Entscheidungsstichwort (Thema)
Demokratieprinzip. Legitimation, organisatorisch-personell demokratische und sachlich-inhaltliche. Funktionale Selbstverwaltung. Selbstverwaltung, funktionale. Staatsgewalt. Daseinsvorsorge. Gemeinschaftsgut „Wasser”
Leitsatz (amtlich)
Die Amtswalter in Kollegialorganen der Wasserverbände bedürfen mehrheitlich einer organisatorisch-personellen demokratischen Legitimation zur Ausübung von Staatsgewalt, wenn Aufgabe der Selbstverwaltungskörperschaft Pflege und Erhalt des überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes „Wasser” für eine gesamte Region und nicht nur die Regelung der eigenen Angelegenheiten der Mitglieder ist.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 2, Art. 28 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 09.06.1995; Aktenzeichen 25 A 3868/92) |
VG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 11.09.1992; Aktenzeichen 15 K 3323/91) |
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Die Sache wird nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob die §§ 5, 11 und §§ 13 Abs. 1 Satz 2; 14 Abs. 6, 15 Abs. 1, 2 und 4 sowie §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 5 des Emschergenossenschaftsgesetzes vom 7. Februar 1990 (GV NW S. 144) mit dem nach Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 GG für die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben unverzichtbaren Erfordernis der organisatorisch-personellen demokratischen Legitimation vereinbar sind, soweit die Organe Genossenschaftsversammlung, Genossenschaftsrat und Vorstand aus Amtswaltern bestehen, denen – insgesamt oder mehrheitlich – eine ununterbrochene, auf das Volk zurückzuführende Legitimation fehlt.
3. Der Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren wird auf 64.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten im Wege einer Wahlanfechtung um die verfassungsrechtlich zulässige Zusammensetzung des Genossenschaftsrates und des Vorstandes eines Wasserverbandes (Emschergenossenschaft).
Durch Gesetz vom 7. Februar 1990, GV NW S. 144, wurde das Gesetz betreffend Bildung einer Genossenschaft zur Regelung der Vorflut und zur Abwässerreinigung im Emschergebiet vom 14. Juli 1904, PrGS NW S. 205, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juni 1989, GV NW S. 366, in Gesetz über die Emschergenossenschaft (Emschergenossenschaftsgesetz – EmscherGG –) umbenannt und inhaltlich neu gefaßt. Danach wird für das oberirdische Einzugsgebiet der Emscher eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Namen „Emschergenossenschaft” gebildet (§ 1 EmscherGG). Die Genossenschaft erfüllt einen Großteil der wesentlichen wasserwirtschaftlichen Aufgaben für das Einzugsgebiet der Emscher, mithin für den größten Teil des Ruhrgebiets. Darunter fallen Wasser- und Hochwasserabflußregelung, Unterhaltung und Renaturierung oberirdischer Gewässer, Abwasserbeseitigung und Pflege des Grundwassers (§ 2 EmscherGG). Mitglieder der Genossenschaft (Genossen) sind die ganz oder teilweise im Genossenschaftsgebiet liegenden Städte, Gemeinden und Kreise, die jeweiligen Eigentümer der ganz oder teilweise im Genossenschaftsgebiet liegenden Bergwerke sowie gewerbliche Unternehmen und die jeweiligen Eigentümer von Grundstücken, Verkehrsanlagen und sonstigen Anlagen, die Unternehmen der Genossenschaft verursachen oder erschweren oder Vorteile von ihnen haben (§ 5 EmscherGG). Organe der sich selbst verwaltenden Genossenschaft sind die Genossenschaftsversammlung, der Genossenschaftsrat und der Vorstand (§ 9 EmscherGG). Die Genossenschaftsversammlung besteht aus Delegierten der Genossen; die Zahl der Delegierten, die jeder Genosse zu entsenden berechtigt ist, richtet sich nach der Höhe des Beitrages (§ 11 EmscherGG). Tatsächlich befinden sich in der Genossenschaftsversammlung die Delegierten der Genossen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EmscherGG (kreisfreie Städte, kreisangehörige Städte, Gemeinden, Kreise) in der Minderheit (1990:50 von 148 Delegierten); die Delegierten der Genossen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EmscherGG (Bergwerke) und nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EmscherGG (gewerbliche Unternehmen, Grundstücke, Verkehrsanlagen und sonstige Anlagen) haben zusammen eine Mehrheit (1990:67 Bergwerke, 31 Gewerbliche im weiteren Sinne). Die Genossenschaftsversammlung ist zuständig für die Wahl der Mitglieder des Genossenschaftsrates sowie zur Beschlußfassung über die Satzung, die Veranlagungsgrundsätze und eine Reihe von weiteren wichtigen Angelegenheiten wie insbesondere die Feststellung des Haushaltsplans (§ 13 EmscherGG).
Der Genossenschaftsrat besteht aus 15 Mitgliedern (§ 15 Abs. 1 EmscherGG). Von diesen entfallen beitragsunabhängig 3 Sitze auf die Städte, Gemeinden und Kreise und 2 Sitze auf die Bergwerke, gewerblichen Unternehmen, Eigentümer von Grundstücken, Verkehrsanlagen und sonstigen Anlagen. Weitere 5 Sitze werden beitragsabhängig nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren auf diese beiden Mitgliedergruppen verteilt, so daß nach bisherigen Erfahrungen insgesamt 5 Sitze auf die Gebietskörperschaften und 5 Sitze auf die gewerblichen Mitglieder im weiteren Sinne einschließlich der Bergwerke entfallen. Die restlichen 5 Sitze im Genossenschaftsrat gehen an die Vertreter der Arbeitnehmer der Genossenschaft. Sie werden nach Vorschlägen des Personalrates der Genossenschaft gewählt. Diese Vorschläge müssen berücksichtigen, daß drei Arbeitnehmervertreter zu wählen sind, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Genossenschaft stehen, und zwei weitere Arbeitnehmervertreter, die nicht Beschäftigte der Genossenschaft sind. Letzterem Wahlgang des Personalrates sind Vorschläge der in der Genossenschaft vertretenen Gewerkschaften zugrunde zu legen. Die Vorschläge des Personalrats für die beiden Arbeitnehmergruppen müssen mindestens die doppelte Anzahl der zu wählenden Mitglieder des Genossenschaftsrates enthalten. Tatsächlich war der Genossenschaftsrat im Jahre 1990 „drittelparitätisch” besetzt: 5 „kommunale” Mitglieder (Vertreter der Kreise, Städte und Gemeinden), 5 den Bergwerken und „Gewerblichen” zuzuordnende Mitglieder und 5 Arbeitnehmervertreter nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EmscherGG.
Der Genossenschaftsrat ist zuständig für die Wahl des Vorstandes einschließlich des Vorstandsmitglieds, das insbesondere für personelle und soziale Angelegenheiten der Genossenschaft zuständig ist. Dieses darf nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter gewählt werden. Der Genossenschaftsrat entscheidet u.a. über die Genehmigung von überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben (§ 22 Abs. 2 EmscherGG) sowie über die Geschäftsordnung der Genossenschaftsverwaltung. Der Zustimmung des Genossenschaftsrates bedarf der Vorstand etwa bei Bau- und Maßnahmeplänen für die Genossenschaftsunternehmen, bei Anordnung der Inanspruchnahme von Grundstücken und Anlagen der Genossen und von Dritten sowie Festsetzung des Geldausgleichs (§ 6 Abs. 5 EmscherGG), bei Anträgen auf Durchführung von Enteignungsverfahren (§ 8 EmscherGG) und einer Reihe von weiteren wichtigen Angelegenheiten, wie insbesondere dem Entwurf des Haushaltsplans, seiner Nachträge und des Finanzplans (§ 21 EmscherGG).
Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden und mindestens einem weiteren Mitglied; ein Vorstandsmitglied ist insbesondere für personelle und soziale Angelegenheiten zuständig (§ 18 EmscherGG). Tatsächlich gab es im Jahre 1990 5 Vorstandsmitglieder. Der Vorstand erledigt die Geschäfte der laufenden Verwaltung und ist für die Aufgaben zuständig, die keinem anderem Gremium der Genossenschaft obliegen; das insbesondere für personelle und soziale Angelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied ist Dienstvorgesetzter der Beschäftigten der Genossenschaft (§ 19 Abs. 2 EmscherGG). Dieses Vorstandsmitglied darf nicht gegen die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Genossenschaftsrat gewählt werden (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EmscherGG).
