Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Zulässigkeit einer Unterscheidung zwischen einem herkömmlichen Telefax und einem Computerfax im Hinblick auf das Unterschriftserfordernis nach § 130 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO) bei verfahrensbestimmenden Schriftsätzen.
1. a) Die Beschwerdeführer waren Kläger in einem Zivilrechtsstreit. Gegen die Abweisung ihrer Klage durch das Landgericht legten sie Berufung ein. Den Berufungsschriftsatz hatte der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführer während einer Dienstreise mit seinem Computer erstellt und mit seiner eingescannten Unterschrift versehen. Die Datei mit dem Schriftsatz einschließlich der Unterschrift hatte er dann per E-Mail an seine Sekretärin mit der Bitte übermittelt, den Schriftsatz umgehend an das Berufungsgericht zu faxen. Die Sekretärin hatte den Schriftsatz mit der eingescannten Unterschrift ausgedruckt und am letzten Tag der Berufungsfrist an das Gericht gefaxt.
b) Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung als unzulässig. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass die Berufung nicht formgerecht gemäß § 519 Abs. 4 in Verbindung mit § 130 Nr. 6 ZPO innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt worden sei. Dem per Telefax eingegangenen Schriftsatz fehle es an der eigenhändigen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten.
c) Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde verwarf der Bundesgerichtshof als unzulässig. Ein Verzicht auf das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift komme nur dann und insoweit in Betracht, wie technische Gegebenheiten einen solchen Verzicht erforderlich machten. Werde der Schriftsatz aber mittels eines Faxgerätes übermittelt, könne er zuvor ohne weiteres von dem Prozessbevollmächtigten unterschrieben werden. Die unterschiedliche Behandlung der Übermittlung mittels eines Computerfaxes und mittels eines herkömmlichen Faxgerätes sei auch sachlich berechtigt. Denn bei einer eingescannten Unterschrift sei nicht gewährleistet, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernehme und es sich nicht lediglich um einen Entwurf handele. Das Unterschriftserfordernis verstoße auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Denn dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführer sei eine eigenhändige Unterzeichnung problemlos möglich gewesen. Auch die Gehörsrüge der Beschwerdeführer blieb ohne Erfolg.
2. Die Beschwerdeführer rügen im Wesentlichen die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und die Verletzung von Art. 3 GG. Beide Grundrechte seien missachtet, weil die Gerichte die eingescannte Unterschrift ohne rechtfertigenden Grund nicht als Unterschrift im Sinne von § 130 Nr. 6 ZPO anerkannt hätten. § 130 Nr. 6 ZPO verlange bei einem Telefax die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie. Daraus folge aber nicht, dass es sich um die Kopie der eigenhändigen Unterschrift handeln müsse. Vielmehr sei seit dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichte (vgl. BGHZ 144, 160 ≪164 f.≫) allgemein anerkannt, dass bei einem Computerfax die eingescannte Unterschrift genüge. Für ein herkömmliches Telefax könne nichts anderes gelten. Insbesondere könne nicht darauf abgestellt werden, ob es technisch möglich sei, eine eigenhändige Unterschrift auf dem Schriftsatz anzubringen. Denn es komme nicht auf die Möglichkeit an, sondern darauf, ob die eigenhändige Unterschrift aus Gründen der Rechtssicherheit zwingend erforderlich sei. Das aber sei – wie die Rechtsprechung zum Computerfax belege – nicht der Fall.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. Über die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen der Zulässigkeit formeller Anforderungen in gerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 88, 118 ≪123 f.≫) und der Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪88≫; 95, 267 ≪316 f.≫) hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten der Beschwerdeführer angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil sie teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden. Eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten ist insoweit nicht dargetan. Das Vorbringen der Beschwerdeführer bezieht sich vielmehr allein auf die Anforderungen an die Form der Berufung.
2. Im Übrigen hat die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Soweit sich die Beschwerdeführer dagegen wenden, dass die Gerichte eine eingescannte Unterschrift bei einem Computerfax genügen lassen, während sie bei einem herkömmlichen Telefax an dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original festhalten, ist in erster Linie Art. 3 Abs. 1 GG Maßstab der Prüfung.
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dieses Gebot trifft auch die Gerichte. Ihnen ist es verwehrt, im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften zu einer dem Gesetzgeber nicht gestatteten Differenzierung zu gelangen (vgl. BVerfGE 98, 49 ≪62≫; 99, 129 ≪139≫).
