Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 20.09.2007; Aktenzeichen 3 LD 3/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Der Beklagte hat nicht gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 69 BDG dargelegt, dass ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO, § 69 BDG gegeben ist.
1. Der 1957 geborene Beklagte, ein Bundesbahnoberinspektor, wurde 1995 aufgrund einer psychischen Erkrankung wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Im Dezember 2001 trat er als Beamter auf Widerruf in den Juristischen Vorbereitungsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg ein. Als der Kläger hiervon erfuhr, betrieb er die Reaktivierung des Beklagten als Bundesbeamter zum 1. Dezember 2002. Nach erfolgloser Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes trat der Beklagte am 24. März 2003 seinen Dienst bei der Deutschen Bahn AG an. Im April 2003 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben.
Bereits unter dem 12. Februar 2003 hatte der Kläger gegen den Beklagten gemäß § 17 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das Berufungsgericht hat im Disziplinarklageverfahren die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung des Beamten aus dem Dienst bestätigt. Es sei nachgewiesen, dass der Beklagte im Zeitraum vom 2. Dezember 2002 bis zum 23. März 2003 seine sich aus § 77 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 BBG ergebende Pflicht, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nachzukommen, verletzt habe. Die Dienstfähigkeit des Beklagten während dieses Zeitraums stehe aufgrund des Gutachtens des Oberbahnarztes fest. Er habe vorsätzlich gehandelt. Das Dienstvergehen stehe hinsichtlich der Schwere einem ungenehmigten Fernbleiben vom Dienst gleich. Daher sei die Entfernung aus dem Dienst erforderlich. Es lägen keine entlastenden Gesichtspunkte solchen Gewichts vor, dass eine günstigere Beurteilung gerechtfertigt wäre (§ 13 BDG).
2. Der Beklagte wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG die Frage auf,
ob die vorübergehende Nichterfüllung der Pflicht zur “Reaktivierung” die Entfernung aus dem öffentlichen Dienst (§ 77 Abs. 2 Nr. 4 BBG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 5 BDG) rechtfertigt.
Er vertritt hierzu die Auffassung, dass nur ein dauerhaftes und endgültiges “Nichtnachkommen” der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis den Tatbestand des § 77 Abs. 2 Nr. 4 BBG erfülle und nicht lediglich die zeitlich vorübergehende Weigerung. Bei aktiven Beamten werde jede Form des Fernbleibens vom Dienst erfasst und auf der Rechtsfolgenseite die Dauer im Rahmen der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt, sodass sich die Schwere der Pflichtverletzung in der Art und im Gewicht der Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BDG widerspiegeln könne. Für Ruhestandsbeamte kenne das Gesetz nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts, sodass ein Verstoß im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 4 BBG nur ein beharrliches und damit endgültiges Unterlassen sein könne, damit die Maßnahme – die Aberkennung des Ruhegehalts – angemessen sei.
Diese Frage kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG nicht rechtfertigen, weil kein Klärungsbedarf besteht. Sie kann aufgrund der Rechtsprechung des Senats und des Disziplinarsenats beantwortet werden.
Nach dieser Rechtsprechung verpflichten die Bemessungsregelungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG die Verwaltungsgerichte, über die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG; sie ist richtungweisend für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen im Regelfall nach seiner Schwere einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei kann auf die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen zurückgegriffen werden. Auf der Grundlage dieser Zuordnung kommt es für die Festlegung der angemessenen Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 2 C 12.04 – BVerwGE 124, 252 ≪258 ff.≫ = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 und vom 3. Mai 2007 – BVerwG 2 C 9.06 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3).
In den Fällen der schuldhaften Verletzung der sich aus § 77 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 BBG ergebenden Pflicht eines Ruhestandsbeamten, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nachzukommen, lässt sich aus der Rechtsprechung des Disziplinarsenats (Urteil vom 29. Mai 1995 – BVerwG 1 D 67.92 – Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 5) ableiten, dass das Dienstvergehen des Ruhestandsbeamten dem schuldhaften ungenehmigten Fernbleiben vom Dienst (§ 73 Abs. 1 BBG) bei Beamten im aktiven Dienst gleichsteht. Ein vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören. Denn aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart ein vorsätzliches Fernbleiben über einen längeren Zeitraum ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit (Urteile vom 22. April 1991 – BVerwG 1 D 62.90 – BVerwGE 93, 78 ≪80 ff.≫, vom 6. Mai 2003 – BVerwG 1 D 26.02 – juris Rn. 54 ff. und vom 12. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 2.05 – juris Rn. 51). Der Dauer des Fernbleibens vom Dienst entspricht bei der vorgesehenen Reaktivierung von Ruhestandsbeamten die Beharrlichkeit, mit der sich ein Ruhestandsbeamter der Wiederberufung entzieht. Dies ist jedenfalls angenommen worden bei einer Weigerung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Dabei ist nicht allein der Zeitablauf entscheidend, sondern es sind auch sonstige Umstände zu berücksichtigen, die das hohe Maß an Pflichtvergessenheit bestätigen, das dem Vorwurf einer beharrlichen Weigerungshaltung zugrunde liegt (Urteil vom 29. Mai 1995 a.a.O.).
Davon ausgehend werfen die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis und die dafür maßgebenden Erwägungen des Berufungsgerichts keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte seiner Wiederberufung in das Beamtenverhältnis nahezu vier Monate nicht nachgekommen, stand während dieser Zeit im juristischen Vorbereitungsdienst eines anderen Dienstherrn und hat alles versucht, sich diesen Status zu erhalten. Das Berufungsgericht hat sein Verhalten als beharrliche Weigerung gewertet, eine grundlegende Dienstpflicht zu erfüllen, davon ausgehend die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Richtschnur für die Maßnahmebemessung zugrunde gelegt und mildernden Umständen kein hinreichendes Gewicht beigemessen, um eine weniger einschneidende Maßnahme rechtfertigen zu können. Diese rechtliche Würdigung der Umstände des Falles ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist es unerheblich, dass bei aktiven Beamten die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BDG genannten Disziplinarmaßnahmen ausgesprochen werden können, während das Gesetz für Ruhestandsbeamte nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BDG) kennt. Denn der Beklagte hat das Dienstvergehen zwar als Ruhestandsbeamter begangen, die Disziplinarmaßnahme ist jedoch gegen ihn als aktiver Beamter verhängt worden.
Im Übrigen kommt die Aberkennung des Ruhegehalts nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG nur dann in Betracht, wenn bei einem aktiven Beamten die Entfernung aus dem Dienst hätte erfolgen müssen. Der Kürzung des Ruhegehalts bei Ruhestandsbeamten (§ 11 BDG) entspricht die Gehaltskürzung bei aktiven Beamten (§ 8 BDG), wie sich aus dem Verweis in § 11 Satz 2 BDG ergibt (vgl. auch § 15 Abs. 2 BDG). Besonderheiten ergeben sich hier für Ruhestandsbeamte aus § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 33 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und § 59 Abs. 1 Nr. 1 BDG. Würde bei einem aktiven Beamten eine Zurückstufung (§ 9 BDG) ausgesprochen werden, so muss, da es eine entsprechende Maßnahme für Ruhestandsbeamte nicht gibt, ebenfalls auf die Ruhegehaltskürzung erkannt werden, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Kämen nur Geldbuße (§ 7 BDG) oder Verweis (§ 6 BDG) in Betracht, so ist bei einem Ruhestandsbeamten das Disziplinarverfahren einzustellen (§ 32 Abs. 1 Nr. 4 BDG) bzw. die Disziplinarklage abzuweisen.
Das Gesetz stellt damit sowohl für Ruhestandsbeamte als auch für aktive Beamte gleichermaßen in ihrer Schwere gestufte Disziplinarmaßnahmen zur Verfügung, die es ermöglichen, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nach den Erfordernissen des § 13 BDG angemessen auf das begangene Dienstvergehen zu reagieren.
3. Auch die zweite, als vermeintlich grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG),
ob bei einem “reaktivierten Beamten” eine Pflichtverletzung zur Entlassung führen kann, die er als Ruhestandsbeamter begangen hat, bzw.
ob eine Pflichtverletzung, die wegen ihrer Eigenarten nur von einem Ruhestandsbeamten begangen werden kann und darin besteht, dass der Begründung des Beamtenverhältnisses nicht sofort Folge geleistet wurde, nach Reaktivierung uneingeschränkt mit den für “aktive Beamten” vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen – hier: der Entlassung aus dem öffentlichen Dienst – reglementiert werden kann,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie lässt sich anhand des Wortlauts des Gesetzes beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Der Beklagte meint, die Reaktivierungspflicht könne nur einen Ruhestandsbeamten treffen, sodass die Verletzung dieser Pflicht auch nur mit einer disziplinaren Maßnahme für einen Ruhestandsbeamten geahndet werden dürfe. Wie im Strafverfahren müsse das Recht angewandt werden, das im Zeitpunkt der Tat gegolten habe. Jede andere Betrachtungsweise verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 2 GG. Hierfür spreche auch § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BDG, der nur den umgekehrten Fall regele, sodass für aktive Beamte, die als Ruhestandsbeamte ein Dienstvergehen begangen hätten, eine – möglicherweise bewusste – Lücke im Gesetz vorliege.