Am 29. November 1990 fand die erste Sitzung der nach der Gesetzesneufassung gebildeten Genossenschaftsversammlung statt, die aus 148 Delegierten bestand. Bei Anwesenheit von 121 Delegierten wurden unter anderem die Satzung und die Veranlagungsgrundsätze beschlossen. Außerdem fand die Wahl zum Genossenschaftsrat statt. Aus dem Kreise der Beschäftigten wurden die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu Arbeitnehmervertretern im Genossenschaftsrat, die Beigeladenen zu 6, 9 und 10 zu deren Stellvertretern gewählt. Als weitere Arbeitnehmervertreter, die nicht Beschäftigte der Genossenschaft sind, wurden die Beigeladenen zu 4 und 5 sowie als deren Stellvertreter die Beigeladenen zu 7 und 8 gewählt.
Ebenfalls am 29. November 1990 fand die erste Sitzung des neu gewählten Genossenschaftsrates statt. In dieser Sitzung wurde der Vorstand der Genossenschaft gewählt, und zwar der Vorsitzende, drei weitere Vorstandsmitglieder für die Geschäftsbereiche Wasserabfluß, Wassergüte und Verwaltung sowie für den Geschäftsbereich Personelles und Soziales der Beigeladene zu 11.
Die Klägerinnen sind Mitglieder der Beklagten zu 1. Ihre Verfassungsbeschwerden, die unmittelbar gegen die Vorschriften über die Arbeitnehmermitbestimmung im Emschergenossenschaftsgesetz gerichtet waren, wurden durch Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 1991 – 2 BvR 1736/90 – mangels Erschöpfung des Rechtsweges nicht zur Entscheidung angenommen. Mit Schreiben vom 13. September 1991 fochten die Klägerinnen die Wahl der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrates sowie die Wahl des Beigeladenen zu 11 zum Vorstandsmitglied an. Zur Begründung verwiesen sie auf die nach ihrer Auffassung anzunehmende Verfassungswidrigkeit der fraglichen gesetzlichen Bestimmungen. Die Genossenschaftsversammlung, Beklagte zu 2, erklärte in ihrer Sitzung vom 26. November 1991 die Wahl der Beigeladenen für gültig, worüber die Klägerinnen mit Schreiben vom 2. Dezember 1991 unterrichtet wurden.
Mit ihrer Klage vom 26. Juni 1991 haben die Klägerinnen sich gegen die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Genossenschaftsrat gewandt. Sie verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die gesetzliche Regelung der Arbeitnehmermitbestimmung sei in formeller und materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz unvereinbar. In formeller Hinsicht sei die Bundeskompetenz für das Wasserverbandsrecht und das Personalvertretungsrecht nicht beachtet worden. In materieller Hinsicht verstoße die Arbeitnehmermitbestimmung im Genossenschaftsrat vor allem gegen das Demokratieprinzip sowie gegen das Rechtsstaatsprinzip in Form des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und in Form des Übermaßverbots.
Mit Urteil vom 11. September 1992 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig ab. Es hielt die Klagebefugnis der Klägerinnen für nicht gegeben. Hinsichtlich eines Hilfsantrags, mit dem die – damals alleinige – Beklagte zu 1 verurteilt werden sollte, gegenüber den Klägerinnen Beschlüsse zu unterlassen, die auf der gegenwärtigen Zusammensetzung von Genossenschaftsrat und Genossenschaftsvorstand beruhten, verneinte es das Rechtsschutzinteresse.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung haben die Klägerinnen beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und
die Beklagte zu 2 unter Aufhebung ihres Beschlusses vom 26. November 1991 zu verpflichten, die Wahl der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrates sowie des Beigeladenen zu 11 zum Mitglied des Vorstandes der Emschergenossenschaft für ungültig zu erklären,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Wahl der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrates sowie des Beigeladenen zu 11 zum Mitglied des Vorstandes der Emschergenossenschaft ungültig ist,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu 1 zu verurteilen, Beschlüsse unter Mitwirkung der Arbeitnehmer und/oder des nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmer wählbaren Vorstandsmitgliedes zu unterlassen, soweit diese nicht ausschließlich wasserwirtschaftliche Belange betreffen.
Mit Urteil vom 9. Juni 1995 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Es hielt die Verpflichtungsklage mit dem Hauptantrag für zulässig. Die Klägerinnen seien gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Ihr Recht auf Überprüfung der Wahl zu den Organen der Emschergenossenschaft folge aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 EmscherGG. In der Sache hielt das Oberverwaltungsgericht den Hauptantrag für nicht begründet. Zwar stellten die angegriffenen Regelungen zur direktiven Arbeitnehmermitbestimmung einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Klägerinnen dar. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG liege allerdings nicht vor. Denn die Vorschriften des Emschergenossenschaftsgesetzes gehörten zur verfassungsmäßigen Ordnung. Sie seien in formeller und materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Dem Land habe die entsprechende Gesetzgebungskompetenz zugestanden. Die fraglichen Mitbestimmungsregelungen verstießen auch nicht gegen das Demokratieprinzip oder das Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ebensowenig verstoße die Arbeitnehmermitbestimmung in der Emschergenossenschaft gegen die in der Verfassung niedergelegten Prinzipien für den öffentlichen Dienst (Art. 33 GG) und auch nicht gegen etwaige Grundsätze der Verwaltungsorganisation. Die Hilfsanträge griffen ebenfalls nicht durch. Der Feststellungsantrag sei unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) als unzulässig anzusehen. Im Falle seiner Zulässigkeit wäre er jedenfalls unbegründet. Der weiter hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag sei zwar zulässig; er sei indes unbegründet. Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte zu 1 den ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis überschritten hätte.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerinnen mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.
Sie beantragen,
unter Abänderung der vorinstanzlichen Urteile und unter Aufhebung des Beschlusses der Beklagten zu 2 vom 26. November 1991 die Wahl vom 29. November 1990 der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrats der Beklagten zu 1 sowie des Beigeladenen zu 11 zum Mitglied des Vorstandes der Beklagten zu 1 für ungültig zu erklären,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Wahl der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrats sowie des Beigeladenen zu 11 zum Mitglied des Vorstandes ungültig ist,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu 1 zu verurteilen, Beschlüsse unter Mitwirkung der Arbeitnehmer und/oder des nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmer wählbaren Vorstandsmitglieds zu unterlassen, soweit diese nicht ausschließlich wasserwirtschaftliche Belange betreffen.
Sie halten das angefochtene Urteil für unzutreffend, soweit dieses die formelle und materielle Verfassungsgemäßheit der Regelungen zur direktiven Arbeitnehmermitbestimmung einschließlich der Regelungen zum Personalvorstand bejaht.
Die Beklagen zu 1 und 2 beantragen demgegenüber die Zurückweisung der Revision. Nach ihrer Auffassung sind der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag bereits unzulässig, da die Klägerinnen nicht in eigenen Rechten verletzt seien. Im übrigen halten sie die Revisionsanträge für insgesamt unbegründet. Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Die Beigeladenen zu 1 bis 9 und zu 11 beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Zur Überzeugung des Senats steht fest, daß die §§ 5, 11 und 13 Abs. 1 Satz 2; § 14 Abs. 6, § 15 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 5 des nordrhein-westfälischen Emschergenossenschaftsgesetzes vom 7. Februar 1990 (– EmscherGG – GV NW S. 144) mit den verbindlichen Grundsätzen des in den Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 GG niedergelegten Demokratieprinzips nicht vereinbar sind. Aus den genannten Vorschriften des Emschergenossenschaftsgesetzes ergibt sich nämlich, daß die drei Staatsgewalt ausübenden Organe der Emschergenossenschaft (Genossenschaftsversammlung, Genossenschaftsrat und Vorstand) mehrheitlich oder insgesamt aus Amtswaltern bestehen, die nicht in ununterbrochener Legitimationskette auf das (Staats-)Volk im Sinne der Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 GG zurückgeführt werden können. Diese nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderliche organisatorisch-personelle demokratische Legitimation kann bei einer Selbstverwaltungskörperschaft der vorliegenden Art, die bedeutende Schutz- und Regelungsaufgaben hinsichtlich des überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes Wasser für ein großes Einzugsgebiet und die gesamte dort lebende Bevölkerung wahrzunehmen hat, nicht auf andere Weise, etwa allein durch die sachlich-inhaltlich demokratische Legitimation, erreicht werden, wie sie dem Emschergenossenschaftsgesetz entnommen werden mag, insbesondere den Regelungen zur staatlichen Aufsicht und denen über die Organisation von Sachverstand in den Organen der Genossenschaft. Das erforderliche Legitimationsniveau vermögen diese Regelungen allein nicht substituierend zu vermitteln.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Gültigkeit der zur Überprüfung gestellten Normen des Landesrechts ab; der Senat müßte im Falle der Gültigkeit der genannten Normen – anders als im Falle der Ungültigkeit – die Revision zurückweisen.
