Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweitwohnungssteuer. Keine Gleichartigkeit mit Umsatzsteuer oder Vermögensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG, die der Umsatzsteuer oder der Vermögensteuer nicht gleichartig ist.
Normenkette
GG Art. 105 Abs. 2a; Zweitwohnungssteuersatzung der Gemeinde Baiersbronn
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Peter Moosmayer u. a. |
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 19.05.1988; Aktenzeichen 2 S 1988/87) |
VG Karlsruhe (Entscheidung vom 23.06.1987; Aktenzeichen 2 K 421/86) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Mai 1988 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 720 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der mit ihr begehrten Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sind nicht erfüllt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Rechtssache hat in den von der Beschwerde bezeichneten Richtungen keine grundsätzliche Bedeutung.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Beschluß vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – (BVerfGE 65, 325 ≪343≫) ausgesprochen, daß die „Zweitwohnungssteuer … eine örtliche Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG” ist, „die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist”, und hat das in den weiteren Gründen dieses Beschlusses für die Einkommensteuer und die Grundsteuer näher dargelegt (a.a.O. S. 351 ff.). Daran knüpft die Beschwerde mit der Ansicht an, daß klärungsbedürftig und deshalb von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Beziehung zwischen der Zweitwohnungssteuer und zum einen der Umsatz- sowie zum anderen der Vermögenssteuer eine Bindungswirkung gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG ausgeht, obgleich die Entscheidung insoweit ausdrückliche Darlegungen nicht enthält. Dem ist nicht zu folgen.
Das vom Kläger angestrebte Revisionsverfahren läßt eine Stellungnahme zu § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht erwarten. Darauf käme es nicht an, weil unterstellt werden könnte, daß es an einer Bindungswirkung fehlt. Denn es ist zweifelsfrei, daß es sich bei der Zweitwohnungssteuer um eine örtliche Aufwandsteuer handelt, die im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG auch der Umsatz- und der Vermögenssteuer nicht gleichartig ist.
Zweitwohnungs- und Umsatzsteuer sind im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG schon deshalb nicht gleichartig, weil sie sich im Steuergegenstand wesentlich unterscheiden (s. zur Bedeutung des Steuergegenstandes BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 351). Die Zweitwohnungssteuer besteuert das Innehaben einer (Zweit-)Wohnung, d. h. einen Zustand; die Umsatzsteuer dagegen besteuert Vorgänge der Lieferung oder sonstigen Leistung (§ 1 Abs. 1 UStG); sie trifft – vermittelt durch den Umsatz – den Verbrauch. Dementsprechend unterliegt das Innehaben einer Zweitwohnung als solches nicht der Umsatzsteuer. Ebensowenig ist die Benutzung einer Zweitwohnung umsatzsteuerpflichtig. Soweit der Eigentümer die Zweitwohnung selbst benutzt und dementsprechend Schuldner der Zweitwohnungssteuer ist, käme umsatzsteuerrechtlich allenfalls der Tatbestand des Eigenverbrauchs (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG) in Betracht. Dieser Tatbestand ist jedoch nicht erfüllt. Denn der Eigentümer einer Zweitwohnung ist nicht ein Unternehmer, der mit der Benutzung der Zweitwohnung aus seinem Unternehmen etwas zur Selbstversorgung und damit zu einem unternehmensfremden Zweck entnimmt. Ebensowenig kommt es zu einer Umsatzsteuerpflicht, wenn die Zweitwohnung vermietet und infolgedessen der Mieter Schuldner der Zweitwohnungssteuer ist. Die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 12 Satz 1, Buchst. a UStG). Darauf, daß von der Umsatzsteuerbefreiung die Vermietung von Wohn- und Schlaf räumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, ausgenommen ist (a.a.O. Satz 2), kommt es mangels Einschlägigkeit nicht an.
Die Zweitwohnungssteuer ist auch der Vermögenssteuer nicht gleichartig. Mit diesen beiden Steuern werden unterschiedliche Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgeschöpft (s. zu diesem Kriterium BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 351). Die Vermögensteuer knüpft zwar an Vermögenswerte an; sie zielt in dieser Anknüpfung jedoch auf die im Vermögen liegende potentielle Ertragskraft, d. h. auf eine Leistungsfähigkeit, die durch den Vermögensertrag als sog. fundiertem Einkommen begründet wird (vgl. BVerfG, Beschluß vom 12. Oktober 1976 – 1 BvR 2328/73 – BVerfGE 43, 1 ≪7≫, Tipke, Steuerrecht, 11. Aufl. S. 409, 411). Die Zweitwohnungssteuer erfaßt dagegen die Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für einen Aufwand zum Ausdruck kommt. Steuergegenstand ist bei der Vermögensteuer eine Einnahmequelle, die potentielle Ertragskraft des Vermögens, bei der Zweitwohnungssteuer dagegen das „Innehaben einer Zweitwohnung als Form der Einkommensverwendung” (BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O. S. 353). Auch der Kreis der Steuerschuldner ist verschieden. Steuerschuldner der Vermögensteuer sind die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VStG bezeichneten Steuerpersonen als Inhaber von Vermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes. Steuerschuldner der Zweitwohnungssteuer dagegen ist der Inhaber der Zweitwohnung, der nicht nur der Eigentümer, sondern auch der Mieter oder der sonstige Nutzungsberechtigte sein kann. Schließlich stimmen auch die Bemessungsgrundlagen nicht überein (auch dazu BVerfG, Beschluß vom 6. Dezember 1983, a.a.O.). Die Vermögensteuer wird nach einem Steuersatz (§ 10 VStG) auf das Gesamtvermögen bzw. auf das Inlandsvermögen im Sinne der einschlägigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes nach Abzug persönlicher Freibeträge (§§ 4 f., 9 BewG), die Zweitwohnungssteuer dagegen nach dem tatsächlichen oder geschätzten Mietaufwand bemessen. Zwar kann eine Zweitwohnung zum Grundvermögen gehören (§§ 68 Abs. 1, 75 Abs. 1 BewG) und insoweit Teil des Vermögens sein, das der Vermögensteuer unterliegt. Daraus folgt indessen nichts für eine Gleichartigkeit beider Steuern. Die Vermögensteuer wird zwar, was die Erhebungstechnik anlangt, nach dem Vermögen bemessen, sie zielt jedoch, wie bereits gesagt, ab auf die Belastung des potentiellen Ertrags aus dem Vermögen. Darin unterscheidet sie sich von der Zweitwohnungssteuer, die eine Steuer auf die Einkommensverwendung ist, wesentlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Weyreuther, Dr. David, Prof. Dr. Driehaus
Fundstellen