Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer hat im Ausgangsverfahren erfolglos die Ausstellung eines Erbscheins als gesetzlicher Miterbe seiner verstorbenen Ehefrau beantragt. Er wendet sich gegen die Auffassung der Gerichte, daß sein Erbrecht nach § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen sei.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers hatte nach Zustellung des von diesem gestellten Scheidungsantrags dem Familiengericht in einem persönlich unterzeichneten Schreiben mitgeteilt, daß sie der Scheidung zustimmen werde. Später beging sie Selbstmord, noch ehe es zu einer mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren gekommen war.
In den angegriffenen Entscheidungen ist die privatschriftliche Erklärung der Ehefrau als Zustimmung zur Scheidung im Sinne von § 1933 Satz 1 BGB angesehen worden. Die Gerichte haben angenommen, daß eine solche Zustimmung auch durch ein persönliches Schreiben gegenüber dem Familiengericht wirksam erklärt werden könne.
Entscheidungsgründe
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung der Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1, 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, 19 Abs. 4, 101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 1 GG. § 1933 Satz 1 BGB sei verfassungswidrig, weil der Zeitpunkt des Ausschlusses des Ehegattenerbrechts für beide Ehegatten unterschiedlich bestimmt werde. Dies sei mit Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Mit der erweiternden Auslegung, wonach auch eine privatschriftliche Zustimmung zum Ausschluß des Ehegattenerbrechts führe, hätten die angegriffenen Entscheidungen versucht, diesen Bedenken zumindest teilweise Rechnung zu tragen. Dies verstoße jedoch gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil zur Korrektur des § 1933 Satz 1 BGB ausschließlich der Gesetzgeber berufen sei und das Erbrecht nur durch diesen und nicht durch ein Gericht ausgeschlossen werden dürfe. Die erweiternde Auslegung in einem Bereich, dessen Regelung die Verfassung ausdrücklich dem Gesetzgeber vorbehalte, verletze auch Art. 20 Abs. 3 GG. Da die Gerichte von der Verfassungswidrigkeit des § 1933 Satz 1 BGB ausgegangen seien, hätten sie gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen müssen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletze ihn in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch deshalb, weil das Gericht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts (OLG Zweibrücken, OLGZ 1983, S. 160) abgewichen sei und daher die weitere Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof hätte vorlegen müssen. Die Entscheidung des Landgerichts stelle eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung dar, weil er sich zu der darin geäußerten Rechtsauffassung und zu bei Gericht eingegangenen Stellungnahmen nicht hinreichend habe äußern können. Außerdem sei sein eigenes Vorbringen nicht angemessen berücksichtigt worden.
III.
Das Justizministerium Baden-Württemberg hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Soweit § 1933 Satz 1 BGB für die angegriffenen Entscheidungen erheblich sei, bestünden gegen diese Vorschrift keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch die Rechtsanwendung und das Verfahren der Gerichte ließen Grundrechtsverstöße nicht erkennen.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (1.) noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten angezeigt (2.).
Die Verfassungsbeschwerde wirft keine klärungsbedürftigen verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen auf. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf § 1933 Satz 1 2. Alternative BGB, wonach mit der Zustimmung zu einem begründeten Scheidungsantrag das Ehegattenerbrecht beidseitig entfällt. Diese Vorschrift ist verfassungsrechtlich offensichtlich nicht zu beanstanden. Durch sie wird der für den Fall der rechtskräftigen Scheidung ohnehin eintretende Verlust des gesetzlichen Ehegattenerbrechts unter den genannten Voraussetzungen vorverlegt. Dem liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, das gesetzliche Ehegattenerbrecht entspreche nicht mehr dem Interesse eines Erblassers, wenn beide Ehegatten durch begründeten Scheidungsantrag und Zustimmung zu erkennen gegeben haben, daß sie an der Ehe nicht mehr festhalten wollen. Diese Einschätzung ist sachgerecht und überschreitet nicht den bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Erbrechts dem Gesetzgeber durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Wertungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. hierzu BVerfG, Beschluß vom 14. Dezember 1994 – 1 BvR 720/90 –, S. 18 ff. des amtlichen Umdrucks). Da dieser Ausschluß des Ehegattenerbrechts das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen und die Scheidungsabsicht beider Ehepartner voraussetzt, ist auch Art. 6 Abs. 1 GG weder in seiner Bedeutung als Institutsgarantie noch als Freiheitsrecht beeinträchtigt. Die vorliegend entscheidungserhebliche Alternative des § 1933 Satz 1 BGB wahrt schließlich auch die Gegenseitigkeit des Ehegattenerbrechts und ist deshalb auch im Hinblick auf das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG unbedenklich.
