Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 18.05.2009; Aktenzeichen VI-Kart 18-26/06 (OWi)) |
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 07.05.2009; Aktenzeichen VI-Kart 18-26/06 OWi) |
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 15.04.2009; Aktenzeichen VI-Kart 18-26/06 (OWi)) |
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. April 2009 – VI-Kart 18-26/06 (OWi) –, 7. Mai 2009 – VI-Kart 18-26/06 OWi – und vom 18. Mai 2009 – VI-Kart 18-26/06 (OWi) – verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. April 2009 wird in Ziffer II. aufgehoben, der Beschluss vom 7. Mai 2009 wird aufgehoben und der Beschluss vom 18. Mai 2009 wird in Ziffer II. aufgehoben.
3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
I.
Gegen die Beschwerdeführerin und andere Betroffene waren oder sind beim Oberlandesgericht Düsseldorf Kartellbußgeldverfahren wegen unerlaubter Absprachen über die Festsetzung von Prämienzahlungen und Bedingungsangleichungen im Bereich der industriellen Sachversicherung anhängig.
1. Der Vorsitzende des Kartellsenats teilte im Dezember vergangenen Jahres den Betroffenen mit, dass der Senat zur Methode und Schätzung des Mehrerlöses durch die Absprachen die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Prof. G. und Prof. M. beabsichtige. Die Betroffenen mögen mitteilen, ob gegen die Gutachter Einwände bestünden.
Nachdem gegen die Gutachter keine Einwände erhoben wurden, teilte der Senat mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 mit, dass diese eine Vergütung von 360 EUR/Stunde berechnen wollten, was den Höchstsatz des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) von 85 EUR überschreite. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass sich die Nebenbetroffenen gegenüber dem Gericht mit einer von der gesetzlichen Regelungen abweichenden Vergütung einverstanden erklärten (vgl. § 13 Abs. 1 JVEG). Es werde daher bis zum 17. Dezember 2008 um Mitteilung gebeten, ob im Hinblick auf die Komplexität und Schwierigkeit der gutachterlich zu beantwortenden Fragen einem Stundensatz von 360 EUR zugestimmt werde. Soweit die Zustimmung erteilt werde, werde um Einzahlung des Kostenvorschusses in Höhe von 3.000 EUR gebeten.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie mit dem Vorschlag des Senats zur Gutachtervergütung einverstanden sei, den Vorschuss einzahlen werde und um Mitteilung bitte, wie sich die Gutachtenskosten auf die Verfahrensbeteiligten verteilen würden.
Die übrigen Betroffenen gaben teils keine Erklärung ab oder teilten mit, zunächst müsse die Aufteilung der Mehrkosten geregelt werden oder sie sähen keinen Anlass, Mehrkosten zu tragen, diese könne das Bundeskartellamt übernehmen beziehungsweise sie sähen sich momentan nicht zur Abgabe einer vom Gericht angeregten Erklärung in der Lage.
Mit Beschluss vom 30. Dezember 2008 bestellte der Senat die genannten Gutachter. Die Leistungen der Sachverständigen seien der Honorargruppe 10 (§ 9 Abs. 1 JVEG, 95 EUR) zuzuordnen. Die Beschwerdeführerin habe sich gegenüber dem Gericht mit einer darüber hinausgehenden Vergütung von 360 EUR pro Stunde einverstanden erklärt und zugesagt, einen Kostenvorschuss von 3.000 EUR einzuzahlen.
Die Beschwerdeführerin führte mit Schreiben vom 14. Januar 2009 aus, sie wolle nur klarstellen, dass sie sich nicht bereit erklärt habe, sämtliche Mehrkosten des Gutachtens allein zu übernehmen. Sie habe sich nur grundsätzlich mit einer höheren Vergütung einverstanden erklärt und den Vorschuss eingezahlt. Sie sei davon ausgegangen, dass sich die Mehrkosten auf mehrere Verfahrensbeteiligte verteilten.
Ein Gutachter teilte mit Schreiben vom 20. Januar 2009 mit, dass die zu erwartenden Gutachtenskosten sich im Rahmen von 36.000 EUR bis 54.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer bewegen würden.
Das Oberlandesgericht forderte daraufhin einen weiteren Kostenvorschuss von 25.000 EUR für den ersten Schritt der Begutachtung von der Beschwerdeführerin an. Ihre bloß quotenmäßige Beteiligung komme angesichts ihrer Einverständniserklärung nicht in Betracht.
Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin unter dem 30. Januar 2009 nochmals. Sie habe vor dem Hintergrund, dass alle Betroffenen angeschrieben wurden und ein Vorschuss von lediglich 3.000 EUR von ihr verlangt wurde, die Erklärung vom 17. Dezember 2008 abgegeben. Keinesfalls habe sie in dieser Verfahrenssituation davon ausgehen müssen, dass sie als einzige der Betroffenen die weit über der gesetzlichen Vergütung liegenden Kosten tragen müsse. Ihre Erklärung könne keinesfalls so ausgelegt werden, wie der Senat dies tue. Dies liege fern. Falls das Schreiben dennoch so verstanden werden könne, nehme sie die Erklärung zurück oder fechte sie hilfsweise an. Die Beauftragung der Gutachter solle rückgängig gemacht werden. Schutzwürdige Interessen der anderen Beteiligten stünden nicht entgegen und eine wesentliche Verzögerung sei, da die Gutachter noch nicht mit der Arbeit begonnen hätten, nicht zu befürchten. Sie sehe sich jedenfalls nicht in der Lage, einen weiteren Vorschuss unter der Prämisse zu zahlen, dass sie sämtliche Mehrkosten alleine tragen solle.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2009 teilte das Oberlandesgericht der Beschwerdeführerin mit, dass es bei der Anforderung des weiteren Kostenvorschusses verbleibe. Die Erklärung vom 17. Dezember 2008 könne weder einschränkend ausgelegt werden noch sei sie als Prozesshandlung anfechtbar oder frei widerruflich.
2. Am 16. März 2009 stellten die Gutachter einen Betrag von 58.431 EUR in Rechnung.
a) Das Oberlandesgericht entschied mit Beschluss vom 15. April 2009 unter Ziffer I., dass den Sachverständigen aus der Gerichtskasse ein Betrag von 19.518 EUR anzuweisen sei. Unter Ziffer II. legte das Gericht fest, dass der darüber hinausgehende Vergütungsbetrag von 38.913 EUR von der Beschwerdeführerin zu bezahlen und notfalls durch die Staatskasse beizutreiben sei. Sie habe sich mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 unwiderruflich zur Übernahme der Mehrkosten bereiterklärt.
Die Beschwerdeführerin erklärte daraufhin, sie sei weiterhin der Auffassung, dass ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2008 eine Aussage, sie wolle allein sämtliche Mehrkosten des Gutachtens übernehmen, nicht entnommen werden könne. Außerdem sei jedenfalls nie die Rede davon gewesen, dass sie auch Mehrkosten eines Mitarbeiters übernehme. Sie überweise zur Vermeidung der Beitreibung 37.842 EUR unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit Beschluss vom 7. Mai 2008 verringerte das Oberlandesgericht die Summe auf 37.842 EUR. Die Änderung ergebe sich daraus, dass der Stundensatz des wissenschaftlichen Mitarbeiters lediglich 80 EUR betrage. Zugleich wies es den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin darauf hin, dass eine Entscheidung über die Gutachtenskosten im Urteil nicht mehr erfolgen werde und eine Zahlung unter Vorbehalt nicht genüge.
Hiernach erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde (2 BvR 1257/09).
b) Nachdem die Sachverständigen unter dem 12. Mai 2009 eine weitere Rechnung eingereicht hatten, beschloss das Oberlandesgericht am 18. Mai 2009 unter I., den Sachverständigen aus der Gerichtskasse 12.929,55 EUR anzuweisen und stellte unter II. fest, dass die Beschwerdeführerin weitere 23.651,25 EUR zu zahlen habe, weil sie sich durch die für sie abgegebene Erklärung vom 17. Dezember 2008 nach § 13 Abs. 6 JVEG unwiderruflich zur Übernahme dieser Mehrkosten bereiterklärt habe. Der genannte Betrag sei von der Staatskasse einzufordern und notfalls beizutreiben.
Hiergegen richtet sich die weitere Verfassungsbeschwerde (2 BvR 1607/09). Die Anhörungsrüge gegen die Entscheidung vom 18. Mai 2009 wurde mit Beschluss vom 22. Juni 2009 zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 25. Mai 2009 forderte das Oberlandesgericht einen weiteren Vorschuss in Höhe von 30.000 EUR von der Beschwerdeführerin an.
II.
Mit ihren fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerden rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) und ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Oberlandesgericht habe ihre Erklärung vom 17. Dezember 2008, die aus dem Kontext nur so zu verstehen gewesen sei, dass sie sich zur gemeinsamen Übernahme von Mehrkosten verpflichten werde, als Erklärung nach § 13 Abs. 6 JVEG gewertet, um sich Schwierigkeiten mit der Beauftragung anderer Gutachter zu ersparen. Ihre Argumente gegen diese Auslegung seien ignoriert worden. Hierin liege neben einem Verstoß gegen rechtliches Gehör auch ein Verstoß gegen das Willkürverbot. Die Rechtslage sei durch das Oberlandesgericht in krasser Weise verkannt und ihre Erklärung willkürlich missdeutet worden. Nichts habe aus Sicht der Beschwerdeführerin am 17. Dezember 2008 darauf hingewiesen, dass sie sich durch eine Zustimmung zur Beautragung eines Gutachters, der 360 EUR/Stunde erhalten solle, zur alleinigen Übernahme der gesamten Mehrkosten bereiterkläre. Insbesondere sei aus dem Anschreiben ersichtlich gewesen, dass es nicht nur an ihren Vertreter gerichtet gewesen sei, sondern auch an die übrigen Verteidiger. Auch der Vorschuss von 3.000 EUR, der kostendeckend zu erheben sei, habe auf eine völlig andere als die letztlich entstandene Belastung hingedeutet. Außerdem habe das Gericht auf § 13 Abs. 1 JVEG hingewiesen, wonach der Gutachter beauftragt werde, wenn der notwendige Betrag eingezahlt sei und das Einverständnis „der Nebenbetroffenen” vorliege. Es liege auch kein objektiver Grund vor, weshalb gerade die Beschwerdeführerin als einzige der angeschriebenen Nebenbetroffenen die Mehrkosten tragen solle. Sie sei zwar überzeugt, dass das Bundeskartellamt in dem gegen sie gerichteten Bußgeldbescheid von einem zu hohen Mehrerlös aufgrund der Absprachen ausgegangen sei. Sie träfen aber durch die Begutachtung nicht unerhebliche Mehrkosten und sie wäre nicht einverstanden gewesen, diese Mehrkosten allein zu übernehmen. Es liege eine krasse Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze vor.
III.
Dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen wurde gemäß § 94 BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Entscheidungsgründe
B.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
I.
Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Bedeutung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG).
1. Das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgende Willkürverbot zieht der Rechtsprechung bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts nur gewisse äußerste Grenzen (vgl. BVerfGE 42, 64 ≪73≫). Nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts stellt daher auch einen Gleichheitsverstoß dar. Von Willkür kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪278 f.≫; 96, 189 ≪203≫).
Ein Richterspruch ist jedoch willkürlich und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 62, 189 ≪192≫; 70, 93 ≪97≫; 96, 189 ≪203≫). In einem derartigen Fall kommt ein verfassungsgerichtliches Eingreifen in Betracht (vgl. BVerfGE 62, 189 ≪192≫). Dabei ist Willkür nicht im Sinne eines subjektiven Vorwurfs zu verstehen. Vielmehr ist Willkür objektiv zu verstehen, als eine Maßnahme, die im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist (vgl. BVerfGE 62, 189 ≪192≫; 70, 93 ≪97≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Oktober 1998 – 2 BvR 1328/96 –, NVwZ-Beilage 1999, S. 10 f.) oder als die krasse Missdeutung des Inhalts einer Norm, durch die ein gesetzgeberisches Anliegen grundlegend verfehlt wird (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪279≫; 96, 189 ≪203≫).
2. Die angegriffenen Entscheidungen halten einer an diesen Maßstäben ausgerichteten verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung, das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 17. Dezember 2008 stelle eine Erklärung des Inhalts dar, dass die Beschwerdeführerin die auf die Feststellung ihres Mehrerlöses entfallenden Mehrkosten der Gutachtenserstattung im Sinne des § 13 Abs. 6 JVEG übernehmen wolle, ist unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar und daher willkürlich.
Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Das Schreiben vom 17. Dezember 2008 ist eine Reaktion auf die gerichtliche Anfrage vom 16. Dezember 2008. Die Antwort der Beschwerdeführerin, dass sie mit dem Vorschlag des Senats zur Gutachtervergütung einverstanden sei, den Vorschuss einzahlen werde und um Mitteilung bitte, wie sich die Gutachtenskosten auf die Verfahrensbeteiligten verteilen würden, könnte nur dann als Zustimmung zur alleinigen Übernahme der entsprechenden Mehrkosten nach § 13 Abs. 6 JVEG ausgelegt werden, wenn der „Vorschlag des Senats” gerade darin bestanden hätte.
