Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Erbscheinseinziehungsverfahren. Die Beschwerdeführerin wendet sich dabei mittelbar gegen Art. 12 § 2 Abs. 2 des Adoptionsgesetzes vom 2. Juli 1976.
1. Der Erblasser schloss am 10. November 1975 einen notariell beurkundeten Kindesannahmevertrag mit der am 20. Mai 1974 geborenen Beteiligten zu 2. des Ausgangsverfahrens. Dabei wurde auf der Grundlage des § 1767 Abs. 1 BGB in seiner bis zum 31. Dezember 1976 geltenden Fassung der Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts der Beteiligten zu 2. vereinbart. Der kinderlose und geschiedene Erblasser, der am 26. Februar 2002 verstarb, hatte keine letztwillige Verfügung errichtet. Auch eine Erklärung nach Art. 12 § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Adoptionsgesetz hatte er nicht abgegeben. Der Beschwerdeführerin wurde als Schwester des Erblassers aufgrund gesetzlichen Erbrechts ein Erbschein als Alleinerbin erteilt. Dieser wurde auf Antrag der Beteiligten zu 2. durch Beschluss des Nachlassgerichts mit der Begründung eingezogen, der Ausschluss der an Kindes statt angenommenen Beteiligten zu 2. vom gesetzlichen Erbrecht sei durch das Adoptionsgesetz wirkungslos geworden. Die dagegen von der Beschwerdeführerin eingelegten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
2. Mit ihrer fristgerecht eingereichten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin unter anderem, dass Art. 12 § 2 Abs. 2 Adoptionsgesetz gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße, weil durch diese Regelung ein gesetzliches Erbrecht der Adoptivtochter begründet worden sei, das der Erblasser habe ausschließen wollen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; die angegriffene Entscheidung beruht nicht auf einem verfassungswidrigen Gesetz. Art. 12 § 2 Abs. 2 Adoptionsgesetz verstößt insbesondere nicht gegen die Erbrechtsgarantie, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
1. Die Erbrechtsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gebietet es dem Gesetzgeber nicht, einmal getroffene erbrechtliche Dispositionen für alle Zukunft in ihrem Inhalt unangetastet zu lassen. Der Eingriff in die auf der Grundlage des früheren Rechts getroffenen erbrechtlichen Anordnungen und Vereinbarungen muss durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein. Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwerwiegend sein, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand des bisherigen Rechtszustandes, das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gesichert ist (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪212≫).
2. Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Norm.
a) Der Schutzbereich der Erbrechtsgarantie in ihrer Ausprägung als Testierfreiheit ist berührt. Unabhängig von der einfachgesetzlichen Einordnung einer Vereinbarung nach § 1767 Abs. 1 BGB a.F. im Annahmevertrag hatte eine solche die Wirkung, dass das gesetzliche Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen wurde (vgl. Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 35. Aufl., 1976, § 1767 Anm. 2a). Durch Art. 12 § 2 Abs. 2 Satz 1 Adoptionsgesetz wurde in die Testierfreiheit eingegriffen, weil die Neuregelung eine entsprechende Ausschlussmöglichkeit für das gesetzliche Erbrecht des Adoptivkindes nicht mehr enthält und ein zuvor vereinbarter Ausschluss mit Ablauf des 31. Dezember 1977 seine Wirksamkeit verlor (vgl. Frank, in: J.… von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearbeitung, 2001, Vorbem. zu §§ 1741 ff. Rn. 66).
b) Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Art. 12 § 2 Abs. 2 Adoptionsgesetz genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die vollständige erbrechtliche Gleichstellung des Adoptivkindes mit den leiblichen Kindern ist geeignet und erforderlich, das gesetzgeberische Ziel der Integration des Adoptivkindes in eine harmonische und lebenstüchtige Familie zu erreichen (vgl. BTDrucks 7/3061, S. 19). Insbesondere trägt die Gleichstellung Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung, da auch die durch Adoption begründete Familie unter dem Schutz dieses Grundrechts steht (vgl. BVerfGE 80, 81 ≪90≫). Für den Annehmenden war es auch nicht unzumutbar, wenn von ihm nach Art. 12 § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Adoptionsgesetz zur Fortgeltung des alten Rechtszustandes verlangt wurde, eine entsprechende notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Schöneberg in Berlin – Schöneberg abzugeben, da dies nur geringe und verfassungsrechtlich zu vernachlässigende Anforderungen an die Mühewaltung des Annehmenden stellte, um den alten Rechtszustand beizubehalten. Auch wenn der Annehmende keine entsprechende Erklärung abgegeben hat, war er im Übrigen nicht gehindert, nach Ablauf der Jahresfrist durch eine letztwillige Verfügung das angenommene Kind von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Dem Annehmenden verblieben damit hinreichende erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, um seine Vorstellungen von der Erbfolge umzusetzen.
Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt der Eingriff in die erbrechtlichen Vermögensdispositionen des Annehmenden nicht allzu schwer. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens für den Annehmenden und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl des adoptierten Kindes und seiner neuen Familie kommt ersterem keine überwiegende Bedeutung zu.
3. Damit war gleichzeitig der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückzuweisen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 952188 |
NJW 2003, 2600 |
FamRZ 2003, 999 |
FuR 2003, 567 |
NVwZ 2004, 339 |
ZEV 2003, 244 |
EzFamR aktuell 2003, 233 |
FPR 2003, 666 |
FF 2003, 213 |