Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der §§ 175, 176 LAG: Verzinsung, Tilgung, Entrichtung der Kreditgewinnabgabe
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung der §§ 175, 176 LAG im 2. KGA-Sammelerlaß (BStBl 1954 I S. 350) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14; LAG §§ 175-176
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die verfassungsmäßige Auslegung der Regelung des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) über die Tilgung, Verzinsung und Entrichtung der Kreditgewinnabgabe. Die maßgebenden Vorschriften lauten wie folgt:
§ 175
Verzinsung und Tilgung der Abgabeschuld
Die sich nach den §§ 162 bis 172 ergebende Abgabeschuld ist ab. 1 Juli 1948 jährlich mit 4 vom Hundert zu verzinsen und ab 1. Juli 1952 jährlich mit 3 vom Hundert zuzüglich der ersparten Zinsen zu tilgen.
§ 176
Entrichtung der Abgabe
(1) Die Jahresleistung ist in vier gleichen Teilbeträgen jeweils am 10. Januar, 10. April, 10. Juli und 10. Oktober, erstmalig am 10. Juli 1952, zu entrichten.
(2) Die auf die Zeit vom 1. Juli 1948 bis zum 30. Juni 1952 entfallenden Zinsen sind in der Zeit vom 1. Juli 1952 bis zum 30. Juni 1960 in gleichen Teilen an den in diesen Zeitraum fallenden Fälligkeitstagen, erstmalig am 10. Juli 1952, zu entrichten. …
I.
1. Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Abgabebescheid zu einer Kreditgewinnabgabe in Höhe von 29 920 100 DM veranlagt; die darauf zu entrichtenden Vierteljahrsbeträge wurden – wenn man den Zuschlag für die nach § 176 Abs. 2 LAG nachzuzahlenden Zinsen außer Betracht läßt – auf je 523 601,75 DM für die Zeit vom 10. Juli 1952 bis einschließlich 10. Oktober 1973 festgesetzt.
Diese Festsetzung entspricht der Verwaltungsvorschrift über den „Tilgungsplan” in dem Zweiten Sammelerlaß des Bundesministers der Finanzen zur Kreditgewinnabgabe vom 12. Juli, 1954 (BStBl I S. 350 Tz. 128). Danach ist die Kreditgewinnabgabe „nach Art einer Tilgungshypothek in rund 21 ½ Jahren zu tilgen”. Die beigegebene Tabelle legt der Tilgung die Jahresleistung zugrunde; sie geht demgemäß davon aus, daß der durch die gesamte Jahresleistung getilgte Teil der Abgabeschuld bis zur Jahresabrechnung verzinst werden muß, obwohl die Jahresleistung nach § 176 Abs. 1 LAG nicht in einer Summe, sondern in vier gleichen Teilbeträgen im Laufe des Jahres zu entrichten ist. Nach diesem Tilgungsplan wird die Kreditgewinnabgabe – abgesehen von einem geringen Spitzenbetrag – durch 86 Raten (Teilbeträge, Vierteljahrsbeträge) in 21½ Jahren getilgt.
Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Ansicht, daß nach den gesetzlichen Vorschriften schon jeder einzelne Vierteljahrsbetrag auf die Tilgung der Abgabeschuld zu verrechnen ist und die zu verzinsende. Kapitalschuld entsprechend mindert. Bei dieser Berechnung erhöht sich bei jedem Vierteljahrsbetrag der in ihm enthaltene Tilgungsanteil, während der Zinsanteil sich entsprechend verringert: Im Ergebnis würde danach die Abgabeschuld in 21 Jahren mit nur 84 Raten getilgt.
Die Beschwerdeführerin sieht daher in der Festsetzung der Vierteljahrsbeträge durch das Finanzamt eine ungerechtfertigte Mehrbelastung in Höhe von 2 Raten = rd. 1 Mio. DM. Ihr allein aus diesem Grunde eingelegter Einspruch und die Rechtsmittel zu den Finanzgerichten hatten keinen Erfolg.
2. Der Bundesfinanzhof hat die angefochtene Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Zweite Sammelerlaß zur Kreditgewinnabgabe sei als Verwaltungsvorschrift für die Gerichte nicht bindend; der darin enthaltene, dem Abgabebescheid zugrunde liegende Tilgungsplan entspreche jedoch dem Gesetz. Aus dem Wortlaut, Sinn und Zweck der maßgebenden Vorschriften ergebe sich eindeutig, daß der Gesetzgeber eine jährliche, nicht eine vierteljährliche Abrechnung der Kreditgewinnabgabeleistungen gewollt habe.
