Mit Beschluss vom 27.9.2022 hat das BVerfG entschieden, dass § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und damit nichtig ist.
Verbot im Thüringer Waldgesetz
§ 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG bestimmte, dass eine Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart genehmigungsbedürftig ist, diese Genehmigung aber nicht erteilt werden darf, wenn die Umwandlung der Errichtung einer Windenergieanlage dienen soll. Diese Vorschrift verbietet also ausnahmslos die Änderung der Nutzungsart von Waldgebieten zur Errichtung von Windenergieanlagen und verhindert damit jeden Bau von Windenergieanlagen in Waldgebieten. Sie greift damit in das von Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht der Waldbesitzer ein.
Bodenrecht vom Bund im BauGB geregelt
Das BVerfG kam zu dem Schluss, dass dem Land Thüringen die Gesetzgebungskompetenz für eine solche Regelung fehlt. Es rechnet die angegriffene Bestimmung des Thüringer Waldgesetzes dem Bodenrecht zu. Das Bodenrecht ist aber vom Bund im Baugesetzbuch weitgehend schon geregelt. Das BVerfG verweist auf § 35 BauGB, der erschöpfend die Bebauungsmöglichkeiten im Außenbereich regelt. Nach § 35 Abs. 1 Ziff. 5 BauGB sind Windenergieanlagen privilegierte Vorhaben des Außenbereichs. Den Ländern steht nur die Möglichkeit offen, nach § 249 BauGB diese Privilegierung durch die Bestimmung gewisser Mindestabstände der Windenergieanlagen zu Wohnnutzungen räumlich einzuschränken. Die §§ 35 und 249 BauGB geben den Ländern aber nicht das Recht, großräumige Teile der Landschaft von Windenergieanlagen freizuhalten.
Kein Raum für landesrechtliches Verbot
Nach der Feststellung, dass § 10 ThürWaldG zum Bodenrecht gehört und dass die bodenrechtlichen Fragen der Windenergienutzung im Außenbereich durch den Bund schon geregelt sind, kommt das BVerfG zu dem Schluss, dass für eigene landesrechtliche Regelungen in diesem Bereich kein Raum mehr bleibt. Es verweist auf Art. 72 Abs. 1 GG, der vorsieht, dass die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nur dort Gesetze erlassen können, wo der Bund nicht selbst tätig geworden ist oder eine Öffnung für Landesgesetze vorgesehen hat.
Mit dieser erfolgreichen Verfassungsbeschwerde von 9 Thüringer Waldeigentümern ist ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum Ausbau der Windkraft aus dem Weg geräumt. Das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land vom 20.7.2022 (BGBl. I S. 1353) wird weitere Impulse für die Errichtung von Windenergieanlagen auch in Waldgebieten bringen.
BVerfG, Beschluss v. 27.9.2022, I BvR 2661/21