Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Geltung des Investitionsvorrangs für Restitutionsansprüche von Verfolgten des NS-Regimes nach § 1 Abs. 6 des Vermögensgesetzes
Verfahrensgang
VG Berlin (Zwischenurteil vom 22.06.1994; Aktenzeichen VG 31 A 167.94) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde, die die Geltung des Investitionsvorrangs für Restitutionsansprüche von Verfolgten des NS-Regimes nach § 1 Abs. 6 des Vermögensgesetzes (VermG) betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen.
Grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) wirft die Verfassungsbeschwerde nicht auf. Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte angezeigt (vgl. § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Die angegriffene Entscheidung verletzt nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Dazu kann im wesentlichen auf den Beschluß der Kammer vom 21. Oktober 1998 - 1 BvR 179/94 – (EuGRZ 1998, S. 689) verwiesen werden. Wie darin ausgeführt ist, stellt die nachträgliche Einschränkung des durch das Vermögensgesetz – nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auffassung des Verwaltungsgerichts auch in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG – konstitutiv eingeräumten Restitutionsanspruchs für Unternehmen (vgl. § 6 VermG) durch den Investitionsvorrang weder eine Enteignung noch eine mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbare Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Für die von Anfang an bestehende und deshalb weniger einschneidende Überlagerung des Anspruchs auf Rückübertragung von Grundstücken und Gebäuden durch diesen Vorrang (vgl. das Gesetz über besondere Investitionen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. September 1990 ≪BGBl II S. 885, 1157≫) kann nichts anderes gelten.
2. Wie sich aus dem angeführten Beschluß der Kammer vom 21. Oktober 1998 ergibt, stehen § 22 des Investitionsvorranggesetzes (InVorG) vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1268) und die angegriffene Entscheidung auch im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Das Vorbringen der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens zwingt nicht zu einer davon abweichenden Beurteilung. Das gilt auch für den Einwand, daß es mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei, von den Nationalsozialisten enteignetes jüdisches Vermögen – unter den Voraussetzungen des § 22 InVorG – vom Investitionsvorrang nur dann auszunehmen, wenn es Reichsvermögen geworden, nicht aber auch dann, wenn es zum Beispiel in das Eigentum eines Landes, wie hier des preußischen Staates, gelangt ist. Diese Unterscheidung beruht darauf, daß in die Liste C nach Abschnitt C Ziffer 1 Buchstabe d in Verbindung mit Abschnitt A Ziffer 5 Buchstabe d der Gemeinsamen Anweisung der Minister der Finanzen und des Innern der Deutschen Demokratischen Republik vom 11. Oktober 1961 über die Berichtigung der Grundbücher und Liegenschaftskataster für Grundstücke des ehemaligen Reichs-, Preußen-, Wehrmachts-, Landes-, Kreis- und Gemeindevermögens (abgedruckt bei Gräf, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, Investitionsvorranggesetz, 1993 ff., Anlage 1 zu § 22) nur Grundstücke und Gebäude eingetragen werden konnten, die Reichsvermögen geworden waren, und ist wie die Anknüpfung an die Liste C selbst aus den in dem Kammerbeschluß vom 21. Oktober 1998 angeführten Gründen unter Gesichtspunkten des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.
3. Im übrigen wird von einer Begründung gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Grimm, Hömig
Fundstellen