Verfahrensgang
Tenor
1. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2008 – I ZR 17/07 – verletzt die von der Beschwerdeführerin vertretenen Urheber in ihrem Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.
4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 890.000 EUR (in Worten: achthundertneunzigtausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft im Wesentlichen die Frage, ob die angegriffenen Entscheidungen mit der Ablehnung einer Vergütungspflicht („Geräteabgabe”) für Drucker und Plotter auf der Grundlage von § 54a Urheberrechtsgesetz in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Patentgebührengesetzes und anderer Gesetze vom 25. Juli 1994, BGBl I S. 1739 (im Folgenden: UrhG a.F.) verfassungsmäßige Rechte von Urhebern oder der Beschwerdeführerin als Verwertungsgesellschaft verletzen.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30. August 2010 im Verfahren 1 BvR 1631/08 (GRUR 2010, S. 999) entschieden, dass das ebenfalls die Vergütungspflicht bei Druckern und Plottern betreffende Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 2007 – I ZR 94/05 – (BGHZ 174, 359) die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Die Kammer hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Im Hinblick auf die Darstellung der urheberrechtlichen Rechtslage wird auf den Beschluss vom 30. August 2010 verwiesen.
I.
1. Die Beschwerdeführerin nimmt die Urheberrechte der ihr angeschlossenen Wortautoren wahr; sie ist zudem gemeinsame Empfangsstelle gemäß § 54h Abs. 3 UrhG. Sie wurde im Ausgangsverfahren zugleich im Auftrag der Verwertungsgesellschaft B.-K. (VG B.-K.) als Prozessstandschafterin tätig. Die Beklagten des Ausgangsverfahrens stellen unter anderem Drucker und Plotter her und verkaufen sie.
Die Beschwerdeführerin nahm die Beklagten auf Auskunft über die Art und Anzahl der durch sie seit dem 1. April 2001 im Inland veräußerten oder sonst in Verkehr gebrachten Drucker und Plotter, über die Leistung dieser Geräte sowie über ihre inländischen Bezugsquellen in Anspruch. Sie begehrte zudem die Feststellung, dass die Beklagten ihr für jedes Gerät einen Betrag gemäß dem von ihr zusammen mit der VG B.-K. aufgestellten und im Bundesanzeiger (Nr. 63 vom 30. März 2001, S. 5667) veröffentlichten Tarif zu zahlen habe.
Das Oberlandesgericht hat die Klage der Beschwerdeführerin abgewiesen (K&R 2007, S. 216) mit der Begründung, zwar ändere die Möglichkeit des „Digital Rights Managements” (DRM) an der grundsätzlichen Geräteabgabepflicht nichts, da sich DRM aus verschiedenen Gründen noch nicht durchgesetzt habe. Jedoch seien Drucker keine Geräte, die Werkstücke „durch Ablichtung … oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältig[en]”. Der urheberrechtlich relevante Vorgang finde beim Scanner beziehungsweise beim PC statt; bereits in diesen Geräten erfolge – bei „technikoffener” Betrachtung – eine Vervielfältigung im Sinne des § 54a Abs. 1 UrhG a.F. Allein die Tatsache, dass statt einer analogen eine digitale Umsetzung gewählt werde, führe noch nicht aus dem Geltungsbereich des § 54a UrhG a.F. heraus. Gerade deshalb sei die Verkörperung des Werks, die allein ein Drucker noch leisten könne, nur eine von mehreren Verwendungsformen einer bereits vorhandenen Vervielfältigung. Weil die Vervielfältigung schon vorher erfolgt sei, fehle es bei einem Drucker an einer „Ablichtung” oder einem „Verfahren mit vergleichbarer Wirkung”. Bei Geräten in Funktionseinheiten sei aus praktischen Gesichtspunkten die Gerätevergütungspflicht auf die Eingangsgeräte beschränkt, da diese dem „Leitbild” eines Fotokopiergeräts am ehesten entsprächen. Je mehr Geräte zu einer Funktionseinheit gehörten und je mehr Variationsmöglichkeiten es gebe, desto komplexer werde die Bemessung einer angemessenen Vergütung für jedes Einzelgerät. Je mehr sich die technische Entwicklung von dem Stand weiterentwickele, der dem Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm vor Augen stand, desto eher sei es Sache des Gesetzgebers, die maßgeblichen Fragen selbst zu regeln. Bei der vorliegenden komplexen, durch eine technische Fortentwicklung aufgekommenen Frage, die zudem in hohem Maße widerstreitende Interessen berühre, sollten die Gerichte Zurückhaltung üben. Dies sei auch deswegen angezeigt, weil ein Ausdruck urheberrechtsfähiger Werke auf der Grundlage der Lizenz des § 53 UrhG bei Druckern allenfalls im Randbereich eine Rolle spiele. Damit schieden Kopien aus, die der Nutzer bereits aus anderen Gründen herstellen dürfe, etwa weil der Nutzungsrechtsinhaber mit dem Ausdrucken einverstanden sei.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision im Beschlusswege unter Bezugnahme auf sein inzwischen von der Kammer aufgehobenes Urteil vom 6. Dezember 2007 zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin beschränkt ihre Verfassungsbeschwerde unter Verweis auf das Verfahren 1 BvR 1631/08 „auf eine Zusammenfassung ihrer Rügen aus Art. 3 und Art. 14 GG”. Auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts gehen die Verfassungsbeschwerde und die nachfolgenden Schriftsätze der Beschwerdeführerin nicht gesondert ein.
