Verfahrensgang
LG München I (Vorlegungsbeschluss vom 21.03.2011; Aktenzeichen 13 T 17192/10) |
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
I.
Das Vorlageverfahren betrifft die Frage der Verfassungsgemäßheit der §§ 4, 5 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz – VBVG) vom 21. April 2005 (BGBl I S. 1073 ≪1077 f.≫).
1. Dem Bundesverfassungsgericht ist die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Regelung der §§ 4, 5 VBVG hinsichtlich der Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht mittellosen Betreuten, für die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet sind, während der ersten sechs Monate der Betreuung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind.
2. Die §§ 4 und 5 VBVG regeln die Vergütung von Berufsbetreuern. § 4 VBVG bestimmt die Höhe des einem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes, § 5 VBVG den – pauschalierten – Stundenansatz. Alleinige Differenzierungskriterien für den Stundenansatz sind der gewöhnliche Aufenthaltsort des Betreuten, also ob dieser in einem Heim lebt oder zu Hause, und die Dauer der Betreuung. Auf den tatsächlichen Betreuungsaufwand kommt es nicht an. § 5 Abs. 1 VBVG regelt den einem Betreuer zu vergütenden Zeitaufwand für die Betreuung eines bemittelten Betreuten, § 5 Abs. 2 VBVG den für die Betreuung eines mittellosen Betreuten. In letzterem Fall ist die Vergütung aus der Staatskasse zu entrichten. Der für die Betreuung eines mittellosen Betreuten ansetzungsfähige und damit vergütungsrelevante Zeitaufwand ist gegenüber dem bei Betreuung eines bemittelten geringer bemessen.
3. a) Im Ausgangsverfahren stellte die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie einen Antrag auf vorläufige Unterbringung der Betroffenen nach § 1846 BGB. Das Amtsgericht ordnete unter dem 12. Februar 2010 eine vorläufige Betreuung mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge an und bestellte eine vorläufige Betreuerin. Ende April 2010 leitete das Amtsgericht das Hauptsacheverfahren ein und holte ein ärztliches Gutachten ein. Die über die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens unterrichtete Betroffene gab ihr Vermögen mit ca. 300.000 EUR an. Mit Beschluss vom 28. Juli 2010 wurde die Betreuung aufgehoben.
Die Betreuerin machte auf der Grundlage der §§ 4, 5 VBVG einen Vergütungsanspruch von insgesamt 1.870 EUR geltend. Das Amtsgericht setzte die Vergütung antragsgemäß fest. Hiergegen wandte sich die Betroffene auf dem Beschwerdeweg, wobei sie geltend machte, dass die Betreuerin tatsächlich viel weniger Stunden tätig gewesen sei als vergütet wurden.
b) Das Landgericht hat das Verfahren ausgesetzt. Dem gemäß § 5 VBVG pauschal zu veranschlagenden Zeitaufwand stehe lediglich ein mit 15 Stunden zu bemessender tatsächlicher Zeitaufwand der Betreuerin gegenüber, was effektiv einen Stundensatz von 124,67 EUR statt der nach § 4 VBVG anzusetzenden 44 EUR bedeute. Angesichts der bestehenden Struktur des Rechts der Betreuervergütung sei zugrunde zu legen, dass der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG bestimmte Stundensatz von 44 EUR als angemessen anzusehen sei. Der sich vorliegend ergebende tatsächliche Stundensatz weiche hiervon um absolut 80,67 EUR je Stunde ab.
Das Bundesverfassungsgericht erkenne in ständiger Rechtsprechung an, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende Regelungen treffen dürfe. Daraus folge auch, dass Härten im Einzelfall unvermeidlich und hinzunehmen seien. Indessen rechtfertige dies nicht jede Härte im Einzelfall. Eine noch hinzunehmende Typisierung setze vielmehr voraus, dass die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen beträfen und dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Wesentlich sei ebenfalls, ob eine entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sei (Hinweis auf BVerfGE 63, 119 ≪128≫). Verwaltungstechnische Gründe könnten die Verschiedenbehandlung vergleichbarer Sachverhalte rechtfertigen. Das setze aber voraus, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstünden, die nicht durch einfachere, weniger belastende Regelungen behoben werden könnten.
Wenn nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet würden, entspreche der Zeitaufwand nicht dem Zeitaufwand für den Fall der Anordnung weiterer Aufgabenkreise. Bei nicht mittellosen Betreuten werde kaum Obdachlosigkeit vorliegen. Im Fall der Entlassung aus der stationären Behandlung könnten sie regelmäßig in ihr bisheriges Wohnumfeld zurückkehren. Daraus folge zunächst, dass sich der Zeitaufwand des Betreuers häufig auf Besuche im Krankenhaus beschränke, bei denen zugleich Ärzte oder Sozialpädagogen gesprochen werden könnten. Der erforderliche Zeitaufwand dürfte dem hier angefallenen entsprechen. Gespräche im Umfang von achteinhalb beziehungsweise sieben Stunden im Monat (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 VBVG) seien unwahrscheinlich. Hinzu komme, dass nach Entlassung aus der stationären Behandlung in vielen Fällen die Aufhebung der Betreuung erfolge. Der vom Oberlandesgericht München (FamRZ 2007, S. 675 ff. = NJW-RR 2007, S. 227 f.) angenommene Ausgleich durch geringeren Zeitansatz in den folgenden Quartalen komme damit nicht zum Tragen.
Das Oberlandesgericht München (a.a.O.) sehe einen sachlichen Grund für den angenommenen höheren Zeitaufwand bei nicht mittellosen Betreuten im größeren Zeitaufwand für die Vermögenssorge. Seien dieser oder andere Aufgabenkreise nicht angeordnet, sprächen die vorhergehenden Erwägungen eher dafür, dass der Zeitaufwand bei ausschließlicher Anordnung der Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge bei nicht mittellosen Personen angesichts der regelmäßig geordneten Lebensverhältnisse geringer sein dürfte. Dementsprechend sehe auch das Bundesverfassungsgericht, dass nicht jede Betreuung bemittelter Personen notwendig besser vergütet werden müsse als die Betreuung unbemittelter Personen (Hinweis auf BVerfG, FamRZ 2000, S. 729 ≪731≫ = NJW-RR 2000, S. 1241 ≪1243≫). In den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 15/4874, S. 32) werde angenommen, die niedrigeren Stundensätze für mittellose Betreute rechtfertigten sich mit dem in der Regel niedrigeren Aufwand. Hier dürfte es indes so liegen, dass der Aufwand für bemittelte Personen eher geringer sei. Im Übrigen seien die niedrigeren Sätze bei unbemittelten Personen durch das berechtigte Interesse der Staatskasse bei der Gewährung von sozialen Leistungen getragen. Die Gesetzesmaterialien nähmen jedoch nicht an, dass fiskalische Gesichtspunkte oder Interessen der Berufsbetreuer eine höhere Vergütung bei bemittelten Personen rechtfertigen würden.
Bei der hier vorliegenden Abweichung der tatsächlichen stündlichen Vergütung vom gesetzlichen Leitbild könne nicht mehr die Rede davon sein, dass der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass Regelungsalternativen zur Verfügung stünden. Zwar sei das gesetzgeberische Anliegen, Abrechnungsstreitigkeiten möglichst auszuschließen, zutreffend. Allerdings erscheine es fernliegend, dass bei den beschränkten Aufgabenkreisen relevante Abgrenzungsstreitigkeiten aufkämen. Denkbar sei auch die Festlegung eines geringeren Zeitansatzes für die hier maßgebliche Fallgruppe. Auch sei daran zu denken, eine Abweichung von der Pauschale nur auf Antrag zu ermöglichen. Schließlich könne in einem Fall, in dem – wie hier – eine wesentliche Einschränkung hinsichtlich der Vermögensangelegenheiten nicht bestehe, eine vom Gericht genehmigte Vereinbarung über den Zeitansatz mit dem Betreuten getroffen werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist unzulässig.
1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪76≫).
Neben der Entscheidungserheblichkeit muss das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm in Auseinandersetzung mit den hierfür wesentlichen Gesichtspunkten, insbesondere auch den Erwägungen des Gesetzgebers, begründen (vgl. BVerfGE 86, 71 ≪77≫). Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung genügt ein Vorlagebeschluss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur, wenn das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm nachvollziehbar darlegt und sich dabei jedenfalls mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 86, 52 ≪57≫; 86, 71 ≪77 f.≫). Der Beschluss hat den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab anzugeben, sich eingehend mit der Rechtslage auseinanderzusetzen und dabei die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 100 ≪104≫; 79, 240 ≪243 f.≫; 86, 71 ≪77≫). Der Vorlagebeschluss muss auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen.