An die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Ungleichbehandlungen sind besondere Anforderungen zu stellen, die je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen vom bloßen Willkürverbot bis hin zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 88, 87 ≪96≫; 107, 27 ≪47≫). Eine strenge, am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Prüfung ist vor allem dann vorzunehmen, wenn Personengruppen unterschiedlich behandelt werden (vgl. BVerfGE 55, 72 ≪88≫; 95, 267 ≪316≫). Aber auch wenn nicht Personengruppen, sondern lediglich Sachverhalte einer verschiedenen Behandlung unterliegen, ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 82, 126 ≪146≫; 107, 27 ≪46≫).
bb) Gemessen daran ist hier eine über die bloße Willkürkontrolle hinausgehende Prüfung geboten. Die Ungleichbehandlung betrifft zwar lediglich Sachverhalte, nämlich die Behandlung des Unterschriftserfordernisses beim Computerfax einerseits und beim herkömmlichen Telefax andererseits. Sie hat aber zugleich erhebliche Auswirkungen auf den grundrechtlich von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleisteten Anspruch auf Zugang zu Gericht und auf wirkungsvollen Rechtsschutz. Vor Art. 3 Abs. 1 GG kann die Ungleichbehandlung daher nur dann Bestand haben, wenn Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 88, 87 ≪98≫; 95, 267 ≪317≫). Solche Gründe liegen hier vor.
(1) Nach der Rechtsprechung der Fachgerichte folgt aus § 130 Nr. 6 ZPO, auf den § 519 Abs. 4 ZPO als die für die Einlegung der Berufung maßgebliche Vorschrift verweist, dass vorbereitende, insbesondere bestimmende Schriftsätze grundsätzlich die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, tragen müssen. Mit dem Erfordernis der Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers einer Prozesshandlung ermöglicht werden. Ferner soll ausgeschlossen werden, dass es sich bei einem dem Gericht zugeleiteten Schriftstück bloß um einen nicht autorisierten Entwurf handelt. Die Unterschrift unter dem Schriftsatz belegt insofern den unbedingten Willen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes und seine Einreichung bei Gericht zu übernehmen (vgl. BGHZ 75, 340 ≪349≫; 144, 160 ≪162≫; vgl. zum Erfordernis der Schriftform auch schon BVerfGE 15, 288 ≪291≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. März 1994 – 1 BvR 1510/93 –, NVwZ 1994, S. 781; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2002 – 2 BvR 2168/00 –, NJW 2002, S. 3534).
(2) Von dem grundsätzlichen Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift haben die Gerichte stets Ausnahmen zugelassen, wenn eine Unterschrift aufgrund der technischen Besonderheiten des Übermittlungsweges nicht möglich war. Schon das Reichsgericht hat die Übermittlung von verfahrensbestimmenden Schriftsätzen per Telegramm als zulässig angesehen (vgl. RGZ 139, 45 ≪46 ff.≫; vgl. zu weiteren Ausnahmen die Übersicht in BGHZ 144, 160 ≪162 ff.≫). Damit haben die Gerichte dem technischen Fortschritt Rechnung getragen, soweit die damit unter Umständen verbundenen Abstriche an dem gesetzlichen Regelungsziel hinnehmbar erschienen oder anderweitig zumindest teilweise kompensiert wurden.
Zu diesen Ausnahmen gehört auch die Möglichkeit, verfahrensbestimmende Schriftsätze per Computerfax an das Gericht zu übermitteln. Bei dieser von dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (vgl. BGHZ 144, 160 ≪164 f.≫) für zulässig erachteten Form wird eine mit der Textverarbeitung eines Computers erstellte Datei unmittelbar aus dem Computer an das Faxgerät des Gerichts übermittelt. Da hier ein Ausdruck im Verantwortungsbereich des Absenders nicht erstellt wird und der Schriftsatz erstmals bei Gericht die Papierform erhält, scheidet eine eigenhändige Unterschrift aus technischen Gründen aus. Dem Zweck der Rechtssicherheit kann hier aber nach Auffassung des Gemeinsamen Senats insbesondere dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, dass der zu übermittelnden Datei eine eingescannte Unterschrift angefügt wird (vgl. BGHZ 144, 160 ≪165≫).