Diese Argumentation geht an der Systematik des Bundesdisziplinargesetzes vorbei, das zwischen persönlichem und sachlichem Anwendungsbereich unterscheidet und die Art der möglichen Disziplinarmaßnahmen von der Rechtsstellung des Beamten abhängig macht. Danach ist gegen einen aktiven Beamten nur eine der in § 5 Abs. 1 BDG genannten Disziplinarmaßnahmen möglich. Hierbei ist es unerheblich, ob er das Dienstvergehen als aktiver Beamter oder im Ruhestand begangen hat. Diese Unterscheidung ist nur im Zusammenhang mit der Frage von Bedeutung, ob ein Dienstvergehen vorliegt. Denn der Pflichtenkreis des aktiven Beamten unterscheidet sich von demjenigen des Ruhestandsbeamten. Im Einzelnen gilt Folgendes:
§ 1 BDG bestimmt den persönlichen Geltungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes, d.h. auf wen das Bundesdisziplinargesetz Anwendung findet. § 2 BDG bestimmt den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes, d.h. bei welchen Dienstvergehen das Gesetz Anwendung findet. Dabei erfolgt ein Verweis auf § 77 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG). Diese Vorschrift definiert, wann ein aktiver Beamter ein Dienstvergehen begeht, nämlich nach Abs. 1 Satz 1 bei schuldhafter Verletzung der Dienstpflichten und nach Satz 2 bei bestimmten Verhaltensweisen außerhalb des Dienstes. Vordienstliche Verfehlungen sind damit der disziplinaren Ahndung entzogen. Im Ruhestand sind wegen der im Wesentlichen nur noch nachwirkenden Dienstpflichten nicht mehr alle Verhaltensweisen gleichermaßen wie bei einem aktiven Beamten geeignet, ein Dienstvergehen zu begründen, sodass § 77 Abs. 2 BBG den Kreis der möglichen Dienstvergehen enger zieht. Dieser Systematik folgend unterscheidet § 2 BDG in Abs. 1 Nr. 1 die von aktiven Beamten – während des aktiven Beamtenverhältnisses – begangenen Dienstvergehen und in Abs. 1 Nr. 2 die von Ruhestandsbeamten begangenen Dienstvergehen in solche, die während des aktiven Dienstverhältnisses (Buchst. a) und solche, die während des Ruhestandes (Buchst. b) begangen wurden. Eine Gesetzeslücke ergibt sich hier nicht. Im Gegenteil hebt § 2 Abs. 2 BDG die Einheit des Dienstverhältnisses hervor und ermöglicht die disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstpflichtverletzungen, die in einem früheren Dienstverhältnis, bei Dienstherrenwechsel bzw. im vormaligen Ruhestand begangen wurden (Urteil vom 14. Februar 2007 – BVerwG 1 D 12.05 – BVerwGE 128, 125 ≪128 f.≫ = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26).
§ 5 BDG bezeichnet schließlich die möglichen Disziplinarmaßnahmen und unterscheidet dabei danach, ob der Beamte bei Ausspruch der Disziplinarmaßnahme aktiver Beamter (Abs. 1) oder Ruhestandsbeamter (Abs. 2) ist. Denn eine Degradierung oder ein Verweis machen bei einem Ruhestandsbeamten wenig Sinn, ebenso eine Ruhegehaltskürzung bei einem aktiven Beamten. Die Rechtsfolge der jeweils höchsten Disziplinarmaßnahme, nämlich der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis einerseits (§ 10 BDG) bzw. der Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 BDG) andererseits besteht darin, dass das Band zum Dienstherrn, das auch bei einem Ruhestandsbeamten noch besteht, ganz durchschnitten wird. Den Gleichklang dieser beiden Maßnahmen verdeutlicht § 10 Abs. 2 Satz 2 BDG. Danach gilt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Aberkennung des Ruhegehalts, wenn der Beamte vor Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand tritt.
4. Diese Fragen – so die Beschwerde weiter – seien auch deshalb klärungsbedürftig, weil der Ruhestandsbeamte nur deshalb in das “aktive” Beamtenverhältnis überführt worden sei, um die Maßnahme nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 BDG treffen zu können. Es sei klärungsbedürftig, ob eine derartige unzulässige Rechtsausübung dem an Recht und Gesetz gebundenen Dienstherrn gestattet werden dürfe.
Zur Begründung weist der Beklagte darauf hin, dass der Dienstherr bereits am 12. Februar 2002 das Disziplinarverfahren eingeleitet und die Auffassung vertreten habe, dass das Dienstvergehen mit der disziplinaren Höchstmaßnahme zu ahnden sei. Der Beamte sei aber gleichwohl am 24. März 2003 ernannt worden. Dies verstoße gegen §§ 4, 5 und 45 BBG. Es sei unzulässig, einen Ruhestandsbeamten allein aus dem Grund zu reaktivieren, um ihn umgehend im Zuge eines Disziplinarverfahrens wieder aus dem Dienst zu entfernen. Ein solches Verhalten sei auch rechtsmissbräuchlich und in sich widersprüchlich.
Auch diese Frage bedarf keiner Klärung mehr in einem Revisionsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat den Kläger hierzu bereits in seinem Nichtannahmebeschluss vom 10. August 2006 – 2 BvR 563/05 – (Rn. 20, DVBl 2006, 1370 ff.) zutreffend darauf hingewiesen, dass das zeitgleiche Betreiben der Reaktivierung und des Disziplinarverfahrens kein Widerspruch sei. Denn die Folge des disziplinarischen Vorgehens müsse nicht zwingend die Entfernung aus dem Dienst sein.
