Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Regelung einer mitbestimmungsbedürftigen Angelegenheit. Lohngestaltung: Tatbestand der „Fragen der –”. Persönlicher Geltungsbereich dieses Mitbestimmungstatbestandes

 

Leitsatz (amtlich)

Der erste Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (= 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG) – Fragen der „Lohngestaltung” innerhalb der Dienststelle – bezieht sich nicht nur auf Beschäftigte im Arbeiter-, sondern auch auf Beschäftigte im Angestelltenverhältnis.

 

Normenkette

LPVG NW – F. 1974 – § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 5; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 4

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 19.12.1983; Aktenzeichen CL 5/82)

VG Arnsberg (Beschluss vom 30.11.1981; Aktenzeichen PVL 9/81)

 

Tenor

Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 19. Dezember 1983 und der Beschluß des Verwaltungsgerichts Arnsberg – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 30. November 1981 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß die Einführung der Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen vom 14. November 1980 der Mitbestimmung des Antragstellers bedurfte hätte.

 

Tatbestand

I.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) erließ im Jahre 1973 Richtlinien über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen („Musikschullehrer-Richtlinien”), nach denen die Eingruppierung der Lehrkräfte in Vergütungsgruppen nach der Art des Unterrichts (Gruppen- oder Einzelunterricht) und dem Ausbildungsstand der Schüler (Grund-, Mittel- und Oberstufe) erfolgen sollte. Da die Anwendung dieser Richtlinien auf die Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte an der Jugend-Musikschule der Stadt H. Schwierigkeiten bereitete, erarbeitete der Beteiligte anläßlich der Verabschiedung des Stellenplanes 1978 für diese Einrichtung eine eigenständige Einstufungsregelung, der der Antragsteller zustimmte. Am 14. November 1980 erließ die VKA neue Richtlinien über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen, die mit Wirkung vom 1. Januar 1981 die Richtlinien aus dem Jahre 1973 ablösten.

Mit Schreiben vom 7. Mai 1981 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, daß nunmehr die neuen Richtlinien der VKA angewandt werden sollten. Der Antragsteller erwiderte daraufhin, daß er nach wie vor „die vereinbarten Eingruppierungsregelungen” als gültig ansehe; durch die von der VKA empfohlenen Richtlinien könnten die „bestehenden Vereinbarungen” nicht als überholt angesehen werden. Der Beteiligte machte demgegenüber geltend, daß die Stadt aufgrund der Verbandssatzung der VKA zur Anwendung der Richtlinien verpflichtet sei. Dies habe an sich auch schon hinsichtlich der früheren Richtlinien gegolten. Bei diesen habe sich jedoch schon bald herausgestellt, daß sie von einer Organisationsform ausgegangen seien, die bei den städtischen Musikschulen nur selten anzutreffen sei. Aus diesem Grund habe es der Kommunale Arbeitgeberverband von Nordrhein-Westfalen (KAV NW) geduldet, daß die Stadt eine abweichende Regelung getroffen habe.

Der Antragsteller hat sodann das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet mit dem Antrag,

festzustellen, daß die Einführung der Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen vom 14. November 1980 der Mitbestimmung,

hilfsweise der Mitwirkung des Antragstellers bedurft hätte.

Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag mit der Begründung abgelehnt, daß sich die hier allein in Betracht kommende Vorschrift des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG lediglich auf Arbeiter, nicht auf Angestellte beziehe. Dem Hilfsantrag hat es stattgegeben. Die Beschwerde des Antragstellers gegen diese Entscheidung blieb ohne Erfolg. Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts ist im wesentlichen wie folgt begründet:

Da der Beteiligte keine Beschwerde eingelegt habe, gehe es im Beschwerdeverfahren nur noch darum, ob dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW zugestanden habe. Diese Frage sei zu verneinen, weil sich die Vorschrift nur auf Arbeiter beziehe. Wie sich aus der Terminologie des Landespersonalvertretungsgesetzes ergebe, sei der Begriff des „Lohnes” im technischen Sinn zu verstehen; das Gesetz spreche, wenn es sowohl den den Arbeitern gezahlten Lohn als auch die den Angestellten gezahlte Vergütung meine, von „Arbeitsentgelt”. Es sei auch sinnvoll, nur die Fragen der Lohngestaltung der Arbeiter der Mitbestimmung der Personalvertretung zu unterwerfen, da im öffentlichen Dienst die den Angestellten zu zahlenden Vergütungen in aller Regel durch Tarifvertrag geregelt seien. Es möge zwar sein, daß es angebracht sei, in Fällen der vorliegenden Art die Personalvertretung zu beteiligen. Zu einer Auslegung gegen den klaren Wortlaut seien die Gerichte jedoch nicht befugt. Diese Rechtsauffassung stehe mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie auch mit dem überwiegenden Schrifttum im Einklang. Daß das Bundesarbeitsgericht zu der entsprechenden Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nrn. 10 und 11 BetrVG eine abweichende Auffassung vertrete, sei nicht erheblich. Der Senat sehe sich auch nicht durch den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 19.80 – veranlaßt, seine Rechtsprechung in dieser Frage zu ändern.

Im übrigen beziehe sich das Mitbestimmungsrecht nach dem ersten Tatbestand des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur darauf, wie die Entlohnung durchgeführt werden solle, also auf die technische Seite der Lohnberechnung. Durch die Richtlinien der VKA würden aber ganz überwiegend materielle Arbeitsbedingungen geregelt. Ob in Abschnitt C teilweise auch formelle Arbeitsbedingungen enthalten seien, könne dahinstehen, weil der Mitbestimmungstatbestand – wie ausgeführt – ohnehin nicht auf Beschäftigte im Angestelltenverhältnis anwendbar sei.

Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller die vom Beschwerdegericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er beantragt,

unter Änderung der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 1983 und des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 30. November 1981 festzustellen, daß die Einführung der Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen vom 14. November 1980 der Mitbestimmung des Antragstellers bedurft hätte.

Er rügt die Verletzung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW und macht geltend, daß der erste Satzteil der Vorschrift mit dem Sammelbegriff „Entlohnung” einen Oberbegriff für Vergütung und Lohn verwende. Außerdem enthalte der dritte Satzteil mit der Redewendung „und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte” ersichtlich einen Auffangtatbestand. Bei der Verwendung des Bindewortes „sowie” handele es sich um eine sprachliche Abwechslung, die weiterhin additiv gemeint sei.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Antragstellers gegen die erstinstanzliche Entscheidung zu Unrecht zurückgewiesen. Die Einführung der neuen Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen unterlag der Mitbestimmung des Antragstellers. Es handelte sich um eine eigenständige Maßnahme des Beteiligten, da er mit der „Einführung” der Richtlinien nicht nur eine Regelung der VKA ausführen wollte, sondern die Richtlinien künftig als eigene Regelung auf die laufenden und neu zu begründenden Arbeitsverhältnisse der Lehrkräfte an der Musikschule der Stadt H. anwenden will.

Rechtsgrundlage des vom Antragsteller geltend gemachten Mitbestimmungsrechts ist die – mit § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG übereinstimmende – Vorschrift des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespersonalvertretungsgesetz – LPVG NW –) vom 3. Dezember 1974, GV.NW. S. 1514 (= § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LPVG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Dezember 1984, GV.NW. 1985, S. 29), wonach der Personalrat über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren, mitzubestimmen hat. Eine die Anwendung dieser Vorschrift ausschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht nicht. Der Beteiligte ist zwar gemäß § 6 Abs. 1 Buchst. c der Satzung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (KAV NW) verpflichtet, u.a. die Richtlinien der Verbandsorgane oder der Spitzenvereinigungen, also auch der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), zu befolgen. Der KAV NW hatte daher den Beteiligten aufgefordert, zur Gewährleistung der Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen der Musikschullehrer die Richtlinien zu beachten, entsprechende Arbeitsverträge mit den Musikschullehrern abzuschließen und bereits bestehende Arbeitsverhältnisse anzupassen.