Das Schreiben des Senats enthielt aber einen solchen Vorschlag gerade nicht. Dort wurde lediglich ausgeführt, es bestehe die Möglichkeit, dass sich die Nebenbetroffenen gegenüber dem Gericht mit einer von der gesetzlichen Regelung abweichenden Vergütung einverstanden erklärten (vgl. § 13 Abs. 1 JVEG). Hierin muss der „Vorschlag”, auf den sich die Zustimmung bezieht, bei verständiger Würdigung der Erklärung gesehen werden.
Der Senat wies auf die Möglichkeit hin, dass die Mehrkosten durch die Nebenbetroffenen getragen werden könnten. Dies spricht schon dagegen, dass das Schreiben des Senats so verstanden werden konnte, dass eine Erklärung eines Einzelnen, die Mehrkosten nach § 13 Abs. 6 JVEG tragen zu wollen, erwartet werde. Deutlicher wird dies jedoch noch daraus, dass der Senat nicht etwa auf § 13 JVEG hinwies, sondern speziell auf § 13 Abs. 1 JVEG. Danach kann, wenn die Gerichtskosten nach der jeweiligen Verfahrensordnung in jedem Fall den Parteien oder den Beteiligten aufzuerlegen sind und sich diese dem Gericht gegenüber mit einer bestimmten oder abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung einverstanden erklärt haben, der Sachverständige, Dolmetscher oder Übersetzer unter Gewährung dieser Vergütung herangezogen werden, nachdem ein ausreichender Betrag für die gesamte Vergütung an die Staatskasse gezahlt ist.
Wenn das Gericht gegenüber der Beschwerdeführerin im Rahmen seiner Anfrage auf diese Vorschrift hinwies und einen Vorschuss von ihr in Höhe von 3.000 EUR anforderte, durfte sie angesichts dieser Erklärung und der Umstände damit rechnen, dass das Gericht entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift keinen Gutachtensauftrag erteilt, bevor ein ausreichender Betrag eingezahlt ist und dass ihr Einverständnis sich – ungeachtet der Frage, ob dies im Bußgeldverfahren möglich ist – auf eine höhere Vergütung und ein vorgeschlagenes Vorgehen nach § 13 Abs. 1 JVEG bezieht.
Wörtlich hat die Beschwerdeführerin an keiner Stelle angegeben, die Mehrkosten des Gutachtens nach § 13 Abs. 6 JVEG tragen zu wollen. Schon aus dem Wortlaut von § 13 Abs. 6 Satz 1 JVEG folgt, dass diese Norm nur Anwendung findet, wenn eine Partei nicht nur mit einer erhöhten Vergütung einverstanden ist, sondern wenn sie zusätzlich erklärt, die entstehenden Mehrkosten zu tragen.
Die ausdrückliche Erwähnung dieser weiteren Voraussetzung und der Vergleich von § 13 Abs. 6 JVEG mit § 13 Abs. 1 JVEG verbietet es, in der Zustimmung zur Gutachtervergütung zugleich die Erklärung, die auf die Feststellung ihres Mehrerlöses entfallenden Mehrkosten allein tragen zu wollen, zu sehen.
Das Gegenteil ergibt sich vorliegend schon aus dem Kontext der Erklärung der Beschwerdeführerin. Weil die Beschwerdeführerin eine Frage zur Verteilung der Kosten stellt, ist vielmehr ausgeschlossen, dass sie eine Erklärung nach § 13 Abs. 6 JVEG abgeben wollte. Dann hätte sie nämlich gewusst, dass die in § 13 Abs. 6 Satz 2 JVEG getroffene Regelung greift, nach der jeder Erklärende auf die vollen Mehrkosten haftet und bei mehreren Erklärungen dieser Art eine Gesamtschuld besteht. Dass eine Erklärung, die Mehrkosten der Begutachtung nach § 13 Abs. 6 JVEG tragen zu wollen, nicht vorliegt, war damit offensichtlich.
Das Oberlandesgericht hat seine andere Auffassung überdies nicht begründet.
3. Da die Verfassungsbeschwerde schon wegen der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG begründet ist, bedarf es auch nicht der Entscheidung, ob darüber hinaus weitere Grundrechte verletzt sind. Im Übrigen wird von einer weiteren Begründung abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
II.
Die Kammer hebt die angegriffenen Gerichtsentscheidungen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG auf.
III.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Broß, Di Fabio, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2320898 |
DB 2010, 17 |