Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Personalrates: Aufhebung einer offensichtlich rechtswidrigen Amtsverfügung. hier: Änderung der Normalarbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Aufhebung einer dienstlichen Anordnung, die offensichtlich rechtswidrig war, unterliegt nicht der Mitbestimmungspflicht durch den Personalrat gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.
2. Die Regelung der Normalarbeitszeit aufgrund der Richtlinie für das Verfahren einer gleitenden Arbeitszeit (GLAZ) im Bereich der Deutschen Bundespost war nicht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtig.
Normenkette
BBG § 72 Abs. 2 S. 2; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1; ArbZV § 7 S. 2 Fassung: 1974-09-24
Verfahrensgang
Gründe
1. Die Beteiligten streiten über die Frage, wann die Aufhebung einer mit Zustimmung des Personalrats getroffenen Arbeitszeitregelung und wann bei gleitender Arbeitszeit eine Änderung der Normalarbeitszeit mitbestimmungspflichtig ist.
In Teilbereichen des Fernmeldeamts R. ist seit einiger Zeit die gleitende Arbeitszeit nach der "Richtlinie für das Verfahren einer gleitenden Arbeitszeit im Bereich der Deutschen Bundespost unter Verwendung von Zeiterfassungsgeräten" (GLAZ) eingeführt.
Danach war die Arbeitszeit wie folgt geregelt:
Kernarbeitszeit: Montag bis Donnerstag von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr; Freitag von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr;
Gleitzeit: Montag bis Donnerstag von 6.30 Uhr bis 8.30 Uhr sowie von 15.30 Uhr bis 18.00 Uhr; Freitag von 6.30 Uhr bis 8.30 Uhr und 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr; eine halbe Stunde Mittagspause war eingeschlossen.
Normalarbeitszeit: 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr (einschließlich einer halben Stunde Mittagspause).
Zur Anpassung dieser Regelung an die ab 1. April 1989 eingeführte 39-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst ordnete der Beteiligte, der Vorsteher des Fernmeldeamts R., im Einverständnis mit dem Antragsteller, dem Personalrat beim Fernmeldeamt R., am 29. März 1989 an, daß ab 1. April 1989 jedem in der Gleitzeit Beschäftigten wöchentlich eine Stunde Überzeit angerechnet werde, die am Freitagnachmittag "abgewickelt" werden sollte. Nach Beanstandung durch die Oberpostdirektion R. wegen unzulässiger Vermengung von Arbeitszeitwerten und Überzeitarbeit als Verstoß gegen die GLAZ (Nr. 2.8) setzte der Beteiligte am 5. April 1989 die Regelung unter Abschnitt 2 der Verfügung vom 29. März 1989 (Anrechnung der pauschalen Überstunde) außer Kraft und regelte in Abänderung seiner früheren Anordnung rückwirkend ab 1. April 1989 die Normalarbeitszeit "bis zur Einführung einer endgültigen Regelung und Änderung der Tz 2.2 der Richtlinie GLAZ" wie folgt:
Montag bis Donnerstag von 7.40 Uhr bis 16.00 Uhr und Freitag von 7.40 Uhr bis 15.50 Uhr (einschließlich einer halben Stunde Mittagspause).
Gleichzeitig regelte er die Anrechnung der Normalarbeitszeit bei ganztägiger Dienstabwesenheit und die Führung der Arbeitszeitkarte. Die Gleit- und Kernarbeitszeit blieben unverändert. Den Personalrat beteiligte er nicht.
Der Antragsteller leitete daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren ein und beantragte die Feststellung, daß der Beteiligte durch die Aufhebung der Verfügung vom 29. März 1989 betreffend Übergangsregelungen anläßlich der Verkürzung der Wochenarbeitszeit für die Teilnehmer am Verfahren der gleitenden Arbeitszeit und durch die Inkraftsetzung der geänderten Arbeitszeitregelung vom 5. April 1989 jeweils ohne Beteiligung des Antragstellers gegen dessen Beteiligungsrecht verstoßen habe. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge abgelehnt.