Im Übrigen käme es auf die Frage in einem Revisionsverfahren auch nicht erheblich an. Denn die Rechtsfolgen der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und der Aberkennung des Ruhegehalts sind im Ergebnis gleich.
5. Die Beschwerde rügt Abweichungen vom Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1988 – BVerwG 2 B 145.88 – (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG) und vom Urteil vom 16. Oktober 1997 – BVerwG 2 C 7.97 – (BVerwGE 105, 267). Das Berufungsgericht habe den für die Beurteilung der Dienstfähigkeit und das Verschulden entscheidungserheblichen Rechtssatz aufgestellt, es sei schlechterdings ausgeschlossen, für ein bestimmtes, “genehmes” Beamtenverhältnis dienstfähig, jedoch für ein anderes Beamtenverhältnis dienstunfähig zu sein. Dies stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei Beurteilung der Dienstfähigkeit auf die im konkreten Amt dem Beamten obliegenden Dienstpflichten abzustellen sei. Die Belastung durch ein Ausbildungsverhältnis sei nicht vergleichbar mit der Wahrnehmung des Amtes eines Bahnoberinspektors.
Auch diese Rüge vermag nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn es handelt sich hierbei um keinen die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Rechtssatz. Das Berufungsgericht hat vielmehr entscheidend auf die Anforderungen des konkreten Amtes abgestellt. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 69 BDG setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Das ist der Fall, wenn das Berufungsgericht einen im zu entscheidenden Fall erheblichen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendet, weil es ihn für unrichtig hält. Deshalb liegt kein Fall der Divergenz vor, wenn das Berufungsgericht zwar einen solchen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, seine Entscheidung hierauf aber nicht beruht. Ebenso wenig genügt es, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 und vom 3. Juli 2007 – BVerwG 2 B 18.07 – Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1).
Das angegriffene Urteil beruht nicht auf dem vom Beklagten beanstandeten Rechtssatz. Das Berufungsgericht hat zunächst den tragenden Rechtssatz aufgestellt, dass Dienstunfähigkeit dann vorliegt, wenn der Beamte aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustandes außerstande ist, den ihn übertragenen dienstlichen Aufgaben nachzukommen (UA S. 15, 2. Absatz). Hiervon ausgehend hat es ausgeführt, dass der sachverständige Zeuge, der Oberbahnarzt, “die Dienstfähigkeit des Beklagten mit Blick auf den Verwaltungsdienst bei dem Kläger, gerichtet auf den Dienstposten eines Oberinspektors bei der Bahnversorgung untersucht habe”. Die Aufnahme des juristischen Vorbereitungsdienstes habe den Oberbahnarzt in seiner positiven Einschätzung der Dienstfähigkeit bestätigt, weil das Referendariat letztlich auch mit einer Verwaltungstätigkeit verbunden sei (UA S. 17 unten). Sodann heißt es: “Soweit es nicht um besondere Laufbahnen wie etwa die des Polizeivollzugsdienstes geht, ist die Frage der Dienstfähigkeit nur einheitlich beantwortbar; der Beklagte hat durch die Aufnahme des juristischen Vorbereitungsdienstes, der in seinen gesundheitlichen Anforderungen und hier in Bezug auf die Belastbarkeit eher höhere als niedrigere Anforderungen an die gesundheitliche Eignung stellt, demonstriert, dass er selbst auch von seiner Dienstfähigkeit ausging.” (UA S. 17 unten/ 18 oben). Nach dem von der Beschwerde beanstandeten Rechtssatz aus dem Urteil (UA S. 19, 2. Absatz) folgt der weitere Satz: “Auch ist nicht erkennbar, dass der juristische Vorbereitungsdienst in beamtenrechtlicher Hinsicht geringere Anforderungen an die Eignung eines Beamten stellen würde als etwa die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes.” In diesem Sinne sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts im Rahmen des Verschuldens zu verstehen (UA S. 23, 2. Absatz). Bei der Bejahung des bedingt vorsätzlichen Handelns hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht entscheidungserheblich auf den von der Beschwerde zitierten Rechtssatz abgestellt. Denn anderenfalls wäre es nicht lediglich von bedingt vorsätzlichem Handeln, sondern von einem direkten Vorsatz ausgegangen (vgl. UA S. 20, 3. Absatz).
6. Die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG) bleiben ebenfalls ohne Erfolg.
a) Der Beklagte rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht dadurch verletzt, dass es keine weitere Beweisaufnahme durchgeführt habe. Denn das Berufungsgericht hat seine Überzeugung von der Dienstfähigkeit des Beklagten auf das Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme gestützt.