Im einzelnen beurteilt der Senat die zulässige und begründete Revision wie folgt.
1. Die der Revision zugrundeliegende Klage ist hinsichtlich ihres Hauptantrages zulässig.
1.1 Die Klägerinnen haben in der Revisionsinstanz ihren bisherigen Verpflichtungsantrag auf einen kassatorischen Gestaltungsantrag umgestellt. Dies war zulässig und zur erfolgversprechenden Rechtsverfolgung geboten. Hierbei handelt es sich angesichts des gleichbleibenden Streitstoffs nicht um eine Klageänderung (vgl. § 264 Nr. 2 ZPO). Die begehrte Veränderung der bestehenden Rechtslage kann nur und soll auch nach dem Willen der Klägerinnen über eine Ungültigerklärung der Wahlen vom 29. November 1990 durch das Gericht herbeigeführt werden. Eine Verpflichtungsklage hätte daran scheitern müssen, daß die Genossenschaftsversammlung bei ihrer Entscheidung über die Wahlanfechtung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EmscherGG die Wahlen selbst dann nicht hätte für ungültig erklären können, wenn sie der Rechtsauffassung der Klägerinnen gefolgt wäre: Sie ist an formell ordnungsgemäß zustande gekommene Gesetze gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG); daß dieses auch in Anwendung des Emschergenossenschaftsgesetzes gilt, das Grundlage der Existenz und Kompetenzen der Genossenschaftsversammlung ist, bedarf keiner Betonung. Art. 100 Abs. 1 GG behält das Recht und die Pflicht, für ungültig gehaltene Normen dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung vorzulegen, den Gerichten vor.
1.2 Die Klagebefugnis der Klägerinnen steht außer Zweifel. Der Senat folgt hierin dem Berufungsgericht. Das Recht auf Überprüfung der Wahl zu den Organen der Emschergenossenschaft ergibt sich im Ergebnis aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 EmscherGG. Auf die entsprechenden Ausführungen des Berufungsurteils wird verwiesen (s. S. 19–25 des Berufungsurteils); der Senat macht sie sich zu eigen. Insbesondere gilt es – dies wird vom Berufungsgericht zu Recht betont – zu berücksichtigen, daß den Klägerinnen von Gesetzes wegen eine Doppelstellung zukommt. Sie sind einerseits im Rahmen von Außenrechtsbeziehungen den hoheitlichen Akten der Genossenschaft unterworfen, so namentlich im Hinblick auf ihre Heranziehung zu Beiträgen. Andererseits nehmen sie – insbesondere über ihre Delegierten in der Genossenschaftsversammlung – im Innenrechtsbereich an der Willensbildung der Körperschaft bei außenwirksamen Entscheidungen teil, etwa solchen über die Veranlagungsgrundsätze. In einem derartigen Fall ist es gerechtfertigt, trotz eines gesetzlich vorgesehenen körperschaftsinternen Wahlprüfungsverfahrens den Zwangsmitgliedern die Befugnis zuzugestehen, daß sie die einschlägigen Wahlvorschriften auch im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit grundrechtlichen Verbürgungen im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens unmittelbar durch die Gerichte überprüfen lassen. Da eine solche Rechtsverletzung der Klägerinnen nicht ausgeschlossen erscheint, ist die Klagebefugnis zu bejahen. Dies betrifft nicht nur die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Genossenschaftsrat, sondern auch die Wahl des „Personalvorstands”, also des Vorstandsmitglieds, das vor allem für personelle und soziale Angelegenheiten der Genossenschaft zuständig ist (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EmscherGG). Den Klägerinnen ist es unter Berufung auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG gestattet, sich gegen die Ausformung ihrer Zwangsmitgliedschaft durch die gesamte, die Arbeitnehmermitbestimmung betreffende Konzeption des Gesetzes gerichtlich zur Wehr zu setzen. Diese Konzeption ist zum einen geprägt durch die 5 Arbeitnehmervertreter im Genossenschaftsrat und zum anderen durch den „Personalvorstand” im vormals (1990) 5köpfigen und derzeit 4köpfigen Vorstand.
Soweit die Beklagten hiergegen einwenden, daß den Klägerinnen als Zwangsmitgliedern kein allgemeines Klagerecht gegen ihren Verband zustehe, übersehen sie, daß es den Klägerinnen schon aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht verwehrt werden kann, gegen die sie in ihren Innen- und Außenrechtsbeziehungen zu der beklagten Genossenschaft einschneidend berührenden Regelungen vorzugehen. Dies kann auch durch die Anfechtung konkreter Wahlakte geschehen, wenn diese aufgrund nicht verfassungskonformer gesetzlicher Vorschriften durchgeführt werden. Weder ist es erforderlich, daß die Klägerinnen sich gegen die Aufrechterhaltung ihrer Zwangsmitgliedschaft selbst wehren, noch müssen sie einen gegen sie selbst gerichteten Hoheitsakt, wie etwa einen Beitragsbescheid, abwarten, um in ihre Rechte eingreifende Modalitäten der Zwangsmitgliedschaft angreifen zu können. Soweit die Beklagten zur Unterstützung ihrer Auffassung demgegenüber Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts anführen, treffen diese die genannten Besonderheiten des vorliegenden Falles offenkundig nicht (vgl. BVerwGE 34, 69, 74; BVerwGE 59, 231, 238; BVerwGE 64, 115, 117; BVerwG NJW 1987, 337 ff.).
Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 1991 (– 2 BvR 1736/90 – in JURIS veröffentlicht) behandelt Fragen der Klagebefugnis für eine verwaltungsgerichtliche Klage der vorliegenden Art nicht. Seinen Ausführungen zur Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit der damals schon aufgeworfenen Frage, ob die Klägerinnen durch die Einführung der institutionellen Arbeitnehmermitbestimmung in ihren körperschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechten grundrechtserheblich betroffen werden, kann allenfalls mittelbar entnommen werden, daß es eine vorausgehende Klärung der Frage durch die Verwaltungsgerichte nicht nur für erforderlich, sondern auch für dem Grunde nach zulässig hielt.
1.3 An der Klagebefugnis der Klägerinnen ändert sich auch nichts dadurch, daß – wovon der Senat ausgeht – hier nicht nur die Konzeption der Arbeitnehmermitbestimmung in der Emschergenossenschaft, sondern allgemeiner und übergreifend auch die gesamte Konzeption der Ausübung von Staatsgewalt durch mehrheitlich nicht hinreichend demokratisch legitimierte Delegierte und Amtswalter in den Organen der Genossenschaft verfassungswidrig ist. Eine umfassendere Verfassungswidrigkeit bzw. Unvereinbarkeit organisationsrechtlicher Bestimmungen des Emschergenossenschaftsgesetzes, als sie von den Klägerinnen angenommen wird, mag sich zwar modifizierend auf die weiteren Rechtsfolgen der klägerischen Wahlanfechtung auswirken, insbesondere auf die Möglichkeiten der Einflußname durch eigene Delegierte und auch im Hinblick auf eine dem Landesgesetzgeber zu gewährende Übergangszeit. Die Möglichkeit einer derzeit bestehenden Verletzung von Rechten der Klägerinnen wird dadurch aber nicht ausgeräumt.
