Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Verhandlungsfähigkeit
Beteiligte
Rechtsanwalt Ulrich Bauschulte |
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Zwischenurteil vom 24.07.2001; Aktenzeichen 6 KLs 180 Js 31000/96) |
Tenor
Das Landgericht Stuttgart – 6. Strafkammer/Wirtschaftsstrafkammer – wird angewiesen, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers keine Hauptverhandlungstermine im Strafverfahren gegen E. H. – 6 KLs 180 Js 31000/96 – durchzuführen.
Tatbestand
I.
Der 66 Jahre alte Beschwerdeführer, ein portugiesischer Staatsangehöriger, wurde auf Grund internationalen Haftbefehls in Spanien festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Das Landgericht Stuttgart eröffnete gegen ihn wegen des Vorwurfs, er habe in 101 Fällen Kapitalanleger betrogen und dadurch einen Gesamtschaden von über 100 Mio. DM verursacht, die Hauptverhandlung; wegen weiterer neun Fälle erstrebt die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Nachauslieferung.
Da der Beschwerdeführer an einer schwer wiegenden Herzinsuffizienz (NYHA III – IV) sowie an einer koronaren 1-Gefäßerkrankung, einem Diabetes mellitus und einer arteriellen Hypertonie leidet, ordnete das Landgericht auf seinen Antrag die Einholung eines internistisch-kardiologischen Sachverständigengutachtens zur Feststellung seiner Verhandlungsfähigkeit an. In den Gründen des Beschlusses betonte das Landgericht, da das durchzuführende Strafverfahren äußerst schwierig und umfangreich sei, die Staatsanwaltschaft beabsichtige, gegen den bestreitenden Beschwerdeführer die Verhängung von Sicherungsverwahrung zu beantragen, und ein abgekürztes Verfahren angesichts der gegensätzlichen Positionen von Staatsanwaltschaft und Angeschuldigtem als fern liegend erscheine, müssten ca. 600 Zeugen vernommen und unzählige Urkunden in den Prozess eingeführt werden. Durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer kein Deutsch spreche und daher ein Dolmetscher für die englische Sprache erforderlich sei, werde das Verfahren auch in zeitlicher Hinsicht zusätzlich erschwert. Bei der von dem den Beschwerdeführer im Justizvollzugskrankenhaus behandelnden Arzt vorgeschlagenen Verfahrensweise von zwei bis maximal drei Verhandlungstagen zu je drei Stunden pro Woche müsse von einer mehrjährigen Verhandlungsdauer ausgegangen werden. Hierbei sei noch nicht berücksichtigt, dass die Staatsanwaltschaft möglicherweise Nachtragsanklage wegen weiterer Vorwürfe des Betrugs im Umfang von weiteren 80 Mio. DM erhebe, sollte die Nachtragsauslieferung bewilligt werden.
Die mit der Erstellung des Gutachtens beauftragten medizinischen Sachverständigen bestätigen in ihrem schriftlichen Gutachten vom 22. Juli 2001 die genannten Krankheiten des Beschwerdeführers: In erster Linie leide er unter einer ausgeprägten, durch Pumpschwäche und Vergrößerung des linken Herzens begründeten Herzinsuffizienz, die trotz ausgedehnter medikamentöser Behandlung voranschreite und zu schwersten Atemnotanfällen mit Erstickungsängsten führe. Diese Herzmuskelschwäche, die nicht auf die gleichzeitig bestehende, mit rezidivierenden Angina Pectoris-Anfällen verbundene, koronare Herzerkrankung zurückzuführen sei, habe innerhalb des letzten Jahres zu einer Undichtigkeit der Einflussherzklappe für das linke Herz und zu einer Vergrößerung der übrigen Herzkammern mit Rückstau des Blutes bis in die Leber geführt. Überlebensangaben für Patienten mit derart fortgeschrittener Herzinsuffizienz fänden sich in der Literatur von 50 % für einen Zeitraum zwischen zwei im kürzesten und sieben Jahren im längeren Fall.