Hierzu rügt die Beschwerde, dass die Gutachten des Oberbahnarztes Dr. H… und des Amtsarztes Dr. M… zueinander im Widerspruch stünden. Deshalb habe das Gericht dem Umstand der Aufnahme des juristischen Vorbereitungsdienstes in diesem Zusammenhang entscheidende Bedeutung beigemessen. Dieser Umstand sei aber unerheblich, da sich die Dienstfähigkeit nur in Bezug auf das konkrete Amt feststellen lasse, sodass sich dem Gericht die Ladung eines weiteren sachverständigen Zeugen hätte aufdrängen müssen. Insbesondere hätte es seinem Antrag vom 7. August 2007 auf Vernehmung seines langjährigen Therapeuten nachkommen müssen. Die unterbliebene Beweisaufnahme hätte höchstwahrscheinlich ergeben, dass er nicht in der Lage gewesen sei, das Amt eines Bahnoberinspektors zu erfüllen.
Der damit geltend gemachte Verstoß gegen die Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO, § 58 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG liegt aus mehreren Gründen nicht vor:
aa) Über Art und Zahl der einzuholenden Sachverständigengutachten hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen (vgl. § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO, § 3 BDG). Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängen musste. Das ist wiederum nur dann der Fall, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Dies kommt dann in Betracht, wenn die dem Gericht vorliegenden Gutachten grobe Mängel oder unlösbare inhaltliche Widersprüche aufweisen, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (vgl. u.a. Urteile vom 19. Dezember 1968 – BVerwG 8 C 29.67 – BVerwGE 31, 149 ≪156≫ und vom 6. Februar 1985 – BVerwG 8 C 15.84 – BVerwGE 71, 38 ≪45≫ m.w.N.). Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 28. Januar 2003 – BVerwG 4 B 4.03 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53, vom 17. August 2005 – BVerwG 2 B 39.05 –, vom 10. November 2005 – BVerwG 2 B 54.05 –, vom 4. Januar 2007 – BVerwG 10 B 20.06 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 und vom 26. Februar 2008 – BVerwG 2 B 122.07 – ZBR 2008, 257 ≪259 f.≫).
Das Berufungsgericht ist den Ausführungen des Oberbahnarztes Dr. H… gefolgt. Es hat zunächst zutreffend dargelegt, dass der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes, dem der Bahnarzt gleichsteht, aufgrund dessen Neutralität und Unabhängigkeit vor der Beurteilung des behandelnden Privatarztes grundsätzlich Vorrang zukommt (UA S. 15 unten, vgl. Urteile vom 11. April 2000 – BVerwG 1 D 1.99 – juris, vom 9. Oktober 2002 – BVerwG 1 D 3.02 – juris, vom 12. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 2.05 – juris). Die Beschwerde hat keinen Mangel dargelegt, der die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich gemacht hätte.
Allein die Tatsache, dass der Amtsarzt Dr. M… die gesundheitliche Eignung des Beklagten für den juristischen Vorbereitungsdienst im Nachhinein anders beurteilt hat, führt zu keinem Mangel im Gutachten des Oberbahnarztes. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Frage der gesundheitlichen Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst und der Dienstfähigkeit für das Amt eines Oberinspektors bei der Bahnversorgung voneinander zu trennen sind. Die gesundheitliche Eignungsprognose ist in die Zukunft gerichtet und muss sich auf die körperlichen Anforderungen in den verschiedenen Ämtern der angestrebten Laufbahn beziehen. Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein gegenwärtiges und künftiges Leistungsvermögen bestimmt werden. Dabei sind ausgehend vom gegenwärtigen Gesundheitszustand und in der Vergangenheit aufgetretener Erkrankungen insbesondere hieraus resultierende mögliche gesundheitliche Risiken, die erst in der Zukunft eintreten können, Gegenstand der Prognoseentscheidung. Demgegenüber betrifft die Frage der Dienstfähigkeit den gegenwärtigen Gesundheitszustand in Bezug auf ein konkretes Amt. Hierauf hat auch Dr. M… hingewiesen und – so das Berufungsgericht weiter – betont, dass er die Stellungnahme des Oberbahnarztes für durchaus stichhaltig halte.
Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang abschließend ausführt, dass es dem Umstand der Aufnahme des juristischen Vorbereitungsdienstes entscheidende Bedeutung beimesse (UA S. 18 unten), so resultiert hieraus weder ein Mangel in dem Gutachten des Oberbahnarztes noch zeigt dies, dass dem Gericht selbst Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beklagten geblieben sind, das Gutachten also nicht geeignet war, die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Vielmehr unterstreicht das Berufungsgericht an dieser Stelle lediglich das Ergebnis seiner vorherigen Ausführungen, in denen es dargelegt hat, warum es der Einschätzung des Oberbahnarztes folgt. Der Oberbahnarzt war zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte nicht mehr an der depressiven Störung litt, die zu seiner Zurruhesetzung geführt hatte. Dies beruhte unter anderem auf einer positiven Selbsteinschätzung, die sich auch darin äußerte, dass der Beklagte den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen hatte, sich also für dienstfähig hielt. Das Berufungsgericht hebt weiter hervor, dass beide Tätigkeiten Verwaltungstätigkeiten seien und der juristische Vorbereitungsdienst keine geringeren Anforderungen an die Dienstfähigkeit stelle als die Tätigkeit bei der Bahnversorgung (UA S. 19, 2. Absatz).