Demgegenüber kann offenbleiben, ob der einseitige Erbrechtsverlust des Scheidungsgegners aufgrund eines begründeten Scheidungsantrags (§ 1933 Satz 1 1. Alternative BGB) verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Dieser Regelungsinhalt des § 1933 Satz 1 BGB hatte für die angegriffenen Beschlüsse keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Für seine verfassungsgerichtliche Überprüfung besteht keine Veranlassung, weil er mit dem hier einschlägigen beidseitigen Erbrechtsausschluß (§ 1933 Satz 1 2. Alternative BGB) keine untrennbare Einheit bildet (vgl. hierzu BVerfGE 8, 274 ≪301≫; 9, 305 ≪333≫; 21, 6 ≪8≫; 47, 253 ≪284≫). Die Gründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, bei der Umgestaltung des Ehegattenerbrechts durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421) das Ehegattenerbrecht beidseitig nicht erst mit Rechtskraft der Scheidung, sondern gemäß § 1933 Satz 1 2. Alternative BGB schon mit Zustimmung zu einem begründeten Scheidungsantrag entfallen zu lassen (vgl. BTDrucks. 7/4361, S. 52), würden ihren Sinn und ihre Rechtfertigung selbst dann behalten, wenn der in § 1933 Satz 1 1. Alternative BGB normierte einseitige Erbrechtsausschluß verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten durch die angegriffenen Entscheidungen ist nicht ersichtlich.
Die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Regelungen unter Würdigung eines konkreten Sachverhalts ist grundsätzlich Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht schreitet nur ein, wenn die fachgerichtliche Entscheidung Verfassungsrecht verletzt (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Die maßgebliche Feststellung der Fachgerichte in den hier angegriffenen Entscheidungen, der von der Erblasserin selbst unterzeichnete Schriftsatz an das Familiengericht stelle eine wirksame Zustimmung zur Scheidung im Sinne des § 1933 Satz 1 BGB dar, gründet sich auf nachvollziehbare Erwägungen. Verfassungsrecht steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Ob auch eine andere Auslegung der insoweit angewandten Vorschriften möglich gewesen wäre, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verstößt auch nicht gegen das durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Gebot des gesetzlichen Richters. Das Gericht hat seine Verpflichtung zu einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG nicht willkürlich außer acht gelassen. Das Oberlandesgericht ist in der angegriffenen Entscheidung nicht von der vom Beschwerdeführer angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLGZ 1983, S. 160) abgewichen. Dieses hat nämlich die in dem angegriffenen Beschluß entscheidungserhebliche Frage, ob entgegen § 630 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch eine nicht protokollierte Zustimmungserklärung wirksam sein könne, ausdrücklich offengelassen. Auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG war von Verfassungs wegen nicht geboten, weil die Fachgerichte von der Verfassungsmäßigkeit der entscheidungserheblichen Regelung ausgingen.
Schließlich greifen auch die Rügen bezüglich einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht durch. Besondere Umstände, die darauf schließen ließen, daß die Gerichte Sachvortrag des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen hätten, sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 88, 366 ≪375 f.≫). Soweit der Beschwerdeführer einen Gehörsverstoß durch die Entscheidung des Landgerichts geltend macht, kann diese Rüge schon deshalb keinen Erfolg haben, weil für ihn jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Möglichkeit bestand, seine Rechtsauffassung vorzutragen und auf eine Berücksichtigung seiner rechtlichen Argumente hinzuwirken (vgl. BVerfGE 5, 9 ≪10≫; 62, 392 ≪397≫; 76, 363 ≪394≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Seidl, Seibert, Jaeger
Fundstellen