegt anzusehen sei und welchen Einfluss die nach der Schädigung, aber vor dem Erwerb der Grundstücke erfolgten Erhöhungen des Grundkapitals der GAGFAH auf die Annahme eines Erwerbs mit „Mitteln des Unternehmens” hat.
1. Das Vermögensgesetz ist entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben (§ 1 Abs. 6 VermG). Für den Bereich der Unternehmensrestitution enthält es insoweit in § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG die folgenden besonderen Regelungen:
4Gehören Vermögensgegenstände, die mit einem nach § 1 Abs. 6 in Verbindung mit § 6 zurückzugebenden oder einem nach diesem oder einem anderen nach dem 8. Mai 1945 ergangenen Gesetz bereits zurückgegebenen Unternehmen entzogen oder von ihm später angeschafft worden sind, aus irgendwelchen Gründen nicht mehr zum Vermögen des Unternehmens, so kann der Berechtigte verlangen, dass ihm an diesen Gegenständen im Wege der Einzelrestitution in Höhe der ihm entzogenen Beteiligung Bruchteilseigentum eingeräumt wird; dieser Anspruch besteht auch, wenn eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einem Unternehmen Gegenstand der Schädigung nach § 1 Abs. 6 ist und das Unternehmen zum Zeitpunkt der Schädigung nicht von Maßnahmen nach § 1 betroffen war; in Fällen der mittelbaren Beteiligung gilt dies nur, wenn das Beteiligungsunternehmen jeweils mehr als den fünften Teil der Anteile, auf deren Berechnung § 16 Abs. 2 und 4 des Aktiengesetzes anzuwenden ist, am gezeichneten Kapital eines Unternehmens besaß; als Zeitpunkt der Schädigung gilt der Zeitpunkt der Entziehung des Unternehmens oder der Beteiligung. 5Berechtigter im Sinne des Satzes 4 ist der geschädigte Gesellschafter und nicht das in § 6 Abs. 1a bezeichnete Unternehmen. 6Es wird vermutet, dass Gegenstände, die von einem dieser Unternehmen bis zum 8. Mai 1945 angeschafft worden sind, mit Mitteln des Unternehmens erworben wurden.
2. Am 1. Januar 1933 betrug das Grundkapital der GAGFAH 6 Mio. Reichsmark (RM). Hiervon hielten Gewerkschaften oder ihnen angegliederte Organisationen Aktien im Nennwert von 5.742.300 RM; das entsprach einer Beteiligung von ca. 95,7 Prozent.
Nach Beginn der NS-Herrschaft wurden im Zuge der so genannten „Gleichschaltung” die Weimarer Gewerkschaften aufgelöst und ihr Vermögen der Deutschen Arbeitsfront (DAF) zugewiesen. Im Herbst 1935 veräußerte die DAF die ehemaligen Gewerkschaftsanteile an der GAGFAH über die Thüringische Staatsbank als Treuhänderin an die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA); zugleich wurde der Sitz der Gesellschaft von Berlin nach Weimar verlegt. Noch im Jahr 1935 wurde das Grundkapital der GAGFAH zunächst um 6 Mio. RM, im Jahre 1937 um weitere 6 Mio. RM und schließlich im Jahr 1940 nochmals um 8 Mio. RM erhöht. Im Mai 1945 hielt die RfA danach ein Aktienkapital in Höhe von 25.714.800 RM.
Das Vermögen der GAGFAH in der damaligen sowjetischen Besatzungszone wurde aufgrund des Befehls der Sowjetischen Militäradministration Nr. 64 vom 17. April 1948 in Volkseigentum überführt. Auch in den übrigen Besatzungszonen Deutschlands waren die Wohnungsbestände des Unternehmens zeitweilig beschlagnahmt. 1949 verlegte die GAGFAH ihren Sitz in die britische Zone nach Essen. Bis in die Jahre 1955/56 wurden die GAGFAH-Aktien durch einen von den westlichen Alliierten in Berlin eingesetzten gemeinsamen Treuhänder beziehungsweise durch die Landesversicherungsanstalten verwaltet. Später wurden sie auf die 1953 errichtete Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) übertragen.
3. Die in dem Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in S. gelegenen Grundstücke erwarb die GAGFAH erst im Jahr 1938, also nach der verfolgungsbedingten Schädigung der Weimarer Gewerkschaften und nach der zweiten Erhöhung des Grundkapitals. Ihr letzter Rechtsträger in der DDR war der VEB Gebäudewirtschaft S. Das Eigentum an ihnen wurde sodann im Jahr 1992 auf Grund des Vermögenszuordnungsgesetzes der Stadt S. zugewiesen.
4. Nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands meldeten verschiedene Gewerkschaftsorganisationen vermögensrechtliche Ansprüche auf das ehemalige GAGFAH-Vermögen an, die später an die Beschwerdeführerin abgetreten wurden. Das seinerzeit zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte den auf die streitgegenständlichen Grundstücke bezogenen Antrag ab.
5. Der gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht statt und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland unter Aufhebung des genannten Bescheides, der Beschwerdeführerin Bruchteilseigentum in Höhe von 57.169/60.000 an den Grundstücken zurückzuübertragen. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG. Die Vermutung, dass die Vermögensgegenstände mit Mitteln des Unternehmens erworben worden seien, sei nicht widerlegt. Eine solche Widerlegung komme insbesondere auch nicht wegen des beträchtlichen Ausmaßes der Kapitalaufstockung in Betracht. Nur wenn die GAGFAH in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Grundstückserwerbs im Jahre 1938 ausschließlich finanzielle Mittel hätte einsetzen können, die vor 1933 nicht vorhanden gewesen seien, könne man von einer Widerlegung der Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG ausgehen. Dafür bestünden jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte.
6. Das Bundesverwaltungsgericht ließ die Revision der Bundesrepublik Deutschland zu und wies die Klage der Beschwerdeführerin unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung ab. Die Entscheidung erging nach Umstellung des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens der Beschwerdeführerin auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren, nachdem diese im Verlauf des Revisionsverfahrens gegen eine Abfindung auf die Einräumung des von ihr beanspruchten Bruchteilseigentums verzichtet hatte.
Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Revision sei zulässig. Das klagestattgebende Urteil sei trotz der gütlichen außergerichtlichen Einigung wirksam. Das für die Antragsumstellung der Beschwerdeführerin notwendige Fortsetzungsfeststellungsinteresse folge aus einer Wiederholungsgefahr, da die Beschwerdeführerin die Rückübertragung von Bruchteilseigentum an weiteren Grundstücken mit dem gleichen rechtlichen Hintergrund verlange.
In der Sache habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer Bruchteilsrestitution gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG bejaht. Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren komme nur § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG in Betracht. Danach könne der Berechtigte verlangen, dass ihm an den in dieser Norm näher bezeichneten Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrestitution in Höhe der ihm entzogenen Unternehmensbeteiligung Bruchteilseigentum eingeräumt werde. Der Anspruch auf Bruchteilsrestitution bestehe auch, wenn – wie hier – eine Beteiligung an einem Unternehmen Gegenstand der Schädigung nach § 1 Abs. 6 VermG und das Unternehmen selbst zum Zeitpunkt der Schädigung nicht von verfolgungsbedingten Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen gewesen sei (§ 3 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 VermG). Weiterhin müssten diese Gegenstände aus irgendwelchen Gründen nicht mehr zum Vermögen des Unternehmens gehören. Zudem müssten sie, wenn sie von dem Unternehmen erst nach der schädigenden Maßnahme in der Zeit bis zum 8. Mai 1945 angeschafft worden seien, mit Mitteln des Unternehmens erworben worden sein.
Diese letzte Voraussetzung gehe unmittelbar aus § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG hervor, der zum Zwecke der Beweiserleichterung eine Vermutungsregelung aufstelle und zugleich das Tatbestandsmerkmal, dessen tatsächliches Vorliegen vermutet werden solle, näher umschreibe, nämlich den Erwerb „mit Mitteln des Unternehmens”. Aus der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG folge somit, dass bereits in der materiellrechtlichen Anspruchsnorm des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG das Merkmal des Erwerbs „mit Mitteln des Unternehmens” mit enthalten sei. Für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG habe das zur Folge, dass schon bei Fehlen eines Erwerbs „mit Mitteln des Unternehmens” ein Anspruch nach dieser Norm ausscheide. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei kein Erwerb mit Mitteln des Unternehmens gegeben. „Mittel des Unternehmens” seien die im Zeitpunkt der Entziehung der Beteiligung vorhandenen Mittel und die finanziellen Möglichkeiten, die sich auf der Grundlage dieses Kapitals im Rahmen eines organischen Zuwachses des Unternehmens (zum Beispiel durch Gewinne) ergeben hätten. Eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur des Unternehmens, wie sie hier durch die Verdreifachung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft durch den neuen Gesellschafter, die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA), bis zum Erwerb der Grundstücke bewirkt worden sei, führe dazu, dass der Erwerb nicht mehr mit den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens vorgenommen worden sei. Diese Auslegung ergebe sich aus dem systematischen Zusammenhang und dem Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG. Sie werde durch die Rückerstattungsgesetze der Alliierten und die dazu ergangene Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte bestätigt. An der wesentlichen Änderung der Kapitalstruktur ändere sich auch nichts durch eine etwaige Finanzierung des Erwerbs der Grundstücke im Wege eines Kredits, wie es hier nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin der Fall gewesen sei.
