Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage des Rechtsschutzes gegen kirchliche Maßnahmen vor staatlichen Gerichten.
I.
1. Der Ehemann der Beschwerdeführerin zu 1. und Vater der Beschwerdeführer zu 2. und 3. war bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens (N.…-Kirche) als Pastor beschäftigt. Durch Schreiben vom 5. November 1979 beantragte er bei dem N.…-Kirchenamt seine Entlassung aus dem pfarramtlichen Dienst zum 1. Januar 1980. Dem Antrag wurde durch Beschluß des N.…-Kirchenamts vom 8. November 1979 zum 1. Januar 1980 entsprochen; es erfolgte eine Nachversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Am 27. Juli 1980 verstarb der Ehemann und Vater der Beschwerdeführer.
In der Folge bezogen die Beschwerdeführer durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente von monatlich insgesamt ca. 1.527 DM. Weiter erhielt die Beschwerdeführerin zu 1. durch die Beklagte des Ausgangsverfahrens freiwillige Unterstützungsleistungen in Höhe von 1.000 DM pro Monat. Ein ohne die Dienstentlassung des Verstorbenen angefallenes Witwengeld hätte demgegenüber allein für die Beschwerdeführerin zu 1. 3.076 DM betragen.
a) Nach umfänglichem Briefwechsel mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens beantragte die Beschwerdeführerin zu 1. am 26. Mai 1986 die Gewährung einer Witwenpension. Das Ausscheiden ihres verstorbenen Ehemanns aus dem Amt sei krankheitsbedingt erfolgt, die Kündigung des Ehemanns hätte nicht anerkannt werden dürfen. Es wurde ein Attest des seinerzeit behandelnden Arztes beigefügt. Dieser bescheinigte eine chronische Alkoholabhängigkeit mit einem alkoholtoxischen Leberzellenschaden. Die N.…-Kirche holte daraufhin bei dem attestierenden Arzt eine weitere Auskunft zu der Frage ein, ob der Verstorbene zum Zeitpunkt des Entlassungsantrags überhaupt testierfähig gewesen sei. Der behandelnde Arzt teilte durch Schreiben vom 20. November 1986 mit, es sei mit Sicherheit anzunehmen, daß der Verstorbene zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht testierfähig gewesen sei.
Durch Beschluß der Kirchenleitung vom 13./14. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführerin zu 1. “auf ihren Antrag vom 26. Mai 1986” rückwirkend zu diesem Datum der einer Pastorenwitwe “vergleichbare” rechtliche Status zuerkannt. Ein eventueller Differenzbetrag zu den Rentenbezügen und dem von der N.…-Kirche monatlich gewährten Unterhaltszuschuß wurde ab Mai 1986 nachgezahlt. Eine Erstreckung dieser Regelung auch auf den davor liegenden Zeitraum wurde abgelehnt.
b) Am 21. Februar 1990 beantragten die Beschwerdeführer zu 2. und 3. die Bewilligung von Waisengeld rückwirkend zum 28. Juli 1980. Diese Anträge lehnte das N.…-Kirchenamt ab. Beim Tod des Vaters der Antragsteller habe dieser keinerlei Versorgungsanwartschaften für sich und seine Hinterbliebenen mehr innegehabt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die von den Widerspruchsführern geltend gemachte Geschäftsunfähigkeit des Verstorbenen sei weder bewiesen noch beweisbar; die Beweislast trügen die Beschwerdeführer. Diesen Bescheiden waren Rechtsmittelbelehrungen beigefügt, wonach gegen die Widerspruchsbescheide Klage zum Verwaltungsgericht in Schleswig erhoben werden könne.
2. Die Beschwerdeführer suchten ohne Erfolg um Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten nach.
a) Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragte mit ihrer Klage beim Verwaltungsgericht, die N.…-Kirche zu verurteilen, an sie die ihr zustehende Witwenpension rückwirkend für die Zeit vom 28. Juli 1980 bis 25. Mai 1986 ohne Abzug von Nebeneinnahmen zu bezahlen. Die Beschwerdeführer zu 2. und 3. beantragten mit ihrer Klage, die N.…-Kirche zu verurteilen, an die Beschwerdeführer jeweils entsprechend deren Anträgen vom 21. Februar 1990 Waisengeld rückwirkend ab 28. Juli 1980 zu bezahlen.