1.4 Weder der Rechtsstreit insgesamt noch das Rechtsmittel haben sich erledigt. Die zwischenzeitliche Nach- und Neuwahl zu den Organen der Beklagten zu 1 läßt das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerinnen an der Durchführung der Klage und der Revision nicht entfallen. Die Klägerinnen sind weiterhin der Auffassung, daß die Wahl der Arbeitnehmervertreter und ihrer Stellvertreter in den Genossenschaftsrat im Jahre 1990 verfassungswidrig war. Die Neuwahl hat den Kern des vorliegenden Rechtsstreits, nämlich die behauptete Verfassungswidrigkeit der die Zusammensetzung der Organe der Genossenschaft regelnden Rechtsvorschriften, unberührt gelassen. Die Klägerinnen sind deshalb durch das Berufungsurteil weiterhin beschwert. Zur Klärung der Verfassungsgemäßheit der mittelbar in Frage gestellten gesetzlichen Vorschriften bedarf es keiner – erneuten – Klage gegen die Zusammensetzung der Organe, so wie sie sich aufgrund der Nach- und Neuwahlen ergeben hat. Auch bedurfte es keiner Umstellung des Klagebegehrens auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag. Die beiden angefochtenen Wahlen zeitigen weiterhin Rechtswirkungen, so wirken sie etwa als Grundlage der Bestellung des Vorstandes fort. Denn der Genossenschaftsrat war in seiner Erstbesetzung nicht nur für die Wahl des ersten Vorstandes, sondern auch für dessen Wiederwahl zuständig (§ 18 Abs. 2 Sätze 2, 3 und 4 EmscherGG). Tatsächlich fand die Neuwahl zum Vorstand auch schon am 4. Mai 1995 und zum Genossenschaftsrat erst am 28. November 1995 statt. Im übrigen würden sich die verfassungsrechtlichen Fragen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage nicht anders stellen.
2. Die Klage ist nach Auffassung des Senats im Ergebnis auch begründet. Die Klägerinnen sind durch die Wahl vom 29. November 1990 der Beigeladenen zu 1 bis 10 zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Genossenschaftsrats der Beklagten zu 1 sowie des Beigeladenen zu 11 zum Mitglied des Vorstandes der Beklagten zu 1 in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Zwar haben die Klägerinnen als Zwangsmitglieder der Beklagten zu 1 nicht in dem von ihnen in Anspruch genommenen Umfang das Recht, auf die Selbstverwaltung der Genossenschaft Einfluß zu nehmen. Unabhängig hiervon gibt ihnen Art. 2 Abs. 1 GG aber das Recht, nicht mit einer mit Fremdeinfluß verbundenen Zwangsmitgliedschaft belastet zu werden, die formell oder materiell mit der Verfassung nicht zu vereinbaren wäre. Allerdings bezweifelt der Senat – entgegen der Auffassung der Revision – nicht die formelle Verfassungsgemäßheit des Emschergenossenschaftsgesetzes. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen (s. S. 29–36 des Berufungsurteils). Hingegen ist der Senat davon überzeugt, daß die in der Emschergenossenschaft Staatsgewalt ausübenden Organe nicht hinreichend demokratisch legitimiert sind. Die Ausgestaltung der Zwangsmitgliedschaft durch das Emschergenossenschaftsgesetz ist daher materiell verfassungswidrig. Zu den nicht hinreichend demokratisch legitimierten Amtswaltern in den Organen der Genossenschaft gehören unter anderem auch die Arbeitnehmervertreter und ihre Stellvertreter im Genossenschaftsrat sowie auch das für personelle und soziale Angelegenheiten zuständige Vorstandsmitglied. Deren Wahl beanstanden die Klägerinnen daher zu Recht.
Bei der Annahme einer Verletzung eigener Rechte der Klägerinnen durch die materielle Verfassungswidrigkeit von Regelungen des Emschergenossenschaftsgesetzes hat sich der Senat im einzelnen von folgenden Überlegungen leiten lassen:
2.1 Die Klägerinnen werden durch die derzeitigen Regelungen in ihrem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Auf dieses Grundrecht können sich auch Handelsgesellschaften berufen (s. BVerfGE 10, 89, 99). Der Eingriff in die Rechte der Klägerinnen aus Art. 2 Abs. 1 GG liegt nach Auffassung des Senats darin, daß wesentliche Teile der Organisation der Emschergenossenschaft mit dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes unvereinbar sind und die dafür maßgeblichen Vorschriften somit materiell nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes gehören. So steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die §§ 5, 11 und 13 Abs. 1 Satz 2; § 14 Abs. 6, § 15 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 5 EmscherGG gegen das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen.
Der Senat hat diese für die Binnenstruktur der Genossenschaft maßgeblichen Vorschriften insgesamt zu überprüfen und ist nicht auf die Überprüfung der Konzeption der Arbeitnehmermitbestimmung beschränkt, die eigentliches Angriffsziel der der Revision zugrundeliegenden Klage ist. Das eine läßt sich vom anderen nicht trennen. Denn das Verdikt der Demokratiewidrigkeit der Arbeitnehmermitbestimmung in bezug auf einen Mangel an demokratischer Legitimation der davon betroffenen Organe hängt von einer Gesamtbeurteilung des Legitimationsniveaus der einzelnen zur Ausübung von Staatsgewalt berufenen Organe der Genossenschaft ab. Es muß von Gesetzes wegen sichergestellt sein, daß in allen Gremien Wahlen und Entscheidungen über die Ausübung von Staatsgewalt zumindest mehrheitlich, auch im Sinne doppelter Mehrheiten, von demokratisch, d.h. personell-organisatorisch legitimierten Amtswaltern getroffen werden. Lägen der Genossenschaftsverfassung Entscheidungsstrukturen zugrunde, in denen die nicht derart personell legitimierten Entscheidungsträger, wie z.B. die Arbeitnehmervertreter, stets in der Minderheit blieben und ohne maßgeblichen Einfluß wären, so würde dies das von Verfassungs wegen erforderliche Legitimationsniveau im Regelfall nicht beeinträchtigen. Erst eine Gesamtbeurteilung der Entscheidungsstrukturen vermag daher aufzuzeigen, ob etwaige Mängel demokratischer Legitimation der von den Klägerinnen beanstandeten Arbeitnehmervertreter und des sog. Personalvorstands sich auf das Legitimationsniveau überhaupt auswirken können. Hält der Senat die fehlende organisatorisch-personelle demokratische Legitimation der Mehrheiten der Genossenschaftsversammlung, des Genossenschaftsrates und des Vorstands insgesamt für nicht substituierbar durch eine sachlich-inhaltliche Legitimation, so hat er alle für die Entscheidungsstruktur maßgeblichen und in ihrem unauflösbaren Zusammenhang als verfassungswidrig angesehenen Vorschriften dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, auch solche, die von den Klägerinnen als ihnen günstig angesehen und daher nicht angegriffen werden, auf die es aber für die Beurteilung des Legitimationsniveaus nicht minder ankommt.
So liegt es hier. Nach Auffassung des Senats sind die Delegierten in der Genossenschaftsversammlung mehrheitlich und die Mitglieder des Genossenschaftsrats insgesamt nicht demokratisch-personell legitimiert. Soweit in diesen Gremien Entscheidungen getroffen werden, die als Ausübung von Staatsgewalt zu qualifizieren sind, ist auch nicht gewährleistet, daß sich die demokratisch legitimierten Amtsträger notwendig durchsetzen, die Entscheidungen also auf einer Mehrheit unter den demokratisch Legitimierten beruhen (Prinzip der doppelten Mehrheit). Da der gesamte Vorstand durch den in seiner Mehrheit nicht hinreichend organisatorisch-personell legitimierten Genossenschaftsrat gewählt wird, ist dieser insgesamt ebenfalls nicht im genannten Sinne legitimiert. Hierauf wird noch im einzelnen zurückzukommen sein. Eine Verengung der verfassungsrechtlichen Prüfung auf die Regelung der Arbeitnehmervertretung im Genossenschaftsrat und des sog. Personalvorstands kommt nicht in Betracht, weil damit der untrennbare Zusammenhang des einheitlichen Mangels an Legitimationsniveau aufgelöst würde.