7. Die Beschwerdeführerin erhob Anhörungsrüge, die das Bundesverwaltungsgericht in der Besetzung seines Senats mit drei Richtern zurückwies.
In dem Urteil sei dargelegt, dass die Sätze 4 und 6 des § 3 Abs. 1 VermG „zusammen gelesen” werden müssten. Damit sei gemeint, dass Vermögensgegenstände, die im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG von einem Unternehmen „später angeschafft” worden seien, solche Gegenstände seien, die „mit Mitteln des Unternehmens” erworben worden seien, wobei die Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG in vollem Umfang zum Tragen komme. Der Senat sei aufgrund der Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beweis des Gegenteils erbracht sei, die Grundstücke nämlich nicht mit den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens erworben worden seien. Mit dieser Auslegung werde kein weiterer Restitutionsausschlussgrund in das Vermögensgesetz eingeführt. Für den Senat sei entscheidungserheblich gewesen, dass die Verdreifachung des Grundkapitals nicht mehr aus einem organischen Zuwachs des ursprünglichen Vermögens herzuleiten sei.
Entscheidungsgründe
II.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot sowie von Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Das Bundesverwaltungsgericht setze sich nicht damit auseinander, dass das Verwaltungsgericht keinen die gesetzliche Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG widerlegenden Geschehensablauf festgestellt habe. Es lasse vielmehr ausdrücklich offen, ob vorliegend der Beweis des Gegenteils unter bestimmten Umständen in Betracht komme. § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG finde nur insoweit Berücksichtigung, als die Vorschrift zum Ausgangspunkt für die – zutreffende – Auslegung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” genommen werde. In der Folge werde aber in nicht nachvollziehbarer Weise ein abstrakt-genereller Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass bei einer wesentlichen Änderung der Kapitalstruktur des Unternehmens durch Aufstockung des Grundkapitals eine Zurechnung der für die nachträgliche Anschaffung aufgewandten Mittel zu den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens generell und losgelöst vom Einzelfall entfalle. Dies sei schon bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG zu berücksichtigen, so dass es auf die gesetzliche Vermutung oder sogar den Nachweis, dass tatsächlich altes Kapital verwendet worden sei, nicht mehr ankomme. Objektiv unterbinde das Bundesverwaltungsgericht damit die Anwendung der Vermutungsregelung in Fällen wie dem hier vorliegenden generell, ohne dass ein konkreter Gegenbeweis im Einzelfall geführt werden müsse.
Dies sei unter keinem rechtlich vertretbaren Aspekt begründbar. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG gebe hierfür nichts her. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” und einer qualitativen Veränderung der Kapitalstruktur, die eine Zurechnung zu diesen Mitteln ausschließen solle, lasse sich nicht herstellen. Denn es liege auf der Hand, dass die Zufuhr „frischen Kapitals” nicht den Verbrauch nach wie vor vorhandenen „alten Kapitals”, einschließlich des zwischenzeitlich daraus durch organisches Wachstum generierten Kapitals bewirke. Einen solchen Verbrauch habe das Verwaltungsgericht ebenso wenig festgestellt wie die Notwendigkeit der Kapitalerhöhungen für den Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke. Die Feststellung eines solchen wirtschaftlichen Zusammenhangs sei aber notwendig, damit die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine nachvollziehbare Begründung erhalte. Auch die Bezugnahme auf einen Grundsatz, „dass der Geschädigte nicht mehr erhalten dürfe, als ihm entzogen worden sei”, helfe nicht weiter, weil eben vermutet werde, dass für den Erwerb ursprünglich vorhandene Mittel Verwendung gefunden hätten.
2. Indem das Bundesverwaltungsgericht ihr, der Beschwerdeführerin, die Anwendung der Vermutungsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG vorenthalte, verletze es auch Art. 14 GG. Darin liege zudem ein Verstoß gegen die Bindung des Richters an Recht und Gesetz nach Art. 20 Abs. 3 GG.
3. Schließlich sei Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil das Bundesverwaltungsgericht mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge ein faktisches Zweiturteil unter teilweiser Auswechslung der Begründung und unter Nachschieben von entscheidungserheblichen Feststellungen erlassen habe, ohne dass der Senat in vollständiger Besetzung entschieden habe. Zu diesen neuen tatsächlichen Feststellungen in Bezug auf die angebliche Führung des Gegenbeweises sei sie als Beschwerdeführerin überdies nicht angehört worden, so dass auch Art. 103 Abs. 1 GG verletzt sei.
III.
Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde, gegen deren Zulässigkeit auch mit Blick auf die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) keine Bedenken bestehen, wirft keine Frage von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫). Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Verständnis der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 4 und 6 VermG, insbesondere der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Mittel des Unternehmens” und seiner Wirkung im Regelungszusammenhang gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot verstoßen hat.
a) Willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Einen subjektiven Schuldvorwurf enthält die Feststellung von Willkür nicht (vgl. etwa BVerfGE 86, 59 ≪63≫). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪278 f.≫; 96, 189 ≪203≫).
b) Hiervon ausgehend ist nicht feststellbar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unter keinem Gesichtspunkt mehr rechtlich vertretbar wäre. Dabei kann offen bleiben, ob die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts einfachrechtlich in jeder Hinsicht unangreifbar sind. Denn es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Auslegung des Vermögensrechts durch das oberste Fachgericht nach Art einer Superrevisionsinstanz zu überprüfen. Dessen Auslegung ist vielmehr grundsätzlich Sache der zuständigen Fachgerichte, und zwar auch, soweit diese an das frühere alliierte Restitutionsrecht anknüpfen.
aa) Das Bundesverwaltungsgericht nimmt an, in die streitentscheidende Norm (§ 3 Abs. 1 Satz 4 VermG) sei als Tatbestandsvoraussetzung ein Erwerb von Vermögensgegenständen durch das Unternehmen, die diesem nach der Schädigung zugeflossen sind, „mit Mitteln des Unternehmens” hineinzulesen. Dies folge aus der sich auf § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG beziehenden Vermutungsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG. Diese auf den Regelungszusammenhang der Vorschriften abstellende Auslegung ist nachvollziehbar.
Darüber hinaus vertritt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht, aus Sinn und Zweck der hier in Rede stehenden Vorschriften sowie aus ihrem systematischen Zusammenhang folge, dass „Mittel des Unternehmens” solche seien, die im Zeitpunkt der Beteiligungsentziehung vorhanden gewesen seien; mit erfasst sei der sich auf dieser Grundlage ergebende organische Zuwachs. Diese Auslegung werde bestätigt durch das alliierte Rückerstattungsrecht sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte. Sei dies aber der zugrunde zu legende Maßstab, führe eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur dazu, dass die Verbindung zu den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens gelöst werde. Auch diese Würdigung des Bundesverwaltungsgerichts ist mit Blick auf die bei der Gesetzesauslegung anzuwendenden Methoden (vgl. BVerfGE 11, 126 ≪130≫) jedenfalls nicht schlechterdings unvertretbar und damit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht objektiv willkürlich.
(1) Soweit das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung von § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG auf das alliierte Rückerstattungsrecht zurückgreift, ergibt sich dessen Relevanz insoweit daraus, dass der Gesetzgeber mit der Regelung der Restitutionsansprüche von Opfern der NS-Verfolgung in § 1 Abs. 6 VermG – insbesondere mit der darin enthaltenen Verweisung auf die Rückerstattungsanordnung der Alliierten Kommandantur Berlin (REAO) – ausdrücklich an die zum alliierten Rückerstattungsrecht entwickelten Grundsätze anknüpfen wollte (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 39). Diese Anknüpfung hat zur Folge, dass auch die Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des Vermögensgesetzes auf Restitutionsansprüche von NS-Opfern nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 VermG herangezogen werden muss (vgl. BVerwGE 114, 68 ≪70≫). Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber ausweislich der Materialien mit der Verwendung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” in § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG ausdrücklich auf Vorschriften des Rückerstattungsrechts Bezug genommen hat, die diesen Begriff ebenfalls gebraucht haben (vgl. BTDrucks 13/7275, S. 45).
Das Bundesverwaltungsgericht führt insoweit – neben der Verweisung auf den Zweck der Vorschrift als Wiedergutmachungsregelung – aus, Rechtsprechung und Schrifttum zum Rückerstattungsrecht seien der Auffassung gewesen, mit den Mitteln des Unternehmens beschafft seien nur solche Gegenstände, die aus den bei der Entziehung vorhanden gewesenen Mitteln oder deren Umschlag bezahlt worden seien. Diese Feststellung ist grundsätzlich zutreffend.