Diese Verpflichtung des Beteiligten beruht jedoch nicht auf einer „gesetzlichen Regelung”, weil es sich nicht um autonomes Satzungsrecht einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft handelt, das bei dem in § 72 Abs. 3 LPVG NW festgelegten Vorrang des Gesetzes zu berücksichtigen wäre (vgl. Beschluß vom 16. September 1977 – BVerwG 7 P 10.75 – ≪Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 4≫). Auch gibt es keine tarifvertragliche Regelung für die Lehrkräfte an der Jugendmusikschule der Stadt H., da die Anlage 1 a zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) – die Allgemeine Vergütungsordnung – gemäß Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen in der Fassung vom 6. Februar 1979 für Angestellte, die als Lehrkräfte – auch wenn sie nicht unter die für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen maßgebende Sonderregelung (SR) 21 fallen – beschäftigt sind, nur dann gilt, wenn ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Das ist aber bei den Lehrkräften dieser Schule nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts bezieht sich der erste Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW – Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle – nicht nur auf Beschäftigte im Arbeiter-, sondern auch auf Beschäftigte im Angestelltenverhältnis. Der früher für Personalvertretungssachen zuständige 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat allerdings in dem Beschluß vom 17. Januar 1969 – BVerwG 7 P 9.67 – (PersV 1969, 179) zu § 67 Abs. 1 Buchst. f des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes vom 18. Oktober 1957 (GVBl. S. 473), der die Mitbestimmung des Personalrats bei der „Aufstellung der Entlohnungsgrundsätze und die Festsetzung der Akkordlohnsätze” vorsah, ausgeführt, daß der Begriff der „Entlohnung” nach dem Sprachgebrauch nur das Entgelt der Arbeiter betreffe und nur ihr Entgelt als Lohn bezeichnet werde. Daß der Begriff der Entlohnung einen über diese Wortbedeutung hinausgehenden Sinn haben solle, sei nicht ersichtlich. Die Entlohnung sei demnach kein Sammelbegriff für das Entgelt aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Diese Rechtsauffassung hat das Bundesverwaltungsgericht in Entscheidungen zu der gleichlautenden Vorschrift des § 61 Abs. 1 Nr. 14 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes vom 23. Dezember 1959 (GVBl. S. 83) sowie zu dem Begriff der „betrieblichen Lohnfindung” in § 75 Abs. 1 Nr. 7 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes in der Fassung vom 24. April 1972 (Nds. GVBl. S. 231) bekräftigt (Beschlüsse vom 7. November 1969 – BVerwG 7 P 5.69 – ≪PersV 1970, 156≫ und vom 13. Februar 1976 – BVerwG 7 P 9.74 – ≪BVerwGE 50, 176 ≪185≫). Hiervon ausgehend haben bislang sowohl die Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 25. März 1982, RiA 1983, 96 und vom 24. Februar 1983, RiA 1984, 163; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 23. Juli 1985, ZBR 1986, 24) als auch die überwiegende Kommentarliteratur (vgl. Fürst, GKÖD V, K § 75 Rz 84 a; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 75 RdNr. 8; Lorenzen/Eckstein, BPersVG, 4. Aufl., § 75 RdNr. 32; Cecior/Dietz/Vallendar, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, § 72 LPVG RdNr. 386; a.A. Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 RdNr. 272; Altvater u.a., BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rn. 51) den Standpunkt vertreten, daß der Mitbestimmungstatbestand nur auf Fragen der Lohngestaltung der Arbeiter Anwendung finde.

Der erkennende Senat hat demgegenüber bereits in den Beschlüssen vom 18. August 1982 – BVerwG 6 PB 9.82 – und vom 23. Dezember 1982 – BVerwG 6 P 19.80 – (PersV 1983, 506 = RiA 1983, 132 mit Anmerkung von Widmaier) die Frage, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden soll, ausdrücklich offengelassen und damit zu erkennen gegeben, daß ihre Überprüfung im Hinblick auf die seither erfolgte Neufassung und Erweiterung des Mitbestimmungstatbestandes geboten erscheint. Die vorliegende Rechtssache gibt nunmehr Gelegenheit, den persönlichen Geltungsbereich des ersten Mitbestimmungstatbestandes des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW (= § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG) zu klären. Dabei ergibt sich unter Berücksichtigung der für die Gesetzesauslegung maßgebenden Kriterien (vgl. BVerwGE 64, 209 ≪211≫), daß das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung aufgrund dieser Vorschrift alle Arbeitnehmer der Dienststelle erfaßt.