Auf die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Beschluß des Verwaltungsgerichts aufgehoben und festgestellt, daß der Beteiligte durch die Aufhebung der Verfügung vom 29. März 1989 und durch das Inkraftsetzen der Übergangsregelung vom 5. April 1989 jeweils ohne Beteiligung des Antragstellers gegen dessen Beteiligungsrecht verstoßen habe. Das Beschwerdegericht hat diese Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die beiden beanstandeten Maßnahmen des Beteiligten seien gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtig. Die Mitbestimmungspflicht erfasse die Bestimmung der Grenzen, an die sich die Beschäftigten bei der individuellen Gestaltung der täglichen Arbeitszeit an den einzelnen Wochentagen halten müßten. Sie erfasse damit auch die Regelungen über die gleitende Arbeitszeit, denn sie seien im weitesten Sinne Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an den einzelnen Wochentagen. Die Aufhebung einer Regelung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an den einzelnen Wochentagen sei dann gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtig, wenn durch diese Aufhebung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an den einzelnen Wochentagen anders geregelt werde als vorher. Das sei mit der Anordnung vom 5. April 1989 geschehen. Nach der Aufhebung gelte die Kernarbeitszeit am Freitag nunmehr wieder uneingeschränkt wie vor der Verfügung vom 29. März 1989 ohne die Möglichkeit der Verkürzung um eine Überstunde. Sie sei infolgedessen mitbestimmungspflichtig.
Auch die Neuregelung der Normalarbeitszeit sei mitbestimmungspflichtig. Zwar sei diese keine Arbeitszeit, die von den Beschäftigten tatsächlich abgeleistet werden müsse. Sie sei nur ein rechnerischer Wert zur Berechnung von Zeitgutschriften, die bei gleitender Arbeitszeit in bestimmten Fällen notwendig seien, und zwar stets dann, wenn die Arbeitszeit berechtigtermaßen nicht oder in einer Weise abgeleistet worden sei, die nicht konkret gemessen werden könne. Ersteres sei bei Urlaub, letzteres bei ganz- oder mehrtägigen Dienstreisen oder bei der Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen außerhalb der Dienststelle der Fall. Hier müsse die Arbeitszeit an den Ausfalltagen abgerechnet werden. Die Normalarbeitszeit erhalte auch einen maßgebenden Bezug auf die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, weil sie am Freitag kürzer sei als an den übrigen Wochentagen. Demzufolge erhalte ein Beschäftigter, der am Freitag krank, in Urlaub oder auf ganz- oder mehrtägiger Dienstreise sei, weniger Zeit angerechnet als ein Beschäftigter, bei dem dies an einem anderen Wochentag eingetreten sei. Das Maß für die Arbeitszeit an den Ausfalltagen sei hierbei die Regelung über die Normalarbeitszeit. Sie habe auch Bedeutung für die Berechnung der Arbeitszeit bei einer Herbeirufung der Beschäftigten der Fernmeldevermittlungsstellen im Rahmen der Rufbereitschaft außerhalb der Dienstzeit. Die dann zu bewilligende Gutschrift von zwei Stunden als besondere Schicht werde nur gewährt, wenn der Beschäftigte an dem betreffenden Tag - zunächst einmal - die Normalarbeitszeit abgeleistet habe. Anderenfalls gelte die "Auffüllung" der Normalarbeitszeit durch den zusätzlichen Einsatz nur als normale Arbeitszeit. Die Regelung der Normalarbeitszeit führe in den letztgenannten Fällen dazu, daß das Ende der normalen täglichen Arbeitszeit in die Zeit des späteren besonderen Einsatzes hineinverlegt werde, wenn der Beschäftigte an diesem Tag die Normalarbeitszeit noch nicht abgeleistet habe.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten. Er ist der Auffassung, in beiden Fällen habe der Personalrat kein Mitbestimmungsrecht gehabt. Die pauschalierte Anerkennung von wöchentlich einer Stunde Überzeit sei von Anfang an unwirksam gewesen, da sie gegen geltendes Recht verstoßen habe. Gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 BBG bzw. § 7 der Arbeitszeitverordnung für die Bundesbeamten sei in jedem Fall erforderlich, daß das Vorliegen der Umstände, die die Mehrarbeit zwingend erforderlich machen, eine Ausnahme gegenüber dem sonst üblichen dienstlichen Verhältnis bilde. Sei - wie im vorliegenden Fall - die Mehrarbeit die Regel, so sei die pauschalierte Anerkennung der einen Stunde wöchentlich als Überzeitarbeit eine unzulässige Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit. Nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts stehe dem Personalrat dieses Recht für den Fall nicht zu, daß - wie hier - eine rechtswidrige Amtsverfügung zurückgenommen werde. Denn der Personalrat dürfe nur bei solchen Regelungen mitbestimmen, die sich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung hielten.