Im Übrigen wird auf die Darstellung der Angriffe der Beschwerdeführerin im Beschluss der Kammer vom 30. August 2010 verwiesen. Weiter wird Bezug genommen auf die dortige Wiedergabe der Stellungnahmen der Beklagten des Ausgangsverfahrens, des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. sowie der Replik der Beschwerdeführerin.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, soweit sie sich gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs richtet. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig (1.). Soweit sie zulässig ist, ist ihre Annahme nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung des von der Beschwerdeführerin für die von ihr vertretenen Urheber wahrgenommenen Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt; insoweit ist die Verfassungsbeschwerde auch offensichtlich begründet (2.). Auf die übrigen Rügen kommt es daneben nicht an (3.).
1. Die Verfassungsbeschwerde ist nur zum Teil zulässig.
a) Die Beschwerdeführerin ist befugt, die Eigentumsrechte der von ihr vertretenen Wort-Urheber in Prozessstandschaft auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 77, 263 ≪269 f.≫). Allerdings kann die Beschwerdeführerin nach § 90 Abs. 1 BVerfGG nicht prozessstandschaftlich für die VG B.-K. auftreten (vgl. BVerfGE 2, 292 ≪294≫; 10, 134 ≪136≫; stRspr). Dies bleibt im Streitfall ohne Auswirkung auf die Entscheidung, weil im Ausgangsverfahren zwischen den Ansprüchen der Bild- und Kunsturheber und der Wortautoren im Hinblick auf die Zuständigkeit der Beschwerdeführerin nach § 54h Abs. 3 UrhG nicht differenziert wurde, sondern ein einheitlicher Streitgegenstand vorlag.
b) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet, ist sie unzulässig. Denn das Vorbringen der Beschwerdeführerin genügt insoweit mangels hinreichend differenzierter und verfassungsrechtlich erheblicher Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und der darin enthaltenen detaillierten rechtlichen Würdigung nicht dem gesetzlichen Begründungserfordernis gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz, § 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 81, 208 ≪214 f.≫; 85, 36 ≪52 f.≫; 88, 40 ≪45≫; 89, 1 ≪4 f.≫; 101, 331 ≪345 f.≫; 105, 252 ≪264≫). Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor, insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Der angegriffene Beschluss verletzt die von der Beschwerdeführerin vertretenen Urheber in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
a) Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausprägung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪240 f.≫; 79, 1 ≪25≫). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Entscheidungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪83≫; 79, 29 ≪40≫). Eingriffe in das Verwertungsrecht des Urhebers können freilich nur durch ein gesteigertes öffentliches Interesse gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪243≫; 49, 382 ≪400≫; 79, 29 ≪41≫).
Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 ≪220 f.≫; 88, 145 ≪166≫) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) fordert dabei eine verfassungskonforme Auslegung, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt (vgl. BVerfGE 86, 288 ≪320≫). Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfGE 8, 28 ≪34≫; 54, 277 ≪299 f.≫).
Die Fachgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪9 f.≫). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist allerdings erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪9 f.≫; 95, 28 ≪37≫; 97, 391 ≪401≫; 112, 332 ≪358 f.≫).
b) Danach ist im Streitfall ein Abwägungsdefizit festzustellen, das sich in einer Auslegung der streitentscheidenden Norm des § 54a Abs. 1 UrhG a.F. niederschlägt, die die als geistiges Eigentum von der Verfassung gewährleisteten Urheberrechte nicht ausreichend beachtet.
aa) Art. 14 Abs. 1 GG determiniert allerdings nicht das Ergebnis einer die beteiligten (Grund-)Rechtspositionen umfassend würdigenden Auslegung des Urheberrechts. Die sich im Privatrechtsstreit gegenüberstehenden Parteien können regelmäßig jeweils für sich Grundrechte in Anspruch nehmen, die aber nur im Wege der Ausstrahlungswirkung auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen Einfluss nehmen (vgl. BVerfGE 112, 332 ≪358≫ m.w.N.; stRspr). Wie etwa im Mietrecht (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪9 f.≫) und im Arbeitsrecht (vgl. BVerfGK 1, 308 ≪311, 313≫) ist es auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. auch BVerfGE 94, 1 ≪9 f.≫; 112, 332 ≪358≫). Dies gilt umso mehr, wenn die fachrechtliche Auslegung und Anwendung des Rechts möglicherweise tatsächliche Annahmen und Feststellungen einbeziehen muss, über deren Berechtigung das Bundesverfassungsgericht nicht befindet.
bb) Aus der Bezugnahme des angegriffenen Beschlusses auf das Urteil vom 6. Dezember 2007 und aus der Formulierung, das Berufungsgericht habe die Klage „im Ergebnis” zu Recht abgewiesen, geht hervor, dass sich der Bundesgerichtshof auf die Erwägungen stützt, die im Verfahren 1 BvR 1631/08 vor dem Hintergrund des Eigentumsschutzes als bedenklich angesehen wurden. In diesem Verfahren kam es allerdings auf die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht tragend an, weil der Verfassungsbeschwerde bereits wegen einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG stattzugeben war.