bb) Im Übrigen – wenn sich eine (weitere) Beweiserhebung nicht aufdrängt – ist nach ständiger Rechtsprechung die Tatsacheninstanz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren trotz des Amtsermittlungsprinzips grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Beweiserhebung vorzunehmen, die eine anwaltlich vertretene Partei – entsprechend ihrer Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts – nicht beantragt hat (vgl. u.a. Urteil vom 8. April 1963 – BVerwG 8 C 41.61 – Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 21, stRspr). Dass der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen Beweisantrag zu der von der Beschwerde vermissten weiteren Aufklärung gestellt hat, ist entgegen dem Beschwerdevorbringen der Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht zu entnehmen (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO, § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, § 3 BDG). Dass dieses Protokoll die vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge nicht vollständig wiedergibt, trägt auch die Beschwerde nicht vor.
cc) Letztlich richten sich die Angriffe der Beschwerde gegen die Beweiswürdigung. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist aber vom Senat als Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr; vgl. Urteile vom 6. Februar 1975 – BVerwG 2 C 68.73 – BVerwGE 47, 330 ≪361≫, vom 27. November 1980 – BVerwG 2 C 38.79 – BVerwGE 61, 176 ≪188≫). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn eine Schlussfolgerung aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann. Es reicht nicht aus, dass das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen.
Das Berufungsgericht hat die Gutachten und die Stellungnahmen der beiden Amtsärzte und auch die sonstigen ihm vorliegenden Unterlagen, etwa das vom behandelnden Psychotherapeuten erstellte Konzept zur Wiedereingliederung, plausibel und nachvollziehbar gewürdigt. Es hat sich mit den scheinbaren Widersprüchen in den Aussagen des Oberbahnarztes und des Amtsarztes auseinander gesetzt und mit den Einwänden des Beklagten. Demgegenüber hat der Beklagte einen Verstoß gegen einen Grundsatz der Beweiswürdigung nicht dargelegt. Insbesondere hat er nicht aufgezeigt, in welcher Hinsicht das Amt eines Oberbahninspektors bei der Bahnversorgung höhere Anforderungen an die psychische Belastbarkeit stellen könnte als die im juristischen Vorbereitungsdienst zu absolvierenden Tätigkeiten.
b) Auch mit den weiteren Ausführungen wird ein Verstoß gegen das Gebot umfassender Beweiswürdigung, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 3 BDG nicht dargelegt.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 3 BDG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Überzeugungsgrundsatz) verpflichtet das Gericht, den gesamten Prozessstoff wie etwa Beweismittel, Erklärungen der Verfahrensbeteiligten, Akteninhalt oder gerichtskundige Tatsachen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und ihren Aussage- und Beweiswert zu bestimmen. Sofern keine gesetzlichen Beweisregeln bestehen, ist das Gericht bei der Würdigung der verschiedenen Bestandteile des Prozessstoffes lediglich an Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze gebunden und muss gedankliche Brüche und Widersprüche vermeiden (Urteil vom 3. Mai 2007 – BVerwG 2 C 30.05 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50; stRspr). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 3 BDG liegt vor, wenn das Gericht bei seiner Beweiswürdigung von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht (Urteil vom 2. Februar 1984 – BVerwG 6 C 134.81 – BVerwGE 68, 338 ≪339≫ = Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 147; Beschluss vom 4. August 2006 – BVerwG 2 B 35.06 – juris Rn. 4; stRspr). Das Gericht ist aber nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
aa) Die Beschwerde rügt, das Urteil des Berufungsgerichts lasse nicht erkennen, dass die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG erforderliche umfassende Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände erfolgt sei. Das Gericht führe an keiner Stelle die zugunsten des Beklagten vorliegenden Milderungsgründe auf. Insbesondere wäre – wie vom Verwaltungsgericht Hannover im Beschluss über die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge ausdrücklich angesprochen – als Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen, dass der Beschwerdeführer zunächst vom Verwaltungsgericht Hamburg im einstweiligen Rechtsschutzverfahren rechtsschutzlos gestellt worden sei. Weiter sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Vorwurf, einer Reaktivierung nicht Folge zu leisten, die nur erfolge, um den Beamten endgültig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, anders zu beurteilen sei als ein Dienstvergehen, bei dem der Beamte die Erwartung seines Dienstherrn über die künftige Erfüllung seiner Treuepflichten enttäusche. Mit diesem Vorbringen wird schon nicht dargelegt, dass das angegriffene Urteil auf einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt beruht.