Durch Urteile vom 16. August 1991 wies das Verwaltungsgericht die Klagen ab. Sie seien nach § 18 des Kirchengesetzes über die Versorgung der Pastoren und Kirchenbeamten in der N.…-Kirche (KVersG) zwar zulässig. Denn dort werde für Ansprüche aus diesem Kirchengesetz auf den Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten verwiesen. In der Sache seien sie aber unbegründet. Insbesondere folge kein Zahlungsanspruch aus §§ 19 bzw. 23 BeamtVG i. V. m. §§ 2, 16 KVersG. Denn dieser Anspruch sei mit der wirksamen Entlassung des Verstorbenen entfallen. Zwar könne die Entlassung bei Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers unwirksam sein. Indes habe das Gericht nach Beweiserhebung und Ausschöpfung aller ihm zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten nicht die Überzeugung gewinnen können, daß der Verstorbene geschäftsunfähig gewesen sei, als er seine Entlassung beantragte. Das gehe zu Lasten der beweisfälligen Beschwerdeführer.
b) Gegen diese Urteile legten die Beschwerdeführer Berufungen ein. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein verband beide Berufungsverfahren und wies die Rechtsmittel durch Urteil vom 16. Juli 1992 zurück. Die Klagen seien zwar nach § 135 Satz 2 BRRG in Verbindung mit § 18 KVersG zulässig. In der Sache seien sie jedoch unbegründet. Voraussetzung für die Zahlung von Witwen- und Waisengeld nach §§ 1 a, c, 2 Abs. 1 KVersG, §§ 19, 23 BeamtVG sei, daß der Pastor im Zeitpunkt seines Todes im aktiven Dienstverhältnis gestanden oder seinerseits einen Anspruch auf Ruhegehalt besessen habe. Daran fehle es hier. Der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer sei vor seinem Tode von der Beklagten entlassen worden.
Die staatlichen Verwaltungsgerichte hätten von der Wirksamkeit dieser Entlassung auszugehen. Aus der Ämterautonomie der Kirchen folge die Unzulässigkeit der Nachprüfung oder Feststellung, ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt (noch) Seelsorger gewesen sei. Zwar sei für versorgungsrechtliche Ansprüche der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten gegeben. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle erstrecke sich jedoch nicht auf die Vorfrage, ob die Beendigung des kirchlichen Dienstverhältnisses rechtmäßig bzw. rechtswirksam sei. Ihrer Natur nach sei die Entscheidung über die Gültigkeit einer kirchlichen Personalmaßnahme nicht Sache des Staates, sondern sei dem Bereich des Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrechts der Kirchen im Sinne von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV zuzurechnen. Zu diesen “eigenen Angelegenheiten” der Kirche gehöre das kirchliche Amtsrecht einschließlich jedenfalls des Dienstrechts. Wenn es um versorgungsrechtliche Ansprüche gehe, die ausschließlich von einer statusrechtlichen Vorfrage abhingen, für die ein Kirchengericht zuständig sei, seien die Verwaltungsgerichte gehindert, die statusrechtliche Vorfrage inzident mitzuentscheiden. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, daß die Zuständigkeit des Kirchengerichts in Statusangelegenheiten kirchlicher Bediensteter unterlaufen werden könne. Hier sei aber eine kirchengerichtliche Zuständigkeit nach § 3 Abs. 1a bzw. c des Kirchengesetzes über ein Kirchengericht der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Schleswig-Holstein und Hamburg (KGG) gegeben gewesen. Hiernach entscheide in kirchlichen Verwaltungssachen das Kirchengericht auch über den Antrag auf Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses aufgrund des in der Landeskirche geltenden Rechts oder über die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (Feststellungsklage).
Die Klagen der Waisen könnten auch insoweit keinen Erfolg haben, als es um Ansprüche seit dem Zeitpunkt gehe, zu dem der Witwe von der Beklagten “durch Gnadenentscheidung” der einer Pastorenwitwe ähnliche Status zuerkannt worden sei. Auch hier gehe es zunächst um eine Vorfrage, die nicht der Kontrolle durch die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliege, nämlich darum, ob die Waisen einen Anspruch auf eine entsprechende “Gnadenentscheidung” hätten. Insoweit sei eine kirchengerichtliche Zuständigkeit nach § 3 Abs. 1b bzw. c KGG gegeben.
c) Die Beschwerdeführer legten gegen dieses Urteil Revision ein, die das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 28. April 1994 zurückwies. Das Berufungsgericht habe zutreffend die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den staatlichen Verwaltungsgerichten für die geltend gemachten Versorgungsansprüche bejaht. Gleichfalls zutreffend habe das Berufungsgericht es einerseits als materiell-rechtliche Voraussetzung der geltend gemachten Versorgungsansprüche angesehen, daß das Dienstverhältnis des Ehemanns bzw. Vaters der Beschwerdeführer als Pfarrer im Zeitpunkt seines Todes noch bestanden habe, und sich andererseits gehindert gesehen, diese Voraussetzung aufgrund eigener Prüfung zu bejahen, solange sie von der Kirche verneint werde und deren Standpunkt nicht durch Entscheidung des zuständigen Kirchengerichts verbindlich korrigiert sei.