Die rechtliche Grundlage für die Pflicht zur Verzinsung der gesamten, ab 21. Juni 1948 bestehenden, Kapitalschuld der Kreditgewinnabgabe sei § 175 LAG. Nach dieser Vorschrift erfolge die Tilgung jährlich, wie auch durch den Ausdruck „Jahresleistung” in § 176 Abs. 1 LAG bestätigt werde. Hieraus ergebe sich von selbst die jährliche Abrechnung der Zinsen, auch ohne daß der Gesetzgeber dies ausdrücklich ausgesprochen habe. Die Verteilung der Jahresleistung auf vier gleiche Teilbeträge in § 176 Abs. 1 LAG ändere nichts an der jährlichen Fälligkeit der Leistung; hierdurch solle ebenso wie bei vielen gleichartigen Regelungen den Schuldnern die Zahlungsdisposition erleichtert und das Steueraufkommen gleichmäßig auf das Jahr verteilt werden.
Diese Auslegung werde durch den unverkennbaren und durchaus sinnvollen Unterschied zwischen den Vorschriften der Kreditgewinnabgabe einerseits, der Vermögensabgabe und der Hypothekengewinnabgabe andererseits bestätigt. Wenn bei der Vermögensabgabe die Vierteljahrsbeträge zugleich Tilgung und Verzinsung der Abgabeschuld darstellten, so möge es hierfür von Bedeutung sein, daß eine so persönliche Steuer kurzfristige Schuldtermine erfordere, um die Abrechnung zu vereinfachen, wenn sich im Laufe des Jahres durch Erbfolge, Schenkung usw. die Zurechnung des Vermögens grundlegend verändere. Dagegen gehe die Kreditgewinnabgabe nach § 185 LAG bei Übergang des Betriebsvermögens als Betriebsschuld automatisch auf den Rechtsnachfolger über.
Der Gesetzgeber sei bei der Festsetzung der Steuerschuldfälligkeiten und der Steuerzinsverpflichtungen nicht an bürgerlich-rechtliche Vorschriften wie § 362 BGB gebunden. Ebenso wie er nicht gehindert gewesen wäre, einen höheren Steuersatz anzuordnen, könne er nach seinem Ermessen auch bestimmen, daß auf die Abgabeschuld trotz geleisteter Zahlungen für eine bestimmte Zeit noch Zinsen zu entrichten seien.
3. Im Laufe des Vorverfahrens hat die Beschwerdeführerin die Abgabe gemäß § 199 LAG abgelöst.
II.
1. Mit der Verfassungsbeschwerde greift die Beschwerdeführerin die Auslegung der §§ 175, 176 LAG durch die Finanzbehörde und die Finanzgerichte an. Sie sieht darin eine Verletzung ihrer Grundreche aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG und beantragt, die im Rubrum genannten Entscheidungen aufzuheben, hilfsweise, die §§ 175, 176 LAG für nichtig zu erklären. Zur Begründung trägt sie u.a. folgendes vor:
a) Aus dem klaren Wortlaut der §§ 172, 175 und 176 LAG sowie aus ihrem Zusammenhang ergebe sich der objektive Wille des Gesetzgebers, daß Zinsen und Tilgung nicht jährlich, sondern mit dem einzelnen Tilgungsakt des Vierteljahrsbetrages zu verrechnen seien. Demgegenüber sei ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte nicht zulässig. Wenn der Gesetzgeber regelwidrig die Vierteljahrsbeträge nur als Vorauszahlungen auf post numerando geschuldete Jahresbeträge hätte verstehen wollen, so hätte er dies ausdrücklich anordnen müssen.
Die entgegengesetzte Auslegung in den angefochtenen Entscheidungen sei willkürlich. Wenn die Beschwerdeführerin danach die Abgabeschuld auch nach der teilweisen Tilgung durch den Vierteljahrsbetrag bis zum Jahresende in unveränderter Höhe verzinsen müsse, so würde ihr damit ohne gesetzliche Grundlage eine zusätzliche Last auferlegt. Denn die Höhe der zu tilgenden und nur bis zu ihrer Tilgung zu verzinsenden Schuld sei in den §§ 162 bis 172 LAG abschließend festgelegt; die §§ 175 und 176 LAG enthielten nur Modalitäten der Verzinsung und Tilgung, wobei lediglich die Höhe der Zinsen in bezug auf einen Jahreszeitraum bestimmt werde. Die Verzinsung einer bereits entrichteten Kapitalschuld sei rechtlich und wirtschaftlich undenkbar.