Auch die Veränderung der Normalarbeitszeit sei nicht mitbestimmungspflichtig. Die Anpassung der Richtlinie für die gleitende Arbeitszeit (GLAZ) hinsichtlich des Begriffs der Normalarbeitszeit an die durch die achte Änderungsverordnung zur Arbeitszeitverordnung vom 9. Februar 1989 vorgesehene Arbeitszeitverkürzung sei nur ein administrativer Akt ohne Bedeutung für die eigentliche Arbeitszeit gewesen. Auch die Bedeutung der Normalarbeitszeit für die Beschäftigten in besonderer Schicht begründe keine Mitbestimmungspflicht. Die Fixierung der Normalarbeitszeit in der Verfügung vom 5. April 1989 habe in den vom Beschwerdegericht erwähnten Fällen Einfluß nur auf die Bewertung der vom Beschäftigten geschuldeten Leistung unter zeitlichen Gesichtspunkten gehabt, nicht aber auf Beginn und Ende der Arbeitszeit selbst. Diese würden allein durch die Schichtpläne bestimmt. Auch in den Fällen, in denen ein Beschäftigter am Freitag krank, in Urlaub oder auf Dienstreise sei, beeinflusse die Normalarbeitszeit allein die Bewertung der Abwesenheitszeiten.
Der Beteiligte beantragt,
den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Oktober 1989 aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach - Fachkammer für Personalvertretungssachen Bund - vom 24. Juli 1989 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er ist der Auffassung, die Aufhebung der Verfügung des Beteiligten sei auch dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie - was nicht der Fall sei - gegen das Gesetz verstoßen habe. Die rechtliche Grundlage der Maßnahme würde in diesem Falle nur die Entscheidung des Personalrats beeinflussen, der dann möglicherweise nicht ablehnen könne. Sein Beteiligungsrecht werde dadurch jedoch nicht verändert. Durch die Veränderungen der Normalarbeitszeit würden entgegen der Meinung des Beteiligten Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit für diejenigen Beschäftigten festgelegt, die an diesem Tag nicht von der Gleitzeit Gebrauch machen könnten. Die Dauer der Arbeitszeit werde nicht verändert.
Der Oberbundesanwalt und die Landesanwaltschaft Bayern beteiligen sich am Verfahren.
Der Oberbundesanwalt ist der Meinung, die Aufhebung der Anordnung vom 29. März 1989 sei nicht mitbestimmungspflichtig gewesen, weil damit eine wegen Verstoßes gegen geltendes Recht unwirksame amtsinterne Maßnahme zurückgenommen worden sei. Wo - wie hier - das Recht keinen Entscheidungsspielraum lasse, müsse jedwede Personalratsbeteiligung sinnlos sein. Die Neuregelung der Normalarbeitszeit hingegen sei gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtig gewesen.
Die Landesanwaltschaft Bayern teilt die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, daß der Beteiligte durch die Aufhebung der Verfügung vom 29. März 1989 und durch das Inkraftsetzen der Übergangsregelung ohne Beteiligung des Antragstellers gegen dessen Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG verstoßen hat. Nach dieser Bestimmung hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, daß sich die Mitbestimmung des Antragstellers auch auf Regelungen der gleitenden Arbeitszeit erstreckt. Hierbei fallen die Festlegung der Kernarbeitszeit, in der alle Beschäftigten anwesend sein müssen, und die Gleitzeiten unter die Mitbestimmung (Beschluß vom 23. Dezember 1982 - BVerwG 6 P 36.79 - Buchholz 238.31 § 79 BaWüPersVG Nr. 2). Es ist dem Beschwerdegericht gleichfalls in der Bewertung zuzustimmen, daß die am 5. April 1989 erfolgte Aufhebung der Verfügung vom 29. März 1989 eine Regelung über Beginn und Ende der Arbeitszeit an einem bestimmten Wochentag war. Dadurch wurde abweichend von der Anordnung vom 29. März 1989 die Sonderregelung gestrichen, daß am Freitag pauschal eine Überstunde pro Woche angerechnet werde. Damit wurde eine Verfügung über das Ende der Arbeitszeit rückgängig gemacht und eine Maßnahme getroffen, die einen größeren Kreis der Beschäftigten des Fernmeldeamtes betraf, nämlich diejenigen, für die die gleitende Arbeitszeit galt.
