Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
Beteiligte
Rechtsanwälte Uwe Behnsen und Koll. |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Sie ist nicht grundsätzlich bedeutsam und ihre Annahme zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beschwerdeführerin entgegen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG den ihr durch § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG eröffneten Teilrechtsweg nicht ausgeschöpft hat. Nach dem Grundsatz der Subsidiarität (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) muss die Verfassungsbeschwerde erforderlich sein, um eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das ist nicht der Fall, wenn eine anderweitige Möglichkeit besteht oder bestand, um die Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder im praktischen Ergebnis ohne Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts dasselbe zu erreichen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 1996 – 2 BvR 2952/95 –, NVwZ-Beilage 1996, S. 66 ≪67≫; ferner BVerfGE 81, 97 ≪102≫; 22, 287 ≪290≫). Die Verfassungsbeschwerde ist demnach unzulässig, wenn der Beschwerdeführer von einem zulässigen Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht hat oder ein an sich zulässiges Rechtsmittel aus prozessualen Gründen zurückgewiesen wird. Gemessen daran hat die Beschwerdeführerin von der Möglichkeit, die Berufungszulassung gemäß § 78 AsylVfG zu erstreiten, nicht in angemessener Weise Gebrauch gemacht. Angesichts der Tatsache, dass sie nach dem Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts Hannover geboren wurde, das die Asylberechtigung ihres Vaters aus Art. 16a Abs. 1 GG anerkannte, wäre ihr zumutbar gewesen, ihren Berufungszulassungsantrag gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG auch auf die bislang in der Rechtsprechung nicht hinlänglich geklärte Rechtsfrage zu stützen, ob sie entsprechend einer in der asylverfahrensrechtlichen Kommentarliteratur vertretenen Rechtsauffassung (vgl. Marx, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1999, § 26 Rn. 39 a.E.; ferner Schnäbele, in: GK-AsylVfG, Stand: September 2000, § 26 Rn. 79) ihr Familienasylbegehren statt innerhalb der kurzen Frist des § 26 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG in der Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG hätte anbringen können.
2. Die Verfassungsbeschwerde hat aber auch in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Soweit die Beschwerdeführerin ihre Verfassungsbeschwerde darauf stützt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover verletze ihre Grundrechte aus den Art. 16a und 6 GG, indem es ihr aufgrund der vermeintlichen Verspätung ihres Antrages gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1, 1 Nr. 3 AsylVfG Familienasyl versage, verkennt sie, dass keines dieser Grundrechte – weder allein noch in Verbindung mit dem jeweils anderen – die Gewährung von Familienasyl an nahe Angehörige fordert, die selbst nicht politisch verfolgt sind. Die einfachrechtliche Vorschrift des § 26 AsylVfG geht weiter als es von Verfassungs wegen erforderlich wäre (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 1991 – 2 BvR 720/91 –, NVwZ 1991, S. 978 zu § 7a Abs. 3 AsylVfG a.F.). Da sich auch nicht erkennen lässt, dass das Verwaltungsgericht die Fristbestimmung des § 26 AsylVfG im Fall der Beschwerdeführerin willkürlich ausgelegt oder angewendet hätte, betrifft die Beschwerde insoweit die Nachprüfung der Anwendung einfachen Rechts durch die Fachgerichte, die dem Bundesverfassungsgericht entzogen ist (BVerfGE 18, 81 ≪92 f.≫).
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Broß, Osterloh
Fundstellen