Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 21.04.1994; Aktenzeichen 12 U 314/93) |
LG Karlsruhe (Urteil vom 15.10.1993; Aktenzeichen 6 O 166/92) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die gerichtlich bestätigte Kürzung einer von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) gekürzten Hinterbliebenenrente.
I.
1. Die VBL gewährt nach Maßgabe ihrer Satzung (VBLS) an die versicherten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und ihre Angehörigen Leistungen der Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Grundlage ist der Versorgungstarifvertrag, der jedoch nur die Grundzüge der Versorgung regelt. Der wichtigste Anspruch ist eine dynamische Versorgungsrente des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen, die zu der gesetzlichen Rente hinzutritt.
In § 65 Abs. 4 VBLS ist vorgesehen, daß die Versorgungsrente ruht, wenn der Anspruchsberechtigte Arbeitsentgelt oder laufende Dienstbezüge von einem öffentlichen Arbeitgeber oder Dienstherrn erhält, soweit diese Vergütung zusammen mit der Gesamtversorgung das der Berechnung letzterer zugrundeliegende gesamtversorgungsfähige Entgelt des versicherten Arbeitnehmers übersteigt. Eine Mindestrente ist aber in jedem Fall zu zahlen. Diese Regelung ist im Grundsatz in der seit 1. Januar 1967 geltenden Satzung von Beginn an enthalten.
Die Beschwerdeführerin ist die Witwe eines am 21. September 1986 verstorbenen Versorgungsempfängers. Sie erhielt ab dem 1. Oktober 1986 eine Versorgungsrente für Witwen. Seit dem 1. Januar 1989 bis einschließlich 31. Juli 1992 behielt die VBL von der zu zahlenden Versorgungsrente insgesamt einen Betrag von 26.685,05 DM ein mit der Begründung, daß die Versorgungsrente wegen der aus Beschäftigungsverhältnis als Lehrerin erzielten Einkünfte gemäß § 65 Abs. 4 VBLS ruhe. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht bis auf einen Betrag von 732,24 DM erfolglos.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2, Art. 3, Art. 14 und Art. 20 GG. Sie ist der Ansicht, daß die Anwendung der Ruhensvorschriften zu einer nahezu vollständigen, jedenfalls nicht mehr hinnehmbaren Aufzehrung geführt habe. Zudem werde der Gleichheitssatz durch die unterbliebene entsprechende Anwendung des § 18b Abs. 5 SGB IV verletzt. Der unterschiedliche Maßstab bei der Anrechnung eigener Einkünfte auf die gesetzlichen Renten einerseits und auf die Zusatzversorgung andererseits sei sachlich nicht gerechtfertigt.
II.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Verletzung von Art. 2, Art. 14 und Art. 20 GG gerügt wird. Insoweit genügt ihre Begründung nicht den Anforderungen an die Substantiierung gemäß §§ 23, 92 BVerfGG.
2. Gründe für eine Annahme der form- und fristgerecht erhobenen und damit zulässigen Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Die von der Beschwerdeführerin gerügte Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
a) Zwar gebietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), einem Beamten wenigstens einen Rest des von seinem verstorbenen Ehegatten erworbenen Versorgungsanspruchs zu belassen (BVerfGE 46, 97 ≪109≫). Diesem Gebot trägt § 65 Abs. 8 VBLS jedoch hinreichend Rechnung. Danach ist die nicht dynamisierbare Versichertenrente als Mindestrente auch dann zu zahlen, wenn das eigene Einkommen des Hinterbliebenen zusammen mit der Gesamtversorgung das gesamtversorgungsfähige Entgelt des verstorbenen Arbeitnehmers erreicht oder übersteigt. Ein weitergehender Anspruch läßt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten (so auch BAG, AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; BGH, AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen = VersR 1986, S. 259 ≪260 f.≫).
b) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes liegt auch nicht darin, daß das Arbeitsentgelt der Beschwerdeführerin, soweit es gemäß § 65 Abs. 4 VBLS zur Kürzung ihrer Witwenrente führt, nicht auf ein fiktives Nettoeinkommen reduziert wird, wie dies gemäß § 18b Abs. 5 SGB IV für Sozialversicherungsrenten geschieht. Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst unterscheidet sich von der Sozialversicherungsrente durch eine engere Zielsetzung. Während die Sozialversicherungsrente die Grundversorgung des Versicherten gewährleisten soll, handelt es sich bei der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst um eine aus dem Alimentationsgedanken entwickelte betriebliche Altersversorgung öffentlicher Arbeitgeber, um das Rentenniveau auf eine der Beamtenversorgung vergleichbare Ebene anzuheben. Diese Zielsetzung bedingt ein anderes Berechnungssystem als das der Sozialrenten. Gleichbehandlung hinsichtlich einzelner Berechnungsfaktoren kann schon deshalb nicht gefordert werden.
c) Die weiteren von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Gesichtspunkte lassen eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht erkennen. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kühling, Jaeger, Steiner
Fundstellen
Haufe-Index 1084298 |
NVwZ-RR 1996, 665 |