Die kirchengesetzliche Zuweisung der Versorgungsstreitigkeit an die staatlichen Verwaltungsgerichte durch § 18 KVersG umfasse nicht die Zuweisung der Befugnis, den Rechtsstandpunkt der Kirche hinsichtlich des Bestehens, der Veränderung oder der Beendigung eines kirchlichen Dienstverhältnisses zu korrigieren, auch nicht durch die Prüfung und Entscheidung als Vorfrage. Vielmehr sei eine Korrektur dieses Rechtsstandpunkts dem Kirchengericht gemäß § 3 KGG vorbehalten. Habe der kirchliche Gesetzgeber, wie hier, von der verfassungskräftig gewährleisteten kirchlichen Ämterautonomie auch dadurch Gebrauch gemacht, daß er Streitigkeiten über das Bestehen, die Veränderung oder Beendigung eines kirchlichen Amts- oder Dienstverhältnisses einem Kirchengericht zugewiesen habe, so spreche das gegen die Annahme, er habe diese kirchengerichtliche Zuständigkeit durch eine Befugnis des staatlichen Verwaltungsgerichts, über die Statusfrage als Vorfrage einer versorgungsrechtlichen Streitigkeit zu entscheiden (sogenannte “verkappte Statusklage”), wieder einschränken wollen.
Soweit die Beschwerdeführer zu 2. und 3. ihren Anspruch auf Waisengeld für die Zeit ab 26. Mai 1986 auch auf den Gesichtspunkt einer Gleichbehandlung mit der Ehefrau des Verstorbenen stützten, sei allerdings nach § 5 KGG sachlich zu prüfen, ob sich ein solcher Anspruch aus dem bereits beendet gewesenen Dienstverhältnis des verstorbenen Vaters ergebe. Indessen enthielten weder das Kirchenversorgungsgesetz noch das darin in Bezug genommene Beamtenversorgungsgesetz eine Grundlage für einen solchen Anspruch. Andere Anspruchsgrundlagen innerhalb des zur Nachprüfung der staatlichen Verwaltungsgerichte stehenden kirchlichen Rechts seien nicht ersichtlich.
3. Die kirchlichen Gerichte haben die Beschwerdeführer nicht angerufen.
II.
1. Die Beschwerdeführer haben gegen die Entscheidungen der staatlichen Gerichte sowie gegen die Bescheide der N.…-Kirche Verfassungsbeschwerde erhoben.
Hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2. und 3. liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Nachdem der Beschwerdeführerin zu 1. durch Beschluß der Kirchenleitung vom 13./14. Mai 1988 rückwirkend zum 26. Mai 1986 der einer Pastorenwitwe “vergleichbare” rechtliche Status zuerkannt worden sei, habe Entsprechendes auch für die Beschwerdeführer zu 2. und 3. geschehen müssen.
Hinsichtlich aller Beschwerdeführer liege eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG und der aus dem Rechtsstaatsgebot sowie Art. 92 GG folgenden staatlichen Justizgewährungspflicht vor. § 18 KVersG verweise auf den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten; die Klärung einer statusrechtlichen Vorfrage ändere hieran nichts. Bei dieser handele es sich nur um einen Annex zu der dem Verwaltungsrechtsweg unterstehenden vermögensrechtlichen Auseinandersetzung, weshalb die Verwaltungsgerichte befugt sein müßten, auch hierüber zu entscheiden. Weiter handele es sich hier nicht um eine kirchliche Innenbeziehung, für die eine ausschließliche Zuweisung an ein kirchliches Gericht folgerichtig sei, sondern um eine Außenbeziehung. Endlich liege eine zuständigkeitsbegründende Willensentscheidung der N.…-Kirche vor. Diese habe ihre Widerspruchsbescheide vom 28. November 1990 mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, die eine eindeutige Erklärung dahingehend enthalte, daß die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit ermächtigt sein solle, über das Streitverfahren zu entscheiden. Das Erfordernis einer vorherigen Beschreitung des Kirchenrechtswegs, um vorweg die statusrechtliche Vorfrage klären zu lassen, sei wegen einer nicht hinnehmbaren Verkürzung des Rechtswegs im Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG abzulehnen.
