Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss gemäß § 9b des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz; im Folgenden: AtG) für die Errichtung und den Betrieb des Bergwerks Konrad als Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung sowie gegen hierzu ergangene Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts.
Wegen des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 8. März 2006 (7 KS 146/02, JURIS) verwiesen.
Die Beschwerdeführerin, in deren Stadtgebiet sich die Schachtanlage befindet, hat am 27. April 2007 Verfassungsbeschwerde erhoben und diese nach Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 25. Juli 2007 abschließend begründet. Sie rügt die Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, des “Justizgewährleistungsanspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG)” sowie des “Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG)”.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG hierfür nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫).
Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
Die Beschwerdeführerin ist im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG nicht beschwerdefähig (1). Die Rügen einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG (2) und Art. 19 Abs. 4 GG (3) genügen dem Begründungserfordernis nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht. Weitere Zulässigkeitsbedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) bedürfen daher keiner Erörterung.
1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG rügt, fehlt ihr bereits die Beschwerdefähigkeit.
a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich im Bereich der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben grundsätzlich nicht auf Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 21, 362 ≪369 ff.≫; 68, 193 ≪205 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 2007 – 2 BvR 695/07 –, NVwZ 2007, S. 1176; stRspr). Ausnahmen hiervon hat das Bundesverfassungsgericht nur zugelassen, soweit es sich um solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts handelt, die von der ihnen durch die Rechtsordnung übertragenen Aufgabe her unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind (z.B. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für die Universitäten oder Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG für die Rundfunkanstalten; vgl. etwa BVerfGE 15, 256 ≪262≫; 21, 362 ≪373 f.≫; 31, 314 ≪322≫). Diese Voraussetzungen werden von Gemeinden nicht erfüllt (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪103 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 7. Februar 1990 – 1 BvR 1556/88 –, JURIS; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. Januar 2007 – 1 BvR 1949/05 –, JURIS; BVerfG, NVwZ 2007, S. 1176 f.).
Dass Gemeinden auch außerhalb des Bereichs der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zusteht, hat das Bundesverfassungsgericht ebenfalls bereits entschieden (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪105 ff.≫).
b) Die Beschwerdeführerin legt demgegenüber nicht nachvollziehbar dar, dass sie sich vorliegend in einer “grundrechtstypischen Gefährdungslage” (vgl. BVerfGE 45, 63 ≪79≫; 61, 82 ≪105≫; BVerfG, NVwZ 2007, S. 1176 ≪1177≫) befinden würde. Vielmehr bezeichnet sie ohne Bezug zu einer als beeinträchtigt erachteten, insbesondere nicht die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder ihre Eigentümerstellung betreffenden Rechtsposition das “Grundrecht, demzufolge Eingriffe in grundrechtliche Rechtspositionen nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung zulässig” seien und das “Recht auf Abwägung ihrer entscheidungserheblichen Belange” als verletzt.
2. Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG genügt dem Begründungserfordernis nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht.
a) Dies gilt mit Blick auf die Ablehnung dreier Beweisanträge der Beschwerdeführerin durch das Oberverwaltungsgericht.
aa) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Fachgerichte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 60, 247 ≪249≫; 60, 250 ≪252≫; 69, 145 ≪148≫). Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Beteiligten jedoch keinen Anspruch darauf, mit ihrem Vorbringen auch in der Sache Erfolg zu haben. Das Recht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht der Partei zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 ≪12≫; 87, 1 ≪33≫). Wann ein Beweisantrag entscheidungserheblich ist, ist demnach prinzipiell von den Fachgerichten im Rahmen der konkreten Verfahrenssituation und auf der Grundlage des einfachen Rechts zu beurteilen. Die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen wird erst dann überschritten, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2006 – 2 BvR 194/05 –, JURIS).
bb) Ausgehend hiervon lässt die Beschwerdebegründung die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend deutlich erkennen (vgl. BVerfGE 78, 320 ≪329≫).
(1) Das Oberverwaltungsgericht hat den Beweisantrag der Beschwerdeführerin, der die Planrechtfertigung in Frage stellte, als rechtlich unerheblich abgelehnt. Die Beschwerdeführerin sei insoweit nicht rügebefugt.
(a) Dass das Oberverwaltungsgericht diesen Beweisantrag in sachlich unhaltbarer Weise als unerheblich qualifiziert hätte, wird von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Hinweis, die zugrunde liegende materiellrechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei unzutreffend und widerspreche den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, reicht hierfür nicht aus.
Das Beschwerdevorbringen lässt zudem nicht erkennen, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf dem vermeintlichen Gehörsverstoß beruhen könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat unbeschadet der nach seiner Auffassung fehlenden Rügebefugnis der Beschwerdeführerin die Planrechtfertigung geprüft und mit zwei jeweils selbständig tragenden Begründungen bejaht. Jedenfalls die Argumentation des Oberverwaltungsgerichts, das planfestgestellte Vorhaben sei gemessen an den allgemeinen Maßstäben des Planungsrechts “vernünftigerweise geboten”, zieht die Beschwerdeführerin nicht durch verfassungsrechtliche Einwände in Zweifel.
(b) Soweit der Beschwerdebegründung die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht des § 86 Abs. 2 VwGO entnommen werden kann, ist eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG ebenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan.