Wenn dem Begriff „Jahresleistung” in § 176 LAG die Norm entnommen werde, daß die Verzinsung und Tilgung für Jahreszeiträume post numerando zu berechnen seien, so werde damit ein unbestimmter Rechtsbegriff in eine Ermächtigung zu einer Ermessensentscheidung umgedeutet. Dies verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Es sei auch sachfremd und unvereinbar mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn sich die Rechtsprechung durch eine vom Gesetzeswortlaut nicht mehr gedeckte Auslegung in den Dienst finanzpolitischer Wünsche der Exekutive stelle.
b) Falls die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften durch die angefochtenen Entscheidungen dennoch richtig sein sollte, so sei das Gesetz selbst verfassungswidrig. Denn es gebe in diesem Falle durch mangelnde Präzision den Finanzbehörden eine rechtsstaatswidrige „verdeckte” Ermächtigung zu Eingriffen in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre und verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der im Steuerrecht die Tatbestandsmäßigkeit jeder Forderung verlange (vgl. BVerfGE 7, 282 [301 f.]). Zugleich sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil den Schuldnern der Kreditgewinnabgabe hierdurch im Vergleich zu den Schuldnern der Vermögensabgabe und Hypothekengewinnabgabe willkürlich und in Widerspruch zu dem Grundsatz des § 362 BGB eine Sonderlast auferlegt werde.
2. Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde erblickt die Beschwer darin, daß die Beschwerdeführerin in dem von den Finanzgerichten bestätigten Abgabebescheid infolge einer angeblich falschen Verrechnung der Zins- und Tilgungsleistungen zur Zahlung von 86 statt von 84 vierteljährlichen Teilbeträgen herangezogen worden ist Diese Beschwer ist nicht dadurch Weggefallen, daß die Beschwerdeführerin im Laufe des Vorverfahrens die Kreditgewinnabgabe nach § 199 LAG abgelöst hat; denn die streitige Verrechnung ist auch für die Höhe der Ablösungssumme von Bedeutung.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin beruhen jedoch die angefochtenen Entscheidungen weder auf der Anwendung einer ihrer Grundrechte verletzenden Rechtsnorm noch enthält die Rechtsanwendung selbst einen solchen Verfassungsverstoß.
I.
Die den angefochtenen Entscheidungen zugrunde liegenden Vorschriften – §§ 175, 176 LAG – verletzen nicht das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Zwar ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ob bei der Kreditgewinnabgabe jeder einzelne, vierteljährlich zu entrichtende, Teilbetrag zugleich als Tilgungsleistung zu bewerten ist (vierteljährliche Fälligkeit) oder ob erst die aus den vier Teilbeträgen bestehende Jahresleistung Tilgungswirkung hat (jährliche Fälligkeit). Dennoch ermangeln die genannten Vorschriften nicht der notwendigen Bestimmtheit, die das Rechtsstaatsprinzip besonders bei belastenden Vorschriften verlangt.
Diesem Erfordernis ist auch bei Steuerrechtsnormen genügt, wenn der Gesetzgeber die wesentlichen Bestimmungen über die Steuer oder Abgabe mit hinreichender Genauigkeit trifft; er braucht nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgange vielfach auch gar nicht in der Lage (vgl. BVerfGE 3, 225 [243]). Vielmehr ist es Sache der Verwaltungsbehörden und Gerichte, die bei der Gesetzesanwendung mangels ausdrücklicher Regelungen auftauchenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten (vgl. BVerfGE 11, 126 [130]). Eine solche Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfGE 19, 166 [177]; 3, 225 [242 f.]).
Hinsichtlich der Kreditgewinnabgabe hat der Gesetzgeber die wesentlichen Vorschriften über die Steuerpflicht und den Steuergegenstand hinreichend genau getroffen. Die §§ 161 ff. LAG grenzen den Kreis der Abgabepflichtigen ab und bestimmen die Höhe der Abgabeschuld, die darauf zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Zahlungstermine. § 175 LAG regelt dabei nicht allein den jährlichen Zins- und Tilgungssatz, sondern begründet entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nach seinem eindeutigen Wortlaut auch die Pflicht zur Verzinsung und Tilgung der Abgabeschuld. Insgesamt ist danach die den Abgabepflichtigen auferlegte Last sowohl im ganzen (Kapitalschuld) wie in bezug auf die darauf zu erbringenden Einzelleistungen (Jahresleistung bzw. Teilbeträge der Jahresleistung) hinreichend meßbar und berechenbar (vgl. BVerfGE 13, 153 [160]). Die hier streitige Frage der Verrechnung der vierteljährlich zu entrichtenden Teilbeträge auf Zinsen und Tilgung stellt demgegenüber eine Einzelfrage von untergeordneter Bedeutung dar, die sich durch Auslegung der §§ 175, 176 LAG auf dem üblichen Wege der Gesetzesinterpretation entscheiden läßt.
II.
1. Sowohl die Finanzbehörden wie auch die Beschwerdeführerin sind der Auffassung, daß eine solche Auslegung möglich ist und zu einer klaren Lösung führt. Sie gelangen allerdings zu entgegengesetzten Ergebnissen. Welcher dieser Auslegungen nach einfachem Recht der Vorzug gebührt oder ob gar noch eine weitere Auslegung denkbar wäre, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden; dies ist vielmehr allein Sache der fachlich zuständigen Gerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]). Hiervon kann auch dann keine Ausnahme gelten, wenn der Streit der Meinungen eine Auslegungsfrage betrifft, von deren Entscheidung die Bemessung einer Steuerschuld und damit das Ausmaß des Eingriffs in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Bürgers oder in sein Vermögen abhängt. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht hier um deswillen geboten sei, weil vom Standpunkt des Gesetzgebers nur eine Auslegung richtig sein könne und jede andere Auslegung zuungunsten des Steuerpflichtigen einen Eingriff in seine Rechtssphäre ohne die erforderliche gesetzliche Grundlage nach sich ziehe, würde das Bundesverfassungsgericht in die Rolle eines Super-Revisionsgerichts in Steuersachen drängen; dies wäre jedoch weder mit seiner eigentlichen Funktion noch mit der verfassungsmäßigen Aufgabenteilung zwischen dem Bundesverfassungsgericht und den Gerichten der für den jeweiligen Fachbereich zuständigen Gerichtszweige vereinbar.
Die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht muß sich daher auch im vorliegenden Fall darauf beschränken, ob die in den angefochtenen finanzgerichtlichen Entscheidungen vertretene Auslegung gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt, sei es, daß das Auslegungsergebnis die geltend gemachten Grundrechte verletzt, oder daß es auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung dieser Grundrechte beruht. Beides ist nicht der Fall.
2. Die den angefochtenen Entscheidungen zugrunde liegende Auslegung verletzt nicht das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Es mag dahinstehen, ob die Argumentation der Finanzgerichte aus dem Wortlaut der §§ 175, 176 LAG zwingend ist oder. ob sich nicht auch, besonders bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die Auffassung vertreten ließe, daß zwischen den Begriffen „Teilbetrag” i. S. des § 176 Abs. 1 LAG und „Vierteljahrsbetrag” i. S. des § 34 LAG kein grundlegender Unterschied besteht. Jedenfalls kann es nicht als willkürlich bezeichnet werden, wenn die Finanzgerichte aus dem Wortlaut des § 175 LAG und aus der Verwendung des Begriffs „Jahresleistung” in § 176 Abs. 1 LAG den Schluß ziehen, der Gesetzgeber habe hier allein eine Jahresfälligkeit anordnen und die Teilbeträge lediglich als eine Art Vorauszahlung verstehen wollen, und diese Schlußfolgerung durch eine Betrachtung der generellen Unterschiede zwischen der Regelung der Kreditgewinnabgabe im Vergleich zur Regelung der Vermögensabgabe und der Hypothekengewinnabgabe unterstützen. In der Tat ist nicht zu übersehen, daß die Verzinsung und die Tilgung der Kreditgewinnabgabe und der Vermögensabgabe ganz verschieden geregelt sind, obwohl in beiden Fällen die Abgabeschuld (Kapitalschuld) von vornherein der Höhe nach feststeht und mit dem Währungsstichtag als entstanden gilt. Während der Gesetzgeber bei der Vermögensabgabe die Entrichtung fester Vierteljahrssätze (= Prozentsätze der Abgabeschuld) für eine genau bestimmte Zeit vorschreibt, ohne selbst zu sagen, wie diese Vierteljahresleistung auf Zinsen und Tilgungsraten aufzuteilen ist, hat er bei der Kreditgewinnabgabe den anderen Weg gewählt, den jährlichen Zinssatz und den jährlichen Tilgungssatz zu bestimmen, ohne die Laufzeit der Abgabe festzulegen. Bei dieser Methode versteht es sich von selbst, daß die von den Finanzbehörden anzustellende Berechnung im Einzelfall einfacher ist, wenn für die Tilgung von der Jahresleistung auszugehen ist und nicht von dem viertel jährlichen Teilbetrag. Es ist aber durchaus sachgerecht, wenn bei Zweifeln über die Auslegung einer steuerrechtlichen Norm, die in Tausenden von Fällen angewandt werden muß, für die Feststellung des mutmaßlichen Willens des Gesetzgebers auch der Gesichtspunkt der Praktikabilität herangezogen wird.