2. Die Äußerungsberechtigten haben Stellung genommen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen. Sie ist teils unzulässig (1.), teils kommt ihre Annahme nicht in Betracht, weil sie weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen aufwirft noch hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫) (2.).
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Beschwerdeführer die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 16. August 1991 und die Bescheide der N.…-Kirche vom 28. November und 13. März 1990 angreifen. Die Beschwerdeführer haben insoweit die Möglichkeit einer Verletzung in ihren in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten nicht hinreichend dargelegt (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Soweit die Beschwerdeführer zu 2. und. 3. rügen, daß diese Entscheidungen Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, ist die Möglichkeit einer Verletzung des Gleichheitssatzes nicht hinreichend dargetan. Da Versorgungsansprüche von Witwen und Waisen ersichtlich auf ungleichen Voraussetzungen beruhen – die Witwe ist aufgrund ihres Lebenswegs als Ehefrau des Versorgungsempfängers und aufgrund ihres Alters typischerweise in weit höherem Maße von einer Versorgung abhängig als Waisen, die entweder über Unterhaltsanspüche an den überlebenden Ehepartner oder ein eigenes Erwerbs- oder Ausbildungseinkommen eine Grundversorgung erfahren können –, hätten die Beschwerdeführer zu 2. und 3. darlegen müssen, warum gleichwohl eine Gleichbehandlung von Verfassungs wegen geboten sei. Dies haben sie unterlassen.
Hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des Gleichheitssatzes ist die Verfassungsbeschwerde damit auch insoweit unzulässig, als sie sich gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wendet.
2. Auch im übrigen sind die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht gegeben. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen weder Art. 19 Abs. 4 GG (a) noch Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip sowie Art. 92 GG (b).
a) Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Beschwerdeführer gegen die von ihnen angegriffenen Maßnahmen den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten beschritten und diese ihre Klagen in der Sache geprüft haben.
b) Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen im Ergebnis auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie Art. 92 GG. Aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtstaatsprinzip und Art. 92 GG folgt zwar ein allgemeiner Justizgewährungsanspruch. Dieser fordert eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie eine verbindliche Entscheidung durch ein staatliches Gericht (BVerfGE 54, 277 ≪291≫; 80, 103 ≪107≫; 84, 366 ≪369≫; 85, 337 ≪345≫). Bei der Feststellung seiner Reichweite ist aber zu beachten, daß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV den Religionsgemeinschaften die Freiheit garantiert, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zu ordnen und zu verwalten.
Zu den Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften in diesem Sinne gehört insbesondere (vgl. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV) das Recht, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen (vgl. BVerfGE 42, 312 ≪334 ff.≫; 70, 138 ≪164 ff.≫). Allerdings kann es auch in diesem Bereich vorkommen, daß Regelungen mit ihren Auswirkungen in den Bereich des Öffentlichen hinübergreifen, innerhalb dessen der Staat ordnen kann (vgl. BVerfGE 42, 312 ≪334 f.≫). Damit ist jedoch nicht gesagt, daß die staatlichen Regelungen in jedem Fall dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften vorgehen müsse. Die inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung bilden mit dem Grundgesetz ein organisches Ganzes (vgl. BVerfGE 53, 366 ≪400≫; 70, 138 ≪167≫). Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV gewährleistet mit Rücksicht auf das Erfordernis des Zusammenlebens von Kirche und Staat sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter (vgl. BVerfGE 53, 366 ≪401 f.≫; 70, 138 ≪167≫; 72, 278 ≪289≫; stRspr). Selbstverwaltungsrecht und allgemeine Gesetze sowie ihre Durchsetzung durch die staatlichen Gerichte stehen damit in einem Wechselverhältnis, dem durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen ist. Dabei ist dem Selbstverständnis der Kirchen besonderes Gewicht beizumessen (vgl. BVerfGE, a. a. O.).
Wenn und soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten von einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Gelegenheit besteht, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, gebietet die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme gegenüber diesem Selbstverständnis den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des insoweit gegebenen kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden.
Danach sind die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis nicht zu beanstanden. In ihnen wurde auch darauf hingewiesen, daß eine Klärung des Status des verstorbenen Ehemanns bzw. Vaters der Beschwerdeführer vor einem Kirchengericht möglich gewesen wäre (§§ 3, 5 des Kirchengesetzes über ein Kirchengericht der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Schleswig-Holstein und Hamburg vom 10. November 1972). Die Möglichkeit, eine solche Klärung herbeizuführen, haben die Beschwerdeführer nicht ergriffen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Jentsch, Hassemer
Fundstellen
Haufe-Index 1276426 |
NJW 1999, 349 |
NVwZ 1999, 294 |