Im Ergebnis hat aber das Beschwerdegericht zu Unrecht die Mitbestimmungspflicht an der aufhebenden Maßnahme bejaht. Die Beteiligung der Personalvertretung ist im vorliegenden Fall deshalb nicht gegeben, weil damit eine Verfügung rückgängig gemacht worden ist, die offenkundig rechtswidrig war. Zwar hat der örtliche Personalrat ein berechtigtes Interesse daran, vor der Anordnung der Beendigung der bisherigen, für die Beschäftigten günstigen Praxis seine nach seiner Meinung dagegen sprechenden Vorstellungen vorzutragen. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die bisherige (rechtswidrige) Handhabung bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig unzulässig war (Beschluß vom 22. März 1990 - BVerwG 6 P 17.88 - Buchholz 251.0 § 80 BaWüPersVG Nr. 3). Die Einräumung eines Mitbestimmungsrechts in diesen Fällen würde ins Leere laufen, denn eine andere Maßnahme als die Aufhebung der früheren rechtswidrigen Anordnung wäre nicht zulässig. Der Leiter der Dienststelle ist nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes in seiner Dienststelle und damit zur Aufhebung der früheren Verfügung verpflichtet. Der Personalrat, der gleichfalls an diesen Grundsatz gebunden ist, dürfte seine Zustimmung zu der aufhebenden Maßnahme nicht verweigern, da sie allein die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands in der Dienststelle zum Inhalt hat. Die Interessen der Beschäftigten, die der Personalrat zu vertreten hat, sind gleichfalls nicht berührt, wenn allein die Aufhebung einer unrechtmäßigen Anordnung in Frage steht, denn die Beschäftigten können nicht die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands in der Dienststelle beanspruchen.
Nach den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof getroffenen Sachverhaltsfeststellungen verstieß die am 29. März 1989 angeordnete pauschale Anrechnung einer Überstunde pro Woche am Freitag gegen die einschlägigen Vorschriften und gegen die geltende Richtlinie für das Verfahren einer gleitenden Arbeitszeit (GLAZ), die Gegenstand des Verfahrens war. Gemäß §§ 72 Abs. 2 Satz 2 BBG, 7 Satz 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1974 - BGBl. I S. 2357 -, zuletzt geändert am 22. Mai 1990 - BGBl. I S. 962) wird Dienstbefreiung nur zum Ausgleich für dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit gewährt. Nach dem feststehenden Sachverhalt wurde die Überstunde aber deshalb pauschal angerechnet, um wegen des Fehlens einer allgemeinen Regelung eine Anpassung an die ab 1. April 1989 im öffentlichen Dienst geltende 39-Stunden-Woche zu erreichen. Eine Abgeltung für tatsächlich dienstlich angeordnete und geleistete Mehrarbeit sollte dadurch nicht bewirkt werden. Auch in Nr. 1 Abs. 4 der Anordnung vom 29. März 1989 ist keine Regelung dieses Inhalts getroffen worden. Darin ist ausgeführt: "Aus den vorgenannten Gründen gilt für die betroffenen DStn die bisherige Arbeitszeit vorerst weiter. Die hierbei zwangsläufig entstehende Überzeitarbeit (ÜZA) von einer Stunde pro Woche bedarf einer besonderen Behandlung." Damit wurde nicht angeordnet, daß die Beschäftigten über die tarifvertraglich vereinbarte und gesetzlich geregelte 39-Stunden-Woche hinaus ab 1. April 1989 wöchentlich eine Stunde länger arbeiten sollten. Vielmehr sollte die wegen des Fehlens einer allgemeinen Arbeitszeitregelung in der Dienststelle "zwangsläufig entstehende Überzeitarbeit" als solche gutgeschrieben werden.
Die Anordnung verstieß auch gegen Nr. 2.8 der GLAZ in der seinerzeit geltenden Fassung (Stand: 1. Oktober 1977). Danach war "Überzeitarbeit" definiert als die über die quantifizierte Normalarbeitszeit hinaus a n g e o r d n e t e n Arbeitszeiten. Auch dies war offensichtlich. Angesichts des eindeutigen Wortlauts und Inhalts der angeführten Bestimmungen war die Rechtslage für die Beteiligten in einer Weise offensichtlich, daß Zweifel hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Anrechnung der pauschalierten Überstunde vernünftigerweise nicht bestehen konnten.
Auch Grundsätze des Vertrauensschutzes konnten kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers an der aufhebenden Verfügung vom 5. April 1989 begründen. § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), der die Voraussetzungen der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts regelt, ist nicht anwendbar. Die Verfügung vom 29. März 1989, die rückgängig gemacht wurde, war kein Verwaltungsakt, sondern eine innerdienstliche Anordnung. Ob die in § 48 VwVfG enthaltenen Prinzipien entsprechend auf Fälle dieser Art anzuwenden sind (verneinend: OVG NW, RiA 1979, 218), war hier nicht zu entscheiden. Angesichts der Tatsache, daß die Arbeitszeitregelung lediglich vom 1. bis zum 5. April 1989 in Kraft und die Maßnahme vom 29. März 1989 ersichtlich nicht rechtmäßig war, konnten schutzwürdige Interessen der Beschäftigten durch die Aufhebung nicht berührt werden.
2. Hinsichtlich der Klärung der weiteren Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht an der Verfügung vom 5. April 1989 besteht, soweit dadurch die Normalarbeitszeit neu geregelt worden ist, ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht dadurch entfallen, daß die Anordnung nach ihrem Wortlaut nur "bis zur Einführung einer endgültigen Regelung und Änderung der Tz 2.2 der Richtlinie GLAZ" ergangen ist. Auch nach der Neuregelung der Richtlinie besteht ein schutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Klärung, weil die Richtlinie nur die Normalarbeitszeit (mit Beispielsfällen) definiert und die Festlegung der Zeiten im Einzelfall den Dienststellen überläßt. Die Frage, wie die Normalarbeitszeit konkret festzulegen ist, kann sich deshalb zwischen den Verfahrensbeteiligten bei jeder Arbeitszeitänderung neu stellen (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis: Beschluß vom 5. Oktober 1989 - BVerwG 6 P 2.88 - Buchholz 250 § 19 BPersVG Nr. 5).
Entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht an der Neuregelung der Normalarbeitszeit durch die Anordnung vom 5. April 1989 gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Normalarbeitszeit keine Arbeitszeit ist, die von den Beschäftigten, die sich in der gleitenden Arbeitszeit befinden, abgeleistet werden muß, sondern nur ein rechnerischer Wert zur Berechnung von Zeitgutschriften ist, die bei gleitender Arbeitszeit in bestimmten Fällen notwendig sind. Die Neuregelung der Normalarbeitszeit bedarf deshalb nicht der Mitbestimmung des Personalrats, weil Gegenstand dieses Beteiligungsrechts die "tages- und wochenbezogene Einteilung und Verteilung der Arbeitszeit" ist, nicht aber die Entscheidung über die Arbeitszeit selbst im Sinne des Umfangs der von den Beschäftigten geschuldeten Leistung ist. Aufgrund der Beschränkung der Mitbestimmung auf Ein- und Verteilungsfragen ist deshalb die Beteiligung ausgeschlossen hinsichtlich solcher Bestimmungen, die lediglich eine Anrechnung bzw. Verrechnung von nicht am Arbeitsplatz verbrachten Zeiten vorsehen und die sich deshalb nicht auf den Beginn und das Ende und ebensowenig auf die Verteilung der konkret am Arbeitsplatz zu verbringenden Arbeitszeit auswirken; sie werden somit von dem Schutzbereich des Mitbestimmungstatbestands des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht erfaßt.
Zu Unrecht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, in bestimmten Fällen enthalte die Normalarbeitszeit einen maßgebenden Bezug auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und auf die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, so daß die Neuregelung mitbestimmungspflichtig sei. Diese Auslegung ist nicht mit dem dargestellten Charakter der Normalarbeitszeit als reine Rechengröße zu vereinbaren. Sie kann auch nicht aus den Regelungen der GLAZ, in der die Voraussetzungen der gleitenden Arbeitszeit und ihr Bezug zur Normalarbeitszeit im einzelnen geregelt sind, hergeleitet werden.
