Auslegung und Anwendung des Rechts in den angegriffenen Entscheidungen und die damit einhergehende Beschränkung der Inkassotätigkeit verletzen die Beschwerdeführerin in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit.
a) Das Rechtsberatungsgesetz enthält in Art. 1 § 1 Satz 1 ein Verbot jeglicher geschäftsmäßiger Rechtsberatung und Rechtsbesorgung mit der Möglichkeit, behördliche Teilerlaubnisse zu gewähren. Die Berufstätigkeit des Inkassounternehmers wird der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und der Rechtsberatung gleichgestellt und damit ebenfalls einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterstellt. Was geschäftsmäßige Rechtsberatung ist, bedarf wegen der generalklauselartigen Umschreibung der Abklärung im Einzelfall, die sowohl die durch das Gesetz geschützten Belange als auch die Freiheitsrechte des Einzelnen zu berücksichtigen hat. Soweit Personen, die nicht Rechtsanwälte sind, aufgrund ausdrücklicher Erlaubnis berechtigt sind, geschäftsmäßig Forderungen außergerichtlich einzuziehen, ist ihnen nach dem Inhalt und der Systematik des Gesetzes zugleich, allerdings nur für einen Teilbereich, auch die geschäftsmäßige Rechtsberatung und Rechtsbesorgung erlaubt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2002, S. 1190 ≪1192≫).
b) Auslegung und Anwendung der einschlägigen Normen sind grundsätzlich Aufgabe der Fachgerichte und können vom Bundesverfassungsgericht – abgesehen von Verstößen gegen das Willkürverbot – nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Normen die Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f., 96≫; 85, 248 ≪257 f.≫; 97, 12 ≪27≫). Dazu kann es im Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 GG insbesondere dann kommen, wenn bei Auslegung und Anwendung der Normen die typischen Merkmale einer Berufstätigkeit nicht gewürdigt oder mit den entgegenstehenden Gemeinwohlinteressen grundrechtliche Belange nicht in ein angemessenes Verhältnis gebracht worden sind (vgl. BVerfGE 97, 12 ≪27≫). So liegt es hier.
Soweit die Gerichte die Schreiben der Beschwerdeführerin als unerlaubte Rechtbesorgung qualifizieren und sie nicht der vom Gesetz gestatteten außergerichtlichen Einziehungstätigkeit zuordnen, fehlt jede Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der erteilten Erlaubnis im Lichte der grundrechtlich verbürgten berufsrechtlichen Freiheit. Ebenso haben die Gerichte nicht geprüft, ob durch die Hinweisschreiben die Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes beeinträchtigt worden sind.
aa) Das Rechtsberatungsgesetz dient dem Schutz der Rechtsuchenden und einer geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 97, 12 ≪26 f.≫). Weder der Schutz der Verbraucher noch die Reibungslosigkeit der Rechtspflege rechtfertigen es aber, Inhabern einer Inkassoerlaubnis Rechtsäußerungen gegenüber ihren Klienten zu den einzuziehenden Forderungen zu verbieten (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2002, S. 1190). Sie äußern sich insoweit zu ihrem Geschäftsgegenstand und halten sich damit grundsätzlich im Rahmen der ihnen erlaubten Tätigkeit. Dabei ist nicht entscheidend, ob die rechtlichen Hinweise an ihren Vertragspartner gerichtet werden oder im Außenverhältnis auch den Forderungsschuldner erreichen. Der Schutz der Rechtspflege gebietet allein, dass dieser Rechtsrat durch hinreichend sachkundige Personen erteilt wird. Dieses Erfordernis wird durch Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG und die Sachkundeprüfung sichergestellt.