Ebensowenig ist zu beanstanden, daß das Finanzgericht zur Klärung der bei einer Interpretation des Wortlautes verbleibenden Zweifel die Entstehungsgeschichte der streitigen Vorschriften ergänzend berücksichtigt hat (vgl. BVerfGE 1, 299 [312]; 11, 126 [130]). Nach der insoweit eindeutigen und unbestrittenen Gesetzesfassung bleiben die vierteljährlichen Teilbeträge – wenn man von den Nachholzinsen (§ 176 Abs. 2 LAG) absieht – stets der Höhe nach gleich. Der Auslegungsstreit betrifft also praktisch nur die Frage, wann die Verpflichtung zur Entrichtung dieser Teilbeträge endet, nämlich mit dein 84. Teilbetrag, d.h. nach 21 Jahren, oder mit dem 86. Teilbetrag, d.h. nach 21½ Jahren. Gerade weil sich nun bei der vom Gesetzgeber gewählten Methode eine Festlegung der Laufzeit der Abgabe im Gesetz erübrigte können die Vorstellungen der bei der endgültigen Gesetzesfassung maßgebend beteiligten Abgeordneten über die Dauer der Laufzeit für die Auslegung des Wortlautes in der streitigen Frage der Verrechnung aufschlußreich sein.
Insgesamt bestehen daher gegen die Art der Auslegung des Gesetzes durch die Finanzgerichte keine verfassungsrechtlichen Bedenken; sie hält sich durchaus im Rahmen der richterlichen Gesetzesinterpretatiton, die im Rechtsstaat Aufgabe der Gerichte ist (vgl. BVerfGE 19, 166 [176]).
3. Das gewonnene Auslegungsergebnis führt auch nicht zu einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden besonderen Belastung der Schuldner der Kreditgewinnabgabe im Vergleich zu den Schuldnern der beiden anderen Lastenausgleichsabgaben.
Zwar trifft es zu, daß das Lastenausgleichsgesetz bei der Vermögensabgabe und auch bei der Hypothekengewinnabgabe – soweit es dort nicht die Bedingungen der Reichsmark-Verbindlichkeiten zugrunde legt – den tatsächlich zu entrichtenden Teilbeträgen jeweils auch Tilgungswirkung zubilligt (vgl. § 34 Abs. 1, § 106 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LAG). Die drei Lastenausgleichsabgaben unterscheiden sich jedoch schon durch den verschiedenen Steuergegenstand und die verschiedene Grundkonzeption so wesentlich voneinander, daß der Gesetzgeber nicht gehalten war, sie in allen Einzelheiten gleich zu regeln. Wie die Bundesregierung zutreffend ausgeführt hat, weisen die Regelungen nicht nur in dem hier interessierenden Punkt, sondern auch in bedeutsameren Fragen, z.B. der Berücksichtigung der Kriegsschäden, erhebliche Unterschiede auf. Es lag daher in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 17, 381 [388 f.]; 12, 326 [337 f.]) und war jedenfalls nicht willkürlich (BVerfGE 18, 121 [124]), wenn er in bezug auf die Tilgung der Abgabe bei der Vermögensabgabe den Vierteljahrsbetrag, bei der Kreditgewinnabgabe dagegen die Jahresleistung als die geschuldete Teilleistung ansah und entsprechend die Verzinsung der Jahresleistung bis zu ihrer vollständigen Abdeckung verlangte. Außerdem ist nicht ersichtlich, daß diese Jahresabrechnung von Zinsen und Tilgung bei der Kreditgewinnabgabe zu einer vergleichsweise höheren Belastung der Abgabeschuldner führt. Da es sich bei der Kreditgewinnabgabe um eine auf dem Betriebsvermögen lastende Abgabe handelt, kommt als vergleichbar nur die vom Betriebsvermögen zu leistende Vermögensabgabe in Betracht: Der in den Vierteljahrssätzen für solches Vermögen (§ 35 LAG) anteilig enthaltene Jahreszinssatz beträgt jedoch mindestens 4,42 v. H. (vgl. Hohrmann, Kommentar zum LAG [Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe C], Anmerkung 1 zu § 37 LAG), während die Kreditgewinnabgabe nur mit 4 v. H. zu verzinsen ist.
4. Eine Verletzung von Art. 14 GG kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Abgabepflicht, soweit sie hier der Prüfung unterliegt, auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruht (vgl. BVerfGE 19, 119 [128 f.]).
Fundstellen
BStBl III 1967, 357 |
BVerfGE 21, 209 |
BVerfGE, 209 |
DStR 1967, 291 |
MDR 1967, 648 |