Nach Nr. 2.4 der Richtlinie in der am 5. April 1989 geltenden Fassung konnte jeder Beschäftigte, für den die gleitende Arbeitszeit galt, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen. Er mußte nur die Kernarbeitszeit (Nr. 2.3) und die durch die Normalarbeitszeit vorgegebenen zeitlichen Bezugsgrößen beachten. In Abweichung von der Normalarbeitszeit durfte jeder Beschäftigte im Rahmen der Gleitzeit Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen, wenn er nur innerhalb der Kernarbeitszeit anwesend war. Gemäß Nr. 2.2 der GLAZ galt als Normalarbeitszeit die durch die Zahl der Arbeitstage geteilte Wochenarbeitszeit. Sie betrug (bis zur Einführung der 39-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst) acht Stunden je Tag. Nr. 2.2 bestimmte darüber hinaus, daß die Normalarbeitszeit in den einzelnen Dienststellen zusätzlich zu ihrer zeitlichen Lage zu bestimmen und im Zeiterfassungsgerät entsprechend einzustellen war. Diese zeitliche Fixierung der Normalarbeitszeit ist durch die Anordnung vom 5. April 1989 erfolgt (Montag bis Donnerstag von 7.40 Uhr bis 16.00 Uhr und Freitag von 7.40 Uhr bis 15.50 Uhr). Die Festlegung hatte aber keine Auswirkungen auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und auf die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, weil die Festlegung dem einzelnen Beschäftigten im Rahmen der Gleitzeit freigestellt war.
Bedeutsam war die Normalarbeitszeit nur insoweit, als sie als Bezugsgröße für die Berechnung der Arbeitszeiten diente, die der Beschäftigte innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen zu erbringen hatte. Nr. 2.5 der GLAZ bestimmte deshalb, daß Abweichungen von der Normalarbeitszeit grundsätzlich innerhalb von vier Kalenderwochen auszugleichen waren. Das ist aber keine Einteilung oder Verteilung der Arbeitszeit, sondern eine Entscheidung über den Umfang der innerhalb von vier Wochen zu erbringenden zeitlichen Leistung des Beschäftigten, die nicht mitbestimmungspflichtig ist. Die Normalarbeitszeit ist also in diesen Fällen der Maßstab, durch den bestimmt wird, wie viele Stunden der Beschäftigte innerhalb von vier Wochen zu leisten bzw. wie viele Stunden derjenige, der die Arbeitszeit nicht an seinem Arbeitsplatz verbringt, auszugleichen hat. Sie ist der Maßstab für die Arbeitsdauer, dessen Festlegung mitbestimmungsfrei ist (Beschluß vom 5. Februar 1971 - BVerwG 7 P 16.70 - BVerwGE 37, 173).
Auch in den vom Beschwerdegericht aufgeführten Fällen ist die Regelung der Normalarbeitszeit kein mitbestimmungspflichtiger Faktor:
Das Gericht meint, die Normalarbeitszeit gewinne durch die Regelung der besonderen Schicht der Beschäftigten in den Fernsprechvermittlungsstellen entscheidende Bedeutung auch für Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Ein besonderer Einsatz nach Beendigung der Tagesarbeitszeit werde nämlich wieder zur normalen Arbeitszeit, wenn der Beschäftigte an diesem Tag die Normalarbeitszeit nicht abgeleistet habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Eine Mitbestimmungspflicht des Personalrats ist in diesem Falle schon deshalb nicht gegeben, weil die Regelung, wann der Einsatz in der besonderen Schicht wieder zur normalen Arbeitszeit wird, nicht durch die Änderung der Normalarbeitszeit erfolgt. Die Voraussetzungen dafür, ob und wann der Einsatz in der besonderen Schicht wieder zur täglichen Arbeitszeit wird und wann eine Zeitgutschrift erfolgt, werden allein durch die dienstlichen Richtlinien über den Einsatz in der besonderen Schicht in den Fernsprechvermittlungsstellen festgelegt. Die Normalarbeitszeit ist hier nur eine Größe zur Feststellung, wann die Zeitgutschrift zu gewähren ist und wann die besondere Schicht als normale Arbeitszeit gilt. Durch die Änderung der Normalarbeitszeit ist hieran nichts verändert worden. Die Neuregelung hat lediglich mittelbare Auswirkungen dergestalt, daß sich die Bezugsgröße Normalarbeitszeit montags bis donnerstags um 10 Minuten und freitags um 20 Minuten verringert. Solche nur mittelbaren Auswirkungen machen die Regelung nicht mitbestimmungspflichtig.
