Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der Auslagenerstattung sowie Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Erledigterklärung

 

Normenkette

BVerfGG § 34a Abs. 3, § 90; RVG § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

VG Hamburg (Beschluss vom 01.11.2019; Aktenzeichen 16 AE 4727/19)

 

Tenor

1. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

2. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

1. Über die Verfassungsbeschwerde, die die Versagung von Prozesskostenhilfe in einem asylrechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes betraf, ist nicht mehr zu entscheiden, weil die Beschwerdeführer das Verfassungsbeschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 20. Januar 2021 für erledigt erklärt haben.

Rz. 2

2. Der sinngemäß gestellte Antrag auf Auslagenerstattung hat Erfolg.

Rz. 3

a) Über die Auslagenerstattung ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Die Erstattung der Auslagen nach dieser Vorschrift stellt im Hinblick auf die Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 34 Abs. 1 BVerfGG), den fehlenden Anwaltszwang und das Fehlen eines bei Unterliegen des Beschwerdeführers erstattungsberechtigten Gegners die Ausnahme von dem Grundsatz des Selbstbehalts der eigenen Auslagen (vgl. BVerfGE 49, 70 ≪89≫) dar (vgl. BVerfGE 66, 152 ≪154≫). Bei der Entscheidung über die Auslagenerstattung kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. So ist es billig, einer beschwerdeführenden Person die Erstattung ihrer Auslagen zuzuerkennen, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abhilft, weil in diesem Fall ‒ falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind ‒ davon ausgegangen werden kann, dass sie das Begehren der beschwerdeführenden Person selbst für berechtigt erachtet hat (vgl. BVerfGE 85, 109 ≪114 ff.≫; 87, 394 ≪397 f.≫). Im Hinblick auf die Funktion und die Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts findet eine überschlägige Beurteilung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Entscheidung über die Auslagenerstattung nicht statt (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪264 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2017 - 2 BvR 2160/17 -, Rn. 5).

Rz. 4

b) Nach diesen Maßstäben entspricht es der Billigkeit, die Auslagenerstattung anzuordnen.

Rz. 5

Das Verwaltungsgericht hat den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss auf die Anhörungsrüge der Beschwerdeführer abgeändert und diesen mit Beschluss vom 18. Januar 2021 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt. Damit hat es zum Ausdruck gebracht, dass es das Begehren der Beschwerdeführer selbst für berechtigt erachtet hat. Auf die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

Rz. 6

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

Rz. 7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14418868

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