Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 22.12.1998; Aktenzeichen 5 Ss 366/98 - 97/98 I) |
LG Düsseldorf (Urteil vom 18.05.1998; Aktenzeichen XXII - 79/97) |
AG Düsseldorf (Urteil vom 19.03.1997; Aktenzeichen 104 I Ls/515 Js 177/94) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Dem Beschwerdeführer wird eine Mißbrauchsgebühr in Höhe von 3.000,- DM (in Worten: dreitausend Deutsche Mark) auferlegt.
Gründe
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine strafgerichtliche Verurteilung.
I.
1. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen gemeinschaftlichen Betruges in 44 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung. Seine hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Landgericht als unbegründet verworfen. Das Oberlandesgericht verwarf die Revision des Beschwerdeführers durch Beschluß gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Zur Begründung hat er vorgetragen: Über seinen Antrag, den Vorsitzenden des Schöffengerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, habe ein mit der Sache bereits befaßt gewesener Richter des Amtsgerichts entschieden. Sowohl in dem Verfahren vor dem Amtsgericht als auch in der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht seien Beweisanträge “als nicht spezifiziert bzw. als ungeeignet” oder zu “Unrecht” zurückgewiesen worden. Das Landgericht habe gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit verstoßen; denn das Gerichtsgebäude sei bereits verschlossen gewesen, als sein Verteidiger im Termin vom 11. Mai 1998 um Unterbrechung der Verhandlung zum Zwecke der Formulierung weiterer Beweisanträge gebeten und die Strafkammer Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung für den 18. Mai 1998 anberaumt habe. Es habe durch Zurückweisung von Akteneinsichtsanträgen gegen das “Prinzip der Ordentlichkeit des Strafverfahrens” verstoßen. Die Beweiswürdigung im Urteil des Landgerichts sei lückenhaft; sie stütze sich zudem auf die Aussage des unglaubwürdigen Mittäters. Die Verwerfung der Revision beruhe auf Willkür. Das Oberlandesgericht sei gehalten gewesen, auf die zahlreichen Gehörsverstöße korrigierend tätig zu werden.
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits nicht zulässig erhoben worden; damit ist der unsubstantiierte Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG). Der Rügevortrag entspricht trotz anwaltlicher Vertretung des Beschwerdeführers nicht den Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, Halbs. 1, 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 28, 17 ≪19≫); im übrigen ist die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz ihrer Subsidiarität unzulässig (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪127≫):
1. Die Rüge einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Ablehnungsverfahren vor dem Amtsgericht war in der Revisionsinstanz nicht mehr zulässig. Nach § 336 StPO unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts zwar auch die Entscheidungen, welche dem angefochtenen Urteil vorausgegangen sind, aber nur, sofern es auf ihnen beruht. Ein Beruhen des Berufungsurteils auf dem schöffengerichtlichen Urteil, bei dem der mit dem Ablehnungsgesuch befaßte Richter nicht mitgewirkt hat, ist ohne weiteres ausgeschlossen (vgl. RGSt 59, 299 ≪300≫; 60, 111 ≪112 f.≫).
Unzulässig war auch die in der Revisionsinstanz erhobene Rüge einer fehlerhaften Behandlung von Beweisanträgen im Verfahren vor dem Amtsgericht. Wird ein Berufungsurteil angefochten, kann die Revision nicht auf Mängel des Verfahrens vor dem Amtsgericht gestützt werden; denn das Berufungsurteil beruht nur auf der dort vorgenommenen Beweisaufnahme, nicht auf dem Urteil erster Instanz (vgl. RGSt a.a.O.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl. 1997, § 336 Rn. 4).
In Ansehung der beschriebenen (einfachrechtlichen) Rechtslage ist schon objektiv die Eignung der angegriffenen Entscheidung des Amtsgerichts, den Beschwerdeführer in einer seiner grundrechtlich geschützten Rechtspositionen zu beeinträchtigen, ausgeschlossen. Die Unmöglichkeit einer entsprechend substantiierten Behauptung liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung.
2. In bezug auf das Berufungsurteil des Landgerichts stehen der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde schon die mangelnde Rechtswegerschöpfung und damit der Grundsatz ihrer Subsidiarität entgegen; denn der Beschwerdeführer hat es versäumt, die gerügten Verfahrensfehler durch die formgerechte Anbringung von entsprechenden Verfahrensrügen im Revisionsverfahren geltend zu machen. Das ergibt sich aus der Revisionsbegründungsschrift in Verbindung mit dem Erwiderungsschreiben des Beschwerdeführers auf die nicht vorgelegte Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft. Danach haben die Rüge einer Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und die in die Sachrüge eingekleideten Rügen einer Verletzung des Beweisantragsrechts, die Aufklärungsrügen und die Rüge einer unzulässigen Beschränkung der Verteidigung durch verweigerte Akteneinsicht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprochen.
Im übrigen ist die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung unzulässig. Der Vortrag des Beschwerdeführers zeigt nicht auf, daß die tatrichterliche Beweiswürdigung jeden sachlichen Grundes entbehrt, unverständlich oder rational nicht mehr nachvollziehbar ist.
3. Daß das Oberlandesgericht die Grenze zur objektiven Willkür überschritten haben könnte, indem es die Revision als offensichtlich unbegründet verworfen hat, läßt sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Soweit sich das anhand der vorgelegten Revisionsbegründungsschrift beurteilen läßt, fehlt dafür auch jeder Anhalt.
Nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde können diese Begründungsmängel nicht mehr behoben werden (vgl. BVerfGE 28, 17 ≪19≫).
III.
Die Auferlegung einer Mißbrauchsgebühr in Höhe von 3.000,- DM beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist mißbräuchlich eingelegt. Dabei ist davon auszugehen, daß es Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und – wo nötig – die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht muß nicht hinnehmen, daß es in der Erfüllung dieser Aufgaben durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird (vgl. z.B. BVerfG NJW 1992, S. 1952; NJW 1995, S. 1418 und NStZ 1998, S. 363). Dies gilt vor allem dann, wenn nach einem beendeten Strafverfahren das Bundesverfassungsgericht lediglich als (weitere) Rechtsmittelinstanz dienen soll. Dem Beschwerdeführer war zuzumuten, wenigstens durch seinen anwaltlichen Vertreter die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde zu ermitteln und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs eingehend zu prüfen (vgl. BVerfG NJW 1997, S. 1433, 1434). Nach einer diesen Anforderungen entsprechenden Prüfung wäre jedem Einsichtigen bewußt gewesen, daß die Verfassungsbeschwerde in der vorliegenden Fassung unzulässig ist. Eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Verfahrensbevollmächtigten muß sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG). Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf einer unzulänglichen anwaltlichen Beratung beruhen, bleibt dem Beschwerdeführer die Geltendmachung eines entsprechenden Regreßanspruchs unbenommen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Winter, Hassemer
Fundstellen
Haufe-Index 1276507 |
ZAP 1999, 442 |