Entgegen der Meinung des Beschwerdegerichts enthält die Normalarbeitszeit auch nicht dadurch einen maßgebenden Bezug auf die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, daß ein Beschäftigter, der am Freitag krank, in Urlaub oder auf ganz- oder mehrtägiger Dienstreise ist, weniger Zeit angerechnet erhält als ein Beschäftigter, bei dem dies an einem anderen Wochentag eingetreten ist. Es ist zwar zutreffend, daß bei Dienstabwesenheit am Freitag der Betroffene schlechtergestellt wird als derjenige, der an einem anderen Wochentag nicht anwesend ist, denn bei ganztägiger Dienstreise wurde die Normalarbeitszeit an dem betreffenden Tag als erfüllt unterstellt (Nr. 2.7.6 der GLAZ). Bei der Berechnung der im Rahmen der Gleitzeit zu leistenden Arbeit werden dem Beschäftigten, der am Freitag abwesend ist, wegen der kürzeren Arbeitszeit weniger Minuten gutgeschrieben als bei einer Abwesenheit an einem anderen Arbeitstag. Auch in diesen Fällen erfolgt die Berechnung von Zeitgutschriften im Falle der Abwesenheit aber nicht auf der Grundlage der Regelung der Normalarbeitszeit, sondern Grundlage ist die in Nr. 2.7.6 der GLAZ enthaltene Bestimmung über die Voraussetzungen der Anrechnung von Arbeitszeiten im Falle der ganztägigen Abwesenheit. Auch hier hat die Änderung der Normalarbeitszeit nur mittelbare Auswirkungen, weil sie die Bezugsgröße für die Berechnung der Abwesenheitszeiten ist. Daß sich die Beschäftigten im Falle der Abwesenheit am Freitag schlechterstehen als an den anderen Wochentagen, ist nicht Folge der Änderung der Normalarbeitszeit, sondern sie ergibt sich daraus, daß in Nr. 2.7.6 der GLAZ hinsichtlich der Anrechnung nicht unterschieden wird zwischen dem Freitag, an dem die Arbeitszeit kürzer ist, und den anderen Wochentagen.
Eine andere Entscheidung würde auch mit Sinn und Zweck der Mitbestimmungsvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht im Einklang stehen. Bei der Mitbestimmung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ist es Aufgabe des Personalrats, darauf zu achten, daß die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften insbesondere für die Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen bei der Festlegung der Arbeitszeit berücksichtigt und daß berechtigte Wünsche von Beschäftigten, die sich beispielsweise bei allzu frühem Dienstbeginn aus dem Fehlen zumutbarer Verkehrsverbindungen ergeben können, in Einklang mit den dienstlichen Erfordernissen gebracht werden (Beschluß vom 14. Juni 1968 - BVerwG 7 P 9.66 - BVerwGE 30, 39, 41). Die Mitbestimmungsvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG schützt damit die Interessen der (anwesenden) Beschäftigten bei der Festlegung und der Verteilung der Arbeitszeiten. Nicht hierunter fallen die Regelungen, mit denen Abwesenheitszeiten angerechnet oder gutgeschrieben werden sollen. Sie beziehen sich auf abwesende Beschäftigte, die nach dem dargestellten Zweck des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht unter die Mitbestimmungspflicht des Personalrats fallen. Die Festlegung der Normalarbeitszeit ist nur der Maßstab für die Anwendung der Anrechnungsregelungen. Änderungen der Normalarbeitszeit haben deshalb keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Lage der Arbeitszeit.
Nach alledem war der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 543805 |
Buchholz 250 § 75 BPersVG, Nr 75 (LT) |
DokBer B 1992, 75 (L) |
BWVPr 1992, 283 (L) |
Quelle 1992, Nr 10, 26 (S) |
ZBR 1992, 107 |
ZBR 1992, 107-109 (LT) |
ZTR 1992, 126-128 (LT) |
DVBl 1992, 166 (L) |
PersR 1992, 20-24 (ST) |
PersV 1992, 163-166 (LT) |
ZfPR 1992, 4-6 (LT) |
DVBl. 1992, 166 |