(3) Diese hinsichtlich des Computerfaxes bestehende Ausnahme zwingt nicht dazu, sie noch auf weitere Fälle zu erstrecken. Die Beschränkung der Ausnahme auf das Computerfax wird vielmehr durch einen tragfähigen, aus dem Normzweck des § 130 Nr. 6 ZPO folgenden Sachgrund gerechtfertigt. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original des verfahrensbestimmenden Schriftsatzes vermag am wirkungsvollsten sicherzustellen, dass der Berechtigte das Schreiben autorisiert hat. Die eigenhändige Unterschrift gewährleistet, dass der Schriftsatz dem Berechtigten vor der Übermittlung vorgelegen hat und er diesen überprüfen konnte. Bei der eingescannten Unterschrift ist das nicht in gleicher Weise gegeben. Die in Dateiform gespeicherte Unterschrift kann dem Ausdruck vielmehr von jeder Person beigefügt werden, und zwar ohne dass diese Person im Nachhinein erkennbar ist.
(4) Keinen Bedenken begegnet aus diesem Grund auch das von den Gerichten gewählte Differenzierungskriterium, das auf die technische Möglichkeit der Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift abstellt. Dieses Kriterium bewirkt einerseits, dass dem technischen Fortschritt auch dann Rechnung getragen werden kann, wenn das mit gewissen Abstrichen an der Zielrichtung des § 130 Nr. 6 ZPO verbunden ist. Die damit mögliche Verwendung neuer Technologien erleichtert die Kommunikation mit dem Gericht und dient letztlich auch den Zielen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
Andererseits aber begrenzt das Differenzierungskriterium die Ausnahmen von der Regel des § 130 Nr. 6 ZPO auf diejenigen Fälle, in denen dem Unterschriftserfordernis tatsächlich nicht genügt werden kann. Diese Differenzierung ist sachgerecht, weil sie Ausnahmen und damit Abstriche an der Zielsetzung des § 130 Nr. 6 ZPO auf das unumgängliche Mindestmaß begrenzt. Dabei kann offen bleiben, ob weitere Abstriche möglicherweise vertretbar oder gar zweckmäßig wären (vgl. Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 130 Rn. 21 ff.). Denn das Bundesverfassungsgericht überprüft nicht, ob die gewählte Differenzierung die zweckmäßigste und vernünftigste Lösung darstellt (vgl. BVerfGE 71, 255 ≪271≫; 81, 156 ≪206≫).
b) Soweit sich die Beschwerdeführer generell gegen das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift wenden, ist als Prüfungsmaßstab der allgemeine Justizgewährungsanspruch maßgeblich, der seine Grundlage in Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip findet (vgl. BVerfGE 88, 118 ≪123≫; 107, 395 ≪407≫).
aa) Der allgemeine Justizgewährungsanspruch gewährleistet, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet ist. Darüber hinaus garantiert er die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 88, 118 ≪123≫). Die Rechtsschutzgewährung durch die Gerichte bedarf aber der normativen Ausgestaltung durch eine Verfahrensordnung. Deren Regelungen können für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken.
bb) Die Grenze zulässiger Ausgestaltung ist erst dann überschritten, wenn der Rechtsweg in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. BVerfGE 77, 275 ≪284≫; 88, 118 ≪123 f.≫). Diese Grenze müssen auch die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts beachten (vgl. BVerfGE 77, 275 ≪284≫; 88, 118 ≪125≫). Dem haben die Fachgerichte im Ausgangsverfahren Rechnung getragen.
Das aus § 130 Nr. 6 ZPO abgeleitete Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original des an das Gericht übermittelten herkömmlichen Telefaxes dient der Rechtssicherheit. Auch wird dadurch der Zugang zu Gericht nicht unzumutbar erschwert. Vielmehr wird es in aller Regel ohne Schwierigkeiten möglich sein, einen Schriftsatz vor der Absendung mittels eines herkömmlichen Telefaxes eigenhändig zu unterzeichnen oder aber mit einer eingescannten Unterschrift per Computerfax dem Gericht zu übermitteln. Das gilt auch im vorliegenden Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführer nicht möglich gewesen ist, statt einer E-Mail an seine Kanzlei ein Computerfax unmittelbar an das Berufungsgericht zu senden.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Gaier
Fundstellen