2.2 Der Senat läßt sich bei seiner Entscheidung von einem Verständnis des Demokratieprinzips leiten, wie es vom Bundesverfassungsgericht inzwischen in einer Reihe von Entscheidungen entfaltet wurde (vgl. insb. BVerfGE 47, 253, 275 ff.; 52, 95, 130; 77, 1, 40 ff.; 83, 60, 71 ff.; 93, 37, 66 ff.).
2.2.1 Auszugehen ist danach von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG. Dieser legt fest, daß das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausübt. Das setzt voraus, daß das Volk einen effektiven Einfluß auf die personelle Zusammensetzung und/oder auf die Tätigkeit dieser Organe hat. Deren Akte müssen sich daher auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. Dieser Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft wird vor allem durch die Wahl des Parlaments, durch die von ihm beschlossenen Gesetze als verbindlicher Maßstab für das Handeln der vollziehenden Gewalt, durch die parlamentarische Kontrolle der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung hergestellt. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und in der Literatur sind zur Begründung des notwendigen Zuordnungszusammenhangs die unterschiedlichen Formen der institutionellen, funktionellen, sachlich-inhaltlichen und der personellen Legitimation entwickelt worden. Für die Beurteilung, ob mit ihnen ein hinreichender Gehalt an demokratischer Legitimation erreicht wird, haben sie Bedeutung nicht je für sich, sondern nur in ihrem Zusammenwirken. Aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidend ist nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau. Dieses kann bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt im allgemeinen und der vollziehenden Gewalt im besonderen unterschiedlich ausgestaltet sein; innerhalb der Exekutive ist dabei auch die Funktionenteilung zwischen der für die politische Gestaltung zuständigen, parlamentarisch verantwortlichen Regierung und der zum Gesetzesvollzug verpflichteten Verwaltung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 83, 60 ≪71 f.≫ m.w.N.; 93, 37, 66 f.; grundlegend Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts (HStR), Bd. I, 1987, § 22 Rn. 14). Die Fragen nach der Form der Legitimation stellen sich also nicht nebeneinander, sondern sie sind miteinander verzahnt. Thematisch geht es immer um die Steuerung der Ausübung staatlicher Gewalt, die bei der öffentlichen Verwaltung nur durch das Zusammenwirken der personellen Legitimation der Organwalter einerseits und der sachlich-inhaltlichen Legitimation ihres gesetzesgesteuerten Handelns andererseits bewirkt werden kann. Beide Elemente der Legitimation können sich keineswegs vollständig ersetzen, wohl aber in einem gewissen Umfang substituieren, solange dadurch das geforderte Niveau an Effektivität demokratischer Legitimation nicht in Frage gestellt wird. Die Konstituierung sachlich-unabhängiger Organe erfordert etwa, daß deren organisatorisch-personelle Legitimation umfassend gewährleistet ist und auch ihr Handlungsbereich gesetzlich geregelt und umgrenzt ist. Umgekehrt mag eine strikte sachlich-inhaltliche Legitimation durch inhaltlich bestimmte gesetzliche Normierungen des Handelns und hinzutretende Aufsichtsbefugnisse demokratisch legitimierter Instanzen es ermöglichen, gesellschaftliche Gruppen punktuell an der Besetzung der Organe bzw. Auswahl der Amtswalter zu beteiligen (so Böckenförde, a.a.O., § 22 Rn. 23).
2.2.2 Organe und Amtswalter bedürfen mithin zur Ausübung von Staatsgewalt einer Legitimation, die – als eine demokratische – auf die Gesamtheit der Staatsbürger, das Volk, zurückgeht, jedoch regelmäßig nicht durch unmittelbare Volkswahl erfolgen muß. Im Bereich der Verwaltung ist die Ausübung von Staatsgewalt demokratisch legitimiert, wenn sich die Bestellung der Amtsträger – personelle Legitimation vermittelnd – auf das Staatsvolk zurückführen läßt und das Handeln der Amtsträger selbst eine ausreichende sachlich-inhaltliche Legitimation erfährt; dies setzt voraus, daß die Amtsträger im Auftrag und nach Weisung der Regierung – ohne Bindung an die Willensentschließung einer außerhalb parlamentarischer Verantwortung stehenden Stelle – handeln können und die Regierung damit in die Lage versetzen, die Sachverantwortung gegenüber Volk und Parlament zu übernehmen (vgl. BVerfGE 93, 37, 67).
Uneingeschränkte personelle Legitimation besitzt ein Amtsträger dann, wenn er verfassungsgemäß sein Amt im Wege einer Wahl durch das Volk oder das Parlament oder dadurch erhalten hat, daß er durch einen seinerseits personell legitimierten, unter Verantwortung gegenüber dem Parlament handelnden Amtsträger oder mit dessen Zustimmung bestellt worden ist (ununterbrochene Legitimationskette, vgl. dazu BVerfGE 83, 60, 73). Sieht das Gesetz ein Gremium als Kreationsorgan für die definitive Bestellung eines Amtsträgers vor, das nur teils aus personell legitimierten Amtsträgern zusammengesetzt ist, so erhält der zu Bestellende volle demokratische Legitimation für sein Amt nur dadurch, daß die die Entscheidung tragende Mehrheit sich ihrerseits aus einer Mehrheit unbeschränkt demokratisch legitimierter Mitglieder des Kreationsorgans ergibt. Die Vermittlung personeller demokratischer Legitimation setzt weiter voraus, daß die personell demokratisch legitimierten Mitglieder eines solchen Kreationsorgans bei ihrer Mitwirkung an der Bestellung eines Amtsträgers ihrerseits auch parlamentarisch verantwortlich handeln (s. BVerfGE 93, 37, 67 f.).
2.2.3 Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter dar. Das gilt gleichermaßen für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken, wie für solche, die durch einen anderen Verwaltungsträger umgesetzt werden müssen, sofern dieser dazu rechtlich verpflichtet ist. Entscheidungscharakter hat auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen; dazu gehört auch die Ausübung von Vorschlagsrechten, wenn ein anderer Verwaltungsträger bei der Ausübung seiner Entscheidungsbefugnisse von ihnen rechtlich abhängig ist.
Die Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen bedarf auch dann der für die Ausübung von Staatsgewalt erforderlichen demokratischen Legitimation, wenn sie nicht völlig abhängig von anderen Organen der staatlichen Verwaltung erfolgen kann, sondern mit den Zuständigkeiten eines anderen Organs verschränkt ist. Entscheidungsbefugnisse werden auch dann wahrgenommen, wenn Selbsteintrittsrechte, Letztentscheidungs- oder Abänderungsrechte eines übergeordneten Organs in Konfliktfällen bestehen. Solange und soweit derartige Rechte nicht ausgeübt werden, verbleibt es bei der Entscheidungsgewalt des Amtsträgers, selbst wenn dieser – wie in der Ministerialverwaltung als Regeltypus der staatlichen Verwaltung – weisungsgebunden ist (vgl. zum Ganzen BVerfGE 83, 60, 73 m.w.N.).
2.3 Diese Kriterien demokratischer Legitimation hat das Bundesverfassungsgericht für die hierarchisch organisierte Bundes- und Landesverwaltung (Ministerialverwaltung) und für die Verwaltung in den von Verfassungs wegen (Art. 28 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GG) durch Besonderheiten gekennzeichneten kommunalen Gebietskörperschaften entwickelt (vgl. BVerfGE 83, 37, 53 ff.; 83, 60, 71 ff.; 93, 37, 67 ff.). Sie sind jedenfalls dann auf funktionale Selbstverwaltungskörperschaften anzuwenden, wenn diese nicht nur Angelegenheiten ihrer Mitglieder wahrnehmen, sondern auch überragende Gemeinwohlbelange und Angelegenheiten Dritter (hier: lebenswichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge für weite Bevölkerungskreise) wahrzunehmen haben. Ob sie auch für andere Formen der funktionalen Selbstverwaltung zutreffen, ist hier nicht zu beurteilen.
