Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 12.06.2013; Aktenzeichen 6 L 2/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fachsenats für Bundespersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Rz. 2
Der Antragsteller will geklärt wissen, ob in der Vermittlung von Wissen über Gender-Mainstreaming in der Praxis unter Berücksichtigung von Diversity-Management lediglich eine Anpassung an einen vorhandenen Wissensstand liegt und damit der Ermöglichung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben von Beschäftigten an ihren konkreten Arbeitsplatz dient oder ob die Vermittlung dieses Wissens ein den vorhandenen Wissensgrundstock vertiefendes und erweiterndes Mehr an Kenntnissen in dem Bereich Gender-Mainstreaming und Diversity-Management darstellt.
Rz. 3
1. Soweit damit die Rechtsfrage angesprochen ist, wie nach § 75 Abs. 3 Nr. 7, § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BPersVG mitbestimmungspflichtige Fortbildung von mitbestimmungsfreier Schulung abzugrenzen ist, sind die dazu geltenden Grundsätze in der Senatsrechtsprechung geklärt.
Rz. 4
Danach betrifft die Fortbildung alle Maßnahmen, die an den vorhandenen Wissensgrundstock anknüpfen, fachliche und berufliche Kenntnisse vertiefen und aktualisieren und die ein Mehr an Kenntnissen vermitteln, als für den Eintritt in die Laufbahn bzw. für die Befähigung zur Ausübung der den Beschäftigten übertragenen Arbeit erforderlich ist. Wesentlich ist, dass über die bloße Erhaltung und Vertiefung des bereits vorhandenen Wissens hinaus neue Kenntnisse erworben werden, die sich innerhalb des beruflichen Spektrums halten, aber über den Mindeststand hinausgehen. Die Fortbildung soll also dem Teilnehmer ermöglichen, sich Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, die über die bloße fehlerfreie und ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner jetzigen Aufgaben hinausgehen und ihm eine zusätzliche Qualifikation vermitteln (vgl. Beschlüsse vom 19. September 1988 – BVerwG 6 P 28.85 – Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr. 3 S. 7 f., vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 7.90 – Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 23 S. 30 und vom 17. Oktober 2002 – BVerwG 6 P 3.02 – Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 10 S. 26).
Rz. 5
Diese Grundsätze werden in der Regel genügen, um Schulungen in der Beherrschung klar umrissener aufgabenbezogener Fertigkeiten von darüber hinausgehenden Fortbildungen abzugrenzen. Entscheidend ist danach, ob das in der Veranstaltung vermittelte Wissen über die aktuellen Anforderungen am Arbeitsplatz hinausweist. Indes wird bei höherwertigen Tätigkeiten, namentlich bei der Wahrnehmung von Führungsaufgaben, die ein vergleichsweise breites Spektrum von Kenntnissen und Fähigkeiten voraussetzen, die erforderliche Abgrenzung häufig nicht allein anhand dieses Kriteriums möglich sein. Die Unterweisung beispielsweise in Verhandlungsstrategien kann und wird sowohl der Leistungssteigerung der Bediensteten dienen als auch ihnen eine zusätzliche Qualifikation vermitteln. Daher muss auf den Schwerpunkt der jeweiligen Veranstaltung abgestellt werden. Dieser ist anhand der Gesamtumstände des einzelnen Falles zu ermitteln (vgl. Beschluss vom 17. Oktober 2002 a.a.O. S. 27).
Rz. 6
2. Die vorbezeichneten Aussagen aus der Senatsrechtsprechung hat das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (BA S. 6). Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei dem Seminar “Umsetzung von Gender-Mainstreaming in der Praxis unter Berücksichtigung von Diversity-Management” nicht um eine Fortbildung, sondern um eine Schulungsmaßnahme handelt (BA S. 7). Es hat dabei die Angaben in den Modulinformationen der Führungsakademie der Bundesagentur für Arbeit sowie Inhalt und Ziele der von der Bundesagentur im März 2007 unterzeichneten “Charta der Vielfalt” verwertet. Daraus hat sich für das Oberverwaltungsgericht ergeben, dass das Seminar sich der Sache nach an Mitarbeiter mit Personalführungs- oder Personalverwaltungsaufgaben wendet und diese durch die Wissensvermittlung in die Lage versetzen soll, die ihnen zugewiesenen Aufgaben an die gestiegenen oder neuen Anforderungen anzupassen. Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Gewichtung liegt schwerpunktmäßig im Bereich der Tatsachenwürdigung. Damit ist keine Frage aufgeworfen, die im Interesse von Rechtseinheit und Rechtsfortbildung der Klärung durch das Rechtsbeschwerdegericht bedarf. Dass im Rahmen der zitierten Senatsrechtsprechung eine andere als die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Gewichtung tatsächlicher Art möglich sein könnte, vermag der auf die Grundsatzrüge gestützten Nichtzulassungsbeschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Rz. 7
3. Soweit es um die Einbeziehung der Gleichstellungsbeauftragten sowie von Personalratsmitgliedern in die Seminarteilnahme geht, hat das Oberverwaltungsgericht darauf abgestellt, dass diese eine Mitkontrolle bei der Wahrnehmung von Personalführungs- und Personalverwaltungsaufgaben ausüben. In dieser Hinsicht bleibt klarzustellen, dass für eine dahingehende Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 7 bzw. § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BPersVG kein Raum ist. Denn die aufgabenspezifische Fortbildung von Personalratsmitgliedern und der Gleichstellungsbeauftragten folgt – außerhalb der förmlichen Beteiligung nach §§ 75 ff. BPersVG – eigenen Regeln (vgl. § 46 Abs. 6 und 7 BPersVG sowie § 10 Abs. 5, § 19 Abs. 3 BGleiG).
Unterschriften
Büge, Dr. Graulich, Prof. Dr. Hecker
Fundstellen
Haufe-Index 5781756 |
PersV 2014, 106 |