Eine effektive Inkassotätigkeit ist ohne Hinweis auf die Rechtslage, die den zahlungsunwilligen Schuldner zum außergerichtlichen Einlenken bewegen soll, auch kaum vorstellbar. Inkassounternehmen haben nicht nur die Aufgabe schlichter Mahn- und Beitreibungstätigkeit, also einer kaufmännischen Hilfeleistung, die nicht als Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten anzusehen wäre. Sie übernehmen vielmehr die Verantwortung für die wirkungsvolle Durchsetzung fremder Rechte. Gerade weil sie in ihrem Teilbereich typischerweise Rechtsbesorgung übernehmen, unter fallen sie dem Erlaubnisvorbehalt des Art. 1 § 1 Satz 2 Nr. 5 RBerG. Dann aber darf beim Forderungseinzug auch Rechtsberatung geleistet werden. Diese findet zunächst im Verhältnis zum eigenen Klienten statt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, a.a.O.). Zur Rechtsberatung gehört aber naturgemäß auch das Geltendmachen von Ansprüchen mit den rechtlichen Argumenten, die dem Gläubiger zu Gebote stehen. Wenn die Rechtsberatung gegenüber dem Klienten zugelassen ist, um die auftragsgemäße Einziehung von dessen Forderungen effektiv zu gestalten, umfasst diese Tätigkeit auch die Äußerung von Rechtsansichten gegenüber dem Schuldner nach Erhebung von Einwendungen. Diese rechtliche Qualifizierung des Geschäftsgegenstandes, für die der Inkassounternehmer seinem Mandanten gegenüber Verantwortung trägt, bleibt Teil seiner erlaubten Rechtsbesorgung und wird nicht etwa zum Rechtsrat gegenüber dem Schuldner.
Mit dem Deutschen Anwalt Verein und der Bundesrechtsanwaltskammer ist dieses Verhalten dahin zu würdigen, dass es auf außergerichtliche Streitbeilegung gerichtet ist und den Umfang der erteilten Erlaubnis nicht überschreitet. Die Äußerung von Rechtsauffassungen gegenüber Dritten im Namen eines Klienten enthält bei Inkassounternehmen ebenso wenig eine Rechtsberatung des Gegners wie bei Rechtsanwälten; es ist die durch den Auftrag legitimierte Rechtsbesorgung gegenüber dem Kunden.
bb) Der Schuldnerschutz als Verbraucherschutz steht dem nicht entgegen. Verneinte man die Befugnis des Inkassounternehmers zur Rechtserläuterung auch im Außenverhältnis, so würde letztlich nicht die Rechtspflege geschützt, sondern nur die Rechtsbesorgung durch Inkassounternehmen weitgehend auf rein kaufmännische Tätigkeiten reduziert. Für eine rein kaufmännische Tätigkeit bedürfte das Inkassounternehmen aber keiner Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Beruhte die Zahlungsverweigerung eines Schuldners nicht auf Zahlungsunfähigkeit, sondern auf einer von ihm geäußerten Rechtsmeinung, wäre bereits dieser außergerichtliche Konflikt zwischen Gläubiger und Schuldner nur mit rechtsanwaltlicher Unterstützung zu beseitigen, obwohl die außergerichtliche Forderungseinziehung nach der Wertung des Gesetzgebers nicht den Rechtsanwälten vorbehalten ist.
cc) Auch die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege ist durch die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt. Der außergerichtliche Briefwechsel berührt den Bereich der Rechtspflege noch nicht. Eine Verbindung zum gerichtlichen Mahnverfahren haben im Übrigen auch die angegriffenen Entscheidungen nicht hergestellt. Außergerichtliche Rechtsbesorgung kann auch noch während des Mahnverfahrens stattfinden. Das gilt jedenfalls solange, wie das Inkassounternehmen keine prozessualen Erklärungen gegenüber dem Gericht abgibt und auch sonst keine Interaktion zwischen dem Inkassounternehmen und dem Gericht stattfindet. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RBerG betrifft nach Wortlaut und Sinn nicht allein vorgerichtliche, sondern die außergerichtliche Tätigkeit schlechthin. Aus Gründen des Schutzes der Rechtspflege sollen lediglich die Gerichte vor Anträgen und sonstigen Schriftsätzen von Inkassounternehmen bewahrt werden.