Beteiligte
1. Rechtsanwälte Dr. Hartmut Hiddemann und Koll. |
2. Rechtsanwalt Leif Holger Wedekind |
Verfahrensgang
LG Görlitz (Zwischenurteil vom 09.11.1998; Aktenzeichen 2 T 168/98) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwalts wendet sich gegen die gerichtliche Festsetzung einer Zwangsverwaltervergütung, mittelbar gegen die der Festsetzung zugrunde liegende Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 (BGBl I S. 185; im Folgenden: Zwangsverwalterverordnung).
1. Im Juni 1997 bestellte das Amtsgericht den Beschwerdeführer zum Zwangsverwalter. Die Vergütung setzte es – wie vom Beschwerdeführer beantragt – mit dem zweifachen Hebesatz fest. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin änderte das Landgericht die Vergütungsfestsetzung des Amtsgerichts ab; ein 1,5facher Regelsatz erscheine angemessen, die vorgetragene Mehrarbeit vermöge einen zweifachen Regelsatz nicht zu rechtfertigen.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die Entscheidung des Landgerichts verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde nicht Rechnung getragen. Die Zwangsverwalterverordnung sei wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verfassungswidrig, da sie das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs und das Zweite Gesetz zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich nicht zitiere. Das Zitiergebot sei hier einzuhalten, weil die ursprünglich vorkonstitutionelle Regelung zu einer nachkonstitutionellen Vorschrift geworden sei, da das Zwangsversteigerungsgesetz nach In-Kraft-Treten des Grundgesetzes wesentlich verändert worden sei. Die Verordnung sei auch deshalb unwirksam, weil nicht die Zuständigkeit des Bundesministers der Justiz zum Erlass gemäß Art. 129 Abs. 1 GG vorgelegen habe. Weiter verstoße die Zwangsverwalterverordnung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.
Die Vergütungsregelung der Zwangsverwalterverordnung sei angesichts der aus ihrer Anwendung resultierenden extrem niedrigen Vergütung nicht mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren. Auch die vom Landgericht festgesetzte Vergütung sei unverhältnismäßig niedrig.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor.
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zur Geltung von Art. 80 Abs. 1 GG für vorkonstitutionelle Ermächtigungen, zur Bestimmung der sachlich zuständigen Stelle im Sinne von Art. 129 GG, zur Fortgeltung von Verordnungen bei Erlöschen oder Änderung der Ermächtigungsgrundlage und zu den Anforderungen von Art. 12 Abs. 1 GG an Vergütungsregelungen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 2, 307 ≪326 ff.≫; 9, 39 ≪47≫; 15, 268 ≪272 f.≫; 22, 180 ≪214 f.≫; 78, 179 ≪196 ff.≫; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 1989, ZIP 1989, S. 382 f.; BVerfGE 9, 3 ≪12≫; 12, 341 ≪347≫; 14, 245 ≪249≫; 47, 285 ≪321≫; 101, 331 ≪347≫).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
a) Die vom Beschwerdeführer mittelbar angegriffene Zwangsverwalterverordnung begegnet keinen durchgreifenden formellen verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 GG liegt nicht vor, da es sich bei der zwischenzeitlich aufgehobenen Ermächtigungsgrundlage in § 14 des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (im Folgenden: EGZVG) aus dem Jahre 1898 um eine vorkonstitutionelle Ermächtigungsgrundlage handelt. Der nachkonstitutionelle Gesetzgeber hat sie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht in seinen Willen aufgenommen. Die späteren Änderungen stellen weitestgehend nur die Übernahme einer Notverordnung des Deutschen Reiches aus dem Jahre 1933 dar (Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 26. Mai 1933 ≪RGBl I S. 302≫; vgl. den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung ≪BTDrucks 1/3668, S. 17 ff.≫) und betreffen inhaltlich lediglich die Zwangsverwaltung von landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücken (vgl. das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 ≪BGBl I S. 952≫). Die maßgebliche Ermächtigungsgrundlage ist hierdurch vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber nicht bestätigt worden (vgl. BVerfGE 63, 181 ≪188≫).
Die nach Art. 125 und Art. 74 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgeltende Ermächtigung, Bestimmungen zur Vergütung des Zwangsverwalters zu treffen, ist aufgrund Art. 129 Abs. 1 Satz 1 GG auf den Bundesminister der Justiz übergegangen, der danach die Verordnung kompetenzgemäß erlassen hat.
bb) Die Zwangsverwalterverordnung ist auch nicht ungültig geworden, als ihre Ermächtigungsgrundlage in § 14 EGZVG durch § 152 a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, eingefügt durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2847) aufgehoben worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist sowohl das nachträgliche Erlöschen als auch die nachträgliche Änderung einer Ermächtigung ohne Einfluss auf den Rechtsbestand der vor ihrer Änderung ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnung (BVerfGE 9, 3 ≪12≫; 12, 341 ≪347≫; 14, 245 ≪249≫).
b) Ob die Vergütungsregelungen der Zwangsverwalterverordnung in §§ 23 ff. im Hinblick auf die Höhe der danach festzusetzenden Vergütung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sind, ist hier nicht zu entscheiden.
Einer Entscheidung steht im vorliegenden Fall der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG entgegen. Der Beschwerdeführer hat Einwände gegen die Vereinbarkeit der konkreten Vergütungshöhe mit Art. 12 Abs. 1 GG vor den Fachgerichten nicht erhoben. Auch sein Vortrag im Verfassungsbeschwerde-Verfahren ist nicht ausreichend substantiiert, um zu überprüfen, ob die Anwendung der Zwangsverwalterverordnung zur Festsetzung einer auskömmlichen Vergütung geführt hat. Dazu hätte es mindestens der konkreten Darstellung des erbrachten Aufwandes an Arbeitszeit und der festen Geschäftsunkosten bedurft.
Die Praxis zahlreicher Gerichte, den Regelsatz des § 24 der Zwangsverwalterverordnung zu vervielfachen und gegebenenfalls zugleich die Erhöhungsmöglichkeit des § 25 der Zwangsverwalterverordnung anzuwenden, spricht im Übrigen dafür, dass die Rechtsprechung einen Weg gefunden hat, die starren Werte den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen anzupassen (vgl. dazu BVerfGE 85, 329 ≪333 ff.≫) und auskömmliche Vergütungen festzusetzen.
Im Übrigen wird von einer Begründung gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 565278 |
NJW-RR 2001, 1203 |
KTS 2001, 197 |
WM 2000, 2354 |
ZfIR 2001, 240 |
NZI 2001, 19 |
NZI 2001, 413 |
ZInsO 2001, 463 |