Die vom Gesetzgeber als Vorbild für die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 4 und 6 VermG bezeichneten Vorschriften des Rückerstattungsrechts (Art. 25 Abs. 3 Rückerstattungsgesetz Britische Zone – BREG, Art. 29 Abs. 3 Rückerstattungsgesetz US-Zone – USREG, Art. 26 Abs. 4 REAO) regelten allerdings nicht den hier in Rede stehenden Fall des Entzugs einer Unternehmensbeteiligung, sondern den des Unternehmens selbst. Sie erstreckten den Rückerstattungsanspruch, der sich grundsätzlich nur auf die tatsächlich entzogenen Vermögenswerte in Natur bezog, auch auf die Surrogate, die aus dem Unternehmensvermögen, eben mit „Mitteln des Unternehmens” neu angeschafft worden waren; Letzteres wurde vermutet. Insoweit vertraten jedenfalls Teile der Literatur und Rechtsprechung zum Rückerstattungsrecht eine enge Auslegung und sahen als „Mittel des Unternehmens” nur solche an, die im Gegensatz zu späteren Einlagen des Rückerstattungspflichtigen oder Dritter schon ursprünglich, das heißt im Zeitpunkt der Entziehung, im Unternehmen vorhanden waren, zuzüglich des daraus in der Folge erwirtschafteten Betriebsgewinns (vgl. OLG Neustadt, Beschluss vom 14. Juni 1951 – 1 U 23/51 –, RzW 1951, S. 273 ≪274≫; OLG Celle, Beschluss vom 24. Mai 1954 – 2 W 108/54 (RE) –, RzW 1954, S. 350 ≪351≫; Godin, Rückerstattungsgesetze, 2. Aufl. 1950, Art. 29 USREG Nr. 12; für einen weitergehenden Ansatz allerdings etwa OLG München, Beschluss vom 16. Oktober 1950 – Wi 160/50 –, RzW 1951, S. 7, bestätigt durch Court of Restitution Appeals (CORA), Entscheidung vom 20. November 1951 – Entsch. Nr. 145 Fall 281 –, RzW 1952, S. 71; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 1954 – 11 RW 5/53 u.a. –, RzW 1954, S. 210; OLG Hamburg, Beschluss vom 16. Juni 1958 – 5 WiS 9/58 – RzW 1958, S. 350; Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, 1974, S. 193).
(2) Auch im Rückerstattungsrecht wurde allerdings auf der Grundlage einer engen Auslegung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” nicht zugleich der Schluss gezogen, ein Rückerstattungsanspruch komme nur in Betracht, wenn der betreffende Vermögenswert ausschließlich oder überwiegend mit ursprünglichen Unternehmensmitteln beschafft worden war. Selbst im Fall hoher Kapitalzuführungen „von Außen” blieb eine Rückerstattung möglich, sofern ein Erwerb zumindest unter Einsatz ursprünglicher Mittel stattgefunden hatte (vgl. etwa OLG Neustadt, Beschluss vom 14. Juni 1951 – 1 U 23/51 –, RzW 1951, S. 273 ≪274≫; Godin, a.a.O., Art. 25 BREG Nr. 12). Das Rückerstattungsrecht erkannte mithin an, dass ursprünglich vorhandene Mittel, solange sie im entzogenen Unternehmen noch existent waren, unabhängig von späteren Kapitalzuflüssen auch weiterhin zu seinem wirtschaftlichen Ergebnis ebenso wie zu seinen Investitionen beigetragen haben konnten. Dies leuchtet aus wirtschaftlicher Sicht ein. Es mag zwar Fallkonstellationen geben, bei denen infolge einer extremen Veränderung der Kapitalstruktur der wirtschaftliche Effekt des „Altkapitals” so verschwindend gering geworden war, dass er als vernachlässigbar erscheint. Für die hier in Rede stehende Verdreifachung des Grundkapitals kann dies jedoch selbst dann nicht angenommen werden, wenn man davon ausgeht, dass die GAGFAH sich zum Zeitpunkt der Schädigung in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befunden haben könnte. Dann wäre den später vorgenommenen Kapitalerhöhungen zwar wirtschaftlich ein größeres Gewicht zugekommen, als dies allein in hypothetischen Anteilsverhältnissen zum Ausdruck käme, die sich ergeben würden, wenn man unterstellt, dass die Gewerkschaften weiterhin an der GAGFAH, nicht aber an den späteren Kapitalerhöhungen beteiligt gewesen wären. Dass aber – wie es das Bundesverwaltungsgericht formuliert – später angeschaffte Vermögensbestandteile infolge einer wesentlichen Kapitaländerung nichts mehr mit den ursprünglichen Unternehmensmitteln zu tun hätten, ohne dass ein „völliger Verbrauch oder die vollständige Ersetzung des ursprünglichen Kapitals” erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2010 – BVerwG 8 B 24.10 –, juris, Rn. 4), ist jedenfalls bei einer an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierten Betrachtungsweise zumindest fragwürdig.
(3) Gleichwohl ist die Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG durch das Bundesverwaltungsgericht nicht schlechterdings unvertretbar. Soweit sich diese daran ausrichtet, ob eine qualitative Veränderung der Kapitalgrundlage vorliegt, die einen Zurechnungszusammenhang mit den ursprünglichen Unternehmensmitteln ausschließen soll, und die deren „vollständigen Verbrauch” nicht etwa erst im Fall einer vor der Kapitalveränderung eingetretenen Überschuldung annimmt, liegt dem eine wertende Betrachtung zugrunde, die auch andere als wirtschaftliche Gesichtspunkte in den Blick nimmt. Hierfür findet sich eine hinreichende Stütze im Sinn und Zweck der Vorschrift.