2.3.1 Die Besonderheit funktionaler Selbstverwaltung liegt u.a. darin, daß ihre zur Mitgliedschaft und Mitwirkung verpflichteten Privatrechtssubjekte bzw. die von ihnen als Organwalter bestimmten Personen offenkundig nicht in dem genannten Sinne organisatorisch-personell demokratisch legitimiert sind. Diese Mitglieder sind auch nicht – hier ist dem Berufungsurteil uneingeschränkt zuzustimmen – als „Teilvolk” zur Legitimation berufen. Volk im demokratischen Sinne meint die Grundgesamtheit der (Staats-)Bürger, wie sie in der Aktivbürgerschaft zur Erscheinung kommt; von der der einzelne Bürger nur ein Teil ist (vgl. Böckenförde, a.a.O., § 22 Rn. 27). Gesellschaftliche Gruppen, die allein nach funktions- und interessenbestimmten Merkmalen abgegrenzt sind, sind mindestens dann kein „Teilvolk” im Sinne eines Legitimationssubjekts, wenn die Selbstverwaltungseinrichtung nicht ausschließlich oder ganz überwiegend eigene Belange der Mitglieder regelt, sondern ihr wesentlicher Zweck die Wahrung von Gemeinwohlbelangen ist, die den Interessenkreis der Betroffenen nach Umfang und Gewicht eindeutig überschreiten. In derartigen Fällen geht es nicht mehr – wie dies in anderen Bereichen funktionaler Selbstverwaltung, etwa den berufsständischen Kammern, durchaus typisch sein mag – allein oder im wesentlichen um die Heranziehung und eigenverantwortliche Beteiligung von Betroffenen an der dezentralen Erledigung von auf sie selbst bezogenen Verwaltungsaufgaben in einer Selbstverwaltungskörperschaft. Sind ihre Organe oder Amtswalter gleichwohl zu einem Handeln befugt, das nicht oder nur weitläufig durch Gesetz gesteuert ist, so besteht regelmäßig ein nicht kompensierbares Defizit an demokratischer Legitimation.
Hier geht es nicht nur um die Erfüllung einzelner wasserwirtschaftlicher Aufgaben (vgl. anders § 18 a Abs. 2 a WHG betr. die Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf fachkundige Dritte), sondern um die Wahrung von derart bedeutsamen Gemeinwohlbelangen wie den Erhalt und den Schutz des Wassers – des Oberflächenwassers wie des Grundwassers – für eine ganze Region, also um eine lebensnotwendige und letztlich auch nicht „privatisierbare” Staatsaufgabe. In derartigen Fällen erscheint die Errichtung einer Selbstverwaltungskörperschaft, in der sich private Interessen gegen öffentliche Interessen durchsetzen könnten, schon vom Ansatz her nicht tragbar. Für einen solchen Fall vermag die dem Grunde nach durchaus gegebene verfassungsrechtliche Anerkennung der funktionalen Selbstverwaltung (vgl. Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 1991, S. 363 ff.) keine demokratische Rechtfertigung dafür zu liefern, die mögliche Herrschaft privater Interessen in einer Selbstverwaltungskörperschaft zu dulden, seien diese auch gesetzlich vielfältig – ansatzweise im Wege einer sachlich-inhaltlichen demokratischen Legitimation und vor allem durch Staatsaufsicht – zugunsten des Einflusses öffentlicher Interessen gezügelt (s. im einzelnen Emde, a.a.O., S. 376 ff., 381). Der demokratisch legitimierte Staat darf sich seiner Verantwortung für derart originäre wie auch essentielle Staatsaufgaben nicht – auch nicht teilweise – entziehen. Denn die Einrichtung von Selbstverwaltungskörperschaften, denen die Erledigung von derartigen Aufgaben des gemeinen Wohls übertragen wird, bedeutet – ungeachtet der Intensität und Wirksamkeit notwendiger Staatsaufsicht – nicht nur ein Stück Rückzug des Staates aus der eigenen Verantwortung, sondern mit abnehmender Legitimation der Körperschaftsorgane auch eine Fremdbestimmung der Gemeinschaft in ihren ureigensten Angelegenheiten durch die Träger von Partikularinteressen und bewirkt damit letztlich einen ungleichen Einfluß der Staatsbürger auf die Ausübung von Staatsgewalt. Diese Bedenken lassen sich nicht damit überwinden, daß es auch für die Erfüllung solcher Aufgaben sinnvoll sein kann, wenn der Staat sich der dauernden Mitwirkung der von der Aufgabenerfüllung in besonderer Weise Betroffenen und deshalb an ihr besonders Interessierten versichert, mögen dies im vorliegenden Fall die für ihren Bereich jeweils besonders sachkundigen Industrieunternehmen oder die für ihren Bereich in anderer Weise sachkundigen Arbeitnehmer sein. Eine solche Mitwirkung hätte indessen in einem Rahmen zu bleiben, der ein Mindestmaß an demokratischem Legitimationsniveau nicht unterschreitet. Sie darf nicht dazu führen, daß die Ausübung von Staatsgewalt letztlich nicht mehr parlamentarisch, sondern von Interessengruppen verantwortet wird.
2.3.2 Diese besonderen Anforderungen sind zur Überzeugung des Senats auch an die Legitimation der Organe der Emschergenossenschaft zu stellen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 EmscherGG dient die Genossenschaft „dem Wohl der Allgemeinheit und dem Nutzen ihrer Mitglieder”. Dieses hier nur lose umschriebene Nebeneinander der Interessen läßt sich nach den weiteren Regelungen über die Aufgaben der Genossenschaft näher bestimmen. Dem Aufgabenkatalog des § 2 Abs. 1 EmscherGG ist zu entnehmen, daß die Gemeinwohlaufgabe des speziellen Gewässerschutzes hier ganz im Vordergrund steht. Die Erhaltung und Pflege des überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes „Wasser” ist maßgeblicher Zweck der Genossenschaft. Diese Aufgabe wird umfassend für das gesamte Verbandsgebiet wahrgenommen. Für diesen Bereich geht es um die Regelung des Wasserabflusses einschließlich Sicherung des Hochwasserabflusses (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EmscherGG), die Unterhaltung der oberirdischen Gewässer und der dazu gehörigen Anlagen (Nr. 2), die Rückführung ausgebauter oberirdischer Gewässer in einen naturnahen Zustand (Nr. 3), die Abwasserbeseitigung (Nr. 6) bis hin zur Vermeidung, Minimierung und Rückgängigmachung nachteiliger Veränderungen des Grundwassers (Nr. 5 und Nr. 8).
Allgemein obliegen hinsichtlich des Gemeinschaftsgutes Wasser dem Staate Schutzpflichten (vgl. etwa Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 29 a VerfNW), deren er sich nicht dadurch begeben darf, daß er die bei Entscheidungen über die Pflege und Erhaltung des Schutzgutes auszuübende Staatsgewalt in die Hand von Organen legt, denen hierzu die ausreichende demokratisch-personelle Legitimation ermangelt. Solche Schutzpflichten treffen das Land Nordrhein-Westfalen auch im Einzugsgebiet der Emscher.
Für die einzelnen Organe – Genossenschaftsversammlung, Genossenschaftsrat und Vorstand – der Emschergenossenschaft stellt sich die derzeitige Rechtslage in bezug auf die individuell-demokratische Legitimation ihrer Mitglieder wie folgt dar: Unzweifelhaft – und unter den Beteiligten nicht streitig – üben alle drei Organe im Hinblick auf die wasserverbandlichen Aufgaben Staatsgewalt in der Form amtlichen Handelns mit Entscheidungscharakter aus. Hierzu wurde vom Berufungsgericht bereits das Erforderliche ausgeführt (s. S. 36–41 des Berufungsurteils); darauf wird Bezug genommen. Gleichwohl fehlt allen drei Organen nach den dargestellten Grundsätzen die mindestens für die Mehrheit der Mitglieder erforderliche organisatorisch-personelle demokratische Legitimation.