Es kann schon zweifelhaft sein, ob die in dem ersten Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW verwandten Begriffe der Lohngestaltung, der Entlohnungsgrundsätze und der Entlohnungsmethoden tatsächlich in dem Sinne eindeutig sind, daß sie sich nur auf das Entgelt der Arbeiter beziehen können. Da sich den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens (zu § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG vgl. BR-Drucks. 306/72, S. 16 und 33 f.) hierzu nichts entnehmen läßt, kann nicht festgestellt werden, ob der Gesetzgeber damit an den arbeitsrechtlichen Begriff des „Lohnes” anknüpfen wollte oder ob er von dem allgemeinen Sprachgebrauch ausgegangen ist, nach dem unter der „Entlohnung” von Beschäftigten auch die Zahlung des Arbeitsentgeltes an Angestellte verstanden werden kann. Durch die Verwendung unterschiedlicher Begriffe in der Gesamtregelung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW sollten möglicherweise nur eine sprachliche Abwechslung erreicht und unförmige Ausdrücke (z.B. „Arbeitsentgeltgestaltung”) vermieden werden (vgl. von Friesen, RdA 1979, 225 ≪226≫). Aber selbst wenn die Wortbedeutung der vorgenannten Begriffe eindeutig sein sollte, gebieten es der systematische Zusammenhang des Mitbestimmungskataloges in § 72 Abs. 3 LPVG NW und der Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes, die Angestellten in seinen Geltungsbereich einzubeziehen.

§ 72 Abs. 3 LPVG NW betrifft die Mitbestimmung des Personalrats in Fällen, die teils sozialer, teils organisatorischer Natur sind. Durch Maßnahmen des Dienststellenleiters in „sozialen Angelegenheiten” werden die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten geregelt, die sich auf die Stellung der Beschäftigten insgesamt oder ihr Verhältnis zueinander auswirken (vgl. Beschluß vom 23. Januar 1986 – BVerwG 6 P 8.83 – ≪Buchholz 238.35 § 61 HePersVG Nr. 3 = PersV 1986, 323≫). Die in § 72 Abs. 3 LPVG NW geregelten Mitbestimmungstatbestände gelten grundsätzlich für alle Beschäftigten der Dienststelle. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn im Einzelfall – wie insbesondere bei den Beamten – eine Regelung durch Gesetz vorgeschrieben ist oder sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats von der Natur der Sache her nur auf bestimmte Gruppen von Beschäftigten beziehen kann. Diesen Regelungszusammenhang hat der Gesetzgeber dadurch verdeutlicht, daß er in Fällen, in denen das Mitbestimmungsrecht auf die Arbeitnehmer der Dienststelle beschränkt sein soll, die Beamten also von der Regelung ausgenommen sind, den Zusatz „Angestellte und Arbeiter” beigefügt hat (vgl. § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 LPVG NW, § 75 Abs. 3 Nrn. 6, 7, 8 und 9 BPersVG). Der erste Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW enthält jedoch keine Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches und ist auch nicht von der Natur der Sache her auf eine Mitbestimmung des Personalrats in Fragen der Lohngestaltung der Arbeiter begrenzt.

Außerdem entspricht es der Zweckbestimmung der Vorschrift, auch die Maßnahmen des Dienststellenleiters, die Fragen der Lohngestaltung der Angestellten betreffen, der Mitbestimmung der Personalvertretung zu unterwerfen. Durch die Beteiligung des Personalrats in diesen Angelegenheiten soll im Interesse der Lohngerechtigkeit vermieden werden, daß bei der Regelung von Fragen der Lohngestaltung die berechtigten Interessen der Beschäftigten der Dienststelle nicht hinreichend berücksichtigt werden. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeiter und Angestellten ist insoweit nicht gerechtfertigt. Auch wenn der Mitbestimmungstatbestand für den öffentlichen Dienst nur von geringer Bedeutung ist (vgl. Lorenzen/Eckstein, a.a.O. RdNr. 132) und die Angelegenheiten, auf die sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats insoweit bezieht, weitgehend gesetzlich und vor allem durch Tarifverträge geregelt sind, besteht durchaus ein Bedürfnis, auch den Angestellten hinsichtlich der Fragen der Lohngestaltung den Schutz der Personalvertretung zu gewähren. Für den persönlichen Geltungsbereich der Vorschrift kann die Zahl der davon betroffenen Beschäftigten nicht erheblich sein.

Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW bestätigt. Der Mitbestimmungstatbestand stimmt wörtlich mit § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG überein, der seinerseits der betriebsverfassungsrechtlichen Regelung in § 87 Abs. 1 Nrn. 10 und 11 BetrVG nachgebildet ist. Zu dieser Vorschrift vertreten aber das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 12. Juni 1975 – 3 ABR 13/74 – ≪AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung und vom 29. März 1977 – 1 ABR 123/74 – ≪BB 1977, 1046≫) und das Schrifttum (vgl. Fitting/Auffahrt/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 87 RdNr. 121; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 RdNrn. 492 ff.) die Auffassung, daß sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei „Fragen der betrieblichen Lohngestaltung” auf alle Arbeitnehmer erstreckt. Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Praxis im Personalvertretungsrecht eine nahezu gleichlautende Mitbestimmungsregelung schafft, muß davon ausgegangen werden, daß er damit für den Personalrat eine gleichartige Beteiligungsbefugnis begründen wollte. Dem steht nicht entgegen, daß es sich bei dem Personalvertretungsrecht um eine trotz mancher Gemeinsamkeiten gegenüber dem Betriebsverfassungsrecht eigenständige Gesetzesmaterie handelt, die auf die besonderen Verhältnisse im öffentlichen Dienst ausgerichtet ist. Die Unterschiede zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Privatwirtschaft machen es nicht erforderlich, den persönlichen Geltungsbereich des Mitbestimmungsrechts des Personalrats bei Fragen der Lohngestaltung gegenüber dem Betriebsverfassungsrecht enger zu fassen.

Schließlich kann auch nicht der Auffassung des Beschwerdegerichts beigepflichtet werden, daß durch die Einführung der Richtlinien der VKA für die im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen vom 14. November 1980 inhaltlich keine Fragen der Lohngestaltung im Sinne des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 LPVG NW geregelt worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 60, 93 ≪96 f.≫) beziehen sich Entlohnungsgrundsätze darauf, wie die Entlohnung durchgeführt werden soll, also auf die technische Seite der Lohnberechnung; die materielle Seite wird von den Entlohnungsgrundsätzen nicht erfaßt. Die Mitbestimmung beschränkt sich demnach auf das Aufstellen allgemeiner Regeln, die die Technik bestimmen, nach der die Lohnfindung zu erfolgen hat. Die Lohnhöhe und Lohnpolitik sind nicht Gegenstand der Mitbestimmung, sondern der Tarifpolitik. Durch die vom Beteiligten eingeführten Richtlinien werden zwar ganz überwiegend materielle Arbeitsbedingungen der Angestellten geregelt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Abschnitts A der Richtlinien, nach dem die Angestellten in bestimmte Vergütungsgruppen eingruppiert werden. In Abschnitt C der Richtlinien sind jedoch für die Musikschullehrer, auf die der BAT nicht anzuwenden ist, weil die arbeitsvertraglich vereinbarte Pflichtstundenzahl durchschnittlich wöchentlich weniger als die Hälfte der Pflichtstundenzahl eines vollbeschäftigten Angestellten beträgt, auch Entlohnungsgrundsätze enthalten. Denn die Frage, unter welchen Voraussetzungen diesen Angestellten anstelle von Einzelstundenvergütung eine Monatsvergütung gewährt werden kann, gehört ebenso zur technischen Seite der Lohnfindung wie die Regelung, wann diese auszuzahlen ist.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1212446

BVerwGE, 365

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