(a) Tragender Gesichtspunkt der Regelungen im Vermögensgesetz über die Restitution nach verfolgungsbedingten Schädigungen durch das NS-Regime ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Orientierung am alliierten Rückerstattungsrecht. Der Sinn und Zweck auch der hier in Rede stehenden Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG liegt demgemäß darin, die NS-Verfolgten weder besser noch schlechter zu stellen, als das bei der Anwendung des alliierten Rechts der Fall wäre, hätte dieses bereits in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone gegolten (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 – BVerwG 8 C 9.06 –, juris, Rn. 31). Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Bestimmungen über den doppelten Durchgriff nach § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. VermG als Teil eines Gesamtkonzepts angesehen, das für sich in Anspruch nimmt, an dem einheitlichen Prinzip der Angleichung der Rechte der Betroffenen an das alliierte Wiedergutmachungsrecht ausgerichtet zu sein (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. September 2009 – 1 BvR 2275/07 –, juris, Rn. 51).
Hieraus ergibt sich auch – so das Bundesverwaltungsgericht –, dass der durch die Herrschaft des Nationalsozialismus Geschädigte in Anwendung des Vermögensgesetzes nicht mehr zurückerhalten darf, als er aufgrund des Schädigungstatbestandes unmittelbar verloren hat. Dies ist im Blick auf das alliierte Rückerstattungsrecht nachvollziehbar, weil dieses ebenfalls – ausgehend von seinem tragenden Prinzip der Naturalrestitution – den Grundsatz kannte, dass der Geschädigte keinen wertvolleren Vermögensgegenstand zurückerhalten sollte, als er weggegeben hatte oder ihm genommen worden war (vgl. Schwarz, a.a.O., S. 200). Demgemäß enthielt das alliierte Rückerstattungsrecht gerade für den Fall einer Wertsteigerung der entzogenen Sache durch einen Kapitaleinsatz des Schädigers verschiedene Regelungen, die eine Überkompensation des Schadens bei der Rückerstattung verhindern sollten. So sah etwa Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BREG ausdrücklich vor, dass der Rückerstattungspflichtige für eine durch Kapitalaufwendungen bewirkte Werterhöhung eines Vermögensgegenstandes, sofern sie im Zeitpunkt der Rückerstattung noch vorhanden war, Ersatz verlangen konnte. Diese Vorschrift galt auch für Aufwendungen, welche auf ein Unternehmen gemacht worden waren (vgl. Godin, a.a.O., Art. 26 BREG Nr. 4). Sie kam gerade dann zu Gunsten des Schädigers zur Anwendung, wenn dieser auf der Grundlage einer weiten Auslegung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” etwa durch spätere Kapitaleinschüsse erworbene Gegenstände des Unternehmensvermögens als Surrogate zu restituieren hatte (vgl. OLG München, Beschluss vom 16. Oktober 1950, a.a.O., RzW 1951, S. 7; Board of Review (BOR), Entscheidung vom 21. Juli 1954 – BOR 52/422 –, RzW 1954, S. 323 ≪324≫). Darüber hinaus konnte nach Art. 26 Abs. 1 USREG (entsprechend nach Art. 22 Abs. 1 BREG) im Fall einer wesentlichen Veränderung einer Sache nach ihrer Entziehung, die zudem eine erhebliche Wertsteigerung ausgelöst hatte, statt der Rückgabe in Natur eine angemessene vom Schädiger zu leistende Entschädigung angeordnet werden. War nicht das Unternehmen selbst Gegenstand der Entziehung, sondern – wie im vorliegenden Fall – Anteilsrechte am Unternehmensträger, gaben die Rückerstattungsgesetze den Gerichten einen großen Spielraum, um den Geschädigten in angemessener Weise an dem neuen Unternehmen zu beteiligen (vgl. Art. 22 ff. USREG, Art. 18 ff. BREG), wenn eine Naturalrestitution der Unternehmensanteile nicht möglich war. Diese angemessene Beteiligung war entsprechend dem Verhältnis zwischen dem Wert der entzogenen Substanz und dem Wert des Unternehmens im Zeitpunkt der Entscheidung zu gestalten (vgl. Schwarz, a.a.O., S. 198). Dabei waren also auch zwischenzeitliche Wertsteigerungen, die das Unternehmen etwa durch Kapitaleinlagen des Schädigers erfahren hatte, zu berücksichtigen, um zu verhindern, dass der Geschädigte mehr zurückerhielt, als er verloren hatte.
