Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtannahmebeschluss: Dauer der fachgerichtlichen Eilverfahren ( 4 Jahre bzw 2 Jahre und 10 Monate) begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde aufgrund fehlender Vorlage der fachgerichtlichen Schriftsätze, der Stellungnahme der JVA sowie der angegriffenen Beschlüsse
Normenkette
GG Art 19 Abs. 4; BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2, § 92
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Beschluss vom 21.02.2020; Aktenzeichen 2 Ws 475/19) |
OLG Karlsruhe (Beschluss vom 19.02.2020; Aktenzeichen 2 Ws 325/19) |
LG Offenburg (Beschluss vom 13.02.2020; Aktenzeichen 7 StVK 219/17) |
LG Offenburg (Beschluss vom 18.03.2019; Aktenzeichen 7 StVK 505/15) |
LG Offenburg (Beschluss vom 08.02.2019; Aktenzeichen 7 StVK 201/15) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Rz. 1
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen an ihre Begründung genügt (vgl. BVerfGE 112, 304 ≪314 f.≫; 129, 269 ≪278≫). Der Beschwerdeführer hat es insbesondere versäumt, seine fachgerichtlichen Schriftsätze, die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt sowie die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Offenburg vom 8. Februar 2019 und vom 18. März 2019 vorzulegen oder inhaltlich wiederzugeben. Ohne Kenntnis des Inhalts dieser Unterlagen ist eine verantwortbare verfassungsrechtliche Überprüfung nicht möglich.
Rz. 2
2. a) Deshalb konnte eine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, obwohl die Dauer der mit Beschlüssen des Landgerichts Offenburg vom 8. Februar 2019 und vom 13. Februar 2020 abgeschlossenen Eilrechtsschutzverfahren erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gibt dem Rechtsschutzsuchenden Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 ≪401 f.≫; 37, 150 ≪153≫; 101, 397 ≪407≫; stRspr). Wirksam ist nur ein Rechtsschutz, der innerhalb angemessener Zeit gewährt wird. Insbesondere der vorläufige Rechtsschutz im Eilverfahren hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (vgl. BVerfGE 37, 150 ≪153≫; 65, 1 ≪70≫). Hieraus ergeben sich für die Gerichte Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen Gesetzesbestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 ≪226≫; 77, 275 ≪284≫; 93, 1 ≪13 f.≫; stRspr). Wo die Dringlichkeit eines Eilantrages es erfordert, muss das angerufene Gericht, wenn es eine Stellungnahme der Gegenseite einholt, die für eine rechtzeitige Entscheidung erforderliche Zügigkeit der Kommunikation sicherstellen, indem es etwa für Übermittlungen per Fax sorgt, kurze Fristen setzt und benötigte Akten zeitnah beizieht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. August 2011 - 2 BvR 1739/10 -, Rn. 28 f.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. September 2013 - 1 BvR 2447/11 -, Rn. 10).
Rz. 3
b) Das Landgericht Offenburg hat diesen Anforderungen nicht genügt, indem es die vom Beschwerdeführer am 8. Februar 2015 und am 10. April 2017 gestellten Eilrechtsschutzanträge zunächst nicht beschieden hat, sondern die Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug im November 2018 abgewartet und schließlich erst am 8. Februar 2019 beziehungsweise am 13. Februar 2020 - nachdem der jeweilige Eilrechtsschutzantrag des Beschwerdeführers bereits vier Jahre beziehungsweise zwei Jahre und zehn Monate anhängig war - eine Entscheidung über diese Anträge zusammen mit der jeweiligen Hauptsacheentscheidung getroffen hat.
Rz. 4
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Rz. 5
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI14035819 |