Im Einzelnen ist gegen die schon zivilrechtlich nicht zwingende Auslegung von § 54a Abs. 1 UrhG a.F. durch den Bundesgerichtshof zu erinnern, dass sie bei Urhebern digitaler Vorlagen jegliche Vergütung entfallen lässt und mildere – zugleich mit dem Urheberrechtsgesetz zu vereinbarende (vgl. BGHZ 140, 326 ≪333 f.≫) – Mittel, das heißt hier eine Begrenzung der Höhe der Vergütung, nicht in Erwägung zieht. Dass die Abgabe auf Scanner (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2001 – I ZR 335/98 –, GRUR 2002, S. 246) dem Umfang nach hinreicht, um eine angemessene Vergütung der digitalen Urheber zu gewährleisten, ergibt sich aus den fachgerichtlichen Feststellungen nicht.
Die fachrechtliche Auslegung und Anwendung des Urheberrechts muss insbesondere angesichts der auf diesem Gebiet zahlreichen technischen Neuerungen die Eigentumsrechte der Urheber aus Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisten. Eine tatsächliche oder rechtliche Entwicklung kann eine bis dahin eindeutige und vollständige Regelung lückenhaft, ergänzungsbedürftig und zugleich ergänzungsfähig werden lassen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Lückensuche und -schließung findet ihre Rechtfertigung unter anderem darin, dass Gesetze einem Alterungsprozess unterworfen sind. Die Gerichte sind daher befugt und verpflichtet zu prüfen, wie das Gesetzesrecht auf neue Zeitumstände anzuwenden ist (vgl. BVerfGE 82, 6 ≪12≫; 96, 375 ≪394≫). Dies schließt hier die Prüfung ein, inwieweit eine restriktive Auslegung von § 54a UrhG a.F. angesichts der rasanten Verbreitung digitaler Datenspeicherung und -vervielfältigung dazu führt, dass zu Lasten gewisser Urheber eine absolute Schutzlücke entsteht.
Eine Auslegung im Lichte von Art. 14 Abs. 1 GG hat, wie im Beschluss der Kammer vom 30. August 2010 näher ausgeführt, davon auszugehen, der Gesetzgeber habe dem Urheber durch § 54a UrhG a.F. den ihm von der Verfassung garantierten Verwertungsanspruch für solche Fälle sichern wollen, in denen der Werknutzer nicht belangt werden kann und daher auf den Gerätehersteller ausgewichen werden muss.
Schließlich nimmt die Kammer Bezug auf ihre im Beschluss vom 30. August 2010 erläuterten Bedenken gegen die Argumentation des Bundesgerichtshofs, anders als bei Druckwerken liege bei digitalen Vorlagen häufig eine Einwilligung des Berechtigten in die Vervielfältigung vor. Auch dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (kurz: Gerichtshof) vom 21. Oktober 2010 (C-467/08 „Padawan”, Rn. 40 ff.; http://curia.europa.eu) lässt sich nicht entnehmen, dass ein Einverständnis des Urhebers mit der Vervielfältigung – ohne gleichzeitige Vergütungsabrede – eine Ausgleichspflicht nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl EG Nr. L 167 S. 10) ausschlösse.
Ungeachtet dessen ist der Bundesgerichtshof von Verfassungs wegen nicht gehindert, zwischen der hauptsächlichen Verwendung der Geräte im betrieblichen oder privaten Kontext zu differenzieren oder, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. Oktober 2010, darauf abzustellen, ob die fraglichen Geräte mutmaßlich für private Vervielfältigungen gebraucht werden (EuGH, a.a.O., Rn. 59), was auch bei einem Verkauf an Gewerbetreibende oder Freiberufler nicht ausgeschlossen erscheint.
3. Daneben bedürfen die weiteren Grundrechtsrügen keiner Entscheidung. Somit kommt es auch nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin neben den Rügen einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG auch Rügen hinsichtlich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG durch Bezugnahme wirksam erhoben hat.
III.
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bundesgerichtshof zurückzuverweisen. Diesem obliegt es zu prüfen, ob er als Revisionsgericht in der Sache entscheiden kann oder an das Oberlandesgericht zurückverweisen muss.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, diejenige über die Festsetzung des Gegenstandwerts auf § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪366 ff.≫).
Unterschriften
Hohmann-Dennhardt, Gaier, Paulus
Fundstellen
GRUR 2011, 223 |
ZUM 2011, 311 |