In der Genossenschaftsversammlung vermag der Senat als in diesem Sinne demokratisch legitimiert allenfalls die Delegierten der genossenschaftsangehörigen kreisfreien und kreisangehörigen Städte, der Gemeinden und Kreise anzusehen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 11 EmscherGG). Denn die zuständigen Organe der entsendenden Gebietskörperschaften, wenn und soweit ihr Gebiet betroffen ist, sind kraft Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und 3 GG demokratisch legitimiert (vgl. auch Art. 29 a Abs. 1 VerfNW); sie vermögen diese Legitimation über eine ununterbrochene personelle „Legitimationskette” im Rahmen parlamentarisch verantwortlichen Handelns auch weiterzugeben. Alle anderen Delegierten sind hingegen nicht personell demokratisch legitimiert. Diese den „privaten” Mitgliedern, insbesondere den Bergwerken und gewerblichen Unternehmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EmscherGG), darunter auch den Klägerinnen, zuzurechnenden Delegierten (§ 11 EmscherGG) können nicht in ununterbrochener Legitimationskette auf ein dem Wirkungskreis der Genossenschaft entsprechendes Staatsvolk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 oder Art. 28 Abs. 1 oder 2 GG zurückgeführt werden.
Soweit es den Genossenschaftsrat betrifft, vermag die zu den im weiteren Sinne kommunalen Delegierten der Genossenschaftsversammlung führende Legitimationskette nicht einmal die entsprechenden „kommunalen” Mitglieder des Genossenschaftsrates zu legitimieren (s. § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, Sätze 3 bis 6 EmscherGG). Denn der Genossenschaftsrat wird mit der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen der Genossenschaftsversammlung gewählt (§ 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Satz 1 und 2 EmscherGG). Die im weiteren Sinne „kommunalen” Mitglieder können aber typischerweise bei Anwendung der in § 11 und der Satzung niedergelegten Regeln nur etwa ein Drittel der Delegierten (im Jahre 1990 waren es 50 von 148 Delegierten) in die Genossenschaftsversammlung entsenden. Schon deshalb fehlt auch den dort gewählten „kommunalen” Genossenschaftsräten die demokratische Legitimation. Denn in der Genossenschaftsversammlung verfügen die demokratisch legitimierten „kommunalen” Delegierten nicht über die Mehrheit. Nicht minder fehlt es an der demokratischen Legitimation der auf die „privaten” Mitglieder, insbesondere die Bergwerke und gewerblichen Unternehmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EmscherGG), zurückzuführenden Mitglieder des Genossenschaftsrates (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4, Sätze 3 bis 6 EmscherGG). Auch für die Arbeitnehmervertreter in diesem Gremium gilt nichts anderes. Denn auch die fünf Arbeitnehmervertreter im Genossenschaftsrat werden nach § 15 Abs. 2 EmscherGG von der überwiegend nicht personell-demokratisch legitimierten Genossenschaftsversammlung mit Mehrheit gewählt. Auch sie können daher, wie die gewerblichen Mitglieder, nicht auf ein als Legitimationssubjekt taugliches Staatsvolk zurückgeführt werden. Nichts anderes ergibt sich aus den besonderen Vorschlagsrechten, deren Ausübung der Wahl der Arbeitnehmervertreter vorausgeht. Weder die für drei dieser Vertreter vorschlagsberechtigten Personalräte (vgl. § 15 Abs. 2 EmscherGG) noch die für zwei Arbeitnehmervertreter vorschlagsberechtigten Gewerkschaften (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EmscherGG) bilden ein in diesem Sinne taugliches Legitimationssubjekt. Dies bedarf im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keiner weiteren Begründung (vgl. BVerfGE 93, 37, 67 ff.).
Soweit es den Vorstand betrifft, ergibt sich die fehlende demokratische Legitimation sämtlicher Mitglieder, einschließlich des für personelle und soziale Angelegenheiten zuständigen Vorstandsmitgliedes, ohne weiteres daraus, daß dieser von dem insgesamt nicht demokratisch legitimierten Genossenschaftsrat mit der erforderlichen Mehrheit zu wählen ist (§ 16 Abs. 2, § 17 Abs. 5 EmscherGG). Daß daneben der sog. Personalvorstand auch nicht gegen die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter gewählt werden darf, mag das Fehlen seiner individuell-demokratischen Legitimation noch verdeutlichen, hat aber angesichts der ohnehin fehlenden Legitimation aller Vorstandsmitglieder keine eigenständige Bedeutung.
2.3.3 Das Legitimationsdefizit aller Staatsgewalt ausübenden Organe der Emschergenossenschaft wird hier nicht im Wege einer sachlich-inhaltlichen Legitimation durch das Emschergenossenschaftsgesetz ausgeglichen. Dieses enthält zwar global-handlungssteuernde Regelungen (vgl. §§ 2, 3, 6, 1, 10, 13, 16, 19, 20 EmscherGG) und insbesondere eine detailliert und umfassend geregelte (§§ 33 ff. EmscherGG) staatliche Aufsicht, die neben der Rechtsaufsicht auch Ansätze einer Fachaufsicht einschließt (§ 33 Abs. 2 EmscherGG: „Die Aufsicht stellt sicher, daß die Genossenschaft die ihr obliegenden Aufgaben und Pflichten … im Einklag mit den wasserwirtschaftlichen Zielsetzungen des Landes erfüllt”). Die gesteigerte Gesetzesbindung und die demokratisch verantwortete Aufsicht über die Einhaltung dieser Bindung vermittelt zwar eine Legitimation durch Übereinstimmung des Handelns der Organe mit dem Gesetz gewordenen Willen des Gesetzgebers. Dieser Wille hat sich jedoch nur in der Umschreibung der zugewiesenen Aufgaben und in der Bereitstellung eines rechtlichen Instrumentariums zu deren Erfüllung, nicht aber in konkreten oder gar exakten Zielvorgaben für das Handeln der Genossenschaftsorgane manifestiert; auch sind organisatorische Gewährleistungen dafür, daß von Interessen unbeeinflußter wasserwirtschaftlicher Sachverstand in den Organen zusammengeführt und mit Durchsetzungsfähigkeit ausgestattet wird, im Gesetz nur schwach ausgeprägt. All dies wird weitgehend den Selbstregulierungskräften der Vertreter unterschiedlicher Interessen in den Genossenschaftsorganen überlassen. Bei einer Selbstverwaltungskörperschaft, deren Aufgaben, Organisation und Befugnisse sich auf die eigenen Angelegenheiten der in dieser Organisationsform zusammengefaßten Rechtssubjekte beschränken, mag eine solche sachlich-inhaltliche Legitimation das Fehlen der individuellen Legitimation der Amtswalter weitgehend substituieren können. Von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist dies indes, wenn eine solche Organisation – wie hier – eine genuine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, nämlich Pflege und Erhalt ober- und unterirdischer Gewässer, also des für die Allgemeinheit überlebensnotwendigen Gemeinschaftsgutes „Wasser”, zu besorgen hat (vgl. auch Böckenförde, a.a.O., § 22 Rn. 34, unter Berufung auf Emde, a.a.O.).