2. Diesen Anforderungen genügt die zur Entscheidung stehende Vorlage nicht. Das vorlegende Gericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Normen nicht in hinreichend nachvollziehbarer Weise begründet und sich nicht mit naheliegenden Gesichtspunkten sowie der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandergesetzt.
a) Hinsichtlich der zur Prüfung gestellten Norm des § 4 VBVG enthält der Vorlagebeschluss keine Ausführungen, weshalb das Gericht die Bestimmung für verfassungswidrig erachtet. Das vorlegende Gericht geht im Gegenteil ausdrücklich davon aus, dass der dort unter anderem niedergelegte Stundensatz von 44 EUR angemessen sei.
b) Im Hinblick auf § 5 VBVG hat das Vorlagegericht die Verfassungswidrigkeit nicht hinreichend dargelegt.
aa) Zwar führt das Gericht aus, dass die pauschalierten Stundenansätze in der von ihm betrachteten Fallgruppe (Vergütung von Berufsbetreuern bei nicht mittellosen Betreuten in den ersten sechs Monaten, für die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet sind) die Grenze der bei Pauschalisierungen im Einzelfall hinzunehmenden Härte überschritten und daher eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG gegeben sei. Jedoch sind bereits die rechtstatsächlichen Annahmen, die das Gericht seinen Überlegungen zugrunde legt, nicht nachvollziehbar und rechtfertigen die hieraus gezogenen Schlüsse nicht.
(1) Soweit das vorlegende Gericht davon ausgeht, dass die Gruppe der nicht mittellosen Betreuten, für die eine vorläufige Betreuung lediglich mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge angeordnet ist, nicht verhältnismäßig klein sei, fehlt eine zahlenmäßige Grundlage. Aus dem Vorlagebeschluss ist nicht ersichtlich, von welcher zumindest ungefähren Größe der gebildeten Personengruppe im Vergleich zur Gesamtzahl der nicht mittellosen Betreuten das vorlegende Gericht ausgeht. Auch das von ihm in Bezug genommene Zahlenmaterial ist insoweit unergiebig. Die von dem Gericht nach Marschner (in: Marschner/Volckart/Lesting, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 5. Aufl. 2010, A Rn. 69) zitierte Erhebung von Bruns zur Anzahl der Zwangseinweisungen in ausgewählten Großstädten aus dem Jahre 1987 kann schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie sich nur auf öffentlich-rechtliche Unterbringungen bezieht und zivilrechtliche Unterbringungen gerade nicht berücksichtigt (vgl. Marschner, a.a.O.). Aus der Darstellung von Crefeld (BtPrax 1998, S. 47 ≪49≫) über die Zugänge in Rheinischen Landeskliniken nach Betreuungsrecht im Jahre 1994, auf die das vorlegende Gericht außerdem verweist, lässt sich für seine Hypothese ebenfalls nichts ableiten. Daraus geht weder hervor, in welchem Umfang es sich um vorläufige Betreuungen gehandelt hat und welchen Aufgabenkreis die Betreuungen jeweils umfassten, noch um wieviel Betreuungsanordnungen es sich tatsächlich gehandelt hat und wie lange sie andauerten. Aus der Statistik lässt sich vielmehr nur das prozentuale Verhältnis der nach Betreuungsrecht untergebrachten Personen zu den nach Landesrecht untergebrachten und den freiwillig aufgenommenen Patienten der Rheinischen Landeskliniken ablesen. Letztlich geht das Vorlagegericht sogar selbst davon aus, dass belastbare Zahlen für die zivilrechtliche Unterbringung fehlten. Seine Schlussfolgerung, das Zahlenmaterial erlaube dennoch die Feststellung, dass die Gruppe der unter vorläufiger Unterbringung stehenden Personen nicht verhältnismäßig klein sei, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.
(2) Auch die weitere Annahme des Vorlagegerichts, bei vorläufigen Betreuungen, die nur die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge umfassten, sei der Zeitaufwand regelmäßig erheblich geringer als in den Pauschalen des § 5 Abs. 1 und 2 VBVG vorgesehen, ist nicht ansatzweise belegt. Die Ausführungen hierzu im Vorlagebeschluss basieren nicht auf einer empirischen Datenermittlung, sondern stellen bloße Vermutungen der vorlegenden Kammer dar. Die zur Prüfung vorgelegte Frage, ob § 5 VBVG im Falle bestimmter Betreuungen zu einer unangemessen hohen Belastung bemittelter Betreuter führt, ist aber auf dieser rein spekulativen Grundlage nicht zu beantworten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Pauschalierung des Zeitaufwandes für die Betreuungstätigkeit in § 5 Abs. 1 und 2 VBVG auf der Grundlage der im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz erstellten rechtstatsächlichen Untersuchung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) zur „Qualität, Aufgabenverteilung und Verfahrensaufwand bei rechtlicher Betreuung” (Bundesanzeiger Nr. 149a vom 13. August 2003) vorgenommen hat.
bb) Das Vorlagegericht setzt sich auch nicht mit den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Pauschalierung von Vergütungsregelungen bereits erarbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstäben auseinander (zu den Begründungsanforderungen insoweit bereits BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2007 – 1 BvL 10/06 –, FamRZ 2007, S. 622 ≪625≫).
