Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen Vf. 129-VI-04) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen erbrechtlichen Sachverhalt.
I.
Landgericht und Oberlandesgericht versagten der Beschwerdeführerin einen Pflichtteilsanspruch wegen gemäß § 2315 BGB anzurechnender Zuwendungen (Grundstücke und eine Brauerei-Unterbeteiligung). Dabei hielten sie in notariellen Überlassungsverträgen enthaltene Anrechnungsbestimmungen für wirksam, nach denen die Werte der Zuwendungen nach den Wertverhältnissen beim Erbfall beziehungsweise für den Fall einer vor diesem Zeitpunkt stattfindenden Veräußerung nach den erzielten Veräußerungserlösen zu bemessen waren. Die Landesverfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin wies der Bayerische Verfassungsgerichtshof ab. Ausschließlich hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Willkürverbotes rügt.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinn des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG ist nicht gegeben. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Erfolgsaussicht.
Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, mit der insbesondere Verletzungen des Willkürverbots aus Art. 118 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung durch die ordentlichen Gerichte verneint wurden, ist nicht willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. Das folgt schon daraus, dass die fachgerichtlichen Entscheidungen ihrerseits keinen Verstoß gegen das Willkürverbot erkennen lassen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Landgericht und Oberlandesgericht den vom Gesetzeswortlaut des § 2315 Abs. 2 Satz 2 BGB abweichenden Bewertungsstichtag gebilligt haben. Denn sie sind dabei einer von weiten Teilen der Literatur vertretenen Meinung gefolgt. Danach kann der Erblasser grundsätzlich von § 2315 Abs. 2 Satz 2 BGB abweichen, wobei dann, wenn die Bestimmung zu einem höheren anzurechnenden Wert führt, die Form des Erb- bzw. Pflichtteilsverzichts gewahrt sein muss (vgl. Staudinger/Haas, BGB [1998], § 2315 Rn. 54, 41 ff.; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl., 2002, § 2315 Rn. 11; Damrau/Riedel/Lenz, Praxiskommentar Erbrecht, 2004, § 2315 Rn. 10; MünchKommBGB/Lange, 4. Aufl., 2004, § 2315 Rn. 14; nach anderer Ansicht soll eine solche Wertfestsetzung sogar formfrei möglich sein, vgl. Ebenroth/Bacher/Lorz, JZ 1991, S. 277 ≪281 f.≫). Diese Formerfordernisse hat das Oberlandesgericht als erfüllt angesehen, ohne dass dagegen von Verfassungs wegen etwas zu erinnern wäre. Demnach war es jedenfalls sehr gut vertretbar und keinesfalls willkürlich, die Anrechnungsbestimmungen unabhängig davon, ob sie zu höheren Anrechnungswerten als § 2315 Abs. 2 Satz 2 BGB führten, für wirksam zu halten.
Ebenso wenig trifft die Feststellung der ordentlichen Gerichte auf verfassungsrechtliche Bedenken, dass durch die konkrete Anrechungsbestimmung der Pflichtteil der Beschwerdeführerin nicht reduziert worden sei. Schließlich erfüllt es nicht den Tatbestand objektiver Willkür, dass das Oberlandesgericht die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO für gegeben erachtet hat.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Gaier
Fundstellen
FamRZ 2006, 927 |
MittBayNot 2006, 339 |
ZEV 2007, 28 |
DNotZ 2006, 772 |
www.judicialis.de 2006 |