Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 06.02.2008; Aktenzeichen 1 Ws 30/08) |
LG Lüneburg (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen 17a StVK 684/07) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Voraussetzungen, unter denen eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG unzulässig, weil der Beschwerdeführer den Rechtsweg nicht erschöpft hat.
1. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch das Oberlandesgericht. Hiergegen steht ihm der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach § 33a StPO, § 120 Abs. 1 StVollzG (vgl. § 167 Abs. 4 Satz 1 NJVollzG) zur Verfügung. Das Verfahren der Anhörungsrüge gehört zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGK 5, 337 ≪338 f.≫), der grundsätzlich vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft sein muss. Da der Beschwerdeführer dieses Verfahren nicht durchlaufen hat, ist seine Verfassungsbeschwerde nicht nur hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, sondern insgesamt unzulässig (vgl. BVerfGK 5, 337 ≪339≫).
2. Eine Anhörungsrüge war hier nicht deshalb entbehrlich, weil sie offensichtlich aussichtslos gewesen wäre (vgl. BVerfGK 7, 403 ≪407≫).
a) Wenn der Vortrag des Beschwerdeführers zutrifft, dass er im Verfahren vor dem Landgericht keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Vorbringen der Justizvollzugsanstalt hatte, stellte dies einen Gehörsverstoß dar. Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat der Einzelne Anspruch darauf, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 107, 395 ≪409≫). Dementsprechend darf das Gericht nur Tatsachen verwerten, zu denen die Beteiligten vorher Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 20, 347 ≪349≫; 70, 180 ≪189≫; 89, 381 ≪392≫; 101, 106 ≪129≫). Der bei einer Entscheidung berücksichtigte Tatsachenvortrag eines Verfahrensbeteiligten muss den anderen Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung durch Übersendung der betreffenden Schriftsätze zur Kenntnis gebracht worden sein, und diese müssen die Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt haben (vgl. BVerfGE 19, 32 ≪36 f.≫; 50, 280 ≪285 f.≫; 55, 95 ≪98≫; 67, 96 ≪99≫).
b) Im Interesse wirksamer Überprüfung von Gehörsverstößen im fachgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 42, 243 ≪248 f.≫; 107, 395 ≪413 f.≫) wird § 116 Abs. 1 StVollzG allgemein dahin ausgelegt, dass eine Rechtsbeschwerde zulässig ist, wenn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG vorliegt (vgl. statt vieler Arloth, StVollzG, 2. Aufl. 2008, § 116 Rn. 3, m.w.N.). Den mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Gehörsverstoß seitens der Strafvollstreckungskammer hatte der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsbeschwerde ausdrücklich gerügt. Die Rüge war auch nicht deshalb unsubstantiiert, weil der Beschwerdeführer, soweit es um die von der Justizvollzugsanstalt angeführten Gründe gegen eine Verlegung ging, mit der Rechtsbeschwerde nicht ausdrücklich vorgetragen hatte, was er im Falle rechtzeitiger Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen haben würde. Denn nach seinem Rechtsbeschwerdevortrag, mit dem er unter anderem geltend machte, über seinen Antrag habe – nach Abgabe des Vorgangs an das zuständige Gericht – überraschend das unzuständige Gericht entschieden, lag auf der Hand, dass er eben dies auch bei rechtzeitiger Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen haben würde.
Unter diesen besonderen Umständen (vgl. BVerfGE 86, 133 ≪146≫ m.w.N.) deutet der Umstand, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde mit einer Tenorbegründung als unzulässig verworfen hat, ohne auf die Gehörsrüge des Beschwerdeführers einzugehen, darauf hin, dass das Oberlandesgericht den diesbezüglichen Vortrag nicht in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen und erwogen (vgl. BVerfGE 18, 380 ≪383≫) und dadurch seinerseits den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Oberlandesgerichte gemäß § 119 Abs. 3 StVollzG unter den dort bezeichneten Voraussetzungen berechtigt sind, eine Rechtsbeschwerde ohne Begründung zu verwerfen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 – 2 BvR 378/05 –, juris, Rn. 33).
3. Sonstige Gründe, deretwegen es dem Beschwerdeführer ausnahmsweise unzumutbar sein könnte (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), den Rechtsweg mit der Anhörungsrüge auszuschöpfen, sind nicht ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt
Fundstellen