Die Verhandlungsfähigkeit sei – wie in einem Vorgutachten des Leitenden Arztes der Abteilung für Innere Medizin des Justizvollzugskrankenhauses Dr. med. L. empfohlen – auf eine maximale Verhandlungszeit von zwei Mal je anderthalb Stunden an drei Tagen in der Woche beschränkt. Voraussetzung sei dabei, dass die Verbringung in den Gerichtssaal mit keinerlei körperlicher Anstrengung verbunden sei und der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer halb sitzenden/halb liegenden Position während der Verhandlung habe. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei eine Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers mit über 50 % Wahrscheinlichkeit nur für das nächste viertel bis halbe Jahr vorhersagbar. Selbstverständlich führe die naturgemäß auftretende psychische Belastung während einer Verhandlung zu einer kardialen Mehrbelastung, insbesondere bei gleichzeitig bestehendem Bluthochdruck. Durch eine adäquate und vor allem auch regelmäßige Medikamentenbehandlung könne aber in den meisten Fällen eine befriedigende Einstellung gefunden werden. Gleichwohl fördere psychische Erregung bei Patienten mit erheblich vorgeschädigtem linken Herzen das Auftreten von gravierenden Herzrhytmusstörungen, die eine der Haupttodesursachen solcher Patienten darstellten. Da sie aber häufig auch durch Erregungen bzw. Stresshormonausschüttung im täglichen Leben, während alltäglicher psychischer Belastungssituationen (von Telefonaten bis Fußballspielen im Fernsehen) auftreten könnten, seien sie aus Sicht der Gutachter im Wesentlichen dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Die Gefahr für den Beschwerdeführer, in einer psychischen Stresssituation während der Verhandlung lebensbedrohliche Herzrhytmusstörungen zu erleiden, bestehe – wie einer der Sachverständigen später fernmündlich erläuterte – jederzeit; eine solche Komplikation führe dann selbst bei sofort eingeleiteter Defibrillation in 50 % der Fälle zum sofortigen Tod. Von einer hohen Wahrscheinlichkeit bzw. nahe liegenden konkreten Gefahr, dass der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung Herzrhytmusstörungen erleiden werde, könne man aber nicht sprechen; mehr als 50 % Wahrscheinlichkeit könne man nicht geben.
In dem schriftlichen Gutachten vom 22. Juli 2001 heißt es weiter, die ausgeprägte Herzinsuffizienz begründe angesichts des vom Gericht dargestellten langen Verlaufs des zu erwartenden Prozesses eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer während des laufenden Prozesses versterbe, da – je nach Studie – 50 % derartiger Patienten nach zwei bis sieben Jahren verstorben seien. Dieser Zeitraum beginne – so eine weitere fernmündliche Erläuterung des Sachverständigen – ab der ersten massiven Störung, die beim Beschwerdeführer erstmals vor ca. einem Jahr festgestellt worden sei, so dass sich bei ihm die genannte statistische Frist bereits um ein Jahr verkürzt habe. Nach dem Urteil der Gutachter muss wegen der fortschreitenden Herzschwäche während des Prozessverlaufs zudem mit andauernden Krankenhausaufenthalten gerechnet werden.
Die vorstehende Einschätzung teilt auch der den Beschwerdeführer im Justizvollzugskrankenhaus behandelnde Arzt.
Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2001 beantragte der Beschwerdeführer, das Verfahren wegen seiner in dem Gutachten des Prof. Dr. med. S. festgestellten krankheitsbedingten dauerhaften Verhandlungsunfähigkeit einzustellen.
Das Landgericht lehnte eine Verfahrenseinstellung durch Beschluss vom 24. Juli 2001 mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei – wenn auch nur eingeschränkt – verhandlungsfähig. Nach den vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19. Juni 1979 (BVerfGE 51, 324 ≪343 ff.≫) aufgestellten Grundsätzen läge eine die Verfahrenseinstellung rechtfertigende Gefährdung der Grundrechte des Beschwerdeführers nur dann vor, wenn ernsthaft zu befürchten wäre, dass er bei Durchführung der Hauptverhandlung sein Leben einbüßen oder schwer wiegenden Schaden an seiner Gesundheit nehmen würde.
Für die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten aus rechtlicher Sicht sei zunächst maßgeblich, dass sowohl der Sachverständige Dr. med. L. als auch die Professoren Dres. S. und H. eine sachlich und zeitlich auf maximal ein halbes Jahr begrenzte Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers bejaht hätten. Die Dauer des Verfahrens könne gegenwärtig noch nicht abschließend vorhergesehen werden. Der Angeklagte bestreite den Tatvorwurf. Die Staatsanwaltschaft wolle bislang das Verfahren in vollem Umfang gegen den Beschwerdeführer betreiben und auch noch weitere Tatvorwürfe gegen ihn verfolgen, die noch nicht Gegenstand der Anklage seien. Eine vollumfängliche streitige Hauptverhandlung würde voraussichtlich ein mehrjähriges Großverfahren bedeuten. Ob das Verfahren unter diesen Umständen gleichwohl doch noch im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten oder etwa durch großzügige Verfahrensabtrennung wenigstens teilweise zum Abschluss gebracht werden könne, werde erst in der Hauptverhandlung zu klären sein. Deshalb müsse die Kammer bei der Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers auch die Möglichkeit einer relativ kurzen Hauptverhandlungsdauer in Betracht ziehen, für die – unter den angeführten Einschränkungen – aus ärztlicher Sicht die Durchführung der Hauptverhandlung für möglich erachtet werde.
Eine ernsthafte konkrete Leibes- oder Lebensgefahr des Beschwerdeführers, die bereits im gegenwärtigen Verfahrensstadium eine Verfahrenseinstellung erlauben und gebieten würde, liege nicht vor. Soweit im Gutachten der Professoren Dres. S. und H. ausgeführt sei, dass psychische Erregungen auch allgemeiner Natur bei dem Krankheitsbild des Beschwerdeführers für das Auftreten von gravierenden Herzrhytmusstörungen förderlich seien, diese Herzrhytmusstörungen die hauptsächliche Todesursache für solche Patienten darstellten und mit ihrem Auftreten jederzeit, auch in der Hauptverhandlung, gerechnet werden müsse, sei diese Gefahr – der medizinischen Einordnung der Gutachter folgend – dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuordnen, stelle also nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen ein vom Beschwerdeführer im Interesse einer wirksamen Rechtspflege hinzunehmendes Risiko dar. Nach der ergänzenden sachverständigen Äußerung sei der Beschwerdeführer zwar „potentiell gefährdet”, eine lebensbedrohliche Herzrhytmusstörung zu bekommen; jedoch liege eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür nicht vor, von einer konkreten Gefahr könne man nicht sprechen.
II.
Gegen den eine Verfahrenseinstellung ablehnenden Beschluss richtet sich die Verfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG rügt. Die Annahme des Landgerichts, er sei verhandlungsfähig, beruhe auf einer Verkennung der vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 19. Juni 1979 (BVerfGE 51, 324 ff.) aufgestellten verfassungsrechtlichen Grundsätze.
1. Die Zuordnung der dem Beschwerdeführer jederzeit – auch in der Hauptverhandlung – drohenden Gefahr, lebensgefährliche Herzrhytmusstörungen zu erleiden, zum Bereich des allgemeinen, im Interesse einer wirksamen Rechtspflege hinzunehmenden Lebensrisikos, sei falsch und verfehle die auf die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abstellenden verfassungsrechtlichen Vorgaben. Für den Beschwerdeführer bestehe nicht nur eine – nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen hinzunehmende – Möglichkeit, infolge einer bei Durchführung der Hauptverhandlung – angesichts der schwer wiegenden Vorwürfe, der zu erwartenden langjährigen Freiheitsstrafe und der von der Staatsanwaltschaft angestrebten Sicherungsverwahrung – zu erwartenden erheblichen Erregung lebensbedrohliche Herzrhytmusstörungen zu erleiden, sondern eine weit über den Normalfall hinausgehende Wahrscheinlichkeit, die der Sachverständige mit 50 % veranschlage. Dessen medizinische Einschätzung, es handele sich insoweit nicht um eine hohe Wahrscheinlichkeit bzw. nahe liegende konkrete Gefahr, sei für die rechtliche Beurteilung, ob eine ernsthafte Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers der Fortsetzung des Strafverfahrens entgegenstehe, unerheblich. Eine solche ernsthafte Gefährdung müsse bejaht werden, wenn – statistisch gesehen – von zwei Angeklagten mit dem Krankheitsbild des Beschwerdeführers einer eine lebensbedrohliche Komplikation erleide, die er mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % nicht überlebe.
2. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Landgericht den Beschwerdeführer diesem erheblichen Risiko aussetzen wolle, obwohl allenfalls eine vage Hoffnung bestehe, innerhalb der ihm zumutbaren Zeitspanne eine Verfahrensbeendigung durch Urteil zu erreichen. Die Einschätzung, in der Hauptverhandlung werde sich klären lassen, ob das Verfahren nicht doch innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen werden könne, entbehre jeglicher Grundlage. In dem angegriffenen Beschluss weise das Landgericht selbst darauf hin, dass der Beschwerdeführer den Tatvorwurf bestreite und die Staatsanwaltschaft das Verfahren in vollem Umfang gegen ihn betreiben und auch noch weitere Tatvorwürfe gegen ihn verfolgen wolle, so dass eine vollumfängliche streitige Hauptverhandlung voraussichtlich ein mehrjähriges Großverfahren bedeuten werde. Das Landgericht beabsichtige also, ihn einer erheblichen Lebensgefahr auszusetzen, obwohl das Verfahren aller Voraussicht nach zu keinem Ergebnis führen werde.
Entscheidungsgründe
III.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweise sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 173 ≪179 f.≫ stRspr).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet.
a) Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen. Dem Beschwerdeführer droht nach seinem auf das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten gestützten Vorbringen bei Durchführung der Hauptverhandlung ein mit stressbedingten Herzrhytmusstörungen verbundenes, in der Hälfte der Fälle tödliches Kammerflimmern, d. h. eine später nicht mehr zu behebende Grundrechtsbeeinträchtigung. Unter diesen Umständen kann ihm nicht zugemutet werden, vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde zunächst den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten und gegebenenfalls im Revisionsrechtszug zu rügen, dass die Hauptverhandlung vor der Strafkammer nicht hätte stattfinden dürfen (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG; vgl. BVerfGE 51, 324 ≪342 f.≫).
b) Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht offensichtlich unbegründet. Sie wirft in der Hauptsache die Frage auf, ob die vom Landgericht in Auslegung und Anwendung des § 206 a StPO getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer sei zumindest eingeschränkt verhandlungsfähig, mit dessen Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) vereinbar ist.
Ob der angegriffene Beschluss den vom Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 19. Juni 1979 (BVerfGE 51, 324 ≪343 f.≫) hierzu entwickelten Grundsätzen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Die Rügen des Beschwerdeführers sind jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet.
3. In die danach gebotene Abwägung ist zunächst einzustellen, dass dann, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hat, für den Beschwerdeführer die Gefahr besteht, durch die psychischen Belastungen einer Hauptverhandlung, die zur Verhängung einer langjährigen Freiheitsstrafe und zusätzlich zur Anordnung von Sicherungsverwahrung gegen ihn führen könnte, ein Herzkammerflimmern zu erleiden und dadurch sein Leben einzubüßen oder erheblichen Schaden an der Gesundheit zu nehmen.
Wird dagegen dem Landgericht die Durchführung von Hauptverhandlungsterminen bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde einstweilen untersagt, so verzögert sich hierdurch die Durchführung des Strafverfahrens, dessen Dauer nach den Feststellungen der Gutachter ohnehin auf höchstens ein halbes Jahr begrenzt ist, lediglich um mehrere Wochen. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Strafrechtspflege, die die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs auch unter Berücksichtigung der von den Gutachtern angegebenen zeitlichen Begrenzung der Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht in Frage stellt, wiegt gegenüber der dem Beschwerdeführer durch einen Beginn der Hauptverhandlung drohenden Lebens- bzw. Gesundheitsgefahr weit weniger schwer. Deshalb darf er einer solchen Gefahr solange nicht ausgesetzt werden, bis durch eine Hauptsacheentscheidung des Bundesverfassungsgerichts geklärt ist, ob diese Gesundheitsgefährdung zur Gewährleistung der Strafrechtspflege von Verfassungs wegen hingenommen werden kann.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Jentsch, Hassemer
Fundstellen
Haufe-Index 635254 |
NJW 2002, 53 |
wistra 2001, 417 |