§ 86 Abs. 2 VwGO verfolgt das Ziel, die Information der Beteiligten sowohl über die Gründe der Ablehnung des Beweisantrages als auch über den Stand der gerichtlichen Meinungsbildung zu gewährleisten (vgl. hierzu: Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 86 Rn. 87 ≪Bearbeitungsstand: Januar 2000≫ m.w.N.). Die Beteiligten sollen sich nach der Entscheidung über den Beweisantrag auf die dadurch gegebene neue Prozesssituation einstellen und neue Tatsachen vortragen und neue Anträge stellen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. August 1986 – 2 BvR 823/86 –, NVwZ 1987, S. 785). Um dem Substantiierungserfordernis zu genügen, hätte die Beschwerdeführerin ausgehend hiervon darlegen müssen, was bei ausreichender Begründung der Ablehnung des Beweisantrages geltend gemacht worden wäre. Dies ist nicht geschehen. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens lässt sich daher nicht beurteilen, ob die angegriffene Entscheidung auf dem vermeintlichen Grundrechtsverstoß beruhen kann (vgl. hierzu etwa BVerfGE 77, 275 ≪281≫; 91, 1 ≪25 f.≫).
(2) Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht daraus, dass das Oberverwaltungsgericht den auf die Transportrisiken bezogenen Beweisantrag der Beschwerdeführerin als rechtlich unerheblich abgelehnt hat.
(a) Die Fachgerichte sind der Auffassung, dass die Transportbewegungen schon nicht zum Prüfprogramm des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gehören und dass die Beschwerdeführerin durch eine unzureichende Vorsorge gegen Transportrisiken auch nicht in eigenen Rechten betroffen wäre. Ausgehend hiervon kam es auf die Transportrisiken aber nicht entscheidungserheblich an. Diese Rechtsauffassung der Fachgerichte hat die Beschwerdeführerin im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht durch substantiierte verfassungsrechtliche Einwände in Zweifel gezogen. Anhaltspunkte für eine willkürliche Qualifizierung des Beweisthemas als unerheblich wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
(b) Dass die Begründung der Ablehnung des Beweisantrages “völlig unzureichend” gewesen sei (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), wird von der Beschwerdeführerin ohne nähere Erläuterungen lediglich behauptet. Die Beschwerdeführerin legt zudem auch in Zusammenhang mit dem die Transportrisiken betreffenden Beweisantrag nicht dar, was sie bei ausreichender Begründung des Ablehnungsbeschlusses noch vorgetragen hätte.
(3) Soweit nach Auffassung der Beschwerdeführerin auch in der Ablehnung ihres Beweisantrages zu Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen terroristischer Anschläge eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG liegt, fehlt es ebenfalls an einer nachvollziehbaren Begründung. Mit der die Ablehnung des Beweisantrages tragenden Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beschwerdeführerin sei auch insoweit jedenfalls nicht rügebefugt, da ein individualisierbarer, klagbarer Anspruch des Einzelnen auf Schutz vor terroristischen Akten nicht bestehe, setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.
b) Auch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Fachgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass sie auf die gerügten Abwägungsmängel des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht eingegangen seien, genügt den Begründungsanforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 und des § 92 BVerfGG nicht.
Die Beschwerdeführerin hat nicht aufgezeigt, welche ihrer Ausführungen die Fachgerichte übergangen beziehungsweise nicht beschieden haben sollen. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens erscheint der behauptete Grundrechtsverstoß daher nicht mit hinreichender Deutlichkeit als möglich (vgl. zu den Darlegungsanforderungen BVerfGE 115, 166 ≪180 f.≫).
3. Die Rüge einer Verletzung des “Justizgewährleistungsanspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG)” ist ebenfalls unzulässig.
Ob die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG beschwerdefähig ist, kann dahinstehen (vgl. BVerfGE 61, 82 ≪109≫; 107, 299 ≪310 f.≫; BVerfG, NVwZ 2007, S. 1176 ≪1177≫). Denn ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG ist jedenfalls nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
a) Soweit die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Ablehnung ihrer Beweisanträge sowie der angeblich unterbliebenen Bescheidung ihres Vorbringens zu den Abwägungsmängeln des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses auch den Justizgewährungsanspruch beziehungsweise Art. 19 Abs. 4 GG als verletzt bezeichnet, ist verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, der insoweit der Rechtsschutzgarantie vorgeht (vgl. zur Abgrenzung BVerfGE 107, 395 ≪409≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2005 – 1 BvR 2653/03 –, NJW 2005, S. 1768 ≪1769≫; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 103 Abs. 1 Rn. 7 ≪Bearbeitungsstand: November 2006≫). Gerade auf eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG bezogene Ausführungen lässt die Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang vermissen.
b) Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Einstufung von § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG als gesetzliche Bedarfsfeststellung durch das Bundesverwaltungsgericht verletze in Verbindung mit der Überlassung der Standortentscheidung an den Vorhabensträger und die Exekutive Art. 19 Abs. 4 GG, da sowohl die Planrechtfertigung als auch die Standortentscheidung von der gerichtlichen Prüfung ausgenommen würden. Auch dieses Rügevorbringen lässt einen Verfassungsverstoß nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen.
Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2007 erwähnt die Problematik der gesetzlichen Bedarfsfeststellung ausschließlich im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der Standortgemeinde ein Anspruch auf Überprüfung der Planrechtfertigung im Hinblick auf ein atomares Endlager zustehe. Insoweit kam es für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Frage, ob § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG tatsächlich eine gesetzliche Bedarfsfeststellung normiert, aber nicht entscheidungserheblich an. Tragende Begründung für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, die Beschwerdeführerin habe die selbsttragende Begründung des Oberverwaltungsgerichts, die Planrechtfertigung sei schon aufgrund der gesetzlichen Bedarfsfeststellung des § 9a Abs. 3 Satz 1 AtG zu bejahen, nicht zum Gegenstand ihrer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht. Mit dieser Argumentation setzt sich die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen