Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 02.07.2015; Aktenzeichen 7 StVK 469/15) |
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Der Antrag auf Zulassung eines Beistands wird abgelehnt.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
I.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung von Herrn F. als Beistand nach § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG ist unbegründet.
Eine Zulassung nach § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG, die in das pflichtgemäße Ermessen des Bundesverfassungsgerichts gestellt ist, kommt nur in Betracht, wenn sie objektiv sachdienlich und subjektiv notwendig ist (vgl. BVerfGE 8, 92 ≪94≫; 68, 360 ≪361≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1. Februar 1994 – 1 BvR 105/94 –, NJW 1994, S. 1272; Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Januar 2001 – 2 BvC 15/99 –, juris, Rn. 2). Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der bloße Verweis des Beschwerdeführers auf seine Inhaftierung macht noch nicht plausibel, weshalb es ihm unzumutbar wäre, sich durch eine der in § 22 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG genannten Personen vertreten zu lassen und inwiefern die Zulassung von Herrn F. als Beistand zur Erleichterung der Wahrnehmung rechtlicher Interessen gegenüber dem Gericht angezeigt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2012 – 2 BvR 1766/12 –, juris, Rn. 9).
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde des strafgefangenen Beschwerdeführers, die die Versagung von fachgerichtlichem Eilrechtsschutz gegen die Anordnung einer Disziplinarmaßnahme durch die Justizvollzugsanstalt sowie der Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren betrifft, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unzulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer den Grundsatz der Subsidiarität gewahrt hat (zur insoweit bestehenden Darlegungslast vgl. BVerfGE112, 304 ≪314 f.≫).
1. a) Zum Rechtsweg gehört, soweit statthaft, auch die Anhörungsrüge (vgl. BVerfGE 122, 190 ≪198≫). Im Rahmen des Zumutbaren muss, soweit auf diesem Wege eine Korrektur des geltend gemachten Grundrechtsverstoßes erreicht werden kann, zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde zunächst dieser Rechtsbehelf unabhängig davon ausgeschöpft werden, ob mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird (vgl. BVerfGE 134, 106 ≪113 f.≫; BVerfGK 19, 23 ≪23 f.≫; 19, 262 ≪263 f.≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Oktober 2011 – 2 BvR 2407/10 –, juris, Rn. 3; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2013 – 2 BvR 759/13 – juris, Rn. 2).
b) Dass der Grundsatz der Subsidiarität im vorliegenden Fall in der danach erforderlichen Weise gewahrt wäre, ist nicht erkennbar. Nach der Darstellung des Beschwerdeführers hat das Landgericht über dessen Eilantrag sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe entschieden, ohne ihm zuvor das Schreiben der Justizvollzugsanstalt vom 30. Juni 2015 nebst dem beigefügten Protokoll über die Anhörung des Mitgefangenen H. zugänglich zu machen. Gegen den darin liegenden Gehörsverstoß (vgl. BVerfGK 7, 438 ≪441≫; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juni 2011 – 2 BvR 960/11 –, juris; vom 24. Oktober 2012 – 2 BvR 1432/11 –, juris; vom 30. Mai 2013 – 2 BvR 885/13 –, juris) stand dem Beschwerdeführer die Anhörungsrüge offen. Ob und mit welchem Ergebnis er diese erhoben hat, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen.
2. Angesichts der Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ist dem Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung darüber versagt, ob die angegriffene Eilentscheidung des Landgerichts mit der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist (vgl. BVerfGE 19, 342 ≪347≫; 74, 358 ≪370 f.≫), zu vereinbaren ist. Diesbezüglich bestehen Bedenken, weil die Entscheidung die Feststellung enthält, dass „der Antragsteller eine Beleidigung gemäß § 185 StGB begangen hat” (vgl. hierzu aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung OLG Hamm, Beschluss vom 17. Juli 2012 – III-1 Vollz [Ws] 323/12 – juris).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Landau, Kessal-Wulf, König
Fundstellen