(1) Auf die Grundsätze zum gesetzgeberischen Spielraum bei der Ausgestaltung von Gebührenordnungen, die das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die Vergütung von Berufsbetreuern entwickelt hat (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪347 ff.≫), geht der Vorlagebeschluss nicht ein. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu festgestellt, dass Gebührenordnungen jeder Art für die Betroffenen Vor- und Nachteile aufweisen. Das gelte für ein Stundensatz-System ebenso wie für Fallpauschalen oder die Anknüpfung an den Gegenstandswert. Welchen gesetzlichen Regelungen in einer bestimmten Situation der Vorzug gegeben werde, richte sich nach der Einschätzung des Gesetzgebers auf der Grundlage verfügbarer Erkenntnisse. Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet im Vorlagebeschluss keine Erwähnung.
(2) Das Vorlagegericht stellt zudem keine Überlegungen dazu an, ob es nicht verfassungsrechtlich hinzunehmen ist, dass Vergütungspauschalen auf der Grundlage von Mischkalkulationen zwangsläufig dazu führen, dass in Einzelfällen die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht leistungsäquivalent ist (vgl. bereits BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2007 – 1 BvL 10/06 –, FamRZ 2007, S. 622 ≪625≫).
Hinsichtlich der Annahme des Vorlagegerichts, die Grenze des im Einzelfall Zumutbaren sei im Ausgangsverfahren überschritten, fehlen nähere Darlegungen. Laut Vorlagebeschluss betrug die Differenz zwischen der nach den gesetzlichen Vorgaben abgerechneten und der nach dem tatsächlichen Zeitaufwand fiktiv angenommenen Vergütung weniger als 1.500 EUR. Dass dieser Betrag für die nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts vermögende Betroffene eine nicht mehr hinnehmbare Belastung darstellt, erschließt sich jedenfalls nicht ohne weiteres.
Soweit das Vorlagegericht im Weiteren die Auffassung vertritt, für die von ihm betrachtete Fallgruppe sei die Festlegung eines geringeren Zeitansatzes denkbar, setzt es sich nicht mit der naheliegenden – zudem von der Betreuerin im Ausgangsverfahren ausdrücklich aufgeworfenen – Frage auseinander, inwieweit sich das vom Gesetzgeber eingeführte System einer auf Mischkalkulationen beruhenden pauschalierten Vergütung mit der Schaffung derartiger Ausnahmetatbestände vereinbaren lässt und ob es hierdurch nicht ausgehebelt würde. Gleiches gilt hinsichtlich der Überlegungen, eine Abweichung von den Pauschalvergütungen auf Antrag zu ermöglichen oder Vereinbarungen über den Zeitansatz zuzulassen. Hier stellte sich zudem die Frage, wie sich derartige besondere Abrechnungsmöglichkeiten mit dem legitimen Ziel des Gesetzgebers in Einklang bringen lassen, ein möglichst einfaches Vergütungssystem vorzusehen.
(3) Soweit im Vorlagebeschluss schließlich die Verfassungsgemäßheit der höheren Zeitansätze in § 5 Abs. 1 und 2 VBVG bei der Betreuung von nicht mittellosen gegenüber der Betreuung mittelloser Betreuter bezweifelt wird, fehlt eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungen der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 2000 (FamRZ 2000, S. 729 ff. = NJW-RR 2000, S. 1241 ff.) und insbesondere vom 20. August 2009 (FamRZ 2009, S. 1899 ff. = NJW-RR 2010, S. 505 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat in der letztgenannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass das vom Gesetzgeber insoweit verfolgte Ziel der Schonung der öffentlichen Kassen legitim sei und er bei der Herabsetzung des Zeitaufwandes als Bemessungsfaktor für die Vergütung der Betreuung eines Mittellosen auch nicht die Grenzen des Zumutbaren überschritten habe (vgl. BVerfG, FamRZ 2009, S. 1899 ≪1900 f.≫ = NJW-RR 2010, S. 505 ≪506≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Gaier, Paulus, Britz
Fundstellen
Haufe-Index 2909272 |
FamRZ 2011, 1642 |
NVwZ 2011, 6 |
BtPrax 2011, 255 |
GV/RP 2011, 718 |
KomVerw/LSA 2012, 143 |
FuBW 2012, 124 |
FuHe 2012, 277 |
FuNds 2012, 308 |
KomVerw/B 2012, 144 |
KomVerw/S 2012, 143 |
KomVerw/T 2012, 141 |