Davon abgesehen wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der umfassenden Beweiswürdigung nicht dargetan. Das zeitgleiche Betreiben der Reaktivierung und des Disziplinarverfahrens sind kein Widerspruch, da die Folge des disziplinarischen Vorgehens nicht zwingend die Entfernung aus dem Dienst sein muss. Dieses Vorgehen des Dienstherrn hat keine Auswirkungen auf die Beurteilung des Dienstvergehens, sodass sich das Berufungsurteil hierzu nicht verhalten musste. Auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2002 bedurfte keiner besonderen Berücksichtigung durch das Berufungsgericht im Sinne eines entlastenden Umstandes. Dieser Umstand hätte allenfalls dann im Rahmen der Frage eines Verbotsirrtums Berücksichtigung finden müssen, wenn der Beklagte zunächst diesen Beschluss abgewartet und sich sodann unverzüglich bei seinem Dienstherrn gemeldet hätte, um der Reaktivierung Folge zu leisten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erging rund eine Woche, nachdem der Beamte dem Reaktivierungsverlangen hätte nachkommen sollen. Sie beruhte auf der Rechtsprechung des Disziplinarsenats (Beschluss vom 19. Juni 2000 – BVerwG 1 DB 13.00 – BVerwGE 111, 246 ≪253≫). Danach handelt es sich bei der auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 BBG ergangenen Aufforderung um eine unselbstständige Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO. Trotz der negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts kam der Beklagte dem Reaktivierungsverlangen aber erst mit einem unter dem 17. März 2003 datierten Schreiben nach.
Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht ausführlich mit der Frage des Rechtsirrtums, in dem sich der Beklagte befunden haben mag, befasst und deren Auswirkungen auf das Verschulden (vgl. UA S. 22) oder als Entschuldigungsgrund und damit entlastender Milderungsgrund (vgl. UA S. 23 f.). Dieses Ergebnis hat es sodann noch einmal unter Bezugnahme auf diese vorherigen Ausführungen zusammenfassend im Rahmen der Gesamtwürdigung als Fehlen gewichtiger Entlastungsgründe, die die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfallen lassen könnten, festgehalten (UA S. 25, 26).
bb) Mit den weiteren Ausführungen rügt die Beschwerde im Wesentlichen eine einseitige Beweis- und Tatsachenwürdigung. Dies gelte für die Annahme des bedingten Vorsatzes. Die Vorwerfbarkeit sei als gering einzustufen. Der Beamte sei nur deshalb der Reaktivierung nicht nachgekommen, weil er sich aufgrund seiner privatärztlichen Gutachten für dienstunfähig gehalten habe und nicht, um den juristischen Vorbereitungsdienst fortzusetzen. Hierin habe ihn die personalärztliche Begutachtung vom November 2002 bestätigt. Deshalb könne nicht allein aufgrund des Gutachtens des Oberbahnarztes vom April 2002 auf einem bedingten Vorsatz geschlossen werden. Auch die Prüfung schuldausschließender Gesichtspunkte erfolge einseitig. Er habe sich auf zwei amtsärztliche Gutachten stützen können und lediglich die Einschätzung des Oberbahnarztes als nicht verbindlich empfunden. Der Nachweis psychischer Erkrankungen sei nur unter großen Schwierigkeiten zu führen, sodass auch gegen den Grundsatz des in dubio pro reo verstoßen werde. Außerdem interpretiere das Berufungsgericht die verwaltungsprozessualen Schritte einseitig. Die Subsumtion zum unvermeidbaren Verbotsirrtum beschränke sich auf einen Satz, sei ebenfalls einseitig und beruhe auf der unzutreffenden Annahme, die Tätigkeit als Referendar dokumentiere die allgemeine Dienstfähigkeit.
Dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht Umstände, die es hätte in seine Würdigung einbeziehen müssen, übersehen hat. Dass der Beamte die von ihm in der Beschwerde genannten Umstände naturgemäß anders gewürdigt wissen will, ist zwar nachvollziehbar, begründet aber nicht den behaupteten Verfahrensfehler.
Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Disziplinarsenats (Urteile vom 9. April 2002 – BVerwG 1 D 17.01 – Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 25 und vom 12. Oktober 2006 – BVerwG 1 D 2.05 – juris Rn. 52) zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beamte mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Es hätte sich dem Beklagten aufdrängen müssen, dass seine Dienststelle auf das Gutachten des Oberbahnarztes abstellen würde, seine Dienstfähigkeit für erwiesen halte und die Reaktivierung habe durchsetzen wollen. Da er sich im juristischen Vorbereitungsdienst befunden habe, habe er gewusst, dass er den Anforderungen an ein Beamtenverhältnis gewachsen sei. Diese Würdigung ist nicht verfahrensfehlerhaft. Das Berufungsgericht stellt im Übrigen nicht allein auf das Gutachten des Oberbahnarztes ab, sondern auf eine Vielzahl weiterer Umstände insbesondere aus dem Verhalten des Dienstherrn, aufgrund derer der Beklagte es zumindest ernsthaft für möglich hätte halten müssen, dass er dienstfähig sei und es billigend in Kauf genommen habe, dem Reaktivierungsverlangen rechtswidrig nicht nachzukommen.