(b) Das Bundesverwaltungsgericht hat in nachvollziehbarer Weise die Gefahr gesehen, dass im Fall einer wesentlichen Kapitalveränderung durch eine Vervielfachung des Grundkapitals nach der Schädigung ein Geschädigter über den Durchgriff nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG erheblich mehr zurückerhalten kann, als er durch die Wegnahme verloren hatte. Es ist überdies verfassungsrechtlich unbedenklich, zur Beantwortung der Frage, ob eine in diesem Sinne wesentliche Kapitalveränderung vorliegt, auch auf die ökonomische Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt der Schädigung abzustellen. Denn hieraus können Rückschlüsse darauf gezogen werden, ob eine Kapitalveränderung aus den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens abgeleitet werden kann und welche Bedeutung sie für dessen weitere Geschäftstätigkeit hatte. All dies kann letztlich auch Auswirkungen auf den Wert der entzogenen Anteile haben. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass das Vermögensrecht zwar dieselben Regelungsziele verfolgt wie das alliierte Rückerstattungsrecht, hierbei aber nicht identische rechtliche Wege beschreitet. So kennt es – anders als das Rückerstattungsrecht – für die hier in Rede stehende Fallgestaltung keine besonderen Vorschriften, die verhindern, dass dem Geschädigten mit der Restitution eventuelle nicht von ihm herbeigeführte oder ihm nicht zuzurechnende Wertsteigerungen zufließen. Es ist deshalb durchaus vertretbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetzeszweck, nach dem der Geschädigte wie nach dem Rückerstattungsrecht nicht weniger, aber auch nicht mehr erhalten soll, als er verloren hatte, im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG durch eine insoweit sehr enge Auslegung des Begriffs „Mittel des Unternehmens” Rechnung trägt, die – anders als das Rückerstattungsrecht – nicht an einer im engeren Sinne wirtschaftlichen, sondern an einer umfassenderen, das Regelungsziel stärker in den Blick nehmenden Betrachtungsweise ausgerichtet ist.
Zwar lässt sich gegen eine solche Auslegung einwenden, dass in ihrer Konsequenz – anders als bei einer engen wirtschaftlichen Betrachtungsweise – zum Nachteil des Geschädigten der Anteil seines ursprünglich im Unternehmen vorhandenen Kapitals an dessen weiterer Investitionstätigkeit und dem darin zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Erfolg nicht mehr berücksichtigt wird. Er wird unter diesem Gesichtspunkt also schlechter behandelt als im Rückerstattungsrecht. Allerdings ist zu beachten, worauf schon das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen hat, dass der Geschädigte, jedenfalls soweit die Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG nicht im Einzelfall widerlegt ist, nach wie vor von dem Erwerb solcher Vermögensgegenstände profitieren kann, der nach Kapitalerhöhungen von Seiten des Schädigers oder Dritter unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle erfolgt ist. Insofern wird er besser als im Rückerstattungsrecht behandelt, weil er diesbezüglich keinen Ersatzansprüchen wie etwa nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BREG oder vergleichbaren Regelungen ausgesetzt ist. Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Zusammenhänge ist es nicht unvertretbar davon auszugehen, die vom Bundesverwaltungsgericht gefundene Lösung bewege sich insgesamt im Rahmen des Sinns und Zwecks des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG.
(4) Der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung steht auch nicht die systematische Erwägung entgegen, dass die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG in der Folge leer liefe. Die Vermutung kann sich vielmehr nach wie vor gerade in den Fällen zu Gunsten des Restitutionsberechtigten auswirken, in denen in Frage steht, inwieweit Gegenstände des Unternehmensvermögens, die nach Kapitalzuflüssen von Seiten des Schädigers oder Dritter unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Wesentlichkeitsschwelle angeschafft worden sind, mit „Mitteln des Unternehmens” erworben wurden. Auch der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG widerspricht der hier in Rede stehenden Auslegung ersichtlich nicht. Gleiches gilt für den Willen des historischen Gesetzgebers: Aus den Materialien ergibt sich jedenfalls nicht, dass die vom Bundesverwaltungsgericht gefundene Auslegung einer eindeutig erkennbaren gesetzgeberischen Vorstellung zuwiderliefe und der Gesetzgeber den Durchgriff auf nachträglich angeschaffte Gegenstände des Unternehmensvermögens auch dann hätte zulassen wollen, wenn dies zu einer erheblichen Überkompensation des Geschädigten führen kann. Sie lassen lediglich den Schluss zu, dass er die Beweislast für eine Anschaffung mit „Mitteln des Unternehmens” nicht dem Geschädigten auferlegen wollte (vgl. BTDrucks 13/7275, S. 44 f.). Diese Regelungsabsicht wird durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenso wenig in Frage gestellt wie das gleichfalls aus den Materialien erkennbare Motiv, mit § 3 Abs. 1 Satz 4 und 6 VermG grundsätzlich an das alliierte Rückerstattungsrecht anzuknüpfen.
bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat damit schließlich weder einen dem Gesetz fremden Restitutionsausschlussgrund „erfunden” noch in objektiv unvertretbarer Weise die gesetzliche Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG unberücksichtigt gelassen oder diese Vorschrift in schlechterdings unhaltbarer Weise fehlerhaft angewendet. Es hat vielmehr folgerichtig auf der Grundlage seiner verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG diese Vermutung wegen der festgestellten und als wesentlich bewerteten Kapitalveränderung zum Zeitpunkt des Erwerbs der streitgegenständlichen Grundstücke durch die GAGFAH als widerlegt angesehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in den Gründen des angegriffenen Urteils zwar nicht ausdrücklich so ausgeführt. Es ergibt sich jedoch ohne weiteres aus dem inhaltlichen Zusammenhang der Entscheidung. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Bundesverwaltungsgericht dort auch nicht offen gelassen, ob in dem entschiedenen Fall eine Widerlegung der Vermutung in Betracht kommen kann. Die insoweit von der Beschwerdeführerin – wohl missverstanden – in Bezug genommene Passage des angegriffenen Urteils (dort S. 14 Rn. 34 = LKV 2008, S. 411 ≪413≫) bezieht sich lediglich darauf, unter welchen Voraussetzungen „darüber hinaus”, also jenseits der entschiedenen Konstellation einer wesentlichen Kapitalveränderung, eine Widerlegung der Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG möglich ist.
2. Auch eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist nicht berührt.
Eigentumsverluste infolge von Maßnahmen einer dem Grundgesetz nicht verpflichteten Staatsgewalt können von vornherein nicht an Art. 14 GG gemessen werden (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪122 ff.≫). Den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen unbeschadet ihrer rechts- und sozialstaatlichen Wurzeln (vgl. BVerfGE 84, 90 ≪126≫) allerdings die sich aus dem Vermögensgesetz ergebenden Restitutionsansprüche (vgl. BVerfGE 95, 48 ≪58≫; für Ansprüche von Opfern des Nationalsozialismus vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. Februar 1999 – 1 BvR 1422/92 –, juris, Rn. 19). Damit gilt der Schutz des Eigentumsgrundrechts zwar auch für die in Rede stehenden Ansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG. Da es hier aber nicht um den Fortbestand des betreffenden Rechts geht, sondern um das Vorliegen der einfachrechtlichen Voraussetzungen für die Anspruchsentstehung, kann die verfassungsrechtliche Prüfung nicht an Art. 14 GG selbst, sondern nur an Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot erfolgen (vgl. BVerfGE 45, 142 ≪179 f.≫). Die Auslegung und Anwendung des insoweit maßgeblichen innerstaatlichen einfachen Rechts ist grundsätzlich Sache der allgemein dafür zuständigen Fachgerichte (vgl. BVerfGE 97, 89 ≪98 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. September 2009 – 1 BvR 2275/07 –, juris, Rn. 74). Dass die Beschwerdeführerin keinen Durchgriffsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG – und damit keine nach Art. 14 Abs. 1 GG schutzfähige Position – erworben hat, hat das Bundesverwaltungsgericht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet.
3. Desgleichen liegt kein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und die darin zum Ausdruck kommenden Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung vor. Die Kontrolle der Rechtsanwendung der Fachgerichte durch das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich unter dem Gesichtspunkt von Art. 20 Abs. 3 GG im Allgemeinen darauf, ob diese die gesetzgeberischen Grundentscheidungen namentlich mit Blick auf den Sinn und Zweck des Gesetzes respektiert haben und den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gefolgt sind (vgl. BVerfGE 96, 375 ≪394 f.≫). Dies ist hier der Fall.
4. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht weder Art. 101 Abs. 1 Satz 2 noch Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Es hat mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge, anders als die Beschwerdeführerin meint, kein „faktisches Zweiturteil” unter Auswechslung der Begründung des Urteils und unter Nachschieben tatsächlicher Feststellungen erlassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat darin zutreffenderweise lediglich erläutert, dass es in dem vorausgegangenen Urteil ausgehend von der dort vorgenommenen Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG die Vermutung des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG wegen der festgestellten und als wesentlich bewerteten Kapitalveränderung zum Zeitpunkt des Erwerbs der streitgegenständlichen Grundstücke durch die GAGFAH als widerlegt angesehen hat, ohne damit dem Urteil rechtlich oder tatsächlich Neues hinzuzufügen.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Bryde, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 2628046 |
WM 2011, 857 |