Verfahrensgang

BSG (Urteil vom 06.03.2003; Aktenzeichen B 4 RA 13/02 R)

BSG (Urteil vom 30.01.2003; Aktenzeichen B 4 RA 16/02 R)

Sächsisches LSG (Urteil vom 23.01.2002; Aktenzeichen L 4 RA 147/01)

SG Chemnitz (Urteil vom 05.12.2001; Aktenzeichen S 16 RA 426/00)

SG Leipzig (Urteil vom 17.05.2001; Aktenzeichen S 8 RA 666/00)

 

Tenor

Die verbundenen Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Überleitung von im Beitrittsgebiet erworbenen Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften. Konkret geht es um die Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrags für Beschäftigte im Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik.

I.

Das Alterssicherungssystem der Deutschen Demokratischen Republik bestand neben der allgemeinen Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen für bestimmte Berufsgruppen und enthielt für sie Sonderregelungen. Für Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen sah § 47 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl I S. 401) ab einer ununterbrochenen, mindestens zehnjährigen Tätigkeit bei der Rentenberechnung anstelle des Steigerungsbetrags von 1,0 vom Hundert einen besonderen Steigerungsbetrag für jedes Jahr der Tätigkeit in einer entsprechenden Einrichtung von 1,5 vom Hundert des Durchschnittsverdienstes der letzten 20 Kalenderjahre vor Beendigung der Tätigkeit vor.

Die Vorschrift hatte folgenden Wortlaut:

§ 47

In Würdigung der physischen und psychischen persönlichen Belastung im Beruf und des selbstlosen Einsatzes bei der Behandlung und Pflege kranker Menschen beträgt für Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens, die mindestens 10 Jahre ununterbrochen in Einrichtungen des Gesundheits- oder Sozialwesens eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, bei der Berechnung der Alters- oder Invalidenrente der Steigerungsbetrag für jedes Jahr der Tätigkeit in einer solchen Einrichtung 1,5 % des Durchschnittsverdienstes gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. a.

II.

1. 1 BvR 787/03

Die 74-jährige Beschwerdeführerin war vom 15. Oktober 1954 bis 14. April 1974 in einem Bezirkskrankenhaus in der Deutschen Demokratischen Republik tätig. Danach arbeitete sie in anderen Wirtschaftsbereichen. Seit August 1991 erhält sie eine Rente. Nach Anpassung und Umwertung im Zuge der Rentenüberleitung erhielt die Beschwerdeführerin ab 1992 im Rahmen ihrer Rente einen Auffüllbetrag gemäß § 315a SGB VI in Höhe von rund 205 DM, der ab 1996 abgeschmolzen wurde.

Mit ihrem Begehren, bei der Rentenberechnung den besonderen Steigerungsbetrag im Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik zu berücksichtigen und den Auffüllbetrag nicht abzuschmelzen, blieb die Beschwerdeführerin ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht wies die Revision der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts zurück.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 22. April 2003 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie eine Verletzung der Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG rügt.

2. 1 BvR 933/03

Die 76-jährige Beschwerdeführerin war 36 Jahre lang Mitarbeiterin im Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik. Sie bezieht seit Februar 1989 eine Rente, die sich nach ihrer Umwertung ab 1992 auch aus einem Auffüllbetrag gemäß § 315a SGB VI zusammensetzte, der seit 1996 abgeschmolzen wird.

Mit ihrem gegen die Abschmelzung des Auffüllbetrags und die fehlende Berücksichtigung des besonderen Steigerungsbetrags gerichteten Begehren hatte die Beschwerdeführerin keinen Erfolg. Das Bundessozialgericht wies ihre gegen das Urteil des Sozialgerichts gerichtete Revision zurück.

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG rügt.

III.

Die miteinander verbundenen Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerden sind ohne Aussicht auf Erfolg.

1. Es kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerden unzulässig sind, weil sie nicht den Anforderungen an eine substantiierte Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügen. Die Beschwerdeführerinnen setzen sich insbesondere nicht mit den umfangreichen Gründen der angegriffenen Revisionsurteile auseinander.

2. Die Verfassungsbeschwerden sind jedenfalls ohne Aussicht auf Erfolg.

a) Hinsichtlich der Abschmelzung des Auffüllbetrags gemäß § 315a Satz 4 SGB VI wird auf den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 2005 (1 BvR 368/97 u.a, NJW 2005, S. 2213) verwiesen.

b) Soweit die Beschwerdeführerinnen die Berücksichtigung des besonderen Steigerungsbetrags für Beschäftigte im Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik begehren, wird auf den im Abdruck beigefügten Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2005 (1 BvR 616/99, 1 BvR 1028/03) verwiesen. Danach ist die Nichtberücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrags bei der Rentenberechnung auf Grundlage des SGB VI im Rahmen der Altersversorgung von Angehörigen der Deutschen Reichsbahn verfassungsgemäß. Diese Feststellung trifft auch auf den hier in Frage stehenden besonderen Steigerungsbetrag im Gesundheitswesen zu. Auch hier handelt es sich um eine einer bestimmten Berufsgruppe gewährte Sonderleistung, deren rentensteigernder Wirkung eine eigene Beitragsleistung der Betroffenen nicht korrespondierte.

c) Soweit die Beschwerdeführerinnen geltend machen, die so genannte “Alte Versorgung” sei bei Angehörigen der Deutschen Reichsbahn rentenrechtlich berücksichtigt worden, sind die Sachverhalte grundlegend verschieden. Die auf § 256a Abs. 2 Satz 3 SGB VI beruhende Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens von bis zu 1.250 Mark ist in Besonderheiten der im Dienstbereich der Deutschen Reichsbahn bis 1979 vorhandenen eigenständigen Versorgung begründet (siehe BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2005, 1 BvR 616/99, 1 BvR 1028/03, Umdruck S. 3-5, 7; BSGE 83, 104).

3. Da die angegriffenen Entscheidungen auf verfassungsgemäßen Grundlagen beruhen und andere Verfassungsverstöße nicht in zulässiger Weise geltend gemacht wurden, sind die Verfassungsbeschwerden ohne Aussicht auf Erfolg.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Steiner, Gaier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1479221

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge