Verfahrensgang
OLG Rostock (Beschluss vom 21.08.1998; Aktenzeichen 3 W 3/98) |
LG Schwerin (Beschluss vom 30.12.1997; Aktenzeichen 5 T 450/97) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt, nicht zur Entscheidung an, da sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und die Annahme schon deshalb zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte nicht angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
Zwar hätte das Oberlandesgericht die sofortige weitere Beschwerde des Beschwerdeführers nicht mit der Begründung, mit Ablauf der Unterbringungsmaßnahme habe sich die Hauptsache erledigt, als unzulässig verwerfen dürfen. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluß vom 30. April 1997 (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪38 ff.≫) seine frühere Rechtsprechung, wonach Art. 19 Abs. 4 GG bei erledigten Grundrechtseingriffen in der Regel eine nachträgliche gerichtliche Prüfung durch die Fachgerichte nicht verlange, aufgegeben. Vielmehr ist ein Rechtsschutzinteresse auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozeßordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, daß der Beschwerdeführer Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden – wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden – Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen.
Zu dieser Fallgruppe gehört auch die Freiheitsentziehung nach § 70h FGG. Vorläufige Unterbringungsmaßnahmen durch einstweilige Anordnung nach § 70h Abs. 1 FGG sind zeitlich auf längstens sechs Wochen begrenzt (§ 70h Abs. 2 Satz 1 FGG). In den Fällen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung wird dieser Zeitraum häufig erheblich unterschritten. Eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme stellt auch einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar, so daß im Einzelfall ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Maßnahme bestehen kann (Beschluß der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Mai 1998 – 2 BvR 978/97 –, NJW 1998, S. 2432 f.).
Die angegriffene Entscheidung beruht allerdings nicht auf diesem Grundrechtsverstoß, da das Oberlandesgericht die Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde auch auf die Erwägung gestützt hat, daß die angefochtene Entscheidung nicht unter Verletzung formellen oder materiellen Rechts zustande gekommen sei. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es stellt keinen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG dar, daß das Oberlandesgericht sowohl hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Unterbringung als auch seiner Art und Weise den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für nicht eröffnet ansieht. Dem Beschwerdeführer wird dadurch der Rechtsschutz nicht genommen. Ihm verbleibt der Weg zu den Verwaltungsgerichten:
Für die Anfechtung von Maßnahmen der zuständigen Behörde im Verwaltungsverfahren ist nach der Generalklausel des § 40 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben, wenn nicht das Landesrecht einen davon abweichenden Rechtsweg regelt. Da das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke des Landes Mecklenburg-Vorpommern (PsychKG) – anders als Art. 18 Abs. 6 Bayerisches Unterbringungsgesetz, der vom Bayerischen Obersten Landesgericht erweiternd ausgelegt wird (vgl. dazu NJW 1983, S. 2645 f.) – eine abweichende Regelung nicht kennt, verbleibt es für die Überprüfung der vorläufigen sofortigen Unterbringung im Verwaltungsverfahren beim Rechtsweg zum Verwaltungsgericht (vgl. Saage/Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl. 1994, Abschnitt 5.1 Rn. 36).
Im übrigen wird von einer Begründung abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Broß, Osterloh
Fundstellen