Weiter hat das Berufungsgericht in der Sache einen vermeidbaren Verbotsirrtum des Beklagten im Sinne vom § 17 Satz 1 StGB verneint. Der Beklagte sei sich über die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens im Klaren gewesen; er habe Umfang und Inhalt seiner Pflicht, wieder Dienst leisten zu müssen, erfasst (Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 11.05 – ZBR 2006, 385 ≪387≫). Der Schuldvorwurf entfalle nicht deshalb, weil der Beklagte hätte annehmen dürfen, dass er einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis unter Hinweis auf die Fortdauer der Dienstunfähigkeit nicht Folge leisten müsse. Der Beamte sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Dienstherr seine Auffassung nicht teile und die schuldhafte Weigerung disziplinarisch ahnden wolle, sodass er bewusst das Risiko eingegangen sei, dem Reaktivierungsverlangen rechtswidrig nicht Folge zu leisten. Die rechtliche Wertung, ein unvermeidbarer Verbotsirrtum liege nicht vor, geht von der Rechtsprechung des Senats aus. Die zugrunde liegende Würdigung der Umstände des Falles lässt einen Verfahrensfehler nicht erkennen.
cc) Schließlich rügt die Beschwerde einen Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, da dem Beamten vom Verwaltungsgericht Hamburg gegen die Aufforderung, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis Folge zu leisten, kein Rechtsschutz gewährt worden sei. Dies strahle in das Disziplinarverfahren ein und hätte berücksichtigt werden müssen. Denn der Beklagte habe sofort, nachdem wenigstens eine summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des Reaktivierungsverlangens im Rahmen der Entscheidung über den Verlust der Versorgungsbezüge (Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 6. März 2003 – 1 B 6/03 –) erfolgt sei, der Reaktivierung Folge geleistet. Statt der erforderlichen Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes habe ihn das Verwaltungsgericht Hamburg vor die Wahl gestellt, entweder der Aufforderung nachzukommen, was ihn vor vollendete Tatsachen gestellt hätte, oder aber das Risiko zu tragen, durch die Nichtbefolgung ein Dienstvergehen zu begehen. Dies sei eine unzulässige Rechtsschutzverkürzung, die noch in das Berufungsverfahren fortgewirkt habe. Denn wäre durch das Verwaltungsgericht Hamburg bereits im Dezember 2002 eine summarische Prüfung erfolgt und die Rechtmäßigkeit des Reaktivierungsverlangens bestätigt worden, so wäre er bereits im Dezember 2002 der Aufforderung zum Dienstantritt nachgekommen und hätte dann kein Dienstvergehen begangen. Dies hätte das Berufungsgericht berücksichtigen müssen.
Auch mit diesen Ausführungen wird kein Verfahrensfehler aufgezeigt, sondern die Richtigkeit der Entscheidung angezweifelt. Im Übrigen gilt: Wenn der Beklagte in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg eine unzulässige Rechtsschutzverkürzung gesehen hätte, hätte er hiergegen in das Rechtsmittel der Beschwerde gehen müssen. Davon abgesehen besteht kein unmittelbarerer Zusammenhang zwischen dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg und dem Urteil des Berufungsgerichts. Aber auch der vom Beklagten konstruierte mittelbare Zusammenhang, dass der Beklagte dem Reaktivierungsverlangen sofort nach einer summarischen Prüfung der materiellen Rechtslage durch ein Gericht nachgekommen wäre, ist weder festgestellt noch hat der Beklagte dies im Disziplinarklageverfahren geltend gemacht; gegen die insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts sind keine Verfahrensrügen erhoben worden, § 137 Abs. 2 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat (im Urteil vom 29. Juni 2006) ausgeführt, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg zwar nicht gerade hilfreich bei der Klärung der Rechtslage gewesen sei, jedoch hätte dem Beklagten klar sein müssen, dass er diesem gerichtlichen Beschluss und mithin der Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte Folge leisten müssen, sofern im Rechtsmittelverfahren keine andere Entscheidung ergehe. Ähnlich argumentiert das Berufungsgericht, das jedoch auf den – nicht geltend gemachten – Umstand der nicht erfolgten materiellen Prüfung durch das Verwaltungsgericht Hamburg nicht noch einmal eingeht. Es ist nicht möglich, im Revisionsverfahren Versäumnisse der Beteiligten – hier die fehlende Beschwerdeeinlegung gegen den verwaltungsgerichtlichen Eilbeschluss und die fehlende Geltendmachung eines weiteren Umstandes – über Verfahrensrügen zu heilen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 Abs. 4 BDG. Gerichtsgebühren werden gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 BDG nicht erhoben.
Unterschriften
Herbert, Dr. Heitz, Thomsen
Fundstellen