Im Rahmen des Erfordernisses umfassender demokratischer Legitimation sind die Mitentscheidungsbefugnisse der Klägerinnen in der Genossenschaftsversammlung über ihre Delegierten – entgegen der Auffassung der Revision – nicht bereits durch die Zwangsmitgliedschaft der Klägerinnen legitimiert. Zwar haben diese mit hohen finanziellen Beiträgen entsprechend den Maßgaben des Gesetzes und der Satzung der Erreichung des Genossenschaftszwecks zu dienen. Dieser Aspekt der Lastentragung allein vermag indes nicht die Ausübung von Staatsgewalt zu legitimieren. Dem Staat – hier dem Land Nordrhein-Westfalen – standen von Rechts wegen alternative Gestaltungsmöglichkeiten für die Aufgabenerfüllung und deren Finanzierung gleichrangig zur Verfügung. In Betracht kommt zwar durchaus eine Organisation mit intern mehrstufigem Verwaltungsaufbau, wie er die Emschergenossenschaft prägt. Indessen kann die Aufgabe der nicht individuell legitimierten Amtswalter, vergleichbar den Klägerinnen oder den Arbeitnehmervertretern, auf eine im wesentlichen beratende Funktion reduziert werden. Oder der Staat finanziert die Aufgabenerfüllung über eine Sonderabgabe bei gleichzeitiger Wahrnehmung der Aufgabe durch einen Teil der Landesverwaltung. Den in einem solchen Falle von der Sonderabgabe betroffenen Klägerinnen und vergleichbaren Wasserverbrauchern und -verunreinigern stünden bei solcher Art rechtlicher Gestaltung deutlich weniger Einflußmöglichkeiten zur Verfügung. Dies zeigt, daß die Klägerinnen durch ihre Zwangsmitgliedschaft und die damit verbundenen Einflußmöglichkeiten, mögen diese auch gezügelt sein, immer noch eher begünstigt und keineswegs über Gebühr belastet sind. Der Revision ist darin Recht zu geben, daß der Gedanke der Selbstverwaltung durchaus darauf abzielt, sich die besondere, durch Eigeninteressen mobilisierungsfähige Sachkunde der Betroffenen zunutze zu machen, und daher auch darauf angelegt ist, eine gesetzlich angeordnete Zwangsmitgliedschaft durch Beteiligungsrechte zu kompensieren. Da die funktionale Selbstverwaltung im Grundgesetz als Typus zwar anerkannt, aber nicht in bestimmter Ausgestaltung umfassend garantiert ist (vgl. Art. 87 Abs. 2, 3, Art. 130 Abs. 3 GG; vgl. auch Emde, a.a.O., S. 363 ff.), kann dieser Art verfassungsrechtlicher Billigung aber nicht entnommen werden, daß die gesteigerte Inpflichtnahme der nicht ausschließlich in eigenen Angelegenheiten in Anspruch Genommenen ein allgemeiner Legitimationsgrund im Sinne des Demokratieprinzips für einen gesteigerten Einfluß auf übergreifende oder gar überragende Belange des Gemeinwohls wäre.
2.3.4 Zur Überzeugung des Senats steht somit fest, daß die Konzeption der funktionalen Selbstverwaltung so, wie sie in dem Emschergenossenschaftsgesetz niedergelegt ist, den Anforderungen des grundgesetzlichen Demokratieprinzips nicht genügt. Im einzelnen geht es – zusammenfassend – darum, daß die Genossenschaftsorgane „Versammlung”, „Rat” und „Vorstand” mehrheitlich – so die „Versammlung” – bzw. insgesamt – so „Rat” und „Vorstand” – aus Delegierten und Amtswaltern zusammengesetzt sind, denen eine ununterbrochene Legitimationskette zum Staatsvolk im Sinne der Art. 20 Abs. 2, 28 Abs. 1 GG fehlt. Soweit sich in dem Organ „Versammlung” Delegierte befinden, die als „kommunale” Vertreter nach Auffassung des Senats, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, so aber insgesamt doch noch hinreichend legitimiert sind, gewährleistet auch dieser Umstand keine Entscheidungen der Versammlung, die ihrerseits mehrheitlich von demokratisch legitimierten Delegierten getragen sind. Allenfalls unter besonderen Umständen, wenn die Beschlußfähigkeit der Versammlung bei Anwesenheit lediglich der Hälfte der Delegierten (§ 14 Abs. 4 Satz 1 EmscherGG) gerade noch erreicht wäre, könnte es möglich sein, daß die 50 „kommunalen” Delegierten – deren vollständiges Erscheinen vorausgesetzt – eine Mehrheit im Sinne von § 14 Abs. 6 EmscherGG erreichen. Im Normalfall fehlt es hingegen nach der Konzeption des Gesetzes daran, daß eine Entscheidung dieses Organs auch von der Mehrheit der demokratisch legitimierten Mitglieder getragen wird (zum Prinzip der doppelten Mehrheit s. Böckenförde, a.a.O., § 22 Rn. 19, Fn. 25). Das gilt erst recht für den Genossenschaftsrat und den Genossenschaftsvorstand. Die den §§ 5, 11 Abs. 1 und 2; 13 Abs. 1; § 15 Abs. 1 und 2; § 16 Abs. 2 EmscherGG zu entnehmende Zusammensetzung der Organe einschließlich der Regelung der Entscheidungsmehrheiten ist auch von daher mit dem Demokratieprinzip nicht zu vereinbaren. Die der Revision zugrundeliegende Klage wäre deshalb in ihrem Hauptantrag auch begründet.
3. Der Senat müßte die Revision im Falle der Vereinbarkeit der genannten Normen mit der Verfassung als unbegründet zurückweisen. Im Falle der Unvereinbarkeit wäre der Revision hingegen stattzugeben. Insoweit ist noch folgendes zu ergänzen: Die Revision greift in Form der Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter und ihrer Vertreter sowie des sog. Personalvorstands ausdrücklich nur die Konzeption der Arbeitnehmermitbestimmung des Emschergenossenschaftsgesetzes an. Eine Ungültigkeit der §§ 5, 11; § 13 Abs. 1 Satz 2; § 14 Abs. 6; § 15 Abs. 1, 2 und 4; § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 5 EmscherGG wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip ließe – darin unauflösbar eingeschlossen – auch die Gültigkeit der mit der Revision angegriffenen Mitbestimmungskonzeption entfallen, die vornehmlich in den § 15 Abs. 1 und 2; § 16 Abs. 2 EmscherGG zum Ausdruck kommt. Denn der Senat hat hier einen einheitlichen und unteilbaren Verstoß gegen das Demokratieprinzip angenommen. Für eine verfassungskonforme Auslegung der genannten Vorschriften ist im Hinblick darauf, daß es um die vom Gesetzgeber gewollte Grundkonzeption des Gesetzes geht, kein Raum. Die Revision müßte jedoch auch dann Erfolg haben, wenn bei einer hiervon abweichenden verfassungsrechtlichen Würdigung allein die gesetzliche Arbeitnehmermitbestimmung vor der Verfassung keinen Bestand hätte. Auf weitere Sachverhaltsaufklärungen käme es in dem einen wie dem anderen Fall nicht an.
Bei seiner Entscheidung wird der Senat zwar auch zu berücksichtigen haben, daß der mit dem Emschergenossenschaftsgesetz intendierte ober- und unterirdische Gewässerschutz im Bereich der Emscher nicht deshalb unterbrochen oder sonst in Frage gestellt werden darf, weil die für diesen Zweck vom Gesetzgeber eingesetzten Verwaltungsorgane den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht entsprechen und mit Rechtskraft eines der Revision stattgebenden Urteils eine andere Verwaltungsstruktur der Genossenschaft noch nicht zur Verfügung steht. Dem Gesetzgeber wird daher wohl eine angemessene Frist zur Änderung des Verwaltungsorganisationskonzeptes einzuräumen sein. Für diese Übergangszeit wäre jedoch das Gesetz nicht einfach unverändert anzuwenden, vielmehr läge dann ein Fall des § 36 EmscherGG vor: Mangels ausreichend legitimierter Organe der Genossenschaft würden allein die Befugnisse der Aufsichtsbehörde nach § 35 EmscherGG nicht mehr ausreichen, um eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben der Genossenschaft zu gewährleisten. Die Aufsichtsbehörde hätte somit einen Beauftragten zu bestellen, der für die Übergangszeit bis zur Neuordnung der Verwaltungsorganisation alle Aufgaben der Genossenschaft wahrzunehmen hätte. Die Übergangsfrist für den Gesetzgeber würde also nicht daran hindern, den Anfechtungsanträgen im hier begehrten Umfang stattzugeben. Noch weniger Probleme würden sich mit Blick auf die einzuräumende Übergangszeit für eine stattgebende Entscheidung ergeben, wenn allein die Konzeption der Arbeitnehmermitbestimmung mit der Verfassung nicht übereinstimmte.
Nach alledem muß der Senat das Emschergenossenschaftsgesetz in dem dargelegten Umfang dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über dessen Verfassungswidrigkeit vorlegen.
Unterschriften
Niehues, Lemhöfer, Seibert, Albers, Eckertz-Höfer
Fundstellen
Haufe-Index 1603324 |
BVerwGE, 64 |
PersR 1999, 80 |
BVerwGE: ja |